Wichtigkeit der Standorte Düsseldorf und München für das Berufsleben

SBRlaw

Schreiber
Guten Abend,

ich bin eine Studentin, die mit dem Gedanken spielt, den Beruf der Patentanwältin zu ergreifen.

Meine Fragen stelle ich mit Blick auf die Wahl eines möglichen Ausbildungsstandortes: Welche Bedeutung haben die Städte Düsseldorf und München für die alltägliche Arbeit? Ist es sinnvoll, beide/eine der Städte bei der Wahl des Wohnortes zu berücksichtigen? Oder ist ihre Bedeutung für das alltägliche Berufsleben vergleichsweise gering? Gibt es andere Überlegungen, die vor der Städtewahl zu berücksichtigen wären?
 
Zuletzt bearbeitet:

cotardious

Vielschreiber
Ich bin zwar selbst erst mitten in der Ausbildung und kurz vor Eintritt ins Amtsjahr, aber teile gerne meine Überlegungen zu den Fragen.

Meines Erachtens spielen die Standorte München und Düsseldorf für das alltägliche Berufsleben keine überragende Rolle. Ein Großteil der Arbeit läuft digital und auch mündliche Verhandlungen finden entweder als Videokonferenz statt oder man telefoniert mit den Prüfern, sodass ein Auftreten in Präsenz selten vorkommt. Bei einem Schwerpunkt auf Streitverfahren könnte das ganze wieder anders aussehen. Da bin ich aber falscher Ansprechpartner, da ich damit noch keine Erfahrung gesammelt habe.

Nicht zu vernachlässigen ist aber folgender Punkt:
Die Anzahl an Kanzleien ist in Düsseldorf und insbesondere in München enorm hoch verglichen mit anderen Städten (bzw. in Relation zur Einwohnerzahl). Ich habe während der Ausbildung die Kanzlei gewechselt und muss nun regelmäßig nach Düsseldorf pendeln. Nun ist ein Wechsel der Ausbildungskanzlei nicht unbedingt der übliche Weg, jedoch kommt so ein Wechsel aus unterschiedlichsten Gründen immer wieder vor, sodass es natürlich geschickt ist, wenn man zwischen einer Vielzahl an Kanzleien vor Ort wählen kann.

EDIT:
Natürlich sollte auch nicht unerwähnt sein, dass das Amtsjahr (8 Monate) in München nun wieder Vollzeit in Präsenz stattfinden soll, sodass man sich in diesem Zeitraum voraussichtlich überwiegend in München aufhalten soll. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich praktisch, wenn man bereits in München lebt und dann nicht ggf. 2 Wohnungen + Pendelkosten bezahlen muss.
 

mauersegler

Vielschreiber
Ich glaube, dass alles andere wichtiger ist als die Städtewahl.

In der täglichen Arbeit findet die schriftliche Kommunikation mit den Ämtern online statt. Beim Europäischen Patentamt sind Verhandlungen (z.B. Einspruch) in der Regel online. Beim DPMA gibt es auch Präsenzverhandlungen. Solche Verhandlungen sind aber nicht so häufig, dass es wirklich stören würde. Ich kenne auch Leute, die entfernt von München oder LG-Standorten wohnen/arbeiten und dann manchmal dort sind, das ist aber idR nicht so viel, dass es irgendwie stören würde.

Wie schon mein Vorredner gesagt hat: Das Amtsjahr ist aktuell wieder mit einiger Präsenz. Man sollte nicht damit rechnen, dass die Vorlesungen wieder auf größtenteils online umgestellt werden. Dennoch gibt es Kandidat:innen, die nach München (mit Hotel) pendeln. Kommt also etwas darauf an, was man selbst daraus macht.

Meine persönliche Meinung zur Frage des Orts: Den Ausbilder/die Ausbilderin und die Ausbildungskanzlei halte ich für viel wichtiger als den Standort. Es gibt super Möglichkeiten sowohl in München/Düsseldorf, aber auch andernorts. Beim Ausbildungsbetrieb gibt es zahlreiche Facetten (Größe, Fachbereiche, Aufstellung der Mandantschaft, Prosecution vs. Ligitation, Firmenkultur, Gehalt, Umgang mit Ausbildungsdauern, ...), die man betrachten kann.

Unabhängig bin ich der Meinung, dass ein Praktikum am Landgericht während der Anwaltszeit sehr sinnvoll ist. Dafür ist aber auch ein Pendeln nach München, Düsseldorf, Mannheim, Hamburg o.ä. möglich. Je nachdem, was gerade in der Nähe und von Interesse ist.

Wenn du noch im Studium bist und sich irgendwo 1-2 Wochen finden, dann ist ein Praktikum/Hospitation sehr empfehlenswert. Kommen viele spätere Kandidat:innen nicht rechtzeitig drauf, aber viele Kanzleien sind dem gegenüber aufgeschlossen. Dann bekommst du einen Eindruck von der Arbeit und einen kleinen Einblick in einen Stil der Kanzleiarbeit. Das kann für spätere Überlegungen, wo die Ausbildung beginnen soll, nur hilfreich sein.
 

patachon

GOLD - Mitglied
Ich sehe es ein bisschen anders als meine Vorredner.

Ja, natürlich ist die Stadt an sich nicht besonders wichtig. Wenn man eine gute Kanzlei findet, dort gut ausgebildet wird und sich wohl fühlt, dann ist das alles wunderbar. Die Nähe zu den Ämtern spielt auch keine so große Rolle mehr, seit online eingereicht und verhandelt wird. Okay, das Amtsjahr kommt noch dazu, wo man sowieso zumindest teilweise nach München muss, aber auch das lässt sich von außen bewerkstelligen.

Fakt ist aber, dass etwa 80% (kommt das hin?) aller Kanzleien, klein und groß, in München sitzen. Das bedeutet, man hat bei der Wahl der Ausbildungskanzlei eine viel größere Auswahl und auch, falls man später irgendwann gerne wechseln möchte. Und das kommt nun mal vor. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, wenn man merkt, dass man in seiner Kanzlei irgendwo in der norddeutschen Kleinstadt nicht mehr glücklich ist, aber nicht wechseln kann, ohne die Familie zu entwurzeln und quer durch die Republik zu ziehen. Dann hat auch ein/e mögliche/r Partner/in einen festen Job, Kinder sind in der Schule und haben Freunde, das ist dann alles nicht mehr so einfach. Und wir sind mit unserem Beruf sehr eindimensional festgeschrieben, ein Wechsel zurück in die Industrie oder Forschung außerhalb des Patentwesens dürfte selten sein.

Ich würde also sagen: wenn Du jetzt irgendwo anders in Deutschland sitzt und Dir dort ein Leben aufgebaut hast, also möglicherweise ein gewachsenes Umfeld zurück lassen müsstest oder Familie mit Kindern umziehen müsstest, dann versuche es ruhig dort in einer Kanzlei. Vielleicht ist das alles super und bleibt der Job bis zur Rente.

Wenn Du dagegen eh ziemlich frei und ungebunden bist, würde ich lieber jetzt nach München umziehen und mir da was aufbauen als später. Außer Du findest München so unattraktiv, dass Du Dich da nicht wohlfühlen würdest, aber das ist ein anderes Thema.

Für Düsseldorf sehe ich keinen besonderen Vorteil, so hoch ist die Kanzleidichte für Patentanwälte da auch wieder nicht. Das sind eher Rechtsanwaltskanzleien.
 

mauersegler

Vielschreiber
Wenn Du dagegen eh ziemlich frei und ungebunden bist, würde ich lieber jetzt nach München umziehen und mir da was aufbauen als später. Außer Du findest München so unattraktiv, dass Du Dich da nicht wohlfühlen würdest, aber das ist ein anderes Thema.
Stimmt, diesem Aspekt kann ich mich als Vorredner nur anschließen! Wenn man sowieso frei ist, ist München bestimmt keine schlechte Wahl. Am Ende ist die „Größe des Arbeitsmarkts“ keine ja/nein-Sache, sondern ein Spektrum.

Nicht nur viele Kanzleien sind im Süden, sondern auch viel Industrie. Und die haben eher auch eine Patentabteilung, wo ja auch einige (zumindest irgendwann) nach der Ausbildung hinwechseln.
 
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