Allg. Lohnt der Umstieg?

entropie

Vielschreiber
Hallo! Stehe gerade vor einer schwierigen Entscheidung: Bin studierter Ingenienieur und seit 3 Jahren in der Industrie tätig (aktuelles Gehalt 53000€) und habe jetzt das Angebot bekommen in einer Kanzlei als Anwärter zu beginnen. Jetzt meine Frage bei der ihr mir hoffentlich helfen könnt:

- Lohnt der Umstieg finanziell langfristig (bin in Österreich)?
--habe hier schon einiges über gehälter gelesen - weiß jemand ob das gleiche für österreich gilt?

  • Gibt es hier jemanden der ebenfalls von seinem "erlernten" Beruf in den Patentbereich umgestiegen ist und wie sind die Erfahrungen? (vermute der Raum für Kreativität ist als PA geringer - seht ihr das auch so?)
  • Hab schon selbst Patentanmeldungen in meiner aktuellen Tätigkeit formuliert - ist das vergleichbar mit der Tätigkeit als Anwalt oder wenn nein: Wie kann ich mich noch besser auf die entscheidung vorbereiten?
Danke!
 

ConfoosedPhysicist

GOLD - Mitglied
Das ist erstmal schwierig - in Österreich ist der Markt deutlich kleiner als in Deutschland. Es gibt dort meines Wissens nicht einmal siebzig nationale Patentanwälte.

Zum Vergleich: in München gibt es über 800, in Provinzstädten (für das Patentwesen) wie Hamburg oder Stuttgart immer noch jeweils mehr als 120.

Generell ist es natürlich so, dass der Anwärter (Kandidat) erst einmal eine finanzielle Durststrecke hinter sich bringen muss. Dann sieht es aber gerade in momentan patentanwaltlich weniger stark versorgten Regionen finanziell eher besser aus als für den klassischen Ing., dem aber auch ganz andere Karrierewege offenstehen: Vertrieb mit umsatzabh. Provisionen, Geschäftsführer, Vorstand in grossen oder noch grösseren Unternehmen. Letztere verdienen dann eher mehr als ein Patentanwalt.

Sorry, aber eine bessere Antwort weiss ich nicht.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Lohnt nicht, würde ich sagen. Die Aussichten für Ings sind dermaßen gut, dass man da ruhig auf mehr Verantwortung und Geld hoffen kann. Bei den PAs sieht es umgekehrt aus, da geht das Durchschnittsentgelt eher nach unten, so dass sich das mittelfristig angleichen sollte. Klar kannst Du Partner in einer gut gehenden Kanzlei werden, genau so gut kannst Du aber auch Geschäftsführer oder (Mit-) Eigentümer einer produzierenden Firma werden. Wenn man dann noch die Durststrecke einrechnet mit Zins etc. wird die Gleichung für den PA negativ.
 

grond

*** KT-HERO ***
Klar ist jedenfalls, dass der Patentanwaltsteich kleiner ist als der Ingenieursteich. In welchem es mehr Futter gibt, ist eine andere Frage. Allerdings verbindet die beiden nur eine Einbahn-Wasserstraße. Vom Patentwesen führt kein realistischer Weg zurück in die Entwicklung und zu all die anderen Möglichkeiten, die ein Ingenieur hat.
 

Tiger-Pat-Ente

SILBER - Mitglied
Das gelbe U schrieb:
..... dass man da ruhig auf mehr Verantwortung und Geld hoffen kann.....
Das Prinzip "warten und hoffen" halte ich für ein schlechtes. Jeder ist seines Glückes eigener Schmied. Insofern sollte man sich schon etwas bemühen und nicht "warten und hoffen", wenn man noch vorne kommen möchte.

Bezüglich des Wechsels hängt es sehr stark vom Standort (DE, CH, AT) ab.
 

entropie

Vielschreiber
Tiger-Pat-Ente schrieb:
Das gelbe U schrieb:
..... dass man da ruhig auf mehr Verantwortung und Geld hoffen kann.....
Das Prinzip "warten und hoffen" halte ich für ein schlechtes. Jeder ist seines Glückes eigener Schmied. Insofern sollte man sich schon etwas bemühen und nicht "warten und hoffen", wenn man noch vorne kommen möchte.

Bezüglich des Wechsels hängt es sehr stark vom Standort (DE, CH, AT) ab.

Zu welcher Entscheidung würdest Du mir raten wenn mein Standort Österreich ist? (anscheinend bezogen auf die Einwohner nur ein Bruchteil der PAe von Deutschland?)
 
Zuletzt bearbeitet:

Tiger-Pat-Ente

SILBER - Mitglied
Ich kann nur für die Schweiz sprechen. Verglichen mit den Kollegen aus der Studienzeit, die in der Industrie geblieben sind, sieht es folgendermassen aus:

Entwickler: 50-55% weniger Salär
Projektleiter: 35% weniger Salär
Verkaufsleiter mit Führungsverantwortung: 10-15% weniger Salär

Für die Schweiz heisst das, dass man wohl schon in den Salär-Bereich eines PA kommen kann, wenn man sich mit MBA etc. weiterbildet, also nicht auf eine Chance wartet.....

Für mich hat sich der Wechsel jedenfalls gelohnt, was aber auch damit zu tun hat, dass ich mich in einer grossen Industrieunternehmung mit grossem Organigramm nicht wirklich wohl gefühlt habe.

Insofern scheint mir die Art der Tätigkeit schon noch ein Schlüsselement zu sein. Letztendlich sitzt man 8 bis 10 Stunden an der Arbeit, da solls einem ja wenigstens ein bisschen Spass machen ;-)

Wie es in AT ausschaut, weiss ich nicht.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Tiger-Pat-Ente schrieb:
Ich kann nur für die Schweiz sprechen. Verglichen mit den Kollegen aus der Studienzeit, die in der Industrie geblieben sind, sieht es folgendermassen aus:

Entwickler: 50-55% weniger Salär
Projektleiter: 35% weniger Salär
Verkaufsleiter mit Führungsverantwortung: 10-15% weniger Salär

Für die Schweiz heisst das, dass man wohl schon in den Salär-Bereich eines PA kommen kann, wenn man sich mit MBA etc. weiterbildet, also nicht auf eine Chance wartet.....
Schweiz ist ein gutes Pflaster für PAs - allerdings kenne ich in der Schweiz auch zwei oder drei Ingenieure, die es bis zum GF gebracht haben in jungen Jahren - die liegen dann mit Gewinnbeteiligung locker über den mir bekannten PA-Kollegen in der Schweiz....

Was AT angeht: Da ist das Lohnniveau allgemein deutlich niedriger. Und dass man ohne Wechsel der Firma häufig nicht über bestimmte Grenzen kommt, dürfte ein weit verbreitetes Phänomen sein. Aus der Hoffnung heraus, mehr als 75k€ in AT zu verdienen, würde ich jedenfalls nicht anfangen.
 

ConfoosedPhysicist

GOLD - Mitglied
und egal aus welchen Gründen man dann doch zum Anwärter oder Kandidaten wird, sollte man auf alle Fälle sicherstellen, dass nicht nur die nationale Ausbildung, sonden auch die zum zugelassenen Vertreter vor dem EPA durchgeführt wird. Die wird zusehends wichtiger, gerade in patentanwaltlich nicht so stark versorgten Mitgliedsländern.

Aber aus Prinzip sollte man nicht vergessen: Selbst wenn im derzeitigen Unternehmen die Möglichkeiten zu Aufstieg und höherem Verdienst stark begrenzt sind, kann das bei anderen Unternehmen schon viel besser aussehen. Der klassische Ing mit erster Berufserfahrung (drei oder vier Jahe sind da ganz gut) wird eigentlich sehr gern genommen für erste Führungsaufgaben - und erhält dann auch oft mehr Geld .
 

entropie

Vielschreiber
Danke Mal allen für die kompetenten Antworten!

ConfoosedPhysicist schrieb:
und egal aus welchen Gründen man dann doch zum Anwärter oder Kandidaten wird, sollte man auf alle Fälle sicherstellen, dass nicht nur die nationale Ausbildung, sonden auch die zum zugelassenen Vertreter vor dem EPA durchgeführt wird. Die wird zusehends wichtiger, gerade in patentanwaltlich nicht so stark versorgten Mitgliedsländern.
 
Zuletzt bearbeitet:

entropie

Vielschreiber
Das gelbe U schrieb:
Aus der Hoffnung heraus, mehr als 75k€ in AT zu verdienen, würde ich jedenfalls nicht anfangen.
Im Ernst? Du vermutest PAe in AT verdienen weniger als 75k/a? Dann könnte sich eine Kanzlei wohl nie einen Anwärter leisten oder?
 
Zuletzt bearbeitet:

EK

*** KT-HERO ***
Mußte gerade schmunzeln:

entropie schrieb:
Bin studierter Ingenienieur ...
Wenn man "In GENIE nieur" ist, sollte dem beruflichen Aufstieg nichts entgegenstehen ...

Wünsche einen sonnigen Tag ;-)

"Dem (In)GENIE(nieur) ist nichts zu schwör".
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
entropie schrieb:
Im Ernst? Du vermutest PAe in AT verdienen weniger als 75k/a? Dann könnte sich eine Kanzlei mit einem PA wohl nie einen Anwärter leisten oder?
  • Ja.
  • Ich kenne in DE genug PAe, die weniger als 75 verdienen, auch Jahre nach Erlangung beider Zulassungen. Keine Ahnung, was in AT los ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass bei der örtlichen Nähe zu München da auf Dauer viel Unterschied ist oder bleiben wird.
  • Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ein Anwärter kostet weniger als 50, schrubbt aber vielleicht bald Akten für mehr, kann also die Kanzlei genug Akten heranschaffen, lohnt sich die Sache allemal.

 

anwärter

SILBER - Mitglied
entropie schrieb:
- Lohnt der Umstieg finanziell langfristig (bin in Österreich)?
Das kann man im Vorhinein schwer beurteilen. Zumindest in den ersten 5 Jahren, bis du frühestens in Ö Partner werden kannst, wirst du finanzielle Einbußen erleiden. Danach kommt's auf die Leistung an, wie immer als Freiberufler.

Ein nicht unwesentlicher Punkt: Die österreichische PA-Prüfung ist sehr selektiv, es gibt wie bei der EP-Prüfung viele 'Resitter'.

entropie schrieb:
--habe hier schon einiges über gehälter gelesen - weiß jemand ob das gleiche für österreich gilt?
Kommt auch auf die Gegend an. Das Gehaltsniveau in Wien ist zumindest deutlich niedriger als in München. Das Gehalt als Anwärter ist nicht geregelt, sodern hängt von deinen Talenten, Fähigkeiten, deiner Erfahrung (promoviert ?) und deinem Verhandlungsgeschick ab. Es wird aber sicher deutlich weniger sein als du bisher hattest.

entropie schrieb:
- Gibt es hier jemanden der ebenfalls von seinem "erlernten" Beruf in den Patentbereich umgestiegen ist und wie sind die Erfahrungen? (vermute der Raum für Kreativität ist als PA geringer - seht ihr das auch so?)
Ich denke, jeder Patentanwalt ist von seinem 'erlernten' Beruf umgestiegen, schließlich wird ja ein technisches Studium vorausgesetzt. Wichtig ist, denke ich, eine Affinität zur geschriebenen Sprache, und die Motivation sich immer wieder aufs neue in eher fremde Technologiegebiete einzulesen. Der Raum für Kreativität ist sogar sehr hoch, wenn es um die Formulierung von Patentansprüchen geht. In Ö kommt noch dazu dass die Kanzleien vergleichsweise klein sind und vielfältige Tätigkeitsgebiete haben. Mir gefällt's.


entropie schrieb:
- Hab schon selbst Patentanmeldungen in meiner aktuellen Tätigkeit formuliert - ist das vergleichbar mit der Tätigkeit als Anwalt oder wenn nein: Wie kann ich mich noch besser auf die entscheidung vorbereiten?
Lies das Patentblatt, besuch mal eine Verhandlung am HG oder am OGH. Schau dir die Entscheidungen und die besprochenen Patente im Detail an. Und vergiss nicht aufs Markenrecht, ist ein wesentliches Arbeitsgebiet eines (österr.) Patentanwalts. Wirf einen Blick ins Patentanwaltsgesetz.
 

zipfer

Vielschreiber
also wenn du nach 3 jahren 53000 brutto hast, stehst du ja gut da.
beim patentanwalt kannst du dir das in AT abschminken, da wirst du kaum an die 40k herankommen, eher in richtung 30k. wenn du nach all den bestandenen pruefungen beim anwalt angestellt bist, wirst du schon seeehr betteln muessen, um auf 53k zu kommen. in der industrie schaut es nicht wirklich besser aus, allerdings bist du dort deinem arbeitgeber wenigstens nicht so ausgeliefert wie in der privaten kanzlei.
du solltest davon ausgehen, dass du zumindest die naechsten 5-8 jahre (haengt natuerlich davon ab, wie schnell du die pruefungen bestehst) unter deinem jetzigen niveau verdienen wirst.

das lohnniveau fuer angestellte liegt in AT definitiv um einiges niederiger als in DE.


welche realistischen vedienstchancen du bei spaeterer gruendung einer eigenen kanzlei/partnerschaft in einer bestehenden kanzlei hast, ist mir unbekannt.


nebenbei: glaube lieber nicht, dass bisher von dir fabrizierte patentanmeldungen vergleichbar sind mit einer professionellen arbeit; ichts gegen dich persoenlich, aber es hat schon seinen grund, dass man einen immensen lernaufwand betreiben muss fuer den job. nicht alles, was fuer den amateur wie eine patentanmeldung ausschaut, ist brauchbar; ich spreche da aus erfahrung, wir haben einige "patentanmeldungen", die von leu
ten geschrieben wurden, die z.t. jahrzehntelange "patenterfahrung" als erfinder besitzen - daher glauben sie, vernuenftige anmeldungen selber schreiben zu koennen, allerdings sind die resultate durchwegs fast unbrauchbar und wuerden nur selten das schuetzen, was geschuetzt werden soll.
 

studi

GOLD - Mitglied
Glaube ich nicht. Der Ingenieur einer Patentabteilung erhält nicht weniger als seine vergleichbar qualifizierten Kollegen aus anderen Bereichen, eher etwas mehr.

50K für einen berufserfahrenen Ingenieur in Unternehmen, die sich eine Patentabteilung leisten, ist adequat. Der gehen auch die Ösis nicht drunter.
 

zipfer

Vielschreiber
@studi:

sei mir nicht boese, aber:

vermutet du nur oder weisst du, dass es so ist, wie du sagst?

ich vermute auch mal: nachdem du "oesi" schreibst, bist du selbst moeglicherweise keiner. entsprechend hast du deine angaben entweder nur aus zweiter hand - oder du vermutest halt mal so vor dich hin.

da der fragesteller ja vermutlich an einer konstruktiven antwort interessiert ist, um die realen verhaeltnisse abschaetzen zu koennen, helfen ihm vermutungen und extrapolationen aus anderen laendern wohl kaum weiter.

was ich weiss: ich bin "oesi" und ich arbeite hier im oesiland. und ich weiss daher dass meine angaben - leider - nicht hirngespinste sind.

falls der fragesteller bessere angebote findet, sei es ihm vergoennt; allerdings sollte ihm klar sein, dass er nicht davon ausgehen kann, dass die lage grundsaetzlich besser ist als von mir beschrieben.

falls "studi" doch in oesiland arbeitet: sei froh, wenn du aufgrund deiner eigenen erfahrungen zu deinen aussagen gekommen bist - umso mehr, als es offenbar auch unguenstigere arbeitsbedingungen in AT gibt, dein gluecklicher zustand also nicht selbstverstaendlich ist. auch dir sei ein solcher zustand vergoennt.
 
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