Unabhängige Aufgaben

grond

*** KT-HERO ***
Ich habe hier einen EPA-Bescheid, in dem der Prüfer zwei Merkmale des Hauptanspruchs feststellt, die in D1 nicht offenbart sind. Nun behauptet er, jedes Merkmal würde für sich eine eigene Aufgabe lösen. Die Definition wenigstens einer der Aufgaben ist in meinen Augen schon einmal fragwürdig, weil sie zuviel der Lösung beinhaltet.

Interessanterweise zieht er jetzt nicht für jede der Aufgaben ein eigenes Dokument heran, was man bei einer solchen Einleitung ja erwarten würde, sondern formuliert eine Argumentation, die meines Erachtens klar eine rückschauende Betrachtung ist. Letztlich bringt er nur logische Argumente, warum der Fachmann eben dann doch die beiden Merkmale vorsehen würde, vollzieht also die Erfindung nach. Dann fragt man sich allerdings, warum der Fachmann der D1 so früh aufgehört hat...

Bei einem der beiden Merkmale könnte man ihm sogar noch bedingt zustimmen, weil es sich um eine Standardmaßnahme handelt. Jedoch: wird diese Standardmaßnahme übernommen, funktioniert leider der Gegenstand der D1 nicht mehr. Um sie wieder zum Funktionieren zu bringen, muss er dann noch das zweite Merkmal hinzunehmen, welches an keiner Stelle offenbart ist.

1. in diesem Fall können die beiden Merkmale doch wohl kaum gesonderte Aufgaben lösen? Will sagen, zwei Aufgaben können doch nur dann unabhängig sein, wenn auch ihre Lösungen unabhängig voneinander sind, also wahlweise eine der beiden oder beide Lösungen gleichzeitig vorgesehen werden können? Dies scheint mit auch durch den letzten Absatz der RiLis C-IV-11.7.2 stark nahegelegt zu sein:

"Manchmal muss die objektive technische Aufgabe als Aneinanderreihung verschiedener "Teilaufgaben" gesehen werden. Das ist der Fall, wenn alle Unterscheidungsmerkmale in Kombination miteinander keine technische Wirkung erzielen, sondern vielmehr eine Reihe von Teilaufgaben unabhängig voneinander durch verschiedene Gruppen von Unterscheidungsmerkmalen gelöst werden (siehe IV, 11.8 und T 389/86, ABl. 3/1988, 87). "


2. ist eine solche Betrachtung nicht zwangsläufig rückschauend?


Ich bin halt nur etwas verunsichert, weil der Prüfer auch nach einer entsprechenden Eingabe auf seiner Meinung beharrt. In anderen Verfahren schien mir derselbe Prüfer durchaus auf der Höhe zu sein...
 

Kandidatenschwämme

SILBER - Mitglied
Auch wenn´s schwierig ist auf so allgemeine Fragen zu antworen, ich versuch es mal.

Ich habe hier einen EPA-Bescheid, in dem der Prüfer zwei Merkmale des Hauptanspruchs feststellt, die in D1 nicht offenbart sind.
Gut. Also schonmal neu.

Nun behauptet er, jedes Merkmal würde für sich eine eigene Aufgabe lösen. Die Definition wenigstens einer der Aufgaben ist in meinen Augen schon einmal fragwürdig, weil sie zuviel der Lösung beinhaltet.
Schön, dann kannst Du schonmal die Argumentation des Prüfers angreifen, da dann der Aufgabe-Lösungs Ansatz nicht richtig formuliert ist. Damit landet man nämlich zwangsläufig bei einer ex-post-facto Betrachtung, die unzulässig ist.

Interessanterweise zieht er jetzt nicht für jede der Aufgaben ein eigenes Dokument heran,
Da ist nichts Prinzipielles gegen einzuwenden.

was man bei einer solchen Einleitung ja erwarten würde, sondern formuliert eine Argumentation, die meines Erachtens klar eine rückschauende Betrachtung ist. Letztlich bringt er nur logische Argumente, warum der Fachmann eben dann doch die beiden Merkmale vorsehen würde, vollzieht also die Erfindung nach. Dann fragt man sich allerdings, warum der Fachmann der D1 so früh aufgehört hat...
Das kann man als Anzeichen für eine erfinderische Tätigkeit auszulegen versuchen.

Bei einem der beiden Merkmale könnte man ihm sogar noch bedingt zustimmen, weil es sich um eine Standardmaßnahme handelt. Jedoch: wird diese Standardmaßnahme übernommen, funktioniert leider der Gegenstand der D1 nicht mehr. Um sie wieder zum Funktionieren zu bringen, muss er dann noch das zweite Merkmal hinzunehmen, welches an keiner Stelle offenbart ist.
Wenn das zweite Merkmal nicht offenbart ist, dann ist die Argumentation des Prüfers insofern angreifbar, als ein nicht offenbartes Merkmal ja auch nicht nahegelegt werden kann und auch bei dem Fachmann bekannten Massnahmen oft mehrere verschiedene Massnahmen bekannt sind, aus denen der Erfinder dann auswählen muß (es sei denn, Einbahnstrassen-Situation).
Damit gelangt man, selbst wenn man der Argumentation des Prüfers folgt, nicht zwangsläufig zur beanspruchten Erfindung, was klar auf eine unzulässige ex-post-facto-Betrachtung hinweist, da der Prüfer nur durch das Hineinlesen der Erfindung überhaupt diese Auswahl gemacht hat und eben nicht ein alternatives Merkmal ausgewählt hat.

Weiter:
Wenn Merkmal 1 nicht funktioniert und durch Merkmal 2 wieder gehend gemacht wird, dann stellt sich die Frage:
  • War bekannt, dass Merkmal 1 nicht geht ?
  • War bekannt, dass Merkmal 2 das Ganze wieder gängig macht ?
  • Wenn Obiges nicht belegbar, kann man Vergleichsversuche vorlegen ?
1. in diesem Fall können die beiden Merkmale doch wohl kaum gesonderte Aufgaben lösen? Will sagen, zwei Aufgaben können doch nur dann unabhängig sein, wenn auch ihre Lösungen unabhängig voneinander sind, also wahlweise eine der beiden oder beide Lösungen gleichzeitig vorgesehen werden können? Dies scheint mit auch durch den letzten Absatz der RiLis C-IV-11.7.2 stark nahegelegt zu sein:
So sehe ich das erstmal auch-Teilaufgaben.
Es ist aber ohne genaue Kenntnis des Sachverhaltes für mich schwer möglich das jetzt zu beurteilen.

"Manchmal muss die objektive technische Aufgabe als Aneinanderreihung verschiedener "Teilaufgaben" gesehen werden. Das ist der Fall, wenn alle Unterscheidungsmerkmale in Kombination miteinander keine technische Wirkung erzielen, sondern vielmehr eine Reihe von Teilaufgaben unabhängig voneinander durch verschiedene Gruppen von Unterscheidungsmerkmalen gelöst werden (siehe IV, 11.8 und T 389/86, ABl. 3/1988, 87). "
Also zum Beispiel:
Fahrrad mit Klingel und Gepäckträger
-> Klingel verscheucht lästige Fussgänger
-> Gepäckträger hält die Bierdose
=> Teilaufgaben:

Das sehe ich bei Deinem Szenario so nicht.


2. ist eine solche Betrachtung nicht zwangsläufig rückschauend?
Ehm... welche ??

Ich bin halt nur etwas verunsichert, weil der Prüfer auch nach einer entsprechenden Eingabe auf seiner Meinung beharrt.
Ja, das gibt´s. Ich würde mal anrufen und mir das erklären lassen.

In anderen Verfahren schien mir derselbe Prüfer durchaus auf der Höhe zu sein...
Ja, das gibt´s. [/quote]
 

grond

*** KT-HERO ***
Kandidatenschwämme schrieb:
Auch wenn´s schwierig ist auf so allgemeine Fragen zu antworen, ich versuch es mal.
Ja, zugegeben, das hängt ein wenig in der Luft. Aber da ja nicht jeder Fachmann in allen technischen Gebieten ist, wäre es ohnehin schwierig, das am Beispiel zu diskutieren.


Wenn Merkmal 1 nicht funktioniert und durch Merkmal 2 wieder gehend gemacht wird, dann stellt sich die Frage:
  • War bekannt, dass Merkmal 1 nicht geht ?
  • War bekannt, dass Merkmal 2 das Ganze wieder gängig macht ?
Es handelt sich um Komponenten einer elektronischen Schaltung. Merkmal 1 ist für sich genommen ein Standardelement, das seine Funktion auch immer erfüllt. Nur wird halt die Schaltung von D1 komplett anders als üblich betrieben, so dass das Übernehmen dieses Merkmals erst einmal dazu führt, dass die Schaltung nicht mehr wie in D1 vorgesehen betrieben werden kann. Und Merkmal 2 drängt sich für mich auch nicht automatisch als Lösung auf, um dies wiederum zu beheben.


Okay, vielen Dank auf jeden Fall. Auch wenn alles sehr hypothetisch geblieben ist, hat es mir geholfen, meine Gedanken zu ordnen. Ursprünglich habe ich eigentlich nur darüber nachgedacht, ob die beiden gesonderten technischen Effekte und korrespondierenden Probleme, die in ihrer Formulierung tatsächlich unabhängig voneinander erschienen, nicht automatisch voneinander abhängig sein müssen (und ggf. in einem einzelnen Dokument gemeinsam offenbart sein müssen), wenn sich die Merkmale zu ihrer Lösung nicht getrennt voneinander einsetzen lassen. Das wäre sozusagen eine Umkehrprobe für die angeblichen unabhängigen Teilaufgaben.


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