PCT PCT-Prüfungsverfahren: wie läuft es in der Praxis

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

da ich PCT-Anmeldungen eher selten auf dem Tisch habe: wie ist das eigentlich mit dem Prüfungsantrag seit der Einführung des EISPE. Damit sind, wenn ich das richtig verstanden habe, die Unterschiede zwischen Kapitel I (ohne Prüfungsantrag) und Kapitel II (mit Prüfungsantrag) weitgehend eingeebnet worden. Insbesondere wird in jedem Fall ein ISR und ein IPRP (=IPER) erstellt.

Wozu also noch Prüfungsantrag stellen, bzw. macht das jemand in der Praxis? Änderungen kann man gemäß Art. 19 ja auch einreichen, wenn man keinen Prüfungsantrag stellt.

Wo ist also heutzutage noch ein wesentlicher Unterschied für den Anmelder zwischen Kapitel I und Kapitel II?

Vielen Dank schonmal für eure Erfahrungswerte,

Grüße Kurt
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Hallo Kurt,

ich mache das gerne und relativ häufig.

Wenn der Recherchenbericht negativ war (z.B. weil der Prüfer es nicht ganz verstanden hat), hat man die Möglichkeit einen Bescheid zu erwirken (läuft wie die Erwiderung auf einen normalen Bescheid). Dies hat zwei wesentliche Vorteile:

1) Nachgelagerte nationale Behörden schließen sich dem Votum häufig an, sodass Kosten in den nachgelagerten Verfahren gespart werden.

2) Hilft dies bei der Entscheidungsfindung des Mandanten, da man mit einem besseren Eindruck in die nationalen Phasen geht.

LG
Alex
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo Alex und vielen Dank für die Mitteilung Deiner Erfahrungen, sehr hilfreich!

Hier mal wie ich mir den Ablauf vorstelle:

Kapitel I (ohne Prüfungsantrag):

  • es ergeht der ISR und der SB (angenommen mit negativer Auffassung des Prüfers)
  • ist die Auffassung des Prüfers begründet, so helfe ich ab, indem ich die Ansprüche ändere und diese innerhalb von zwei Monaten nach dem ISR/SB zusammen mit dem vorgeschriebenen Begleitschreiben gemäß Regel 46.5 und der optionalen Erklärung/Kurzerläuterung nach Art. 19 (1) einreiche.
  • wenn mir das genügt, brauche ich keinen Prüfungsantrag zu stellen
  • dann wird allerdings der negative SB trotz der geänderten Patentansprüche zum abschließenden IPRP
(nicht gut)

Kapitel II (mit Prüfungsantrag):

  • es ergeht der ISR und der SB (angenommen mit negativer Auffassung des Prüfers)
  • halte ich die Auffassung des Prüfers für unbegründet, so verfasse ich eine Gegenvorstellung nach Art. 34 und reiche diese innerhalb von sechs Monaten nach dem ISR/SB zusammen mit dem Prüfungsantrag ein
  • der abschließende IPRP ergeht dann unter Berücksichtigung meiner Gegenvorstellung
  • eventuell gibt es sogar noch einen Zwischenbescheid oder einen Meinungsaustausch mit dem Prüfer, bevor der IPRP ergeht
(besser)

Ich schließe für mich daraus, dass es bei ungünstigem Recherchenbericht/schriftlichem Bescheid auf jeden Fall besser ist, den Prüfungsantrag zu stellen, egal ob die Ansprüche geändert werden sollen oder nicht.

Richtig?

LG Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Vielen Dank.
Grüße Kurt

PS: Nur nochmal sicherheitshalber

Kapitel I (ohne Prüfungsantrag):

  • es ergeht der ISR und der SB (angenommen mit negativer Auffassung des Prüfers)
  • ist die Auffassung des Prüfers begründet, so helfe ich ab, indem ich die Ansprüche ändere und diese innerhalb von zwei Monaten nach dem ISR/SB zusammen mit dem vorgeschriebenen Begleitschreiben gemäß Regel 46.5 und der optionalen Erklärung/Kurzerläuterung nach Art. 19 (1) einreiche.
  • wenn mir das genügt, brauche ich keinen Prüfungsantrag zu stellen
  • dann wird allerdings der negative SB trotz der geänderten Patentansprüche zum abschließenden IPRP

Das trifft doch so zu (der fett gedruckte Teil)?
 
Zuletzt bearbeitet:

Kurt

*** KT-HERO ***
Jetzt hab ich doch nochmal eine Frage zum optimalen Vorgehen:

Sollte man bei einem ungünstigen Recherchenbericht/schriftlichen Bescheid nicht sogar sowohl Anspruchsänderungen nach Art. 19 einreichen (damit die Offenlegungsschrift diese auch schon erhält) als auch Prüfungsantrag stellen und die Gegenvorstellung nach Art. 34 einreichen (damit möglichst der IPRP besser ausfällt)?

Sprich, in der Praxis sollte dann doch optimalerweise gleich innerhalb von zwei Monaten nach dem ISR/SB Prüfungsantrag gestellt und zudem die fertige Erwiderung einschließlich der Anspruchsänderungen eingereicht werden?

Schließlich, ich erinnere mich, dass ich schon mehrere Internationale Prüfungsverfahren hatte, bei denen der Schriftwechsel mit dem Prüfer ganz normal (wie im nationalen Verfahren) mehrfach hin und her ging, bis man sich auf eine "möglicherweise gewährbare" Anspruchsfassung geeinigt hatte.

Sprich, sollte man die Gegenvorstellung nach Art. 34 wie eine ganz normale Bescheidserwiderung formulieren, insbesondere darin die Argumentation des Rechercheprüfers versuchen zu widerlegen?

Danke und Gruß
Kurt
 
Zuletzt bearbeitet:

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Würde ich nicht machen, da regelmäßig der Recherchenbericht nicht vorliegt und die Wörter für die Erläuterungen begrenzt sind (ca. 1 Seite glaube ich).

Änderungen an den Ansprüchen mache ich nur, falls eine mögliche Verletzung im Raum steht.

Gruß
Alex
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Würde ich nicht machen, da regelmäßig der Recherchenbericht nicht vorliegt

Du meinst, ...den nationalen Ämtern nicht vorliegt? Sprich, um sich nicht unnötig einzuschränken?

Wobei, bei der Regionalisierung zum europäischen Patent schickt mir die Prüfungsabteilung dann doch einfach nochmal eine Kopie vom IPRP, wenn ich die Ansprüche nach einem ungünstigen ISR nicht geändert habe?

und die Wörter für die Erläuterungen begrenzt sind (ca. 1 Seite glaube ich).

Ja -- das gab's früher wohl noch nicht.

Änderungen an den Ansprüchen mache ich nur, falls eine mögliche Verletzung im Raum steht.

Hmm. Also nur eine Gegenvorstellung einreichen (mit Prüfungsantrag) -- oder einfach gar nichts machen, und auf eine zweite Chance im nationalen Verfahren hoffen -- machst Du das so?

Dank vorab und vG
Kurt
 
Zuletzt bearbeitet:

Kurt

*** KT-HERO ***
*schubs*

@Alex:
würde mich noch über Deine kurze Antwort auf meine letzten Rückfragen freuen.

vG Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
OK, du meintest oben also das Vorgehen ohne Prüfungsantrag (Kapitel I). In diesem Fall machst Du keine Anspruchsänderungen und auch keine ausführlichen Gegenvorstellungen.

Wenn man aber einen ungünstigen Recherchenbericht hat und plant, Prüfungsantrag zu stellen (-> Kapitel II), dann ist es doch sinnvoll, gleichzeitig mit dem Prüfungsantrag die Ansprüche gegenüber den Entgegenhaltungen so einzugrenzen, dass man möglichst einen positiven Prüfungsbescheid (IPRP) bekommt -- oder spricht noch etwas dagegen?

Danke nochmal
Grüße
Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
und ich mache nicht nur eine Anspruchseingrenzung, sondern erstelle eine echte Bescheidserwiderung

OK, formal ist diese 'Bescheidserwiderung' dann eine Form der besagten sog. "Gegenvorstellung nach Art. 34(2)" (die im Art. 34 selber gar nicht so benannt ist, sondern nur in der diversen Begleitliteratur) auf den WO-ISA (schriftlicher Bescheid der Recherchenbehörde).

Erst in der Regel 66.2 c) findet sich dann (zum internationalen Prüfungsverfahren) "In dem [ersten] Bescheid [der IPEA] ist der Anmelder aufzufordern, eine schriftliche Stellungnahme [...] einzureichen."

Weniger formalisiert zusammengefasst läuft es also darauf hinaus, dass man
  • den ersten schriftlichen Bescheid der Recherchenbehörde (=WO-ISA) sozusagen als ersten "Prüfungsbescheid" ansehen kann, auf den man dann
  • eine erste "Bescheidserwiderung" ggf. mit Änderungen einreicht (und dabei gleichzeitig Prüfungsantrag stellt)
  • dann ergeht (mindestens) ein schriftlicher Bescheid der IPEA, auf den man
  • (mindestens) eine zweite "Bescheidserwiderung" einreichen kann,
  • und am Schluss ergeht nach alledem dann der IPRP (int. vorläufiger Prüfungsbescheid) der IPEA.
Stimmt's?

Grüße Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Aber was ist damit:

R. 66.4 Zusätzliche Möglichkeit zur Einreichung von Änderungen oder Gegenvorstellungen

a) Die mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde
kann nach ihrem Ermessen einen oder mehrere zusätzliche schriftliche
Bescheide
abgeben; hierauf sind die Regeln 66.2 [erster Bescheid] und 66.3 [Änderungen und Gegenvorstellungen] anzuwenden.

?

Grüße Kurt
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Aber was ist damit:
R. 66.4 Zusätzliche Möglichkeit zur Einreichung von Änderungen oder Gegenvorstellungen
a) Die mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde
kann nach ihrem Ermessen einen oder mehrere zusätzliche schriftliche
Bescheide
abgeben; hierauf sind die Regeln 66.2 [erster Bescheid] und 66.3 [Änderungen und Gegenvorstellungen] anzuwenden.

Solche Bescheide gibt es, aber sie sind so selten wie vierblättrige Kleeblätter. In der Regel erstellt der Prüfer seinen IPRP ohne Zwischenbescheid nur auf Grundlage der bei Stellung des IPER eingereichten Eingabe. Überzeugt ihn diese nicht, ist der IPRP eben negativ.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Solche Bescheide gibt es, aber sie sind so selten wie vierblättrige Kleeblätter.

OK. Jedenfalls hatte ich ein mehrfaches Hin und Her mit Bescheid und Bescheidserwiderung früher schon mal gelegentlich, inklusive telefonischer Anhörung mit dem IPER-Prüfer.

Danke @all für die hilfreichen Antworten,

Grüße Kurt
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Super Hinweis, vielen Dank.

Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 31. August 2011 über die Erstellung eines zweiten schriftlichen Bescheids im Verfahren nach Kapitel II PCT schrieb:
2.2. Ein zweiter schriftlicher Bescheid wird unter der Voraussetzung erstellt, dass der Anmelder rechtzeitig entweder eine sachliche Erwiderung auf den vom EPA als Internationaler Recherchenbehörde erstellten schriftlichen Bescheid (WO-ISA) oder auf den vom EPA als IPEA erstellten ersten schriftlichen Bescheid einreicht.

Das entspricht dann also weitgehend (zumindest für den Fall des "negativen IPER") der Ablaufschilderung im obigen Beitrag #13

Grüße Kurt
 
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faraJa

BRONZE - Mitglied
Bin auf dem Gebiet leider noch etwas grün.
Ich hab jetzt z.B. einen internat. Recherchenbericht (nur A-Schriften) mit schriftlichen Bescheid vorliegen und mir wird darin lediglich die Klarheit beanstandet.

Stelle ich den Antrag auf internat. vorläufige Prüfung dann?

Wenn ja, dann wird mir im Prüfungsbericht die Klarheit doch wieder beanstandet. Dann müsste ich doch auch zusätzlich eine Stellungnahme einreichen oder etwas ändern, das die meiner Meinung nach nötige Klarheit schafft? Oder macht das alleinige Stellen der internat. vorläufigen Prüfung auch Sinn?
 
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