Probleme mit Großkanzleien

M

Matti

Guest
Es gilt immer noch als positiv, bei einer Großkanzlei zu arbeiten bzw. gearbeitet zu haben. Leider wird dabei oft übersehen, dass die Großkanzleien letztlich auch nicht mehr sind als ein Haufen Einzelkämpfer. Jeder arbeitet für seine Akten. Niemand wird auch ernsthaft daran denken, einen Schriftsatz zu zweit zu verfassen. Ein konstruktiver Austausch findet nach meiner Erfahrung jedenfalls nicht innerhalb einer Großkanzlei statt. Vielmehr ist der Austausch mit den Lerngruppenmitgliedern des Amtsjahrs viel effektiver, da man sich besser kennt.

Richtig negativ wird es aber, wenn man eine Großkanzlei verlassen will:

1. Meist hat man ein Wettbewerbsverbot oder eine Mandantenschutzklausel unterschrieben. D.h. für die Mandanten der Kanzlei kann man nicht mehr (so schnell) arbeiten. Das gilt dann meist gleich auch noch indirekt für die künftigen Kollegen: Lässt nämlich ein Großmandant bei mehreren Großkanzleien arbeiten (was inzwischen üblich geworden ist, insb. bei der elektrotechnischen Großindustrie), kann man auch kaum noch bei einer anderen Kanzlei arbeiten, die für denselben Mandanten tätig ist. Die frühere Kanzlei wird dann nämlich behaupten, der wechselnde Anwalt hätte entsprechende Mandate "abgezogen". Ggf. sind Strafzahlungen fällig. Welche aufnehmende Kanzlei hat dazu Lust;.geschweige denn welcher wechselnde Anwalt?

2. Ferner kann man in der Regel auch nicht mehr gegen die früheren Mandanten antreten, da man schnell widerstreitende Interessen vertritt. Man lese nach über das Verbot widerstreitender Interessen, das auch die alten und neuen Kollegen einbezieht (s. § 4 BOPA).

Oftmals benutzen die früheren Kollegen beide Beschränkungen als Mittel des Wettbewerbs, um dem wechselnden Anwalt den Neustart zu erschweren.

Im Ergebnis kann man nicht mehr uneingeschränkt für die früheren Mandanten der früheren Kanzlei und auch nicht mehr gegen diese Mandanten arbeiten.

Je größere die Kanzleien, desto größer die Kollisionsrisiken für den wechselwilligen Anwalt.

Es ist daher anzuraten, die vertragliche Gestaltung mit Großkanzleien genau auch auf diese Punkte zu prüfen. Ansonsten ist man in seiner zukünftigen Entwicklung erheblich eingeschränkt.
 
C

claud

Guest
Ja. Achtung vor Großkanzleien. Die sind meist nicht aus Nächstenliebe groß geworden. Das sollte man sich klar machen.
 
C

corvinus

Guest
@Matti

Ja und? Wo ist die Synthese aus dem gesagten?

Das muß doch jeder selber überlegen ob er am "großen internationalen Rad" mitdrehen will, oder aber etwas anderes sucht. Aber das ist doch ein alter Hut und als Freiberufler ist man nun einmal frei, das zu tun, was man will; dafür muß man aber auch die positiven wie negativen Konsequenzen akzeptieren.

Und das mit dem Wettbewerbsverbot: ein schöner Popanz, der künstlich aufgeblasen wird, um Junganwälten genau das einzureden, was in Ihrem/Deinen Artikel zur Sprache kommt. Das kommt alles aus dem forensisch-rechtsanwaltlichen Bereich und hat bei "uns" Patentanwälten eine andere Relevanz. Es gibt da Geschichten aus Kanzleien, da ist schon klasse. Aber wenn es der mandant weiß und ihm egal ist, so what?
 
P

ppa

Guest
Mandantenschutzklauseln ggü freien Mitarbeitern sind unwirksam; ich habe das auch mal durchstehen müssen.

Zumindest wer "sozial abhängig" ist von seinem Auftraggeber, fällt unter die Rechtsprechung analog 74 HGB; dazu gibt es eine Reihe von Entscheidungen auch zu Selbstständigen.

Ausserdem hat der BGH immer wieder betont, dass jeder ein Recht hat, einen Anwalt seiner Wahl aufzusuchen und bereits von daher mandantenschutzklauseln bei Anwälten gar nicht funktionieren können.

Standesrechtlich (Berufsrechtlich) verboten ist das "Abwerben" von Mandanten, mit denen man von einem Kollegen betraut wurde; da liegt die Nachweispflicht aber beim KOllegen! Ausserdem gibt es zunächst nur berufsrechtliche Stafen von der Kammer.

Wirksam sind grds. Vereinbarungen unter Partnern; diese sollten aber besser auf Entschädigugnszahlungen ausgerichtet sein, dh ein Ausgleich des Goodwills.

Also: ich kenn das Spielchen aus Erfahrung, keine Angst haben!!! Niemand hat "Eigentum an Mandanten"
Was soll dieser Quatsch eigentlich?
 
G

gast2000

Guest
ppa schrieb:
Also: ich kenn das Spielchen aus Erfahrung, keine Angst haben!!! Niemand hat "Eigentum an Mandanten"
Was soll dieser Quatsch eigentlich?
Welchen "Quatsch" meinst Du? Die Diskussion über die Wirkung von Mandantenschutzklauseln? Oder die Gewohnheit der Kanzleien, solche Klauseln in Ihre Verträge aufzunehmen?

Erfahrung ist natürlich der beste Lehrmeister, und man kann Dich nur beneiden, dass Du diesen Zank ausgefochten hast (das meine ich nicht ironisch!); aber ich könnte verstehen, dass manche Kollegen genau das nicht wollen.

(Und bitte, an alle Leser: antwortet jetzt NICHT, das seien Angsthasen, die ihren Beruf verfehlt haben. Es gibt gute Gründe, um einem Rechtsstreit auszuweichen: es spart Zeit, Geld und Ärger. Und wenn man selber in der Situation ist (und sich vielleicht gerade um den Aufbau einer eigenen Firma kümmern muss), sieht man die Sache vielleicht anders...)
 
W

Weiterer Patentanwalt

Guest
Wenn Ihr die Rechtsprechung durchlest, findet Ihr Urteile, aus denen hervorgeht, dass bei Zahlung einer Wettbewerbsentschädigung Mandantenschutzklauseln bis zu zwei Jahre wirksam sind.

Eigentlich gibt es nur zwei Modelle:

  • keine Wettbewerbsklausel; kein Mandantenkontakt
  • Wettbewerbsklausel; Mandantenkontakt.
 
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ppa

Guest
Weiterer Patentanwalt schrieb:
Wenn Ihr die Rechtsprechung durchlest, findet Ihr Urteile, aus denen hervorgeht, dass bei Zahlung einer Wettbewerbsentschädigung Mandantenschutzklauseln bis zu zwei Jahre wirksam sind.

Eigentlich gibt es nur zwei Modelle:

  • keine Wettbewerbsklausel; kein Mandantenkontakt
  • Wettbewerbsklausel; Mandantenkontakt.
Allerdings muss entsprechend 74 HGB diese Wettbewerbsklausel mit Karenzentschädigung bereits im Mitarbeitervertrag stehen; und das hat wohl keiner!!
Nachträglich muss man nicht zustimmen.

Der dritte Punkt wären Vereinbarungen unter Partnern (richtigen Partnern, nicht mit "Gesellschaftern ohne Gesellschaftsanteilen"; sowas war ich auch mal)
dort können z.B. Goodwill-Entschädigungen festgehalten werden.


"kein Mandantenkontakt" ? Wie soll das gehen? Das geht wohl nur in München mit ausländischen Mandanten.

Ansonsten ist die Rechtslage doch auch eine Motivation, die jungen Kollegen zu fairen Bedingungen aufzunehmen!!

Aber da sind wir naürlich wieder bei unserem Dauerthema ....
 
G

gast2000

Guest
ppa schrieb:
Allerdings muss entsprechend 74 HGB diese Wettbewerbsklausel mit Karenzentschädigung bereits im Mitarbeitervertrag stehen; und das hat wohl keiner!!
Nachträglich muss man nicht zustimmen.
Wie bitte? Das haben manche Leute sehr wohl!

Und, was das nachträgliche Zustimmen angeht: Niemand wird hierzulande gezwungen, einen bestimmten Mitarbeitervertrag zu unterzeichnen. Aber auch da kann es sogenannte Kompromisse geben. Und manchmal sieht eine Zusammenarbeit nach mehreren Jahren anders aus, als man es zuerst erwartet hat, und Regelungen, denen man kein großes Gewicht beigemessen hat, werden plötzlich extrem wichtig.

Der Tiergarten des HErrn ist groß; gerade in unserem Beruf...
 
P

Plempi

Guest
"... des HErrn ..."

Ich hoffe die Großbuchstaben sind keine Anspielung auf eine Großkanzlei.
 
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