Kanzleiorganisation Aktenzeichen

PA2005

BRONZE - Mitglied
Liebe Kollegen/innen,

ich habe eine praktische Frage an Euch - vielleicht eine etwas ungewöhnliche.

Ich bin seit kurzem selbständig und habe nun erste Mandanten. Meine Büroinfrastruktur ist noch bescheiden. So habe ich z.B. keine Kanzleisoftware, weil es sich (noch) nicht lohnt. Ich verwalte alles tabellarisch mit Excel und die internen und externen Fristen mit einem elektronischen und einem Papierkalender.

Meine Frage: Gibt es ein sinnvolles System der Aktenzeichenvergabe, das langfistig tragfähig und ausbaufähig ist und später keine Probleme bereitet? Probleme z.B. bei anwachsender Mandantenzahl, der Übersichtlichkeit oder bei der Einpflege der Daten in eine Kanzleisoftware.

Oder anders rum: Sind Euch Fehler bekannt, die man vermeiden sollte? Ich möchte nach Möglichkeit nicht später das Aktenzeichensystem umstellen müssen.

Um ein Beispiel zu nennen: Ich habe gehört, dass man einem Mandanten eine Nummer statt ein Buchstabenkürzel geben sollte, da dies keine Verwirrung bei späteren Namensänderungen des Mandanten erzeugt. Umfirmierungen, Übernahmen etc. sind ja heute gang und gäbe.

Welche Informationen sollten unbedingt aus dem Aktenzeichen hervorgehen? Bekannt ist mir natürlich eine Identifizierung des Mandanten, irgendeine Differenzierung nach dem Fall (wie am besten?) und das übliche Länderkürzel. Gibt es sonst noch etwas, das Euch einfällt?

Vielen Dank für konstruktive Antworten von

PA 2005
 

grond

*** KT-HERO ***
Eine gute Verwaltungssoftware ist auch schon früh eine gute Idee, weil man später, wenn man mal viel Arbeit hat und zur Einsicht gelangt, dass man diese nicht mehr so einfach organisiert bekommt, einen riesigen Umorganisationsaufwand hat, der ja dann gerade in eine Phase fällt, in der man seine Zeit gezwungenermaßen mit Aktenarbeit verbringt. Außerdem hat man in gemütlicheren Zeiten auch mehr Zeit, sich in die Software einzuarbeiten.

Ansonsten ist es eine philosophische Frage, wieviele Informationen im Aktenzeichen kodiert sein sollen. Prinzipiell reichen fortlaufende Nummern, sofern die weiteren Informationen in einer Datenbank korrekt diesen Nummern zugeordnet sind. Wenn Informationen im Aktenzeichen kodiert sind, können sie nicht mehr geändert werden, was in der Datenbank immer geht.

Ich kenne noch folgende Informationen im Aktenzeichen kodiert:

  • Standort (bis Du eine überregionale Kanzlei geworden bist, kannst Du Dir das wohl sparen...)
  • Jahr der Aktenanlage
  • Bearbeiter (bei einem 1-PA-Betrieb auch eher überflüssig, ansonsten ändert sich das für meinen Geschmack sowieso zu häufig)
Ich persönlich favorisiere die fortlaufenden Nummern ohne jeden Schnickschnack, wobei Familienmitglieder durch Buchstabenanhängsel gekennzeichnet werden. Bei Jahreszahlen im Aktenzeichen hat man das Problem, dass eine Prionachanmeldung zur selben Familie gehören soll, aber in einem anderen Jahr entstanden ist. Wenn man also unbedingt mehr Informationen sofort sichtbar haben will, sollte man einen vernünftigen Obenauf-Zettel machen.
 

pak

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Eine gute Verwaltungssoftware ist auch schon früh eine gute Idee, weil man später, wenn man mal viel Arbeit hat und zur Einsicht gelangt, dass man diese nicht mehr so einfach organisiert bekommt, einen riesigen Umorganisationsaufwand hat, der ja dann gerade in eine Phase fällt, in der man seine Zeit gezwungenermaßen mit Aktenarbeit verbringt. Außerdem hat man in gemütlicheren Zeiten auch mehr Zeit, sich in die Software einzuarbeiten.
Absolut richtig! Gleich die Software kaufen und sich in diese einarbeiten. Viel mehr Anfangsinvestitionen fallen ohnehin nicht an ...

pak
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
und es gibt Kanzleisoftware, bei der nur ein geringer monatliche Beitrag anfällt. In der Vollversion ca. 100,-Euro pro Monat. Das ist denke ich OK.

Alexander
 

mic

Schreiber
Ich kenne inzwischen verschiedene Arten der Aktenzeichen-Vergabe

Probleme bei Buchstabe + Nummer + ggf. Länderkürzel waren, dass das alte Buchstabenkürzel nach Umfirmierungen nicht mehr zum neuen Mandantennamen passte und was man dann mit den bestehenden Akten macht. Die Akten im System und auf der Akte an sich umzubenennen sowie das Umhängen im Aktenschrank kann ziemlich aufwendig sein und wenn man die bestehenden Akten so lässt, haben die neuen Akten einen anderen Buchstabenkreis und hängen ggf. woanders wie die alten (geht zwar, ist aber irgendwie doch doof)

Allgemein ist es problematisch, wenn man bereits an die neue Firma schreibt (und Rechnungen stellt *g*), aber die Schutzrechte noch nicht offiziell umgeschrieben sind. Wenn man wirklich alles korrekt im System haben will, braucht man also mind. zwei verschiedene IDs - egal ob Buchstabe oder Nummer. Außerdem hatte ich auch schon öfters den Fall, dass der Mandant wissen wollte welche Schutzrechte denn nun schon umgeschrieben sind und welche nicht ... bei nur einer ID für beide Firmen "darf" man dann in jeder Akte einzeln nachschauen

Umgekehrt haben auch eigene Mandanten Schutzrechte gekauft und auf sich umgeschrieben. Natürlich haben die neuen Akten dann das Mandantenbuchstabenkürzel bekommen und bei großen Übernahmen mussten die B-Z-Akten im Aktenraum umgehängt werden, weil zB plötzlich 200 Akten mit Buchstabe "A" irgendwo untergebracht werden mussten (ist natürlich genauso bei ID-Nummern) Wenn das Aktenzeichen nur aus Nummern besteht, werden die einfach als letztes in den Schrank gehängt

Außerdem waren bei Buchstabenkombis aus Mandantennamen öfters mal die passenden Kombis für Neu-Mandanten schon durch bereits bestehende Mandanten besetzt, so dass teilweise sehr abenteuerliche Kombis verwendet wurden oder es gab unterschiedliche Korrespondenz- und Rechnungsadressen des gleichen Mandanten mit gleichem Firmenschlagwort ...

Inzwischen bin ich bei einer Kanzlei, die als Aktenzeichen 6-stellige Nummern vergibt und es funktioniert prima. Jeder Mandant / jede Adresse hat außerdem eine eigene ID, die aber nur für die Software relevant ist

Grundsätzlich solltest Du Dir auch überlegen, ob Nachanmeldungen das gleiche Aktenzeichen mit dem neuen Länderkürzel kriegen oder ein komplett neues Aktenzeichen. Wenn sich nur das Länderkürzel ändert, kriegt man u.U. durch die Nachanmeldungen ein Platzproblem im Aktenschrank und darf wieder umhängen. Wenn man neue Aktenzeichen vergibt, hängt die Familie quer im Aktenschrank verteilt und man hat einen größeren Suchaufwand, wenn man mal alle Akten braucht

Zur Software: wenn Du Dir noch keine leisten willst oder magst, solltest Du Deine selbst gebastelte Datenbank zumindest so aufbauen, dass man die Daten später ohne größere Probleme automatisch in eine gekaufte übernehmen kann. Vielleicht machst Du Dich dahingehend mal schlau?
 

MPS

GOLD - Mitglied
Meines Erachtens ist die wichtigste Frage, wie Sie genau die Akten in Ihre Schränke einräumen wollen : nach Mandanten geordnet, oder per laufender, chronologischer Nummer. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile, sind aber nicht miteinander vereinbar, es sei denn, Sie haben einige so wichtige Mandanten, dass Sie es akzeptieren können, deren Akten aus der chronologischen Ordnung herauszuziehen und - dann ebenfalls chronologisch geordnet - in einen eigenen Schrank zu stellen.
Das System "nach Mandanten geordnet" kann rasch unübersichtlich werden, wenn Sie viele kleine Mandanten haben, die dann noch ihren Namen ändern usw (siehe die vorstehenden Beiträge). Es ist natürlich leichter, alle Akten des betreffenden Mandanten in den Besprechungsraum au bringen, wenn sie im selben Schrank stehen.
Das chronologische System hat den Vorteil, dass man recht selten umräumen muss : Unter-Akten werden im allgemeinen nur für junge Patentanmeldungen angelegt (dann mit Länder-Code), und das Umräumen hält sich in Grenzen.
Das ist meines Erachtens der Knackpunkt : wie man die Akten in der Registratur handhabt (im wörtlichen Sinne : mit den Händen ...). Das ist wirklich Geschmacksfrage. Es ist dann nicht schwer, ein Aktenzeichensystem zu finden, der das widerspiegelt.
Ich verwende das chronologische System : zwei Buchstaben für die Art des Schutzrechtes oder Vorganges, dann eine laufende, vierstellige Nummer für die Akte, und Ländercodes (zwei Buchstaben). Das hat viele Vorteile, und einen Nachteil : ich habe im Aktenzeichen keine Identifizierung des Mandanten drin. Die kann man aber auf die Akte hinten draufschreiben, dann findet man sie intuitiv schneller.
Denken Sie auch daran, dass es hilfreich ist, Aktenzeichen im Gedächtnis behalten zu können.
Man kann nicht alles haben, es sei denn man verwendet (wie einige amrikanische Kollegen) fünfzehnstellige alphanumerische Codes, die keiner im Gedächtnis behalten kann und bei denen niemand mehr etwas findet, wenn ein Buchstabe falsch geschrieben ist.
 

PA2005

BRONZE - Mitglied
Liebe Kollegen,

vielen Dank für die konstruktiven Antworten!

Eine Frage noch an "pak" und "Alex:Jura", und natürlich auch alle anderen Kollegen: Welche Kanzleisoftware können Sie empfehlen und welche Software ist für die erwähnten 100,- im Monat zu haben?
 
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