Neue Wirtschaftsordnung, Protektionismus und Patentanwälte

barbapapa

BRONZE - Mitglied
Hallo zusammen,

ich weiß, dass Abschätzungen für die folgenden Fragen schwierig sind, doch frage ich hiermit gerne nach der persönlichen Meinung:

1) Angenommen die USA führt hinsichtlich der Einfuhr von Autos Schutzzölle in Höhe von 35% ein. Hat dies eine Auswirkungen auf die Aufträge im Patentwesen?

-> Bspw: Innovationsdruck steigt.

2) Wie wirkt sich Protektionismus im Allgemeinen auf Patentanmeldungen aus? Steigen oder sinken die Aufträge in Ger. und/ oder EU?

-> Bspw: Reichweite von Patenten sinkt, da nun mehrere Länder geschützt werden müssen.

3) Wären die deutschen Patentanwälte bei Zerschlagung der EU Profiteure?

-> Bspw: Mehr Verwaltung wird notwendig.


Freue mich über Eure Meinungen!

- barbapapa
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Barbapapa,
1) Angenommen die USA führt hinsichtlich der Einfuhr von Autos Schutzzölle in Höhe von 35% ein. Hat dies eine Auswirkungen auf die Aufträge im Patentwesen?

-> Bspw: Innovationsdruck steigt.

Der Innovationsdruck in den USA für US-amerikanische Unternehmen sinkt, da ihnen im inländischen Markt die ausländischen Wettbewerber vom Hals geschafft werden.

Der Innovationsdruck für andere Unternehmen bleibt gleich. Die USA sind entweder ohnehin nicht wichtig genug oder sie werden es jetzt, da gegen 35 % auch keine Innovation hilft. Es bleiben aber alle anderen Märkte.

Aufträge im Patentwesen aus den USA für EP und DE werden abnehmen und Aufträge aus DE für die USA werden ebenfalls abnehmen. Beides branchenabhängig. Die Auswirkung von Wirtschaftsschwankungen dürfte aber größer sein.

2) Wie wirkt sich Protektionismus im Allgemeinen auf Patentanmeldungen aus? Steigen oder sinken die Aufträge in Ger. und/ oder EU?

-> Bspw: Reichweite von Patenten sinkt, da nun mehrere Länder geschützt werden müssen.
Verstehe ich nicht. Warum müssen bei Protektionismus mehrere Länder geschützt werden? Es wird doch eher das Interesse an den betroffenen Ländern abnehmen. Die Zahl von Anmeldungen etwa in Polen oder Tschechien war doch zu protektionistischen Zeiten minimal, während heute durchaus einiges dort angemeldet wird, natürlich meist als Benennung im Rahmen von EP.

3) Wären die deutschen Patentanwälte bei Zerschlagung der EU Profiteure?

-> Bspw: Mehr Verwaltung wird notwendig.

Nein, sie würden dann keine EPs mehr anmelden (wenn die auch wegfallen, was bei einem Ende der EU nicht sein muss, aber wohl passieren würde), sondern nur noch DE. Da die deutschen Patentanwälte einen überdurchschnittlichen Anteil an der Vertretung der EP-Anmeldungen haben, verlieren sie auch überdurchschnittlich. Wenn EP bleibt trotz Wegfall EU ändert sich gar nichts.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

barbapapa

BRONZE - Mitglied
Ich bin mir nicht sicher, ob man Schutzzölle gegen Stahl mit Schutzzöllen gegen Technologie, wie bspw. Autos vergleichen kann. Denn beide Produkte unterscheiden sich hinsichtlich Ihrer Patentfähigkeit massiv. Ein Auto ist wesentlich komplexer als bspw. Stahlherstellungsverfahren oder ähnliches. Und Fotovoltaik ist ein sehr kleiner und überschaubarer Markt. Selbst bei Fotovoltaik geht es darum China mit ihren billigen Rohstoffen "abzustrafen".

Ich bin der Meinung, dass bei beiden Beispielen die günstigen "Rohstoffe", also der Preis, im Vordergrund steht.

Nun aber handelt es um die deutsche Automobilindustrie, die Kernindustrie Deutschlands. Dahinter verbergen sich auch etliche mittelständische Unternehmen. Darüber hinaus werden in den USA die deutschen Autos nicht wegen dem billigeren Preis gekauft, sondern aufgrund der Technologie der Autos.

Dies müsste doch irgendeine Auswirkung auf das Patentwesen haben?


Inwieweit haben denn die Schutzzölle der EU gegen China bezgl. Solar/Stahl Einfluss auf Anmeldezahlen in China gehabt?

Die Idee von Trump ist nicht wirklich neu. Interessant ist nur, dass es bei den EU-Schutzzöllen keine Diskussion um Protektionismus gab.

http://www.n-tv.de/wirtschaft/kurzn...elle-auf-Stahl-aus-China-article18809471.html

https://www.welt.de/wirtschaft/arti...ropas-Fotovoltaik-Frieden-mit-China-will.html
 

barbapapa

BRONZE - Mitglied
Verstehe ich nicht. Warum müssen bei Protektionismus mehrere Länder geschützt werden? Es wird doch eher das Interesse an den betroffenen Ländern abnehmen. Die Zahl von Anmeldungen etwa in Polen oder Tschechien war doch zu protektionistischen Zeiten minimal, während heute durchaus einiges dort angemeldet wird, natürlich meist als Benennung im Rahmen von EP.


Ich dachte mir, dass die USA mit 350 Mio. Einwohnern im Allgemeinen ein großer und interessanter Markt ist. Wenn der deutsche Autobauer ein neues Produkt mit neuer Technologie oder Design im Inland auf den Markt bringt, dann will er es doch, unabhängig davon ob ins Ausland Autos verkauft oder nicht, weiterhin in den USA schützen! Denn:

a) Protektionismus kann sich wieder ändern.
b) Wollen die Deutschen weiterhin nicht, dass deren Entwicklungen in den USA verwendet werden. Denn wenn sie dort verwendet werden, fällt es den Amerikanern einfacher mit ihren Autos Dritte Länder, die vielleicht keine oder kleine Schutzzölle haben, zu beliefern.

-> das heißt doch, dass die Auftragslage eher steigt, da Länder, die Schutzzölle erheben, präventiv geschützt werden müssen oder nun vermehrt andere Länder von Bedeutung sind, um abzusetzen. Dies im In- als auch im Ausland. Ich denke nicht, dass Schutzzölle einen Markt auch wirklich schützen und hinsichtlich des Patentwesens uninteressant machen.

Gibt es andere Meinungen dazu oder Beispiele aus der Vergangenheit? Oder gibt es hier jemanden im Unternehmen, der sich bereits strategisch auf diese Situation vorbereitet?


Hallo Barbapapa,


Der Innovationsdruck in den USA für US-amerikanische Unternehmen sinkt, da ihnen im inländischen Markt die ausländischen Wettbewerber vom Hals geschafft werden.

Der Innovationsdruck für andere Unternehmen bleibt gleich. Die USA sind entweder ohnehin nicht wichtig genug oder sie werden es jetzt, da gegen 35 % auch keine Innovation hilft. Es bleiben aber alle anderen Märkte.

Aufträge im Patentwesen aus den USA für EP und DE werden abnehmen und Aufträge aus DE für die USA werden ebenfalls abnehmen. Beides branchenabhängig. Die Auswirkung von Wirtschaftsschwankungen dürfte aber größer sein.


Verstehe ich nicht. Warum müssen bei Protektionismus mehrere Länder geschützt werden? Es wird doch eher das Interesse an den betroffenen Ländern abnehmen. Die Zahl von Anmeldungen etwa in Polen oder Tschechien war doch zu protektionistischen Zeiten minimal, während heute durchaus einiges dort angemeldet wird, natürlich meist als Benennung im Rahmen von EP.



Nein, sie würden dann keine EPs mehr anmelden (wenn die auch wegfallen, was bei einem Ende der EU nicht sein muss, aber wohl passieren würde), sondern nur noch DE. Da die deutschen Patentanwälte einen überdurchschnittlichen Anteil an der Vertretung der EP-Anmeldungen haben, verlieren sie auch überdurchschnittlich. Wenn EP bleibt trotz Wegfall EU ändert sich gar nichts.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Barbapappa,

die Kraftfahrzeugindustrie operiert global, da wird nicht weniger oder mehr geforscht und entwickelt, wenn einer der Akteure in irgendeiner Form ausscheidet. General Motors, Ford (Opel) und Chrysler (Fiat) wollen auch in Europa verkaufen, die deutsche und japanische Industrie baut längst auch Autos in den USA. Wenn da irgendwelche Zusatzzölle erhoben werden sollen, wird deren Vermeidung in erster Linie eine Herausforderung für die Logistikabteilungen, nicht für R & D.

Das gilt auch für die Zulieferer und den Nutzfahrzeugbereich. Bosch, Conti etc. haben längst mittelgroße Konkurrenten in den USA geschluckt, John Deere und Caterpillar sind in Europa groß aufgestellt. Da sehe ich auch nicht, was sich da an der Zahl der Patentanmeldungen ändern soll, weder in die noch aus den USA.

Ansonsten: Klagen von deutschen Patentinhabern aufgrund Patentverletzung in den USA werden jetzt schon eher ungern geführt, insbesondere gegen US-amerikanische Gegner. Das wird sich nicht ändern, wenn diese Patente nur "präventiv" ohne aktive Nutzung angemeldet werden, wie Du es nennst. Da wird ein bisschen was an Anmeldungen wegfallen, aber nur in einigen Branchen. Ich halte es auch nicht für wahrscheinlich, dass dafür signifikant mehr in Kanada und Mexiko angemeldet wird, die wohl als einzige Ersatzstaaten in Deiner Überlegung in Betracht kommen könnten.

Ansonsten wird das Thema derzeit wohl bei jeder Auslandsentscheidung für Nachanmeldungen angesprochen. Mein persönlicher Eindruck bisher: Es ändert sich diesbezüglich nichts. Das Argument ist natürlich auch: Bis dieses Patent erteilt ist, sind in den USA ohnehin wieder Präsidentschaftswahlen.

Frohes Schaffen
Blood für PMZ
 
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