menschlicher Zwischenschritt in einem technischen Verfahren

grond

*** KT-HERO ***
Mir wurde in der Ausbildung beigebracht, dass ein Verfahren nicht patentierbar ist, wenn es eines von einem Menschen ausgeführten Zwischenschritts bedarf. Leider ist mir dazu keine Rechtsquelle bekannt und ich konnte gerade auf die Schnelle auch nichts dazu finden. Geht das direkt über Art. 52(2) c) EPÜ? Wer kann meine Suche abkürzen?

Beispiel wäre: Messen von Parametern (automatisiert), Änderung der Programmierung einer Fertigungsmaschine gemäß einer Analyse der gemessenen Parameter (wenigstens die Änderung der Programmierung wird durch einen Menschen durchgeführt, es ist kein gewöhnlicher Regelungsmechanismus gemeint).
 

ip_kandidat

GOLD - Mitglied
wenigstens die Änderung der Programmierung wird durch einen Menschen durchgeführt, es ist kein gewöhnlicher Regelungsmechanismus gemeint

Warum sollte denn nicht ein "gewöhnlicher" Regelungsmechanischmus möglich sein? Anders herum gefragt: brauchst du das Merkmal "durch einen Menschen durchgeführt" zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik?
 

Rex

*** KT-HERO ***
Patentierbare Verfahrensschritte sind oft direkte Handlungsanweisungen an Menschen. Es sind nicht nur vollautomatisierbare Verfahren patentierbar. Daher halte ich es für falsch, dass menschliche Zwischenschritte nicht patentierbar sind.

Entscheidend ist vielmehr, dass der Verfahrensschritt bzw. die menschliche Handlungsanweisung technischen Charakter hat. Die an den Menschen gerichtete Handlungsanweisung hat dann technischen Charakter, wenn sie ohne Einsatz menschlicher Verstandeskraft ausführbar ist (BGH 22.6.1976 FN1 27).
 

grond

*** KT-HERO ***
Hm, bin auf die T854/90 gestoßen, in der es um ein Verfahren zur Bedienung einer automatischen Selbstbedienungsvorrichtung durch einen Benutzer geht. Der Anspruch wurde wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen und nicht etwa, weil sich einzelne Schritte auf Handlungen des Benutzers bezögen. Muss man also der Rechtsprechung zu computerimplementierten Erfindungen folgend das Verfahren in seiner Gesamtheit als technisch ansehen und dann die technischen Merkmale im SdT nachweisen und den nichttechnischen Überschuss als zwangsläufig nichterfinderisch identifizieren?
 

grond

*** KT-HERO ***
Warum sollte denn nicht ein "gewöhnlicher" Regelungsmechanischmus möglich sein? Anders herum gefragt: brauchst du das Merkmal "durch einen Menschen durchgeführt" zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik?

Sagen wir es so, es geht mir um einen Anspruch, den jemand anderes geschrieben hat und der auch nicht mehr geändert werden kann. Eine "Änderung einer Programmierung einer Fertigungsmaschine" ist für mich kein Regelungsmechanismus. In einem Regelungsmechanismus wird das Verhalten der Maschine durch gemessene Parameter beeinflusst, die gesamte Bandbreite des möglichen Verhaltens ist aber durch die Programmierung vorab festgelegt worden (das Wort "programm" bedeutet letztlich "vorgeschrieben"). Wenn wir mal Science-Fiction außenvor lassen, können nur Menschen Maschinen programmieren.


Patentierbare Verfahrensschritte sind oft direkte Handlungsanweisungen an Menschen. Es sind nicht nur vollautomatisierbare Verfahren patentierbar. Daher halte ich es für falsch, dass menschliche Zwischenschritte nicht patentierbar sind.

Entscheidend ist vielmehr, dass der Verfahrensschritt bzw. die menschliche Handlungsanweisung technischen Charakter hat. Die an den Menschen gerichtete Handlungsanweisung hat dann technischen Charakter, wenn sie ohne Einsatz menschlicher Verstandeskraft ausführbar ist (BGH 22.6.1976 FN1 27).

Interessant! Der Punkt "ohne Einsatz menschlicher Verstandeskraft" scheint mich zum Ziel zu bringen: alle anderen infragekommenden menschlichen Tätigkeiten lassen sich ja auch automatisieren. Gibt es da etwas Griffiges von den EPA-Beschwerdekammern dazu?
 

Rex

*** KT-HERO ***
Muss man also der Rechtsprechung zu computerimplementierten Erfindungen folgend das Verfahren in seiner Gesamtheit als technisch ansehen und dann die technischen Merkmale im SdT nachweisen und den nichttechnischen Überschuss als zwangsläufig nichterfinderisch identifizieren?

Wenn ein einzelner nichttechnischer Verfahrensschritt zur Erzielung des Ergebnisses also zur Lösung der technischen Aufgabe notwendig ist, ist das gesamte Verfahren nichttechnisch und damit nicht patentierbar.
 

Patentonkel

GOLD - Mitglied
Patentierbare Verfahrensschritte sind oft direkte Handlungsanweisungen an Menschen. Es sind nicht nur vollautomatisierbare Verfahren patentierbar. Daher halte ich es für falsch, dass menschliche Zwischenschritte nicht patentierbar sind.

Entscheidend ist vielmehr, dass der Verfahrensschritt bzw. die menschliche Handlungsanweisung technischen Charakter hat. Die an den Menschen gerichtete Handlungsanweisung hat dann technischen Charakter, wenn sie ohne Einsatz menschlicher Verstandeskraft ausführbar ist (BGH 22.6.1976 FN1 27).

sehr schöner beitrag. habe schon mannigfaltig verfahren gesehen/angemeldet welche solche schritte aufweisen. bspw. "a) bereitstellen von komponente X" o.ä.. ich sehe darin überhaupt kein problem und es ist auch noch nie eins entstanden.

edith sagt: meine zustimmung bezog sich darauf, dass menschliche zwischenschritte nicht prinzipiell ein problem darstellen, jedoch nicht darauf, dass auch der menschliche zwischenschritt generell technische natur aufweisen müsse, hier bin ich a.A. (s.u.)
 
Zuletzt bearbeitet:

grond

*** KT-HERO ***
Wenn ein einzelner nichttechnischer Verfahrensschritt zur Erzielung des Ergebnisses also zur Lösung der technischen Aufgabe notwendig ist, ist das gesamte Verfahren nichttechnisch und damit nicht patentierbar.

Rechtsquelle? Bei den computerimplementierten Erfindungen ist es doch gerade so, dass der gesamte Anspruchsgegenstand technisch ist, wenn er wenigstens ein technisches Merkmal umfasst (nämlich den Computer), so dass der Ausschluss von der Patentierbarkeit nicht mehr greift. Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit kann dann ein nichttechnisches Merkmal nicht zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden. Beispiel wäre ein neues Versteigerungsverfahren, das auf einem Computer durchgeführt wird. Der Anspruchsgegenstand wäre technisch, das besondere Versteigerungsverfahren kann aber nicht die erfinderische Tätigkeit begründen, weil es als einziges neues Merkmal eine Geschäftsmethode betrifft und somit nichttechnischer Natur ist.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Bei den computerimplementierten Erfindungen ist es doch gerade so, dass der gesamte Anspruchsgegenstand technisch ist, wenn er wenigstens ein technisches Merkmal umfasst (nämlich den Computer), so dass der Ausschluss von der Patentierbarkeit nicht mehr greift.

Das stimmt doch garnicht. Dann wäre jede Software patentierbar, wenn nur in den Anspruch das technische Merkmal "Computer" aufgenommen wird.

Außerdem umfasst ein (patentierbares) Programm, das auf einem Computer abläuft, gerade keinen Zwischenschritt, der den Einsatz menschlicher Verstandeskraft voraussetzt.
 

Patentonkel

GOLD - Mitglied
Wenn ein einzelner nichttechnischer Verfahrensschritt zur Erzielung des Ergebnisses also zur Lösung der technischen Aufgabe notwendig ist, ist das gesamte Verfahren nichttechnisch und damit nicht patentierbar.

Da würde mich auch die quelle interessieren, bin bisher davon ausgegangen dass eine Lehre aus technischen und nicht-technischen Merkmalen durchaus patentierbar ist, solange sie insgesamt auf technischen Überlegungen beruht.

Schulte 8. Aufl., §1, Rn. 43f.; 121-125
 

Rex

*** KT-HERO ***
Da würde mich auch die quelle interessieren, bin bisher davon ausgegangen dass eine Lehre aus technischen und nicht-technischen Merkmalen durchaus patentierbar ist, solange sie insgesamt auf technischen Überlegungen beruht.
Schulte 8. Aufl., §1, Rn. 43f.; 121-125

Ich hatte mal irgendwo gelesen (Quelle kann ich leider nicht angeben), die prägenden Schritte müssten technisch sein, damit ein Verfahren patentierbar ist. Das scheint aber nach den zitierten Abschnitten im Schulte nicht zu stimmen.
 
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