Wechsel Promotionsstelle

Liebe Forumsteilnehmer,

ich habe deine Frage, die vielleicht auch für andere interessant sein könnte. Ich habe mein Studium zum Diplom-Chemiker abgeschlossen und arbeite seit etwa einem halben Jahr an meiner Promotion in präparativer organischer Chemie an einem recht renomierten Lehrstuhl. Die Arbeit macht mir nicht so richtig Spass und weiterhin habe ich auch hier gehört, dass organische Chemie zwar nicht schlecht ist für die Ausbildung zum Patentanwalt aber auch nicht der Stein der Weisen zu sein scheint.
Deshalb meine folgende Frage:

  • wirkt sich ein Wechsel der Promotionsstelle im Lebenslauf stark negativ aus, oder wird das eher als Zugewinn an Erfahrung gewertet
  • ist ein Wechsel in die chemische Verfahrenstechnik (wo mir das Thema mehr Spass machen würde) sinnvoll in Hinblick auf eine spätere Tätigkeit als Patentanwalt
Über Beiträge würde ich mich sehr freuen ! Danke im Voraus
 

grond

*** KT-HERO ***
Michael_M schrieb:
- wirkt sich ein Wechsel der Promotionsstelle im Lebenslauf stark negativ aus, oder wird das eher als Zugewinn an Erfahrung gewertet
Das kann nur der jeweilige Entscheider beantworten. Wahrscheinlich ist es aber genauso egal wie es meistens die genaue technisch-naturwissenschaftliche Spezialisierung ist. Vom Patentanwalt bzw. Kandidaten wird allgemein erwartet, sich in jedes fachverwandte Thema einarbeiten zu können, weil man ohnehin niemals erwarten kann, ausreichend Mandantschaft im eigenen Spezialgebiet zu haben.


- ist ein Wechsel in die chemische Verfahrenstechnik (wo mir das Thema mehr Spass machen würde) sinnvoll in Hinblick auf eine spätere Tätigkeit als Patentanwalt
Sinnvoll wäre ein solcher Wechsel höchstens, wenn die chemische Verfahrenstechnik Gegenstand eines unglaublichen Anmeldebooms wäre oder in ca. drei Jahren würde, so dass eine Promotion auf diesem Gebiet ein Vorteil bei der Arbeit und Akquise in diesem Gebiet wäre. Ansonsten könnte ein Vorteil noch darin liegen, dass eventuell mehr "verwertbare" praktische Arbeitserfahrung für dieses Zulassungskriterium zur Ausbildung als Patentanwaltskandidat anfiele, als im aktuellen, eventuell sehr theoretischen Arbeitsfeld.

Natürlich wäre es wohl katastrophal, wenn die Unlust, im aktuellen Gebiet zu arbeiten, zu einem Abbrechen des Promotionsvorhabens führte. Ohne "Dr." ist man in der Chemie bekanntlich nichts, was sich auch auf die Patentanwalterei im Fach Chemie überträgt.
 

PA2005

BRONZE - Mitglied
Mein Rat:

  • Entscheide Dich erstmal ohne Hinblick auf den Patentanwaltsjob nach Deiner Neigung. Wenn das Thema keinen Spaß macht, können die Promotionsjahre zur Hölle werden. Wenn das Thema Spaß macht, wirst Du wahrscheinlich eher fertig werden und keine wertvolle Zeit verlieren für den Einstieg in den eigentlich gewünschten Job. So wie es sich für mich anhört, ist nach einem halben Jahr gerade der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel - noch ist nicht zuviel Zeit verloren. Such Dir ein möglichst praxisrelevantes Thema in einem Arbeitskreis mit kollegialer Atmosphäre und möglichst kurzer durchschnittlicher Promotionszeit.
  • An sich reicht für den Chemiker-Patentanwaltsjob der Wissensstand, den Du zum Diplom hast. Das ist der breiteste, den man im Laufe des Studiums haben kann und damit am universellsten einsetzbar. Gleichzeitig reicht die Wissenstiefe des Diplomstoffes für den Patentanwaltsjob aus.
  • Der Dr. ist aber ín der traditionslastigen Chemie sehr sinnvoll, um auf Augenhöhe mit den Erfindern zu sein, die wiederum (fast) alle forschende Doktoren sind. Es erhöht das Prestige, wenn man ein "vollwertiger" (d.h. wissenschaftlich ausgebildeter) Chemiker ist, wie alle anderen, UND auch noch Patentanwalt. In der Biologie scheint übrigens gleiches zu gelten. Was man genau gemacht hat, ist idR egal, denn:
  • Das Spezialgebiet der Promotion ist mE unwichtig, weil meist eh zu speziell. Du wirst meist auf Dein Diplomwissen zurückgreifen (s.o. Punkt 2 und mein Vorredner). Einschränkung: Je praxisorientierter das Promotionsthema ist, desto besser, da Du später meist mit Industrieerfindern zu tun haben wirst. Darauf könnten spätere Patentanwaltsausbilder evt. achten.
  • Ich sehe bei der Verfahrenstechnik gegenüber der Organik keine Nachteile. Eher Vorteile, da Du (je nach Thema) auch mit Anlagen, Berechnungen etc. zu tun haben wirst, was Dein Wissen in den Ingenieurbereich erweitern könnte und Dein späteres Einsatzfeld gegenüber der OC eher verbreitert. Für den Bereich OC genügt das Diplomwissen. Irgendwelche abgefahrenen neuen Synthesewege aus Deiner Promotion wirst Du sicher nicht im späteren Job zur Anwendung bringen können.

 
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