Hi,
prima facie neuheitsschädlich wäre natürlich recht eindeutig.
Mangelde erfinderische Tätigkeit nach Zusammenschau zweier oder dreier Dokumente wäre schon was anderes.
In der Einspruchsfrist eingebracht kein Problem, aber nachgereicht besteht IMHO zumindest ein gewisses Risiko. Die Haftpflicht sähe so etwas wohl eher nicht gerne.
Beim Zweiten hast Du natürlich Recht. Dem Patentinhaber gegenüber wäre es natürlich nicht verspätet vorgebracht.
Aber wäre es evtl. als rechtsmissbräuchlich anzusehen, das Dokument in der Einspruchsschrift wissentlich nicht zu erwähnen, um es dann 2 Monate später nachzureichen, nachdem die Verhandlungen gescheitert sind?
Wegen dem Einspruch nochmal zur Kontrolle (ich bin ja eher einer, der Anmeldungen ausarbeitet, und eher nicht ganz so der Einsprecher, aber was macht man nicht alles in den Osterferien...).
Und außerdem ginge es bei der von Dir vorgeschlagenen Taktik ja darum, die Pfeile für später aufzubewahren. Dann darf man sie ja einerseits nicht versehentlich verschießen, andererseits sie aber auch nicht auf einmal im Köcher festgeklebt vorfinden (die US Kollegen sind ja auch immer ganz file-wrapper-estoppel-panisch).
1. Ich beantrage natürlich den Widerruf in vollem Umfang.
2. Ich muss (entgegen der üblichen Praxis) nur die unabhängigen Ansprüche angreifen, weil die abhängigen mit den unabhängigen fallen. Also keine Pfeile unnötig verschießen.
3. Ich darf während des Verfahrens weitere Argumente vorbringen, so lange ich
a. Nur die Ansprüche angreife, die im Einspruch angegriffen wurden
b. Nur die Dokumente verwende, die im Verfahren sind
c. Nur die Stellen in den Dokumenten verwende, die im Einspruch bezeichnet sind?
d. Nur die Einspruchsgründe verwende, die im Einspruch genannt sind, so lange die neuen Gründe nicht wirklich prima facie sind (also wenn ich auch nur die unabhängigen Ansprüche angreife, dann auf jeden Fall auch bzgl. Neuheit, erfinderischer Tätigkeit und mangelnder Ausführbarkeit, auch wenn ich das in der Einspruchsschrift nur mit Luftnummern mache).
3. Holt der Patentinhaber Merkmale aus den abhängigen Ansprüchen (oder der Beschreibung) in die unabhängigen, kann ich fröhlich neu drauf los argumentieren, weil der Patentinhaber ja veränderte Tatsachen geschaffen hat. Die Pfeile, die ich bei Punkt 2 aufgehoben habe, können also noch verschossen werden, obwohl sie neu eingeführt werden müssen?
4. Ich kann dann für diese Argumente auch neue Druckschriften einführen (oder doch nicht? Keine neuen Pfeile?)
Irgendwie doof, wenn man seine Arbeit auf einmal absichtlich schlecht machen soll, aber bitteschön nicht zu schlecht...
Gruß
Gerd