Verletzungsstreit und Nichtigkeitklage

grond

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
weil der Klageentwurf seit langem im Verfahren ist und der Patentinhaber ausreichend Zeit hatte, sich mit den Argumenten vertraut zu machen.
Wenn das in Ordnung ist, würde ich es vielleicht doch noch einmal über die Verhandlungsschiene probieren und dem Gegner bzw. dessen hoffentlich verständigen Patentanwalt erläutern, warum das Patent ohnehin nichtig ist. Vielleicht sind sie dann ja auch nicht mehr ganz so heiß auf ihre Verletzungsklage, zumal sie dann auch niemand anderen mehr ins Boxhorn jagen könnten, wenn der S.d.T. in diesem Zusammenhang öffentlich wird. Vielleicht kommt es dann zu einem günstigen Vergleich mit minimaler Lizenz oder so, was auch für den Beklagten wirtschaftlich die sinnvollste Lösung mit geringstem Risiko wäre und den Kläger das Gesicht wahren ließe. Nicht umsonst wird bei asiatischen Firmen, die im US-amerikanischen Raum operieren, die Verletzungsklage gerne als Einleitung von Lizenzverhandlungen benutzt... :)
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Der Richter erlässt einen richterlichen Hinweis, dass die Kammer von einer Verletzung ausgeht und zur Berücksichtigung eines Aussetzungsantrags die Nichtigkeitsklage anhängig zu machen ist. Ein solcher Hinweis könnte unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung erfolgen.
Da die Verletzungsfrage erst aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung von der Kammer entschieden wird, wirst Du wohl kaum vor der Verhandlung einen solchen Hinweis erhalten. Eher wird der Hinweis lauten, dass ohne anhängige Ni.klage dem Aussetzungsantrag auf keinen Fall stattgegeben werden kann. Hilft Dir dieser Hinweis wirklich so viel?

Selbst wenn die Kammer vor oder in der Verhandlung eine vorläufige Meinung andeuten sollte, kann das Urteil immer noch anders ausfallen.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Ich sehe ein, dass die Sache vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung kaum in meinem Sinne zu lösen ist.

Auf der anderen Seite tue ich mich schwer damit, dem Mandanten die Gerechtigkeit bzw. denn Sinn der "Reihenfolge" zu erklären, abgesehen davon, dass es sich aus der Rechtsprechung und mittelbar aus dem Gesetz ergibt. Warum muss er erst Nichtigkeitsklage einreichen und sich auf das Kostenrisiko einlassen, bevor er überhaupt weiß, ob die Nichtigkeitsklage für ihn erforderlich sein wird. Im Prinzip lautet die Antwort: Um den formalen Anforderungen der Rechtsprechung gerecht zu werden. Das ist eine eher unbefriedigende Antwort auf eine Sinn-Frage.

Andersherum wäre es deutlich fairer. Es wäre ja sogar auch für den Patentinhaber besser, denn wenn die Verletzungsklage abgewiesen wird, hätte er zwar den Verletzungsstreit verloren (den hätte er aber sowieso verloren, Nichtigkeitsklage hin oder her), sein Patent wäre aber unangegriffen. So wie es derzeit gehandhabt und verlangt wird, hätte er nach verlorener Verletzungsklage auch noch eine Nichtigkeitsklage am Hals. Ergebnis ist also eine Nichtigkeitsklage, an der weder der Kläger noch der Beklagte ein echtes Interesse haben. Dieses Ergebnis ist irgendwie widersinnig, gerade in Zeiten, in denen man krampfhaft versucht, die Verfahrensdauern und die Belastungen des BPatG und insbesondere des BGH zu verringern (siehe Patentrechtsmodernisierungsgesetz).

Vielleicht gelingt es einem ja mit guten Argumenten, einen Richter zu überzeugen, dass man seit langem fest eingetretenene Pfade auch mal verlassen muss, um Dinge zu ändern.
 

PhD

SILBER - Mitglied
Man muss ja auch nicht alles formalrechtlich sehen...

Wenn Dein Mandant den Verletzungsstreit verliert, ist sowieso die Ni-Klage fällig - somit kein Nachteil, die jetzt schon zu erheben. Vorteil: ggf. Aussetzung der Verletzungsklage.

Wenn Dein Mandant den Verletzungsstreit aber gewinnt, hat er kein Interesse mehr an der Ni-klage. Andererseits hat die Ni-klage natürlich eine Drohwirkung auf den Patentinhaber. Ich denke, dass der Patentinhaber (bei nicht ganz aussichtsloser Ni-Klage) an einer Klagerücknahme interessiert wäre, um sein Patent zu behalten.

Wenn man nun mit dem Patentinhaber einen Deal macht: Klagerücknahme gegen Übernahme der Kosten (und zwar nicht nur für die Ni-Klage, sondern auch die nicht erstattungsfähigen Kosten der Verletzungsklage), so wäre Dein Mandant ganz ohne Kosten raus gekommen.
 
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