Probleme durch den neuen Art.54(3) in der Praxis

Horst

*** KT-HERO ***
Mit dem neuen Art.54(3) ist es jetzt ja schwerer, ein europäisches Patent zu bekommen.

Beispielsweise wird einem ein EP-Patent entgegengehalten, dass nur CH/LI benannt hat und leider voll neuheitsschädlich trifft. Dann bekommt man im ganzen EPÜ-Land kein Patent mehr, obwohl in allen Ländern außer CH/LI gar keine Doppelschutzgefahr besteht.

Leider erfährt man von so einem 54(3) Stand der Technik meistens erst dann, wenn die Priofrist abgelaufen ist. Da Umwandlung aufgrund 54(3) in so gut wie allen EPÜ-Staaten nicht vorgesehen ist, steht man ziemlich bedröppelt da und muß dem Mandant erklären, warum er jetzt bspw. in DE, FR und GB kein Patent bekommt, obwohl dies bei drei nationalen Anmeldungen kein Problem gewesen wäre.

Hat man eine PCT-Anmeldung laufen, besteht u.U. noch die Möglichkeit, direkt in nationale Phasen zu gehen und sich die nationalen Patente zu holen.

Leider sind aber bei einer steigenden Anzahl von EPÜ-Staaten die nationalen PCT-Wege geschlossen worden, wobei dies am bedeutensten in Bezug auf FR, IT, BE und NL sein dürfte. Diese wären also auch trotz PCT futsch.

Da frage ich mich jetzt, ob man den Mandanten raten sollte, zumindest in FR immer national nachanzumelden (bei den "global playern" wohl alle mit geschlossenem Weg)? Insbesondere in harten Märkten, wo 54(3) Stand der Technik üblich ist, scheint mir das gegeben. Wie macht Ihr das?

M.E. sollte 54(3) schleunigst in allen Ländern Umwandlungsgrund werden, dann wäre das Problem beseitigt.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
M.E. sollte 54(3) schleunigst in allen Ländern Umwandlungsgrund werden, dann wäre das Problem beseitigt.
Dem stimme ich absolut zu, da gegenwärtig eine unverständliche Härte entstehen kann, wenn es ein 54(3)-Dokument gibt und einmal Einspruch eingelegt wird und einmal die Einspruchsfrist verstreicht. In ersterem Fall ist das gesamte Patent futsch, im zweiten Fall (den nur einen Tag von ersterem trennen muss), kann das Patent gerade einmal in den Benennungsstaaten des 54(3)-Dokumentes per Nichtigkeitsklage angegriffen werden.
 

Gunk

SILBER - Mitglied
grond schrieb:
Horst schrieb:
M.E. sollte 54(3) schleunigst in allen Ländern Umwandlungsgrund werden, dann wäre das Problem beseitigt.
Dem stimme ich absolut zu, da gegenwärtig eine unverständliche Härte entstehen kann, wenn es ein 54(3)-Dokument gibt und einmal Einspruch eingelegt wird und einmal die Einspruchsfrist verstreicht. In ersterem Fall ist das gesamte Patent futsch, im zweiten Fall (den nur einen Tag von ersterem trennen muss), kann das Patent gerade einmal in den Benennungsstaaten des 54(3)-Dokumentes per Nichtigkeitsklage angegriffen werden.
Wieso? Ich kenne jetzt nicht alle nationalen Regelungen, aber §6 (1) 1 IntPatÜG bezieht sich z.B ausdrücklich auf Art. 52-57 EPÜ, so dass wohl auch eine ältere EP-Anmeldung, die nur FR benennt, für den DE-Teil eines EP-Patents, welches unter das EPÜ2000 fällt, Nichtigkeitsgrund sein könnte. Hier sehe ich keinen Unterschied zwischen Einspruch und Nichtigkeit. Wie es in anderen Vertragsstaaten aussieht weiss ich allerdings nicht.

Gunk
 

grond

*** KT-HERO ***
Gunk schrieb:
Wieso? Ich kenne jetzt nicht alle nationalen Regelungen, aber §6 (1) 1 IntPatÜG bezieht sich z.B ausdrücklich auf Art. 52-57 EPÜ, so dass wohl auch eine ältere EP-Anmeldung, die nur FR benennt, für den DE-Teil eines EP-Patents, welches unter das EPÜ2000 fällt, Nichtigkeitsgrund sein könnte.
Stimmt, Du hast natürlich recht! Ich war fälschlicherweise über §3 Abs. 2 Nr. 2 PatG gegangen, was natürlich quatsch ist.


Wie es in anderen Vertragsstaaten aussieht weiss ich allerdings nicht.
Da Art. 138 Abs. 1 EPÜ direkt auf das nationale Recht wirkt, kann es dort nicht anders sein.
 

Gunk

SILBER - Mitglied
grond schrieb:
Wie es in anderen Vertragsstaaten aussieht weiss ich allerdings nicht.
Da Art. 138 Abs. 1 EPÜ direkt auf das nationale Recht wirkt, kann es dort nicht anders sein.
Da war (und bin) ich mir eben nicht sicher, was das "kann" in Art 138 (1) EPÜ bedeutet, insbesondere (was nach dem Wortlaut m.E. nach möglich ist) ob ein Vertragsstaat auch im Vergleich zu Art 138 (1) eingeschränkte Nichtigkeitsgründe zulassen könnte - z.B. dass eine Nichtigkeitserklärung nur bei Verstoss gegen Art. 57 EPÜ nichtig zu erklären ist, oder dass überhaupt keine Nichtigkeitserklärung möglich ist...

Gunk
 

ander

*** KT-HERO ***
Das Beschränkungsverfahren bietet doch einen einigermaßen vernünftigen Ausweg. Taucht ein 54(3) auf kann man jederzeit beschränken, um sich gegen das Dok abzugrenzen.

Allerdings ebenfalls mit dem oben geschilderten Nachteil, dass die Beschränkung für alle EPÜ-Länder ex tunc wirksam wird.

Ich denke aber, dieser Nachteil ist hinnehmbar.

Für DII sollte man diese Möglichkeit bei Bedarf auch in Betracht ziehen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Keine Überprüfung der Benennungen mehr?

Sehe ich das richtig, dass man aufgrund der Streichung des 54(4) beim Einspruch die benannten Vertragsstaaten überhaupt nicht mehr zu beachten braucht, und die dementsprechenden Felder in der Claims-Attacks-Matrix entfernt werden können?

Matrix-Ansprüche-Angriffe-VS.png


Oder muss dies aufgrund der Übergangsbestimmungen noch beibehalten werden?

Dem Kley entnehme ich hierzu:

"EPÜ1973 Art. 54(4) (überlappende Benennungen) bleibt anwendbar auf europäische Patente, die vor dem 13. Dez. 2007 erteilt wurden und auf europäische Patentanmeldungen, die am 13. Dez. 2007 anhängig sind."

Was heißt das konkret für den C-Teil nächste Woche? Das anzugreifende Patent ist höchstwahrscheinlich vor dem 13. Dez. 2007 erteilt, daher ist EPÜ1973 Art. 54(4) anzuwenden und die überlappenden Benennungen sind zu überprüfen. Ebenso kann beispielsweise eine etwa entgegengehaltene europäische Patentanmeldung am 13. Dez. 2007 nicht mehr anhängig sein, dann wäre ebenfalls EPÜ1973 Art. 54(4) anzuwenden.

Sollte hingegen das anzugreifende Patent erst nach dem 13. Dez. 2007 erteilt worden sein, dann wäre EPÜ2000 Art. 54(3) anzuwenden und die überlappenden Benennungen wären nicht mehr zu überprüfen. Was aber, wenn in diesem Fall eine entgegengehaltene europäische Patentanmeldung am 13. Dez. 2007 noch anhängig war...? Ist das dann ein Fall für EPÜ1973 oder für EPÜ2000?
 

Horst

*** KT-HERO ***
Es geht nur nach dem Anmeldetag des Streitpatents.

AT=13.12. = Art.54(3)EPÜ2000.

Im neuen C-Book sind auch tatsächlich zwei Vorlagen, eine mit und eine ohne Benennungen.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Vielen Dank!

Werde mir wohl tatsächlich noch das neue C-Book dazu holen, wenn das noch klappt....

Danke nochmal für die schnelle Antwort,
Grüße Kurt
 
Oben