Sonstiges Karriere als Patentanwalt - realistisch?

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi upupa,

ersetze das Wort "möglicherweise" durch "in hohem Maße wahrscheinlich" und dann spiegelt sie die Realität noch viel mehr wieder.

Ciao

arcd007
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi grond,

Deinen Ausführungen kann ich auf Grund meiner Erfahrungen ebenfalls nur zustimmen, sowohl grundsätzlich als in Bezug auf die konkreten Zahlen. Teilweise wird sogar mit Diensten geködert, die einen nicht unerheblichen Aufwand haben und haftungsbegründend sind; diese werden dann zur Mandantenbindung, sprich Preiskrieg, "für umme" gemacht.

Ciao

arcd007
 

EK

*** KT-HERO ***
Wenn vor 15 Jahren jemand in der Erwartung angefangen hat, er werde in ein paar Jahren locker >200K€ brutto einfahren, dann wurde er mittlerweile möglicherweise schwer enttäuscht.

Das trifft es ganz gut, vor allem, wenn dieser Jemand tatsächlich über einen längeren Zeitraum deutlich mehr als 200K€ brutto p.a. mit eigener Arbeit verdient(!) [nicht "eingefahren"] hat, in der Zwischenzeit aber erkennen mußte, daß diese Zeiten vorbei sind, und es sich abzeichnet, daß sich dies wohl langfristig nicht ändern wird. Themen, wie Sicherung der Arbeitsplätze der Angestellten, Kanzleimiete, aber auch langfristige Altersversorgung, Wohnungs-/Hausfinanzierung, Kosten der Ausbildung der Kinder etc. werden dann plötzlich wieder hochspannend ...
 
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Rex

*** KT-HERO ***
Aber dieser jemand sollte eine Entwicklung von nicht einmal zehn Jahren auf ein Berufsleben von 30 Jahren extrapolieren können. Fakten wie die Tatsache, dass gegenwärtig jährlich soviele Kandidaten ausgebildet werden, wie ca. 15% des Gesamtbestandes an Patentanwälten in Deutschland entsprechen, sollten bei dieser Extrapolation berücksichtigt werden.

Das ist völlig richtig. Wenn in den letzten 15 Jahren das typische Einkommen von 200k€ auf 80k€ gefallen ist, dann stellt das eine dramatische Entwicklung dar. Und zwar nicht, weil 80k€ zu wenig ist, sondern vielmehr, weil davon auszugehen ist, dass sich dieser Trend fortsetzt und das Einkommen noch weiter sinken wird.
 
Zuletzt bearbeitet:

pa-tent

*** KT-HERO ***
Ach herrje, jetzt driften die eigentlichen sinnvollen und fundierten Beiträge
von grond, arcd007 und Blood for PMZ mit Unterstützungbeiträgen von EK
wieder in der Gesamtrichtung in eine von upupu (oder so ähnlich)
angestachelte Einkommensdiskussion, eingeleitet
von Patenting. Karl, der 60k für ein gutes jährliches Einkommen eines
Unternehmers mit vollem Haftungs- und Mandantenausfallrisikos hält, und
konkretisiert von grond, der in eine Kanzlei mit niedrigen Stundensätzen
gewechselt ist (vielleicht macht die Arbeit aber mehr Spass?) und sein Leid klagt...

Zur Verdeutlichung: Hier lesen auch Mandanten bzw. Patentabteilungen mit,
also Auftraggeber für uns. Ich halte es nicht für besonders zielführend, wenn
man derartige Rechnungsempfänger mit weiteren Argumenten bzw.
Hintergrundinformationen zu (angeblich) sinkenden Stundensätzen füttert.
Man sollte sich dann nicht wundern, wenn der eigene Mandante demnächst mit
einer Kostensenkungsforderung in der Tür steht! Selbst die genannte untere
Zahl von 80k dürfte bei Leuten wie Karl einen Futterneidkomplex initiieren,
auch wenn jeder Freiberufler/Unternehmer weiss, dass diese 80k eher
50k eines Angestellten entsprechen.

Die von grond zitierten unteren Stundensätze sind mir vom Hören-Sagen
auch bekannt (mit Namen der größeren Mandanten und Kanzleien), ABER:
Wer als einigermaßen eingefahrener Patentanwalt unterwegs ist, kennt die Namen
derartiger Mandanten und Kanzleien, die mit diesen Stundensätzen unterwegs sind, und
macht einen großen Bogen um eben solche (hier findet sich dann auch ein
möglicher (selbstverständlich nicht zwingender) Anknüpfungspunkt zu häufig im
Stellenmarkt inserierenden Kanzeleien, die dauerhaft auf
Personalsuche sind und/oder eine auffallend hohe Fluktuation an Patentanwälten haben).

Ein paar Aspekte fehlen aus meiner Sicht noch in den bisherigen Beiträgen oder
könnten konkretisiert werden:
1. Nachwuchs/Konkurrenz
1.1 Vor weniger als 10 Jahren betrug die Anzahl der in Deutschland zugelassenen
Patentanwälte ca. 2000. Ende 2011 waren aber schon knapp 3000 zugelassen!
1.2 In einem der letzten Jahre (2009-2011) haben - hoffentlich nur abweichend von der sonst
üblichen Anzahl (ca. 150-180) - knapp 300 Prüflinge das Patentassessorexamen bestanden.
1.3 Die Anzahl der nicht unmittelbar sichtbaren Patentingenieure, die in
Patentabteilungen der Industrie tätig sind, reifen irgendwann zur Konkurrenz heran,
spätestens dann,wenn sie die EQE bestanden haben.
1.4 Die zugelassenen Vertreter aus anderen EPÜ-Mitgliedstaaten, die bisher
hauptsächlich von Übersetzungen gelebt haben, müssen ihre Tätigkeiten
in Richtung des normalen Prosecution-Geschäftes verlagern, wenn sie nicht
früher oder später verhungern wollen.
1.5 Aus der relativ hohen Anzahl von Stellenanzeigen für Patentanwälte auf die
Berufsaussichten zu schließen halte ich für gewagt. Einige Kanzleien schalten
derartige Anzeigen auch zur Selbstdarstellung ("Wir wachsen!"), müssen
ihre häufigen Abgänge wieder ausgleichen, finden einfach keine PAs,
die zu den angebotenen Konditionen arbeiten wollen, liegen in der tiefsten
Pampa, haben ein Generationsproblem oder Chefe=Choleriker, um nur
ein paar Beispiele zu nennen.

2. Steigende technische Komplexität der Anmeldungen
In meinem technischen Gebiet steigen das Niveau und die Komplexität der Anmeldungen
beständig an. Leider findet dieser Umstand keinerlei Berücksichtung in der
abrechenbaren Stundenzahl, die seit mehr als 10 Jahren konstant rumdümpelt.

Anders als grond sind mir auch Kanzleien bekannt, die die Stundensatzschraube
kontinuierlich nach oben schrauben, und das ohne Mandantenverlust oder
im Gegenzug eingeräumte Rabatte.

Als spontaner, nicht unbedingt konsequent durchdachter (Zeit ist Geld)
Rat an den Thread-Ersteller: Ich würde mir eine Stelle in einer Patentabteilung
suchen, um die Patentgrundlagen fundiert zu erlernen, und "nebenbei" das Jura-Studium
durchziehen (inkl. 2. Staatsexamen). Die mögliche Hungerzeit als Referendar dürfte später kompensiert werden durch die meiner Meinung nach deutlich spannendere Tätigkeit eines
IP-Rechtsanwalts mit fundierter techn. Ausbildung im Vergleich zum reinen PA-Dasein, der
bei Streitfällen nicht ohne RA auskommt.
Hintergrund:
Die IP-Rechtsanwälte sind derzeit sehr gesucht.
IP-Rechtsanwälte mit techn. Grundausbildung sind noch seltener und
noch gesuchter.
Außerdem hat man als Rechtsanwalt die Vertretungsbefugnis vor dem DPMA und EPA,
ohne jemals eine entsprechende Prüfung abgelegt zu haben.
Und: Für die richtig unangenehmen Fälle mit technisch nahezu unverständlichem
Zeugs kann man einen Patentanwalt zu Rate ziehen :)
 

woodie

Vielschreiber
Das ist völlig richtig. Wenn in den letzten 15 Jahren das typische Einkommen von 200k€ auf 80k€ gefallen ist, dann stellt das eine dramatische Entwicklung dar. Und zwar nicht, weil 80k€ zu wenig ist, sondern vielmehr, weil davon auszugehen ist, dass sich dieser Trend fortsetzt und das Einkommen noch weiter sinken wird.

Zu diesem Trend könnte beitragen, dass 80k€ prinzipiell auch in einer Industriepatentabteilung machbar scheinen. Deren Aufwertung durch entsprechend ausgebildete Anwälte könnte dazu beitragen, dass - wie von grond geschildert - der Stundensatz von Kanzleien, die für die Industrie tätig sind, stärker gedeckelt bzw. rückläufig ist.
 

Karl

*** KT-HERO ***
Ach herrje, jetzt driften die eigentlichen sinnvollen und fundierten Beiträge
von grond, arcd007 und Blood for PMZ mit Unterstützungbeiträgen von EK
wieder in der Gesamtrichtung in eine von upupu (oder so ähnlich)
angestachelte Einkommensdiskussion, eingeleitet
von Patenting. Karl, der 60k für ein gutes jährliches Einkommen eines
Unternehmers mit vollem Haftungs- und Mandantenausfallrisikos hält, und
konkretisiert von grond, der in eine Kanzlei mit niedrigen Stundensätzen
gewechselt ist (vielleicht macht die Arbeit aber mehr Spass?) und sein Leid klagt...

Zur Verdeutlichung: Hier lesen auch Mandanten bzw. Patentabteilungen mit,
also Auftraggeber für uns. Ich halte es nicht für besonders zielführend, wenn
man derartige Rechnungsempfänger mit weiteren Argumenten bzw.
Hintergrundinformationen zu (angeblich) sinkenden Stundensätzen füttert.
Man sollte sich dann nicht wundern, wenn der eigene Mandante demnächst mit
einer Kostensenkungsforderung in der Tür steht! Selbst die genannte untere
Zahl von 80k dürfte bei Leuten wie Karl einen Futterneidkomplex initiieren,
auch wenn jeder Freiberufler/Unternehmer weiss, dass diese 80k eher
50k eines Angestellten entsprechen.

1. Die Gehaltsdiskussion wurde dadurch initiiert, dass vorher von anderen, nämlich arcd, die so schlecht werdenden Bedingungen angeführt wurden. Ich habe darauf hingewiesen, dass sich die Bedingungen zwar verschlechtern, aber deshalb noch lange nicht schlecht sind. Es ist zwar für Leute die länger im Geschäft ist normal, dass Sie vorwiegig die ÄNDERUNG der Einkommenssituation beobachten, da man sich mit seinem Lebensstandard verdammt schnell an seine Einkommenssituation anpasst. Für einen Neueinsteiger ist aber nicht relevant, wie sich in den letzten 15 Jahren die Situation geändert hat, sondern ob er gute Karriere-Aussichten hat oder nicht.

2. Natürlich sind 60k Brutto langfristig schlecht (übrigens 60k Brutto hab ich nie erwähnt...), ich sagte das für Neueinsteigende PA´s die nur von Kollegenarbeit leben 6k Brutto Monat gut schaffbar sind. Hier meine ich PA´s die für ihre Ehemals ausbildende Kanzlei Arbeiten und gegebenenfalls durch die Haftpflicht der Kanzlei abgedeckt sind und die das Personal der ehemals ausbildenden Kanzlei mitnutzen. Also: 6k ohne jegliches Haftungsrisiko (es sei denn, mann schafft es den Haftpflichtbetrag zu sprengen....) und ohne dass man sich um die Mandantenaquise kümmern müsste.

3. Mich stört, dass hier die Bedingungen für PA´s völlig ins negative verzerrt dagestellt sind. Das Kanzleien die Grundhonorare + 50-60% des Stundensatzes für laufende Kosten blechen stimmt in der Regel einfach nicht. Viele Kanzleien zahlen nämlich einen %-Betrag des Umsatzes an freie Mitarbeiter, der hinreichend hoch ist, dass sie bei 50-60% sicherlich daraus keinen Gewinn mehr ziehen würden, und keine Kanzlei beschäftigt freie Mitarbeiter, trägt das Risiko des Mandatsverlustes und das Haftungsrisiko ohne Gewinn zu machen. Das wäre Irrsinn.

4. Das auch Mandanten und Auftraggeber hier lesen ist sowas von egal. Ich weiß ja nicht wie du deine Mandanten einschätzt, aber die meisten (größeren, nicht Laufkundschaft...) kennen die Marktsituation und geben mit Sicherheit nichts darauf, was hier nen Haufen überwiegend unerfahrene Kandidaten im Forum diskutieren. Jeder Leiter, einer Patentabteilung der auf so lächerliche Informationsquellen angewiesen wäre, hätte seinen Job zu unrecht...

So num zurück zum Thema. Die Für den TE hilfreichen Beiträge finden sich auf Seite 1, meiner Meinung nach von Patente, Patragen, Blood für PMZ und meiner wenigkeit.

Zusammenfassend:

Lieber TE, Schreib doch bitte was du unter "Karriere als Patentanwalt" verstehst. Wie du an der Antwort von Blood siehst, muss man schon ziemlich viel heruminterpretieren um vieleicht eine Idee zu kriegen was du vieleicht willst.

Wenn du trotz den vorne diskutierten Bedingungen (sprich geringere chance Partner zu werden aufgrund des Alters) in eine Kanzlei willst, solltest du sie dir besonders sorgfälltig auswählen (Vorsicht vor Kanzleien mit Großraumbüros voller Japan-Bescheide erwidernder Kandidaten..da Lernst du nix, und du musst dich altersbedingt etwas ranhalten. Mit 40 fertig und keine Anmeldeerfahrung/Gerichtserfahrung wäre gar nicht gut...) Auch der fehlende Dr. zwingt dich zur sorgsamen Auswahl und berücksichtigung der Unternehmenskultur (guck doch mal einfach, ob die schon partner ohne Dr. haben...)

Blood für PMZ vermutete, dass du wohl eher nicht an einer Anstellung in einer Patentabteilung eines unternehmens interessiert bist - gut möglich - vieleicht hat dir aber auch nur Forschungstätigkeit nicht gefallen? Wer weiß. Wenn du dir das vorstellen kannst, würde ich schätzen, dass das ein Risikoärmerer aber im Schnitt auch weniger einträglicher weg ist.

Wie gesagt, schreib genauer was du dir vorstellst und dann können wir hier genauer drüber schreien ob das Realistisch ist - im Nachhinein war´s aufgrund der relativ offenen Frage fast schon klar dass das ausartet ^^
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Jeder Leiter, einer Patentabteilung der auf so lächerliche Informationsquellen angewiesen wäre, hätte seinen Job zu

Der interne Controller (=BWLer) oder externe Unternehmensberater mit
dem Auftrag zur Kostensenkung innerhalb des Unternehmens wird angesichts
solcher Informationen und Zaunpfahlwinke aber vor Freude die Hände in die
Höhe reissen, um dann - begleitet von trivialen Fragen im Sinne von
"Was? Sie zahlen 300 Euro/h an die Kanzlei? Das geht auch für 160 Euro/h!" -
seinen Kostensenkungsauftrag beim Leiter der Patentabteilung abladen, der dann die Rechnungen der Kanzleien kürzt...

Zum Thema Kostenquote und Kollegenarbeit: Viele Kanzleien verdienen an
der ausgelagerten Kollegenarbeit fast nichts bis gar nichts - abgesehen von
den Pauschalposten, die ja neuerdings gerne gestrichen werden....
 

grond

*** KT-HERO ***
Bei den Stundensätzen sollten wir aber auch nicht verheimlichen, dass ich bei einem 180€-Mandanten komischerweise soviel weniger motiviert bin, dass ich viel länger für die Arbeit brauche, als wenn der Mandant mir 300€ pro Stunde bezahlt. Im Ergebnis könnte wieder die behauptete Stagnation stehen.

Tatsächlich scheint es aber auch so zu sein, dass ein ziemlich großer Teil der Kandidaten gar nicht Freiberufler werden, sondern direkt in die Industrie gehen, wo sie letztlich ein gutes Stück weiter unten am Ast/Stamm der PAs sägen. Anders kann man sich die recht moderate Zunahme der PAs in DE von ca. 2.200 auf nunmehr 3.000 in zehn Jahren bei ca. 180 Kandidaten jährlich [EDIT: nicht] erklären (zuletzt deutlich mehr als 180).

Nochmal zu den schlechter werdenden ökonomischen Bedingungen: einiges davon hat auch mit der Denk- und Verhandlungsweise der geschäftsführenden Partner der Kanzleien zu tun. Die sehen nämlich nur Umsatzposten, von denen ein Teil als Gewinn hängen bleibt. Das führt dazu, dass die bei einem Neumandanten mit den Bedingungen "100 Neuanmeldungen pro Jahr, 1.800€ Pauschalhonorar" nur noch "100.000 mehr Gewinn" hören. Für genau diese Leute ist es aber supi, wenn immer mehr junge PAs auf den Arbeitsmarkt drängen: irgendjemand muss die Arbeit ja zu den fallenden Preisen erledigen!
 
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DaPa

SILBER - Mitglied
Man sollte bei allen Karriere-Planungen noch bedenken, dass auf Europäischer Ebene erhebliche Veränderungen anstehen, die alle solche Planungen zunichte machen können. Ich kann zwar nicht seriöserweise abschätzen, wann das einheitliche Patent und der zugehörige einheitliche Gerichtshof kommen (wer das diskutieren will möge bitte einen neuen Thread eröffnen), aber die Wahrscheinlichkeit dass das in Kürze passiert ist jedenfall recht hoch.

Und ich weiß noch nichtmal ob ich mir wünsche, dass sich die Rechtsanwaltslobby durchsetzt, wonach es derzeit aussieht, d.h. dass Patentanwälte keine Vertretungsbefugnis bekommen und wir in Zukunft nichteinmal noch mehr selbst eine Nichtigkeitsklage einreichen können, oder ob sich die Patentanwaltslobby durchsetzen soll, was ein weiteres Fernstudium mit Prüfung bedeuten würde und alle 10.000 European Patent Attorneys aus ganz Europa zu möglichen Konkurrenten um die noch recht lukrativen Litigation-Mandate macht. So oder so, die Politik will die Kosten eines EU-weiten Patents und die Kosten von Verletzungsverfahren senken, und das werden wir massiv zu spüren bekommen. Dass der Kostendruck der Kanzleien an die Junganwälte weitergegeben wird ist klar.

Ansonsten kann ich zur derzeitigen Situation der Jung-PAs die Aussagen meiner Vorredner kurz zusammenfassen: Man kann vom Aktenklopfen noch leben, auch wenn man niemals eine Kompensation für die sehr lange Ausbildungszeit bekommt. Spaß macht es aber bei den derzeitigen Arbeitsbedingungen keinen mehr. Und es ist bis jetzt nicht erkennbar, dass die Kandidatenschwemme abebbt.
 
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Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Nichtigkeitsklage

das werden wir massiv zu spüren bekommen. Dass der Kostendruck der Kanzleien an die Junganwälte weitergegeben wird ist klar.

Diese Tendenzen sind schon erkennbar. Allerdings sollten wir die Relevanz der Nichtigkeitsverfahren schon von der richtigen Grundlage aus betrachten. Ein kurzer Blick in verschiedene Jahrgänge des Blatts für Patent- Muster- und Zeichenwesen zeigt, dass pro Jahr etwa 100 bis 150 Nichtigkeitsklagen eingereicht werden. Die Tendenz ist leicht steigend, weshalb auch im Laufe der letzten Jahre zusätzlich erst der 4. und dann auch der 5. Senat zu Nichtigkeitssenaten wurden.

Wie auch immer: Bei 3000 zugelassenen deutschen Patentanwälten, die so im Schnitt jeweils 30 Berufsjahre anpeilen, wird jeder Kollege also alle 20 bis 30 Jahre eine Nichtigkeitsklage einreichen. Okay, man fängt sich für seine Mandanten dann auch alle 20 bis 30 Jahre eine Nichtigkeitsklage ein, aber insgesamt und im Schnitt beschränkt sich die Zahl der Nichtigkeitsverfahren, die ein Patentanwalt im Laufe seines Berufslebens leitend betreut, auf 3 (in Worten: drei).

Nichtigkeitsverfahren sind zeitaufwendig, umsatzträchtig und natürlich spannend, interessant, eine wichtige Erfahrung, ein ausgezeichnetes Feedback für die eigenen Aktivitäten beim Ausarbeiten von Anmeldungstexten und für das Verhalten in Prüfungsverfahren, sie festigen die Beziehungen zu Mandanten (sofern man diese erfolgreich vertritt) und sind politisch wichtig für das Selbstverständnis des Berufsstandes.

Für die unmittelbare wirtschaftliche Basis fast aller Patentanwälte sind sie aber nicht ausschlaggebend.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

DaPa

SILBER - Mitglied
Dass Nichtigkeitsklagen an sich ein begrenztes Gebiet sind ist richtig (auch wenn Deine Zahlen nicht mehr ganz aktuell sind: Letztes Jahr ca. 300 Eingänge und stark steigende Streitwerte).

Darauf alleine kam es mit aber auch gar nicht an. Das Verletzungsgeschäft beschäftigt zur Zeit vornemlich die mittlere Altersriege in den Kanzleien, also die Senior-Associates und Junior-Partner, die zwar schon etas länger im Geschäft sind aber noch nicht ausgesorgt haben. Wenn denen das Verletzungsgeschäft wegbricht, ist klar was passieren wird: Sie werden wieder das tun, was zur Zeit die Junganwälte tun, nämlich Prosecution-Akten am Fließband durchschieben. Das ist zwar lange nicht so spannend, aber immer noch besser als verhungern. Was das für die Junganwälte bedeutet kann man sich leicht ausmalen.

Und eine Europäisierung des Verletzungsgeschäfts mit einem Gerichtshof in Paris, europaweit einheitlicher Wirkung und umfangreicher Vertretungsbefugnis für alle in der EU zugelassenen Rechtsanwälte wird für den bislang weit führenden deutschen Markt ohne Zweifel erhebliche Auswirkungen haben.
 

macgyver01

SILBER - Mitglied
Was man m.E. nicht vergessen sollte:

Auch jetzt sind bereits alle Rechtsanwälte in der EU (grundsätzlich) berechtigt, beim BPatG und beim EPA aufzutreten. Die Rechtsanwälte, die in Patentsachen dort (ohne PA) auftreten, kann man meines Erachtens an einer Hand abzählen.

Es stellt sich zudem die Frage, ob nicht die PA-Lobby stark genug ist, um eine Großvaterregelung durchzusetzen. Gab´s bzw. gibt´s ja beim EPÜ auch.

D.h. wer bei Errichtung dieses neuen Gerichtshofs vor dem EPA und/oder den nationalen Behörden auftreten darf, darf auch ohne weitere Prüfung(en) beim neuen Gerichtshof auftreten. Eine zusätzliche Prüfung müssten dann nur "die Neuen" ablegen.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Stimmt, die Zahl der Nichtigkeitsverfahren steigt und hat 2004 die 200er Marke überschritten und liegt seitdem schwankend, aber doch stets darüber.

Wie ich gerade nachblättere (wenn schon denn schon), lag die Zahl der eingereichten Nichtigkeitsklagen in den Jahren vor 1990 noch unter 100. Noch früher ist mühsamer zu ermitteln, da die Nebenverfahren nicht getrennt ausgewiesen werden.

Spötter könnten nun folgern, offenbar habe die steigende Zahl der Patentanwälte zu einer steigenden Zahl von Nichtigkeitsklagen geführt ... :) Es ist wohl real betrachtet eher so, dass die Zahl der eingereichten Nichtigkeitsklagen dem allgemeinen Anstieg des IP-Bereiches folgt, ebenso wie die Zahl der PAs. Mehr Anmeldungen, mehr Klagen, mehr Anwälte. Meine pauschale Hochrechnung modifiziert sich darauf, dass man alle 10 bis 12 Jahre eine Nichtigkeitsklage einreicht. Man erlebt also im Berufsleben eines durchschnittlichen Patentanwalts 2 bis 3 Klagen als Klägervertreter und 2 bis 3 als Beklagtenvertreter. Das passt dann halbwegs auf die Zahlen von 1989 ebenso wie auf die von 2004 oder 2012.

Das passt übrigens dann auch auf die von Dir (@DaPa) sehr richtig gegebene Einschätzung, dass in mittleren bis großen Kanzleien derartige Verfahren nicht von den Anfängern oder den Senioren geführt werden: Dann konzentrieren sich diese knapp 3 und 3 Nichtigkeitsverfahren eben auf den Berufsabschnitt zwischen 45 und 55. Davor und danach: 0. Für die Kanzlei insgesamt ändert sich an der Bedeutung der Nichtigkeitsverfahren aber nichts. Es sind immer noch 1 eingereichte Klage pro Jahr bei 10 bis 12 Patentanwälten, egal, ob alle Klagen nun einer macht, oder jede von einem anderen umschichtig bearbeitet wird.

Die momentan gerade sehr starke Errhöhung der Streitwerte geht natürlich genau gegen die von Dir erwähnte Bestrebung der Politik, die Kosten für die Verfahrensbeteiligten (das sind nicht wir ...) zu senken. Dass das auf die Dauer nicht gut gehen kann, dürfte aber jedem Beteiligten schon länger klar sein.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

DaPa

SILBER - Mitglied
Also nochmal, ganz langsam: Um die Nichtigkeitsklagen an sich ging es mir gar nicht. Das war nur ein Beispiel für eine besonders abstruse Auswirkung der EU-Gesetzgebung.

Es geht um das Verletzungsgeschäft, also Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft ect. Bis jetzt haben wir hier die Situation, dass in Deutschland mehr Verletzungsverfahren geführt werden als im Rest der EU zusammen, weil es nunmal der größte Wirtschaftsraum ist und die deutschen Gerichte einen hervorragenden Ruf haben. Diese Verfahren werden von deutschen Rechtsanwälten geführt, die in den allermeisten Fällen deutsche Patentanwälte an ihrer Seite haben. Kurzum: Die meisten Inhaber europäischer Patente, die ihre Rechte gerichtlich durchsetzen wollen, beschäftigen fast zwangsläufig deutsche Patentanwälte. Gerade dieses Geschäft (nennen wir es mal Prozessbegleitung) ist in den letzten Jahren stark gewachsen und hat sicher zu einem guten Teil das Londoner Protokoll und den nicht abreisenden Zustrom von vielen jungen Patentanwälten auf den Markt kompensiert.

In Zukunft (wenn die EU das beschließt, was sie vorhat), wird das ganz anders. Dann kann ein beliebiger Anwalt aus einem EU-Staat vor dem gemeinschaftlichen Gericht einen Unterlassungstitel mit Wirkung u.a. für Deutschland erstreiten. Und gerade ausländische Mandanten dürften durchaus für Angebote von Anwälten aus preiswerteren EU-Staaten empfänglich sein, die für die Ausarbeitung einer Klage weniger Geld nehmen als die etablierten deutschen Anwälte. Letztere können zwar mit ihrer Kompetenz punkten, aber ob das außerhalb der ganz wichtigen Verfahren so zieht bezweifle ich. Ähnlich hat man im Prosecution-Geschäft auch mal gedacht, und es hat sich als falsch herausgestellt. Heute zählt auch hier vielfach sehr wohl der Preis.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
@DaPa, das bestreitet doch niemand. Ich bin da ganz bei Dir.

Ich habe die Nichtigkeitsverfahren auch nur herausgegriffen, weil deren zahlenmäßige und wirtschaftliche Relevanz im praktischen Berufsalltag aufgrund der zahlreichen zu lernenden GRUR-Entscheidungen imho einfach deutlich überschätzt wird.

Die wirtschaftliche Relevanz der Prozessbegleitung insgesamt ist natürlich größer, aber Du beziehst Dich ja auf einen bestimmten Teil davon:

Gerade dieses Geschäft (nennen wir es mal Prozessbegleitung) ist in den letzten Jahren stark gewachsen und hat sicher zu einem guten Teil das Londoner Protokoll und den nicht abreißenden Zustrom von vielen jungen Patentanwälten auf den Markt kompensiert. .... gerade ausländische Mandanten ....

Dieser Bereich ist (für ausländische Mandanten) wie richtig von Dir betont erst in den letzten Jahren dazugekommen (oder erst richtig groß geworden). Aber wie groß? Er betrifft sehr große Teile der deutschen Patentanwaltschaft nicht, nämlich diejenigen Kanzleien, deren Anteil an Auslandsmandanten ohnehin gering ist oder die einfach nicht die Größe und die Kontakte für solche zeitaufwendigen Mandate haben. Es sind doch letztlich immer dieselben sagen wir geschätzt 30 bis 40 Kanzleien, die fulltime diese Prozessbegleitung für Auslandsmandanten machen. Hinzu kommen die angloamerikanischen Großkanzleien, die das alles inhouse erledigen und denen es daher sowieso egal sein kann, was wo stattfindet oder angesetzt wird.

Ein Wegbrechen trifft die 30 bis 40 Kollegen, die sich auf diese Prozessbegleitung für ausländische Mandanten spezialisiert haben. Oder - wie auch richtig von Dir gesehen - nicht diese 30 bis 40 persönlich, die werden dann etwas anderes finden, sondern ein Volumen von 30 bis 40 Patentanwaltsarbeitsjahren irgendwo am Ende der Hierarchie in ihren Kanzleien und bei ihren Kollegenarbeitern.

Durch das Londoner Protokoll ist außerhalb Münchens auch in sehr vielen Kanzleien nichts oder wenig weggebrochen. Derartige Aufträge gab es da auch schon vorher nicht oder sie stellten keinen relevanten Teil am Kanzleiumsatz.

Es wird also auch hier selektive Bereiche der Kollegenschaft geben, die es trifft. So wie es bei Gründung des EPA in Deutschland vor allem die Kanzleien mit ausschließlich britischer oder französischer Mandantschaft getroffen hat, während es denen mit US- und japanischer Mandantschaft sogar besser ging als vorher.

Schaffen entfällt jetzt vorerst

Blood für PMZ
 

DaPa

SILBER - Mitglied
@Blood für PMZ: Deine Rechnungen und Schlussfolgerungen kann ich leider nicht ganz nachvollziehen.

Einmal schreibst Du von 30-40 Kanzleien (die in aller Regel mehre Anwälte haben), dann sind es 30-40 Anwälte. Ich denke schon dass das Verletzungsgeschäft mittlerweile deutlich mehr ausmacht als 30-40 Patentanwaltsarbeitsjahre, wenn man bedenkt dass auch die kleinen Kanzleien für ihre kleinen Mandanten zu einem gewissen Teil dieses Geschäft betreiben habe ich keine Zweifel daran, dass das mindestens 10 % der gesamten Arbeit der deutschen PAs ausmacht, und das wären dann 300 Patentanwaltsarbeitsjahre (eher sind es noch mehr). Ein Wegbruch schon eines Teils dieses Geschäfts wäre ohne Frage spürbar.

Dass es den amerikanischen Großkanzleien egal ist wo was läuft ist richtig, aber dieser Thread geht um die Berufschancen junger deutscher Patentanwälte, nicht um die Gewinnentwicklung amerikanischer Großkanzleien. Und für deutsche PAs spielt es sehr wohl eine Rolle, ob sie die Arbeit selbst machen dürften oder (sogar kanzleiintern) durch billigere ausländische Kollegen ersetzt werden.

Wo und welche Kanzleien der Einbruch trifft spielt letztlich auch nicht die große Rolle, das mittelt sich schon wieder aus. Von dem Kuchen, an dem eine immer weiter steigende Anzahl deutscher PAs naschen wollen, wird ein gehöriges Stück herausgeschnitten, und das wird Auswirkungen auf den Markt haben, ob in München oder anderswo, ob bei großen oder kleinen Kanzleien.
 

grond

*** KT-HERO ***
habe ich keine Zweifel daran, dass das mindestens 10 % der gesamten Arbeit der deutschen PAs ausmacht, und das wären dann 300 Patentanwaltsarbeitsjahre (eher sind es noch mehr).

300 Patentanwaltsarbeitsjahre würde summierte RVG-Vergütungen in Höhe von mindestens 75 Millionen Euro jährlich bedeuten. Das müsste uns eine Flut von veröffentlichten Entscheidungen jedes Jahr bescheren (bei Verfahrensdauern weit über einem Jahr müssten entsprechend mehr Verfahren gleichzeitig anhängig sein). Daran glaube ich nicht.

Kleinere Kanzleien bekommen von dem Kuchen nichts ab, da sie Mandanten haben, für die das Prozessrisiko einfach zu hoch ist. Und wenn sie auch größere Mandanten haben, wenden sich diese Mandanten im Streitfall an spezialisierte Kanzleien. Wir (kleinere Kanzlei) machen ein paar Markenstreitigkeiten pro Jahr, eine richtige Patentstreitsache hat von uns noch nie jemand aus der Nähe gesehen. Zunahmen in diesem Bereich könnten garantiert nicht die Verluste im Prosecution-Geschäft ausgleichen. Und selbst wenn, Du schreibst ja selbst, dass bei Einführung zentraler Gerichtsbarkeiten im Zuge des EU-Patents der Segen eh wieder vorbei wäre. Letztlich kommen wir also wieder zum selben Schluss...
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Wie auch grond staune auch ich. Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass in DaPas Kanzlei die Verhältnisse so liegen wie beschrieben. Sicher werden dort auch 2 oder mehr Kollegen abgestellt sein, um ausschließlich diese Mandate zu bearbeiten. Auf die Idee, mehrere Kollegen in einer Kanzlei seien dafür reserviert, war ich gar nicht gekommen, deshalb meine aus Sicht von DaPa unsaubere Schlussfolgerung. Und richtig, an den echten Knallerfällen arbeiten möglicherweise auch für einige Wochen mehrere Kollegen. Aber fulltime? Wer zahlt das?

Gleichwohl nochmals vorsorglich, über welche Akten wir eigentlich diskutieren, damit wir nicht aneinander vorbeireden:

Die Mandate über die wir reden betreffen
A Patentstreitsachen (also keine Marken, keine Gbms, keine Designs; keine amtlichen oder patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren oder Einsprüche) für B ausländische Mandanten (also nicht für deutsche).

Richtig so? Alle Verfahren für deutsche Mandanten würden nicht betroffen sein, ebensowenig Nichtpatentsachen und Nichtstreitsachen.

Jede dieser Akten ist sicher ein Hammer (an Gewicht in kg, aber auch an Zeit und Umsatz), aber wenn ich mir vorstelle, dass die wenigen hier ernsthaft in Betracht kommenden Patentstreitkammern auch der mehreren Instanzen das alles ja derzeit offenbar wenn auch mit Wartezeit handhaben können ..?

Meine Sichtweise ist natürlich ebenso selektiv wie die von grond oder DaPa. Die 10 % Umsatzanteil für diese Verfahren sehe ich jedenfalls unverändert nicht.

Also dann: Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Smith-O

SILBER - Mitglied
Hast Du dir schon überlegt, dein Jurastudium fertig zu machen und dann als Rechtsanwalt/Informatiker im Patentrecht zu arbeiten? Du darfst in allen Verfahren vor dem DPMA und EPA (Art. 134(8)) vertreten, sparst Dir die schlecht bezahlte Kandidatenzeit und kannst im Gegensatz zu Patentanwälten sogar selbständig Verletzungsprozesse führen.
 
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