Product-by-Apparatus claims

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

angenommen eine Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung eines Produkts. Das wirtschaftliche Interesse liegt aber hauptsächlich auf dem Produkt, wohingegen die Vorrichtung nur firmenintern (eben zur Herstellung des Produkts) verwendet wird.

Ferner angenommen, es lässt sich am Produkt durch gewisse Spuren erkennen, dass das Produkt durch die erfindungsgemäße Vorrichtung hergestellt ist. Ansonsten entspricht das Produkt anderen bekannten Produkten, nur mit höherer Qualität.

Wie bekomme ich jetzt Schutz auf das Produkt? So?

Produkt, dadurch gekennzeichnet, dass es die Qualität "1a" und die Spuren "X" aufweist und mittels einer Vorrichtung "Y" gemäß einem der Ansprüche 1 bis 35 gefertigt ist.

Danke schonmal für alle Tipps bzw. Erfahrungswerte,

Grüße Kurt
 

ip_kandidat

GOLD - Mitglied
Wie soll "Product-by-Apparatus" funktionieren? Es wird meiner Einschätzung nach auf eine Verwendung des Apparatus hinauslaufen, betrifft somit also ein Verfahren und damit vom Charakter her ein product-by-process.

Ferner angenommen, es lässt sich am Produkt durch gewisse Spuren erkennen, dass das Produkt durch die erfindungsgemäße Vorrichtung hergestellt ist.
Es lässt sich also am Produkt erkennen, ob es mit einem bestimmten Verfahren hergestellt wurde. Das sind doch keine schlechten Grundvoraussetzungen für die Durchsetzung eine Schutzrechts auf Basis eines product-by-process

Ansonsten entspricht das Produkt anderen bekannten Produkten, nur mit höherer Qualität.
Dann sollte man die höhere Qualität als Merkmal verpacken und einen Vorrichtunganspruch basteln. In die Beschreibung gehört die Vorrichtung zur Herstellung und das Verfahren zur Herstellung.
 

grond

*** KT-HERO ***
Ferner angenommen, es lässt sich am Produkt durch gewisse Spuren erkennen, dass das Produkt durch die erfindungsgemäße Vorrichtung hergestellt ist. Ansonsten entspricht das Produkt anderen bekannten Produkten, nur mit höherer Qualität.

Wie bekomme ich jetzt Schutz auf das Produkt?

Art. 64 II EPÜ:

Ist Gegenstand des europäischen Patents ein Verfahren, so erstreckt sich der Schutz auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.

Prinzipiell hast Du also schon Schutz für das Produkt, wenn Du einen Verfahrensanspruch vorsiehst. Wenn Du die Vorrichtung zur Herstellung schützst, könntest Du u.U. einen Verwendungsanspruch auf diese Vorrichtung hinzufügen. Allerdings wäre ein unabhängig formulierter Verfahrensanspruch vermutlich besser, weil er vermutlich einen größeren Schutzbereich böte.

Wenn das Produkt aber nachweislich bessere Eigenschaften aufweist, spricht natürlich auch nichts gegen einen Product-by-Process-Anspruch, weil dieser dann auch das Produkt schützen würde, wenn es mit einem noch zu erfindenden, (noch besserem) Verfahren hergestellt wird.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Grond! Wie immer danke für die klare Sprache! Dank auch @kandidat.

Ich denke mal, ich mach es so:

Anspruch 1: Vorrichtung, gekennzeichnet durch X.

Anspruch 2: Verfahren mit diversen Verfahrensschritten unter Verwendung der Vorrichtung nach Anspruch 1.

Anspruch 3: Produkt mit der Eigenschaft Y, hergestellt unter Verwendung der Vorrichtung gemäß Anspruch 1, oder durch das Verfahren gemäß Anspruch 2.

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Wenn das Produkt aber nachweislich bessere Eigenschaften aufweist, spricht natürlich auch nichts gegen einen Product-by-Process-Anspruch, weil dieser dann auch das Produkt schützen würde, wenn es mit einem noch zu erfindenden, (noch besserem) Verfahren hergestellt wird.

Moomeent... stimmt das?

Patent A:

Anspruch 1: Verfahren zur Beschichtung von Stahl mit Aluminium, dadurch gekennzeichnet, dass das Aluminium aufgewalzt wird.

Anspruch 2: Stahlträger mit Aluminiumbeschichtung, hergestellt nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1.

Spätere Erfindung des Produktes B:

Stahlträger mit ganz fester Aluminiumbeschichtung, bei dem die Aluminiumplattierung mittels Sprengstoff erfolgt.
Jetzt ist doch aber Produkt B nicht durch Patent A geschützt?

Grüße Kurt
 

grond

*** KT-HERO ***
Moomeent... stimmt das?

Ja:

RiLi: Teil C, Kapitel III, Abschnitt 4.12:

"Ein Patentanspruch, der ein Erzeugnis durch ein Herstellungsverfahren kennzeichnet, ist als auf das Erzeugnis als solches gerichtet anzusehen. Er kann z. B. die Form "Erzeugnis X, erhältlich durch das Verfahren Y" haben. Unabhängig davon, ob in dem Product-by-Process-Anspruch eine Formulierung wie "erhältlich durch", "erhalten durch", "direkt erhalten durch" oder eine gleichbedeutende Formulierung verwendet wird, bezieht sich der Anspruch stets auf das Erzeugnis als solches und gewährt dafür absoluten Schutz (siehe T 20/94, nicht im ABl. veröffentlicht)."

"Absoluten Schutz"! Es wird also ein Produkt mit Produktmerkmalen geschützt, das bestimmte Eigenschaften aufweist. Du darfst aus Klarheitsgründen eh nur dann zum Product-by-Process-Anspruch greifen, wenn sich das Produkt nicht auf andere Weise charakterisieren lässt (z.B., indem Du die besondere Härte der Aluminiumbeschichtung in den Anspruch aufnimmst, dann kannst Du aber auch oder wenigstens im Unteranspruch noch den Verweis auf das Verfahren hinzunehmen).

Patent A wäre nur erteilungsfähig, wenn ein Stahlträger mit Aluminiumbeschichtung für sich neu und erfinderisch ist. "Hergestellt nach dem Verfahren" führt nur dann zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit, wenn sich dadurch besondere Eigenschaften ergeben (Stahlträger mit Aluminiumbeschichtung schon bekannt, Aufwalzen ist aber neu und erfinderisch und gibt bessere Qualität; wegen Klarheit müssen aber entsprechende Merkmale mit rein, wenn es ohne p-by-p geht).

Generell würde ich einen Product-by-Process-Anspruch immer so formulieren "Produkt erzeugt durch oder erzeugbar durch das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche". Dann kann man sich auch ganz sicher sein, dass die nationale Verletzungsrechtsprechung nicht auf den eigentlich unmaßgeblichen Verfahrensverweis Gewicht legt.


Spätere Erfindung des Produktes B:

Jetzt ist doch aber Produkt B nicht durch Patent A geschützt?

Doch, weil Patent A den Stahlträger mit Aluminiumbeschichtung an und für sich beansprucht und der verbesserte Stahlträger mit Aluminiumbeschichtung eine abhängige Erfindung ist!
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Aaah Du hast natürlich recht. Der Product-by-Process-Anspruch ist ja generell nur als "Notlösung" für die Formulierung gedacht, wenn die gegenständlichen Merkmale zu wenig hergeben.

Dank und Grüße Kurt
 
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