'preferably' oder 'preferable'?

pak

*** KT-HERO ***
Groucho schrieb:
pak schrieb:
Können die zusätzlichen Anspruchsgebühren bei der Erteilung eigentlich nachberechnet werden, wenn man die Anzahl der Ansprüche im Prüfungsverfahren erhöht bzw. erhöhen muss?
Aber sicher! siehe Regel 71(6) EPÜ
Ein Blick ins Gesetz/in die Ausführungsordnung erleichtert die Rechtsfindung! Danke für diese Lektion ;-)
 

grond

*** KT-HERO ***
Vorweg: ich beziehe mich auf europäisches Recht, nicht auf US-amerikanisches. Leider muss ich zu meiner Verteidigung die schwache Entschuldigung vorbringen, dass mir das so, wie ich es dargestellt habe, beigebracht wurde. Ich habe versucht, Entscheidungen zu finden, die diese Sicht stützen, das beste, was ich finden konnte, war die Entscheidung T64/96, wo der Beschwerdeführer ausführt, dass er aus zwei komplementären Merkmalen lediglich eines auswählt, so dass dieses Merkmal nicht als erfinderisch angesehen werden könnte. Allerdings steht diese Argumentation in einem anderen Zusammenhang (Eignung des Merkmals als Disclaimer) und wird in der Entscheidungsbegründung nicht noch einmal gesondert aufgenommen (bzw. es wird dort gesagt, dass das Merkmal doch einen technischen Beitrag leistet). T583/93 scheint hingegen die hier überwiegend vertretene Meinung zu stützen, dass ein Abgrenzungsmerkmal nicht notwendigerweise bereits in der Anmeldung als wesentlich offenbart worden sein muss (siehe S. 308 des Entscheidungsbuchs).


union schrieb:
Es ist doch üblich, dass erst in Anbetracht des Stands der Technik klar wird, worin eigentlich die Erfindung bestand.
Meine Argumentation beruht auf der folgenden Unterscheidung: es ist m.E. legitim, aus einer Reihe von eindeutig offenbarten Gegenständen im Lichte des SdT einen auszuwählen, der die Patentierbarkeitskriterien des EPÜ erfüllt. Hingegen wäre ein Gegenstand nicht klar und eindeutig offenbart, wenn das abgrenzende Merkmal als optional beschrieben wurde und zudem die logische Umkehrung des Merkmals der Beschreibung nach gleichwertig ist. Wenn dann erst im Lichte des SdT und mit einem nachträglich demonstrierten technischen Vorteil eine der zwei komplementären Varianten ausgewählt wird, wäre dies nach meiner Logik ein Verstoß gegen 123(2) EPÜ, weil der Anmelder am Tag der Anmeldung eben noch nicht im Erfindungsbesitz war, weil er noch nicht wusste, dass das ausgewählte komplementäre Merkmal einen entscheidenden Unterschied macht. Wie gesagt, es geht mir allein um den Spezialfall, dass zwei komplementäre Merkmale genannt werden, nicht um die Auswahl einer von vielen Erfindungsformen mit verschiedenen Merkmalen und nachträglich genannten Vorteilen.

Eine Entscheidung, die diese Logik stützt, kann ich, wie schon gesagt, nicht angeben, vielleicht gibt es sie nicht oder noch nicht. Ich würde mich jedenfalls nicht schämen, die Argumentation ggf. zu verwenden. Da ich aber kein Prüfer bin, könnte dies höchstens in einem Einspruch geschehen, wofür die Chance eher gering ist...
 

Gunk

SILBER - Mitglied
grond schrieb:
Wenn dann erst im Lichte des SdT und mit einem nachträglich demonstrierten technischen Vorteil eine der zwei komplementären Varianten ausgewählt wird, wäre dies nach meiner Logik ein Verstoß gegen 123(2) EPÜ, weil der Anmelder am Tag der Anmeldung eben noch nicht im Erfindungsbesitz war, weil er noch nicht wusste, dass das ausgewählte komplementäre Merkmal einen entscheidenden Unterschied macht.
Nun, einen Verstoss gegen 123(2) EPÜ kann ich nach wie vor nicht sehen, da beide Varianten ja nach dem Ausgansfall sogar in den Ansprüchen offenbart sind. Eine Argumentation, man wäre dann nicht im Erfindungsbesitz gewesen, halte ich für sehr zweifelhaft.

Falls die beiden Varianten wirklich absolut gleichwertig sind, d.h. es völlig egal ist, ob X oder nicht, wird das weglassen oder hinzufügen von X vermutlich nicht als erfinderisch angesehen werden.

Anders dürfte es meiner Meinung nach sein, wenn X und nicht X jeweils eigene Vorteile/Nachteile haben, wobei diese Vorteile vermutlich nicht allzu toll sein müssen. Diese Vorteile müssen meiner Meinung nach nicht einmal explizit angegeben sein, aber natürlich für den Fachmann aus der gesamtoffenbarung irgendwie erkennbar sein.

Ich hatte einmal einen Fall, bei dem in der Anmeldung A und B als zwei gleichwertige Alternativen zum Erreichen eines Ziels dargestellt waren. A stellte sich als schon bekannt heraus, eine Einschränkung auf B wurde im nächsten Prüfungsbescheid als einfach austauschbare Alternative mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen, nachdem ich in Antwirt hierauf einen halbwegs vernünftigen Vorteil von B nennen konnte, wurde das Patent erteilt. Enspricht zwar nicht ganz dem Fall X und nicht-X, andererseits sehe ich nicht, warum das hier anders sein sollte.

Gunk
 

union

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Hingegen wäre ein Gegenstand nicht klar und eindeutig offenbart, wenn das abgrenzende Merkmal als optional beschrieben wurde und zudem die logische Umkehrung des Merkmals der Beschreibung nach gleichwertig ist.
Aber alle zusätzlichen Merkmale in abhängigen Ansprüchen sind doch zunächst mal nur als optional beschrieben, oder? Sonst müssten sie doch von vorneherein als erfindungswesentlich im Hauptanspruch stehen.

Und meiner Meinung nach bedarf es in vielen Fällen eben gerade einer erfinderischen Tätigkeit, um darauf zu kommen, dass die Umkehrung eines Merkmals auch funktioniert.
 
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