Allg. Risiko Patentanwalt?

gernot

Vielschreiber
Hallo! Ich, Maschinenbauer + Promo + 2 Jahre Automotive, spiele schon länger mit dem Gedanken in den Patentbereich zu wechseln. Grundsätzlich könnte ich mir den Beruf sehr gut für mich vorstellen, bin mir aber des Risikos nicht ganz sicher, das ich damit eingehe - 2 kleine Kinder sind übrigens auch da...

Soweit ich bis jetzt sehe, besteht ein Risiko darin, die EQE Prüfung nicht zu schaffen. Wenn ich hier das Forum durchlese, scheint die ja alles andere als leicht zu sein.

Darum meine Frage: Überschätze ich dieses Risiko oder gibt es tatsächlich Anwärter die die Prüfung nie schaffen und dann von Harz4 leben müssen (überspitzte Darstellung)?

Danke für Eure Antworten!
 

Gonzo

*** KT-HERO ***
Lieber Gernot,

für Dich hilfreich wäre es, wenn Du einfach mal die jüngsten Threads zu dem Thema durchschauen würdest. Über das Thema ist hier in letzter Zeit recht viel geschrieben worden.

Es wird Dir wohl niemand eine "richtige" Auskunft zu dem Thema geben können denn erstens wird das Risiko sehr unterschiedlich wahrgenommen und eingeschätzt und zweitens ist es sicher so, dass jemand, der selbst erfolgreich in dem Beruf arbeitet Dir immer sagen wird, dass es kein Risiko gibt und jemand, der kaum über die Runden kommt wird Dir immer sagen, dass das Risiko fürchterlich hoch ist.

Du hast auf die EQE angespielt: Es gibt mittlerweile auch Kollegen, deren Einkommen trotz beider Zulassungen (EQE und dt. PA) in der Nähe von Hartz lV liegt.
Wie hoch allerdings das "Risiko" ist, wirtschaftlich nicht so sehr erfolgreich zu sein, kann man meiner Meinung nach nicht beurteilen. Dafür hängt alles von zuvielen Faktoren ab.

Tut mir leid, dass ich Dir keine bessere Auskunft geben kann, hoffe aber dennoch, es hilft Dir weiter.

MfG,

Gonzo


PS Die EQE ist in der Tat sehr schwierig und speziell und hat eine hohe Quote von Nicht-Bestehern.
 

grond

*** KT-HERO ***
gernot schrieb:
Soweit ich bis jetzt sehe, besteht ein Risiko darin, die EQE Prüfung nicht zu schaffen.
Nein, ist es eigentlich nicht. Nahezu jeder, der ein Hochschulstudium abgeschlossen hat, kann die EQE schaffen. Meines Erachtens ist sie deutlich leichter als Diplomprüfungen und wird nur über den Prüfungsmodus schwierig. Wenn jemand die EQE dennoch mehrmals nicht schafft, liegt das meistens an mangelnder Vorbereitung, was wiederum normalerweise auf mangelnde Zeit zur Vorbereitung zurückzuführen ist. Dafür sind die Gründe dann wiederum zuviel Arbeit und/oder zuviel Zeitaufwand für Familie (z.B. frischer Nachwuchs). Wenigstens bei der Ursache "zuviel Arbeit" ist dann das Nichtbestehen der EQE auch nicht so tragisch.
 

Paternoster

SILBER - Mitglied
Es ist zweifellos richtig, dass die EQE-Prüfung eine hohe Hürde ist. Die Durchfallquoten liegen wohl regelmäßig so bei 1/2 bis 2/3. Trotzdem ist das sicher nicht das größte Risiko, denn wenn Du Dich gut vorbereitest, wirst Du sie recht wahrscheinlich im zweiten oder dritten Anlauf schaffen. Das braucht nur sehr viel Zeit zur Vorbereitung. Ob Du Dir die nehmen kannst, musst Du selbst entscheiden.

Das viel größere Risiko lauert wo anders. Zunächst einmal musst Du die Kandidatenzeit mit schwachem Einkommen überstehen, dann das Amtsjahr mit erstmal gar keinem Einkommen (ob Du Dir etwas dazuverdienen kannst, ist nicht sicher).
Hinterher dann triffst Du auf einen Markt, der jetzt schon mit Junganwälten überlaufen ist. Viele Kanzleien bilden trotzdem fleißig weiter aus, nicht weil sie hinterher die Anwälte wollen, sondern weil sie Kandidaten als billige Arbeitskräfte wollen. Gleichzeitig steigt der Kostendruck seitens der Mandanten deutlich. Der Kuchen muss also nicht nur immer mehr Mäuler füttern, er wird auch noch kleiner.

Lass Dich bloß nicht von irgendwelchen Artikeln oder Büchern leiten, die Dir das Gelbe vom Ei versprechen. Die werden von denen rausgegeben und finanziert, die an der Kandidatenschwemme gut verdienen. Eine gute Position in der Industrie zugunsten einer PA-Ausbildung aufzugeben dürfte sich in den seltensten Fällen lohnen. Ein hohes Risiko wäre es allemal.
 

shaylaren

Vielschreiber
EQE?
Hab gestern eine Kollegin kennengelernt, die nun 4 mal angetreten ist. Scheint irgendwie falsch zu lernen. Da sie in der Industrie arbeitet, verdient sie nicht so schlecht, allerdings gab es schon Ankündigungen Seitens des Vorstandes, dass man lieber "qualifizierte" Kräfte an Bord haben will. In einer Anwaltskanzlei stelle ich mir das ganze ungleich schwerer vor. Irgendwie absurd, was wir uns da antun...
 

gernot

Vielschreiber
danke mal für die antworten. da ich den beruf an sich interessant finde ist es nicht allein das geld weswegen ich einen wechsel überlege. dass ich in einigen jahren mit eqe keinen adäquaten job finde kann ich mir bei einem blick in den aktuellen stellenmarkt eigentlich auch nicht vorstellen und so denke ich, dass ich mich mal bei einigen kanzleien in münchen bewerben werde. mal sehen wies läuft.

in jedem fall habt ihr mir die angst genommen, trotz lernens die prüfung nicht zu schaffen - danke!
 

Louis

Vielschreiber
Vielleicht sollte man noch etwas erläutern: Im Stellenmarkt tauchen über die Jahre inzwischen immer wieder dieselben Kanzleien auf, die Leute suchen. Komischerweise wachsen diese Kanzleien aber nicht dementsprechend. Dagegen wachsen andere Kanzleien. Mit anderen Worten: Ich würde mich auf keine einzige der Anzeigen bewerben - außer man möchte in die Industrie. in der Industrie würde ich aber die klassischen Ingenieur-Jobs über 30 Jahre Berufstätigkeit spannender halten.

Ein anderes Phänomen sind die Untervermietungen. Das kamen bis vor wenigen Jahren (etwa 2008) nicht vor. Damals haben die Leute Hände ringend Anwälte gesucht, die ihnen die Arbeit abnehmen - nur Platz hatten sie kaum, da wurden Büros über Nacht in zwei Räume geteilt, um Platz zu schaffen. Jetzt haben die Kanzleien Platz, aber keine Arbeit für neue Leute?!?! Das nenne ich mal eine Veränderung.
 

Raney

BRONZE - Mitglied
Frage mich warum, bei solchen Fragen immer wieder Leute hervortreten, die den Berufsstand in Grund und Boden reden und interessierte Personen pauschal ersteinmal versuchen von Ihrer Idee abzubringen. Das kann doch nicht der Sinn und Zewck dieser Seite sein...
 

gernot

Vielschreiber
Louis schrieb:
Mit anderen Worten: Ich würde mich auf keine einzige der Anzeigen bewerben - außer man möchte in die Industrie. in der Industrie würde ich aber die klassischen Ingenieur-Jobs über 30 Jahre Berufstätigkeit spannender halten.
...also früher war alles besser und der job an sich ist auch nur fad oder?

darf ich nach deinem hintergrund fragen?
 

union

*** KT-HERO ***
Raney schrieb:
Frage mich warum, bei solchen Fragen immer wieder Leute hervortreten, die den Berufsstand in Grund und Boden reden und interessierte Personen pauschal ersteinmal versuchen von Ihrer Idee abzubringen. Das kann doch nicht der Sinn und Zewck dieser Seite sein...
Stimmt absolut!

Und hier war ja noch nicht mal die Frage nach den Aussichten für einen dt. Patentanwaltskandidaten gestellt, sondern lediglich die nach dem Bestehensrisiko bei der EQE...
 

Louis

Vielschreiber
gernot schrieb:
...also früher war alles besser und der job an sich ist auch nur fad oder?

darf ich nach deinem hintergrund fragen?
  • Ja. Es gab schlicht mehr Geld bei wachsendem Mandanten-Markt für weniger Anwälte.
  • Nein. Ich persönlich fände es in der Industrie langweilig, aber das mag Geschmackssache sein.
  • Ing., 6 Jahre Patentwesen, in freier Praxis mit eigenen Mandanten, ~100k€.
Und, nein, ich rate nicht jedem ab. Aber in meinen Augen ist es nicht schlüssig, zu promovieren, 2 Jahre zu arbeiten und dann wechseln zu wollen, das hätten Sie früher auch haben können. Bei vielen Partnerschaftsmodellen kommt es auch darauf an, dass man jung genug ist - niemand nimmt jemanden als Partner auf, dessen Rente er später zahlen muss. Und lassen Sie sich nicht davon blenden, dass man Ihnen bei den Kandidatenstellen den roten Teppich ausrollt, das ist logisch und mit den Informationen hier leicht nachvollziehbar.

Das Forum ist auch nicht dazu da, irgendwen abzuschrecken - hat aber auch sonst in meinen Augen keine "höhere" Aufgabe- außer als Austauschplattform zu dienen, die dann eben auch Transparenz schafft. Als ich hier vor 7 jahren angefangen habe mitzulesen, war der Tenor übrigens einhellig positiv - irgendeinen Hintergrund muss dieser Wandel ja haben.
 

gernot

Vielschreiber
Erstmal Danke, dass Sie mir nach 7 Jahren schweigen Ihre ersten drei Beiträge gewidmet haben.

Könnte es nicht auch so sein, dass der von Ihnen beschriebene Rückgang seit 2008 auch mit einer kleineren Rezession zusammenhängt die Deutschland zwischendurch Mal heimgesucht hat?

Meiner Meinung nach gibt es für alle Berufsgruppen zyklische Hochs und Tiefs. Über ein Berufsleben gesehen würde es mich aber wundern wenn es mit dem Stand der Patentanwälte nur mehr bergabgehen würde. Schließlich wird bei uns in Süddeutschland soweit ich es beurteilen kann immer noch fleissig erfunden.
 

Paternoster

SILBER - Mitglied
Lieber Gernot,

niemand kann Dich zwingen, uns zu glauben, die den Markt von innen und schon wesentlich länger kennen. Aber ich kann mich gerne mal an einem Früher-Heute-Vergleich versuchen, um darzulegen, dass es sich hier nicht um Einbildungen handelt:

FRÜHER (bis 2008) mussten europäische Patente in die Sprachen der Länder, in denen sie gelten sollen, übersetzt werden. Daran haben viele Anwälte sehr gut verdient (i.d.R. vierstellige Beträge pro Übersetzung).
HEUTE werden kaum mehr Patente übersetzt, das Geschäft ist fast zusammengebrochen und hat einigen Kanzleien einen siebenstelligen Umsatzrückgang beschert.
IN ZUKUNFT (wahrscheinlich ab nächstes Jahr) wird dank des Gemeischaftspatents noch mehr Umsatz wegbrechen, weil die nationalen Validierungen nicht mehr nötig sind. Mit Vertretungshonoraren für Sekretariatsarbeit in Validierungsakten ist dann Schluss.

FRÜHER (bis vor ein paar Jahren) wurden Jahresgebühren meistens über die Kanzleien eingezahlt. Dafür wurden hohe Gebühren berechnet, obwohl es sich um simple Sekretariatsarbeit handelt.
HEUTE gibt es spezialisierte Dienstleister, die die gleiche Arbei für einen Bruchteil der Kosten erledigen. Das Geschäft bricht faktisch weg.

FRÜHER (bis vor ein paar Jahren) war es üblich, dass Patentanwälte als Vertreter gegenüber dem Amt auftreten und dafür hohe Basishonorare etc. bekamen.
HEUTE verwalten immer mehr Mandanten ihre Patente selbst und mandatieren nur noch selektiv - mal eine Anmeldung hier, mal eine Bescheidserwiderung dort. Das macht insgesamt mehr Arbeit (weil man sich immer wieder neu einarbeiten muss), lässt sich aber nur schlechter abrechnen.

FRÜHER (bis etwa 2008) spielten Preise kaum eine Rolle, weil Patentanwälte ein knappes Gut waren.
HEUTE wollen immer mehr Mandanten über Preise verhandeln und verlangen Zugeständnisse. Sie wissen, dass die Arbeit auch jemand anders machen kann.

FRÜHER (bis etwa 2000) haben sich Rechtsanwälte nur gelegentlich in den Markenbereich getraut.
HEUTE drängen sie immer mehr in die nicht so technischen Schutzrechte wie Marken und Geschmacksmuster.

Und dazu ist nunmal zu berücksichtigen: Die Anzahl der Patentanwälte hat sich seit 2000 etwa um die Hälfte erhöht. Das ist eine ganze Menge. Die Budgets der Mandanten haben sich in dieser Zeit sicher nicht inflationsbereinigt um die Hälfte erhöht. Außerdem geht noch ein Teil des Geldes für die Auszahlung von Altpartnern drauf. Der pro arbeitendem Patentanwalt zur Verfügung stehende Betrag sinkt damit deutlich.

Mit der Kandidatenschwemme einher geht das Phänomen der vielen Ein-Mann-Kanzleien, die sich mit Kampfpreisen gerade so durchschlagen.

Dass es sich hier um einen Einmaleffekt oder eine vorübergehende Schwankung handelt ist ziemlich unwahrscheinlich, solange die Ausbildungsmaschinerie auf vollen Touren weiterläuft. Erst wenn entweder die Kandidatenmühlen die Konkurrenz durch ihre ehemaligen Kandidaten zu spüren bekommen, oder wenn es sich bei den Bewerbern herumspricht, dass der Beruf nicht hält was er verspricht, wird es hier zu einer Wende kommen. Wann das sein wird, vermag ich nicht zu prognostizieren.
 

dampfplauderer

Vielschreiber
hey gernot...

also wenn du mit dem gedanken spielst patentanwalt zu werden, würd ich mich nicht allzu sehr auf das verlassen was hier drin geschrieben wird... hier schreiben immer wieder die gleichen miesmacher das selbe zeug rein (was mit denen los is kann ich mir net vorstellen)...

ich bin als e-techniker selber kandidat und sehe nicht, dass es ein fehler war den schritt zu machen... wenn du gut bist, wirst ein gutes auskommen haben (vor allem wenn du auf technisches fachwissen baust: das zieht bei mandanten und in streitfällen bei den beiden ämtern und beim patentgericht; in verletzungssachen is es bissl anders ;-)...

der finanzielle aspekt... hartzIV-niveau... du hast das überspitzt gsagt... aber das behaupten manche hier tatsächlich... völliger quatsch is das... ich denke, dass der fähige durchschnittspatentanwalt (die ganz großen spitzenverdiener mal wirklich ausgeklammert) nach wie vor und auch in zukunft erheblich besser verdient als der durchschnittsingenieur...

wähle nur die kanzlei sorgfältig aus :)
 

dampfplauderer

Vielschreiber
ich kann dir weder vorschläge noch nogos mitteilen...

meine ganz persönliche anregung:

versuch im vorstellungsgespräch herauszufinden wieviele kandidaten die kanzlei hat, wieviel sie in letzter zeit hatte, wieviele davon übernommen wurden, wie hoch der anteil inländischer mandanten is (je höher desto besser finde ich), wann sie gedenken dich offiziell als kandidat zu melden (ich sehe keinen anlass, warum das nicht baldmöglichst geschehen soll)...
 

EK

*** KT-HERO ***
Hallo Paternoster,

schade um die Zeit, die Du mit dem Schreiben Deines Beitrags vergeudet hast. Laß doch Gernot und die anderen glauben, was sie wollen. Du wirst deren vorgefaßte Meinungen nicht ändern. Das Du recht hast, steht außer Frage. Das hat nichts mit Pessimismus zu tun, es beschreibt nur zutreffend die Realität. Aber das werden die Jungspunde hier schon rechtzeitig am eigenen Leib erfahren.

Und übrigens bezweifle ich stark, daß die sich hier pessimistisch äußernden Teilnehmer alle berufliche Versager sind und/oder am Hungertuch nagen. Vielmehr dürfen es sich dabei zu einem großen Teil (von einigen Trollen abgesehen) um erfahrene Patentanwälte handeln. Zumindest komme ich nach Gesprächen mit Kollegen im wirklichen Leben manchmal zu dem Eindruck, daß sich in diesem Forum mehr Anwälte als Kandidaten äußern.

Servus!

E.K. (der Gott sei Dank schon ein paar Jahre länger im Geschäft ist und hofft, daß dieser Vorsprung ausreicht).
 

union

*** KT-HERO ***
Hallo EK,

Ich hab mal ein paar Fragen an Dich und die anderen "Realisten" hier im Forum:

Ich bin seit 1,5 Jahren PA, Biologe, freiberuflich mit Aufträgen von hauptsächlich einer Kanzlei, und komme auf ca. 80TE/a (keine Übersetzungen, keine Beteiligung am Jahresgebührengeschäft, keine Beteiligung am Validierungsgeschäft).

### Ist das aus Deiner Sicht gut oder schlecht?

### Gehöre ich aus Deiner Sicht zu den Opfern des verfallenden Patentanwaltsmarktes, weil ich nicht auf 150TE komme, wie es "früher" noch möglich gewesen wäre?

### Oder bin ich eine der ach so seltenen Ausnahmen, die es irgendwie doch noch geschafft hat?

Ohne Zahlen bleiben alle Darstellung in diesem Forum zu den Aussichten aus meiner Sicht ohne jeglichen Informationsgehalt! Und dann klingen die "realistischen" Darstellung eben nur nach Schwarzmalerei.

union
 
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