Kostenrisiko Nichtigkeitsverfahren

Fip

*** KT-HERO ***
Folgender Fall: Herr Ming aus dem als nicht gerade als rechtstaatlich bekannten Myanmar ist im Register als Patentinhaber eingetragen. Herr Ming hat der deutschen Firma A eine Exklusivlizenz an seinem Patent erteilt, die damit ein Vermögen verdient.

Firma A verklagt meine Mandantin auf € 10 Mio. wegen Patentverletzung. Das Patent wird verletzt, ist aber eindeutig nichtig. Es soll Nichtigkeitsklage eingereicht werden. Außergerichtliche Einigung ist ausgeschlossen und Firma A hat angedeutet, dass es in jedem Fall über zwei Instanzen gehen wird, denn schließlich sollen die Lizenzzahlungen für die vielen Unterlizenzen, die Firma A vergeben hat, dadurch gesichert werden, dass das Schutzrecht unter Ausnutzung der langen Verfahrensdauer im Patentnichtigkeitsverfahren möglichst lange zumindest formell am Leben gehalten wird. Da lohnt sich selbst die aussichtlose Einalssung auf die Nichtigkeitsklage und die Berufung.

Prozesskostenrisiko für die eigene Mandantin liegt für beide Instanzen in der Größenordnung von € 750.000 bei Doppelvertretung (ohne gegnerische Anwaltskosten). Natürlich sage ich meiner Mandantin, dass die Kosten im Falle des sicher erwarteten Obsiegens von der Gegenseite zu estatten sind. Auf die Frage meiner Mandantin, wie wir denn eine Kostenentscheidung in Myanmar vollstrecken, stehe ich dann auf verlorenem Posten, weil ich nicht wirklich glaubhaft machen kann, dass Vollstreckungsversuche erfolgreich sein werden und auch nicht ausschließen kann, dass die Gerichte vor demselben Problem stehen werden und meine Mandantin für die Gerichtskosten dann als Sekundärschuldnerin heranziehen werden ...

Im Nichtigkeitsverfahren muss ich aber den im Register eingetragenen Patentinhaber verklagen, damit die Nichtigkeitsklage überhaupt zulässig ist. "Prozesskostensicherheit" gibt es nicht, da man ja selbst Kläger ist.

Ergänzende Anmerkung: Herrn Ming gibt es wirklich, der Lizenzvertrag ist wirksam und das Bestreiten der Aktivlegitimation der Firma A im Verletzungsprozess bringt nichts.

Weiß jemand gute Argumente, mit denen man im Nichtigkeitsverfahren begründet beantragen kann, dass im Falle des Obsiegens die eigentlich nicht im Register eingetragene und daher nicht verklagte, das Patent aber ausschließlich wirtschafltich nutzende Firma A die Prozesskosten zu tragen hat? Schließlich hat diese ja auch die Nichtigkeitsklage überhaupt erst veranlasst und Herr Ming tritt außer als Registereintrag nirgendwo in Erscheinung ...

Kann ich mir sonst irgendwie die Kosten von der Firma A zurückholen?
 

grond

*** KT-HERO ***
Klappt denn die Zustellung der Klage in Myanmar überhaupt? Sonst wird der Teil mit der Nichtigkeitsklage ja eventuell einfach, wenn Firma A nicht aufpasst.


Fip schrieb:
Kann ich mir sonst irgendwie die Kosten von der Firma A zurückholen?
Du könntest Herrn Mings Lizenzansprüche gegen die Firma A bei der Firma A pfänden. (Da ist nur das kleine Problem, dass die ja genau in dem Moment, in dem das Patent nichtig erklärt wird, wegfallen. Ob man da irgendwas schon vorgreiflich zur Prozesskostensicherung machen kann?) Und wenn Herr Ming denen die Lizenz zufälligerweise sehr, sehr günstig gibt, könnte man von einer teilweisen Schenkung der angemessenen Lizenzgebühren ausgehen, deren einziger Zweck ist, genau für das von Dir beschriebene Szenario eine Gläubigerbenachteiligung zu erreichen. Dann wäre eine Nachforderung Herrn Mings an die Firma A pfändbar. Klingt in der Theorie einfach, dürfte aber in der Praxis, nunja, ziemlich schwierig sein...
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Interessante Konstellation, sage ich mal. Vor allem dann, wenn in Südostasien nur Geldwäsche betrieben wird und das Geld sofort zu einer weiteren Person weitergereicht oder gar bar woanders hin verzogen wird. Dann sind die Chancen gleich null.

Nun aber zum Problem: Wenn die Lage so eindeutig ist, wird doch der Verletzungsstreit ausgesetzt, sobald Klage beim BPatG erhoben wurde. Und dann kommt meine Frage: Was passiert, wenn das BPatG-Urteil gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist und es vor den BGH geht? Da muss ja nun die Gegenseite löhnen, zumindest die Gerichtskosten. Gibt es da keine Möglichkeit, irgendwo zuzugreifen? Dann hätte man das Risiko auf die eigene Vertretung im Verletzungsstreit und auf die eigene Vertretung vor dem BGH in der Nichtigkeitssache beschränkt (die bekommt man wohl nicht wieder...) .
 

Fip

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
Nun aber zum Problem: Wenn die Lage so eindeutig ist, wird doch der Verletzungsstreit ausgesetzt, sobald Klage beim BPatG erhoben wurde.
Das ist wohl war. Aber das ändert ja nichts. Und Firma A kann bei der Auftragsvergabe den Kunden gegenüber wahrheitsgemäß erklären, sie hätte meine Mandantin wegen Patentverletzung verklagt und wenn der Kunde das Risiko vermeiden wolle, da mit reingezogen zu werden, dann soll er doch besser bei Firma A kaufen ... Und die Nichtigkeitsklage wäre ohnehin nicht erfolgversprechend ... Wo wird der Kunde wohl kaufen ... ?

Das gelbe U schrieb:
Und dann kommt meine Frage: Was passiert, wenn das BPatG-Urteil gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist und es vor den BGH geht? Da muss ja nun die Gegenseite löhnen, zumindest die Gerichtskosten. Gibt es da keine Möglichkeit, irgendwo zuzugreifen?
Ich sehe eine solche Möglichkeit nicht. Und die Gerichtskosten verlangt der BGH üblicherweise nicht vor dem Endurteil. Die Nichtzahlung hat ohnehin keine direkte Rechtsfolge und berührt die Zulässigkeit der Nichtigkeitsberufung nicht. Und wenn die Gerichtskosten bei der unterlegenen Beklagten bzw. der Berufungsführerin nicht beigetrieben werden können, dann wäre die eigene Mandantin als Sekundärschuldnerin dran, obwohl sie obsiegt hat.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Im Ergebnis bestärkt mich das in meiner Meinung, dass beide Seiten für die kompletten Verfahrenskosten einschließlich der Nichtigkeitsklage Sicherheit leisten sollte, wenigstens so weit, wie bis dato Kosten ohne Spesen aufgelaufen sind. Das Thema war ja schon häufiger dran....

Das mit den Kunden ist so eine Sache, da kann man nur hoffen, dass die Kunden "schlauer" werden. Wobei der Kunde, der das Problem für sich richtig löst, auf lange Sicht einen Wettbewerbsvorteil haben sollte gegenüber Kunden, die sich einfach an den Lizenznehmer (zu vermutlich höheren Kosten) hängen.
 
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