Hilfe bei Entscheidungsfindung benötigt

abc

Schreiber
Hallo,

ich würde gerne mal Eure Meinungen zu dem folgenden Thema wissen.

Ich bin ein Ingenieur. Für mein Studium habe ich weniger als die vorgeschriebene Anzahl von Semestern gebraucht. Nach dem Studium bin ich in die Industrie als Entwickler gegangen. Dort habe ich immer Treiberrollen übernommen, da ich Spass daran habe, "Themen" voranzutreiben. Nach einigen Jahren in der Industrie habe ich beschlossen, eine Promotion zu machen. Die Entscheidung habe ich nicht zuletzt deswegen getroffen, da ich gefühlt habe, dass ich in der Industrie nicht wirklich weiterkomme. Die Promotion scheint auch noch vor dem offiziellen Ende fertig zu werden.

Nun spiele ich mit dem Gedanken, nach der Promotion Patentanwalt zu werden. Ich war sogar bereits bei einem Vorstellungsgespräch bei einer Industrieabteilung. Bei dem Vorstellungsgespräch sind mir 2 Punkte aufgefallen, weswegen ich mir jetzt unsicher bin, ob ich Patenatnwalt werden soll (egal ob in der Industrie oder Kanzlei). Die Punkte wären:

1) Als PA sitzt man in einem Einzelbüro und hat sehr wenig Menschenkontakt. Ich bin zwar kein Extrovert, dennoch mag ich sehr Menschenkontakt in der Arbeit. Während meiner Industriezeit habe ich Teamarbeit, Meetings etc. sehr geschätzt. Es macht mir sehr viel Spass, im Team zu arbeiten.

2) Als PA hat man sehr wenig Entwicklungschancen. Wenn mal einmal PA geworden ist, ist das das Ende von dem, was man im Leben beruflich erreicht hat. Dennoch würde ich sehr gerne Personalverantwortung übernehmen. In einer Entwicklungsabteilung sind die Möglichkeiten dazu eigentlich gegeben. Es ist aber natürlich unklar, ob man dort irgendwann eine Führungskraft wird.

Habt Ihr Erfahrungen damit, ob es PAs gibt, die 1) und 2) vermissen oder gar darunter leiden, dass es die Aspekte in dem Beruf fehlen?

Auf Beiträge jeder Art freue ich mich sehr.

abc
 
G

grimm

Guest
Tja, das kann in jeder Kanzlei / Industrieabteilung etwas anders sein, kann das nur aus meiner Erfahrung (versch. Industrieabteilungen) schildern:
  • Klar, es gibt immer Phasen, in denen man alleine in seinem Kabuff sitzt - dann, wenn man Anmeldungen, Bescheide, Einsprüche etc. ausarbeitet - und da ist Ruhe auch erforderlich.
  • Allerdings gibt es auch jede Menge Gespräche : mit den Erfindern und Entwicklern, mit Vertragspartnern, mit Leuten aus dem Management, mit Kollegen, mit denen man auch fachliche Probleme, Entscheidungen etc diskutiert.
Meines Erachtens ist es eher ausgewogen.

Mit den Entwicklungschancen ist das Ansichtssache. In der Industrie kann man Sachbearbeiter bleiben, aber auch Abtl.leiter werden, Management-Aufgaben übernehmen etc. Das Erwidern von Bescheiden ist nicht bis zur Rente zwingend. Hängt aber u.a. von der Struktur der Firma ab.

Manche PAs sind froh, nicht mehr den Job in F+E zu haben - so müssen sie sich nicht mehr mit fehlgeschlagenen Versuchen etc. rumärgern sondern bekommen quasi die guten Ergebnisse "auf dem Tablett". Aber auch das ist eben eine ganz persönliche Entscheidung.


Mit Verlaub ein paar Gegenfragen:
  • Wenn die Zeit als Entwickler so spannend war, warum willst Du dann die Branche wechseln?
  • Und warum teilst Du uns mit, daß Du heldenhaft schnell studiert und promoviert hast - ich sehe jetzt nicht den Zusammenhang mit dieser Grundsatzfrage?
  • was bedeutet für Dich "wirklich weiterkommen"?
 

abc

Schreiber
grimm schrieb:
Allerdings gibt es auch jede Menge Gespräche : mit den Erfindern und Entwicklern, mit Vertragspartnern, mit Leuten aus dem Management, mit Kollegen, mit denen man auch fachliche Probleme, Entscheidungen etc diskutiert.

Meines Erachtens ist es eher ausgewogen.
Meinst Du, das Verhältnis ist 50/50?

grimm schrieb:
Mit Verlaub ein paar Gegenfragen:
1) Wenn die Zeit als Entwickler so spannend war, warum willst Du dann die Branche wechseln?
2) Und warum teilst Du uns mit, daß Du heldenhaft schnell studiert und promoviert hast - ich sehe jetzt nicht den Zusammenhang mit dieser Grundsatzfrage?
3) was bedeutet für Dich "wirklich weiterkommen"?
Hier sind meine Antworten:

1) Ich denke mal, dass man als Entwickler mit 45 eigentlich schon zu alt ist und Platz für jungere Entwickler machen soll. Dennoch ist das Rentenalter etwas höher als 45. Als PA gibt es kein Problem mit dem Alter. Je älter ein PA ist, desto wertvoller ist er/sie. Ferner kann man als PA theoretisch auch mehr verdienen.

2) Das hab ich nur geschrieben, um anzudeuten, dass ich ein Mensch bin, der es mag, seine Ziele schnell zu erreichen. Z.B. hab ich die Promotionszeit nicht wirklich genossen. Da musste man immer langsam und mühsam die Veröffentlichungen perfektionieren. Zudem war ich eigentlich fast immer alleine mit meinem Promotionsthema und dem Doktorvater.

3) Beruflich weiterkommen bedeutet für mich nach und nach immer verantwortungsvollere Aufgaben zu übernehmen. Z. B. war ich in der Industrie ein paar Jahre lang auf dem gleichen Verantwortungsniveau. Das war dann schliesslich langweilig.
 
H

Huesped

Guest
Zum Thema 2). Ausschließlich für PA in Kanzlei:

Als PA hat man auch mit > 10 Jahren Berufserfahrung kaum die Möglichkeit des Multiplikators, außer vielleicht in den Großkanzleien, wo viele freiberufliche PAs und Kandidaten für einen arbeiten. M. E. sind die Zeiten, wo man eine derartige Position als Einsteiger schnell (< 15 Jahre) erreichen kann, vorbei.

Das bedeutet, dass jeder Euro selbst verdientes Geld ist, auch noch im Alter von 70 Jahren, wo natürlich die Erfahrung für eine sehr hohe Produktivität sorgt. Viel delegieren ist also nicht. PA ist folglich definitiv kein Job, wo man Personalverantwortung für zig Leute hat und aufgrund dieser Verantwortung mehr Geld verdient (von der Personalverantwortung für die Kanzleiangestellten mal abgesehen).

Dass bspw. bei der 500. Anmeldung eine gewisse Langeweile aufkommt, wird keiner hier bestreiten. Das schöne ist jedoch, dass so eine Anmeldung auch wieder schnell durch ist und an demselben Tag zig andere Sachen auf dem Schreibtisch auftauchen, zumindest in einer kleineren Kanzlei mit heterogener (Mittelstands-)Mandantschaft.

Zusammenfassend ist also zu sagen, dass tatsächlich kaum Chancen bestehen "nach oben zu kommen", vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass der Arbeitstag eines PAs mit 3 Jahren Berufserfahrung sich gegenüber dem eines PAs mit 30 Jahren Berufserfahrung kaum unterscheiden wird.
 
V

VorDerArbeitReiter

Guest
abc schrieb:
...

1) Als PA sitzt man in einem Einzelbüro und hat sehr wenig Menschenkontakt. Ich bin zwar kein Extrovert, dennoch mag ich sehr Menschenkontakt in der Arbeit. Während meiner Industriezeit habe ich Teamarbeit, Meetings etc. sehr geschätzt. Es macht mir sehr viel Spass, im Team zu arbeiten.

...
Die Tätigkeit als PA und "interessante" Meetings schließen sich in der Industrie offenbar nicht aus. Schau' mal in das Thema "Umgangsformen"...
 
S

S'Gästle

Guest
Da musste man immer langsam und mühsam die Veröffentlichungen perfektionieren.
Wenn du an sowas kein Vergnügen hast, wirst du es zumindest teilweise sehr schwer haben als PA. Denn Patentansprüche und eigentlich auch die zugehörige Beschreibung müssen perfektioniert sein...
 

EK

*** KT-HERO ***
Sehe ich genauso.

Als PA wirst Du überdurchschnittlich viel allein arbeiten und ein Großteil der Arbeit besteht darin, Texte zu "perfektionieren". Wenn Du eher in der Gruppe arbeiten möchtest und Dich das Perfektionieren nervt, dann ist der Beruf für Dich wohl eher ungeeignet.

Gruß
EK
 
K

kandidat x

Guest
Ich habe mich selber sehr lange mit derselben Frage herumgetragen.

Ich glaube, Eure bisherige Diskussion greift insofern ein wenig kurz, da das Berufsbild des PA ganz anders ausssieht wie das in der Muehle eines Grossbetriebs. Am Ende ist man ja doch Freiberufler und traegt sehr wohl Verantwortung fuer einige Leute.

Ganz zu schweigen davon das man sein eigenes Unternehmen ist. Selbst in einer grossen Sozietaet ist man dann noch an unternehmerischen und strategischen Fragen sehr direkt beteiligt.

mfg
 
G

Gert

Guest
Also, wenn Du in einem grossen Betrieb mit Meetings etc. gut aufgehoben warst, würde ich da auch weitermachen. Wieso solltest Du wechseln? Und deutlich weniger Gehalt hinnehmen? So wie das aussieht, schaffst Du ja wohl den Sprung in die Personalverantwortung, da ist dann der Unterschied beim Geld zum PA nicht mehr gross oder gar nicht vorhanden. Für mich erscheint das so, als wenn Du immer weiter neues lernen willst, da würd ich mir aber gut überlegen, ob Du aus einem Feld aussteigst, in dem Du erfolgreich bist und Dich wohl fühlst.
 
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