inter-related method

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PatundPatachon

Guest
Eine Frage zu Regel 29(2)a:

dort werden mehrere unabhängige Ansprüche innerhalb einer Kategorie erlaubt, wenn sie sich auf "inter-related products" beziehen. Die bekannten Beispiele sind Sender-Empfänger, Stecker-Steckdose und ähnliche.

Wie ist nun der Fall, wenn mehrere unabhängige Verfahrensansprüche vorliegen? R. 29(2) zitiert ja eindeutig alle vorgesehenen Anspruchskategorien (product, process, apparatus, use) und nennt dann unter a) ausdrücklich nur die inter-related products/Erzeugnisse. Sind also tatsächlich keine zwei unabhängigen Verfahrensansprüche für das Verfahren, das z.B. vom Sender ausgeführt wird, und das Verfahren, das vom Empfänger ausgeführt wird, erlaubt?

Im Visser steht, dass solche Ansprüche eventuell von 29(2)b abgedeckt wären ("This should also cover inter-related methods, for example a method for coding data and a method for decoding data"), aber ich bin mir unsicher, woher er diese Ansicht nimmt. Außerdem scheint es da um verschiedene Verfahren in einem einzigen Gerät zu gehen, während ich an verschiedene, aber wechselwirkende Verfahren in verschiedenen, aber direkt zusammengehörenden Geräten denke.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Also in einer Norm wird man das mE nicht finden. Generell besteht in diesem Feld aber viel Argumentationsspielraum. Man muß dem Prüfer nur klar darlegen, warum die unabhängigen Ansprüche äquivalente Lösungen darstellen bzw. zusammenhängend sind.

Die Beispiele sollten nicht dogamtisch auf Vorrichtungen beschränkt sein. Wenn Du die Notwendigkeit der beiden Ansprüche dem Prüfer so vorträgst wie hier, sollten Sie beide durchgehen. Die Püfungsrichtlinien sind kein Gesetz, auch wenn einen die Prüfer das glauben machen wollen. Regel 29 (2) a) gilt mE auch für Verfahren.

Klebt man an dem Wortlaut der Regel, dürfte 29(2) a) nur für (Verfahrens)erzeugnisse gelten, noch nicht mal für Vorrichtungen. Das macht doch keinen Sinn. Das würde nichtmal Stecker/Steckdose erlauben.
 
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Guest
Entscheidend ist hier Artikel 82, also ob es sich um verschiedene Ausführungsformen der gleichen erfinderischen Idee handelt. Jeder unabhängige Anspruch muss natürlich neu sein und einen erfinderischen Schritt beinhalten.
 
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PatundPatachon

Guest
@horst:
Ja, so sehe ich das auch. Allerdings könnte man eben theoretisch am Wortlaut der Regel kleben...
Zur Frage, ob unter "product" auch Systeme und Geräte fallen, hat sich die Beschwerdekammer in T0056/01 geäußert (ja, gehören beide dazu); allerdings hat sie leider keine Verfahren erwähnt.

@gast: So wie ich das sehe, müssen Art. 82 UND R. 29(2) erfüllt sein...
siehe z.B. in den Guidelines C III 7.1:
"The second of these alternatives, i.e. the single-concept linked group, may give rise to a plurality of independent claims in the same category provided these claims comply with Rule 29(2)"
 
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Guest
Pat&Patachon schrieb:
@gast: So wie ich das sehe, müssen Art. 82 UND R. 29(2) erfüllt sein...
siehe z.B. in den Guidelines C III 7.1:
"The second of these alternatives, i.e. the single-concept linked group, may give rise to a plurality of independent claims in the same category provided these claims comply with Rule 29(2)"
Das ist ja selbstverständlich. Aber welche zusätzliche Aussage leitest Du daraus ab?
 
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Guest
Hier noch eine schöne Ergänzung gemäß T 702/93 und nach Singer/Stauder 2. Auflage, Art. 82 Rdn 16:

Jeder unabhängige Anspruch muss eine Ausprägung der gemeinsamen erfinderischen Idee sein, da das Erfordernis der Einheitlichkeit nicht für die Gesamtheit der Informationen in der Anmeldung gilt, sondern für die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche erfüllt sein muss.
 
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Guest
Amtsblatt EPA 2/2002, S. 113 zur Neufassung von R 29 (2):

Mit der Änderung von Regel 29 (2) EPÜ wird der Grundsatz "ein unabhängiger Anspruch pro Kategorie" bekräftigt und gesetzlich präzisiert.
...
Ein Anmelder, der mehr als einen unabhängigen Anspruch derselben Kategorie wünscht, muss auf einen entsprechenden Einwand des EPA nunmehr überzeugend darlegen, dass sämtliche weiteren unabhängigen Ansprüche unter eine in der Regel aufgeführten Ausnahmesituationen fallen. Somit liegt die Darlegungslast in dieser Frage beim Anmelder.
 
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PatundPatachon

Guest
Gast schrieb:
Hier noch eine schöne Ergänzung gemäß T 702/93 und nach Singer/Stauder 2. Auflage, Art. 82 Rdn 16:

Jeder unabhängige Anspruch muss eine Ausprägung der gemeinsamen erfinderischen Idee sein, da das Erfordernis der Einheitlichkeit nicht für die Gesamtheit der Informationen in der Anmeldung gilt, sondern für die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche erfüllt sein muss.
Hm... steh ich jetzt so sehr auf dem Schlauch?

Also: Art. 82 ist in meinem Fall erfüllt, alle unabhängigen Ansprüche sind Ausprägungen einer gemeinsamen erfinderischen Idee (nämlich des gleichen erfinderischen Verfahrens, von zwei Seiten (Sender-Empfänger) betrachtet).

Jetzt muss zusätzlich dazu auch Regel 29 erfüllt sein. Und da hänge ich. Mit der Einheitlichkeit hat das doch dann nichts mehr zu tun.

Oder anders gesagt: so wie ich das verstehe, kannst Du doch deine vielen unabhängigen Ansprüche so einheitlich machen wie nur möglich (also nach Art.82 völlig in Ordnung), dann kommt trotzdem der Einwand nach Art 84 zusammen mit R. 29, wenn nicht einer der dort aufgeführten Ausnahmefälle zutrifft.
 
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Guest
Pat&Patachon schrieb:
Also: Art. 82 ist in meinem Fall erfüllt, alle unabhängigen Ansprüche sind Ausprägungen einer gemeinsamen erfinderischen Idee (nämlich des gleichen erfinderischen Verfahrens, von zwei Seiten (Sender-Empfänger) betrachtet).
OK, es geht also um Sender und Empfänger, die entsprechenden Vorrichtungen sind zweifelsfrei abgedeckt.

Nur wenn es um zwei wirklich verschiedene Verfahren geht (Sendeverfahren, Empfangsverfahren), stehen diese hier doch in Wechselbeziehung der Verwirklichung desselben erfinderischen Gedankens. Jetzt kommt es darauf an, ob diese Alternativlösungen sind. Es kommt also auf die passende Aufgabe an, die durch die Erfindung gelöst wird. Wenn die Aufgabe so formuliert werden kann, das beide Verfahren Alternativlösungen sind, dann ist Regel 29 (2) c) erfüllt. Man könnte eventuell auch mit Regel 29 (2) b) über die Verwendung argumentieren, wenn das Verfahren dementsprechende Merkmale enthält.
 
A

ander

Guest
angenommen
A1 ist ein Stecker
A2 ist die Steckdose

Stecker-Steckdose beschreiben ein einheitliches erfinderisches Konzept
--> Art.82 und R.29 sind erfüllt

Wenn aber die Steckdose ein zusätzliches Merkmal (z.B. eine LED die anzeigt ob die Steckdose auch Strom liefert) beansprucht, welches z.B. für das Zusammenwriken von Stecker-Steckdose nicht notwendig, dann stellt die Steckdose zusammen mit dem Stecker kein gemeinsames Konzept dar.
--> zwei Erfindungen
--> R.29 nicht erfüllt wg. fehlender Einheitlichkeit

Problematisch ist das m.E. oft dann (vor allem bei Verfahrensansprüchen), wenn versucht wird mehrere Ausführungsformen als unabhängige Ansprüche zu formulieren.


Gruß
Ander
 
S

sichfragender

Guest
@Pat&Paterchon

Wie kommen Sie darauf, dass zusätzlich zu Art. 82 EPÜ noch Regel 29(2) erfüllt sein muss?

Regel 29(2) bezieht sich ja gerade auf die Fälle, die die Einheitlichkeit nach Art. 82 nicht erfüllen...
 
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PatundPatachon

Guest
sichfragender schrieb:
@Pat&Paterchon

Wie kommen Sie darauf, dass zusätzlich zu Art. 82 EPÜ noch Regel 29(2) erfüllt sein muss?

Regel 29(2) bezieht sich ja gerade auf die Fälle, die die Einheitlichkeit nach Art. 82 nicht erfüllen...
Wie im zweiten Beitrag zum Beispiel aus den Guidelines zitiert (gerne auch auf Deutsch):
"Bei der zweiten Möglichkeit, d. h. bei der durch eine einzige erfinderische Idee untereinander verbundenen Gruppe von Erfindungen, können mehrere unabhängige Patentansprüche der gleichen Kategorie geltend gemacht werden, sofern diese Ansprüche die in Regel 29 (2) genannten Voraussetzungen erfüllen".
oder unter CIII 3.2
"Ausnahmen von dieser Regel sind nur in den unter den Buchstaben a, b und c aufgeführten Sonderfällen zulässig, sofern das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nach Art. 82 erfüllt ist. "

Da ich jetzt endgültig verwirrt bin: wie kann man, besonders aus diesem zweiten Zitat, schließen, dass sich R. 29(2) auf nichteinheitliche Ansprüche bezieht?

Außerdem gehört doch Regel 29 zu Art. 84, nämlich dass die Ansprüche "knapp gefasst" sein müssen. Und R. 29(2) wiederum beginnt mit "Unbeschadet Artikel 82..."

Was verstehe ich jetzt falsch?
 
G

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Guest
sichfragender schrieb:
@Pat&Paterchon

Wie kommen Sie darauf, dass zusätzlich zu Art. 82 EPÜ noch Regel 29(2) erfüllt sein muss?

Regel 29(2) bezieht sich ja gerade auf die Fälle, die die Einheitlichkeit nach Art. 82 nicht erfüllen...
Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil die Artikel Vorrang vor den Regeln haben. Regel 29 (2) schränkt die Einheitlichkeit ein, was sich doch gerade aus der zitierten Begründung zur Einführung der Regel ergibt.
 
P

Patato

Guest
Pat&Patachon schrieb:
Was verstehe ich jetzt falsch?
Nichts. Du verstehst m.E. alles ganz richtig. R. 29 ist eine Ausführungsbestimmung zu Art. 84, nicht zu Art. 82.

Ich sehe das Problem genauso wie Du. Mir scheint da leider der Wortlaut der R. 29(2) auch klar zu sein. Diese gibt nicht Beispiele für Ausnahmen an, sondern enthält eine abschliessende Aufzählung von Ausnahmen. Nur wenn Art. 82 erfüllt ist UND eine dieser Ausnahmen vorliegt, darf die Anmeldung mehr als einen unabhängigen Anspruch pro Kategorie enthalten.

Bei zwei Verfahrensansprüchen bist Du also auf den Goodwill des Prüfers angewiesen, wenn die Verfahren nicht in irgendeiner Weise als Verwendung derselben Vorrichtung verstanden werden können (R 29(2)(b)) oder wenn Du nicht eine einzige Aufgabe formulieren kannst, die durch beide Verfahren gelöst wird (R. 29(2)(c)). Im letzteren Fall hast Du wahrschinlich am ehesten Spielraum, die Aufgabe so zurechtzubiegen, dass sie von beiden Verfahren gelöst wird. Und meistens sind einem die Prüfer ja doch halbwegs wohlgesonnen, gerade in solchen Grenzfällen.
 
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PatundPatachon

Guest
Patato schrieb:
Bei zwei Verfahrensansprüchen bist Du also auf den Goodwill des Prüfers angewiesen, wenn die Verfahren nicht in irgendeiner Weise als Verwendung derselben Vorrichtung verstanden werden können (R 29(2)(b)) oder wenn Du nicht eine einzige Aufgabe formulieren kannst, die durch beide Verfahren gelöst wird (R. 29(2)(c)).
Eine einzige Aufgabe zu formulieren für (c), wäre kein Problem; problematisch ist eher, bei einer Sender-Empfänger-Situation und damit einem zweiseitigen, aber dennoch zusammengehörenden Verfahren von einer "alternativen Lösung" zu sprechen. Oder?

Unser Ansatz wäre momentan, auf dem Wortlaut der Regel herumzureiten. Denn der lautet:

.."a European patent application may contain more than one independent claim in the same category (product, process, apparatus or use) only if the subject-matter of the application involves one of the following" bzw.
"wenn sich der Gegenstand der Anmeldung auf einen der folgenden Sachverhalte bezieht"

und eben nicht, dass die Ansprüche auf genau diese Ausnahmen gerichtet sein müssen. Na gut, vielleicht Haarspalterei; aber andererseits trifft diese Formulierung doch eindeutig auf jede Anmeldung zu, die sich insgesamt z.B. auf den Sachverhalt eines Senders und eines Empfängers bezieht. Muss ich da automatisch rauslesen, dass dann auch nur dieser Sachverhalt (also der Sender und der Empfänger selbst) beansprucht werden kann, oder eben auch die parallelen Verfahrensansprüche dazu?

Oder umgekehrte Frage: welchen Sinn könnte es rein theoretisch haben, mit dieser Regel als Ausnahme nur Erzeugnisse, aber keine Verfahren zuzulassen?
 
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ppa

Guest
Patato schrieb:
Pat&Patachon schrieb:
Was verstehe ich jetzt falsch?
Nichts. Du verstehst m.E. alles ganz richtig. R. 29 ist eine Ausführungsbestimmung zu Art. 84, nicht zu Art. 82.

Ich sehe das Problem genauso wie Du. Mir scheint da leider der Wortlaut der R. 29(2) auch klar zu sein. Diese gibt nicht Beispiele für Ausnahmen an, sondern enthält eine abschliessende Aufzählung von Ausnahmen. Nur wenn Art. 82 erfüllt ist UND eine dieser Ausnahmen vorliegt, darf die Anmeldung mehr als einen unabhängigen Anspruch pro Kategorie enthalten.

Bei zwei Verfahrensansprüchen bist Du also auf den Goodwill des Prüfers angewiesen, wenn die Verfahren nicht in irgendeiner Weise als Verwendung derselben Vorrichtung verstanden werden können (R 29(2)(b)) oder wenn Du nicht eine einzige Aufgabe formulieren kannst, die durch beide Verfahren gelöst wird (R. 29(2)(c)). Im letzteren Fall hast Du wahrschinlich am ehesten Spielraum, die Aufgabe so zurechtzubiegen, dass sie von beiden Verfahren gelöst wird. Und meistens sind einem die Prüfer ja doch halbwegs wohlgesonnen, gerade in solchen Grenzfällen.
R 29(2) is erstaunlich eng gefasst. Interessant ist, dass diese enge Formulierung erst mit einer der letzten Änderungen seit Anfang 2002 gilt; davor war der Wortlaut weiter gefasst.

Ich selbst hatte in der Praxis nie Probleme damit: z.B. ein unabh. Anspruch auf das Verschlüsselungsverfahren, ein weiterer unabh. Anspruch auf das entsprechende Entschlüsselungsverfahren,
dazu natürlich noch Vorrichtungsansprüche. Das hat das EPA bisher noch nicht beanstandet, und seit "Mikroprozessor" ist auch das DPMA tolerant.

Leider kann man hier kein erteiltes EP als Beweis/Beispiel publizieren, sonst verrät man sich....
 
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