Allg. Guter Zeitpunkt für eine Bewerbung als Kandidat?

Physikerin

Schreiber
Liebes Forum,

ich verfolge die Neuigkeiten in diesem Forum nun schon einige Monate und freue mich, dass es ein solches gibt!
Nun mein Anliegen, habe Physik studiert und bin nun in der zweiten Hälfte meiner Doktorarbeit angelangt, werde voraussichtlich Mai 2011 fertig sein. Wann wäre ein guter Zeitpunkt, Bewerbungen loszuschicken? Die Frage beinhaltet zwei Aspekte.
  • Wann ist es generell gut, seine Bewerbungen zu versenden, sprich, wieviel Zeit muss man den Kanzleien geben, zu reagieren? Mir ist natürlich klar, dass das von Kanzlei zu Kanzlei ganz unterschiedlich sein kann, ich würde mich trotzdem freuen, wenn einige hier ein paar Hausnummern aus eigener Erfahrung in den Raum werfen könnten. Ist ein Jahr vor dem Abschluss zu früh?
  • Ist es eine gute Idee, sich gerade jetzt zu bewerben, oder soll man noch ein bisschen abwarten, wie es mit der Finanzkrise weitergeht? Wie gesagt bin ich erst im Mai 2011 fertig, das ist ja noch eine Weile hin. Habe im Forum unter dem Eintrag "Pleiten, Pech und Pannen" schon gesehen, dass einige Kanzleien arg durch die Krise gebeutelt wurden und eventuell noch werden. Leider ist der Foreneintrag noch vom Mai 2009. Wie sieht es inzwischen aus? Geht es wieder aufwärts? Es gibt immer noch mehr Gesuche als Angebote zur Zeit, wenn ich das recht gesehen habe. Was ist eure Einschätzung dazu? Lieber noch ein paar Monate länger warten?
Und, nicht meine eigentliche Frage, aber ich würde mich freuen, wenn ihr noch etwas dazu sagen könnt, ob das Einstiegsgehalt eines Kandidaten durch die Krise gelitten hat.

Schon mal besten Dank für eure Antworten!

Physikerin
 

ip_kandidat

GOLD - Mitglied
  • Meine Erfahrung durch meine damalige Bewerbungsphase (vier kleine und mittelgroße Kanzleien) ist diese: entweder eine Kanzlei hat Bedarf und nimmt Dich dann auch gerne kurzfristig, oder es besteht kein Bedarf (und damit keine Kandidatenstelle für Dich). Zwischen meiner Bewerbung und Vertragsunterzeichnung in meiner Ausbildungskanzlei lagen ca. zwei Wochen. Bei großen Kanzleien mag das anders sein.
  • Egal wie die astrologische Konstellation und sonstige Randbedingungen gerade sind, eine Bewerbung 14 Monate in Voraus macht keinen Sinn. Hast Du überhaupt schon eine Seite deiner Diss geschrieben?
Zum Einstiegsgehalt: es nützt Dir nichts wenn hier Zahlen in den Raum geworfen werden. Ich denke rein aus geldtechnischer Sicht ist es sinnvoll eine umsatzabhängige Komponente einzubauen, da Du so an die Bedingungen eines freien Berufs gewöhnt wirst. Neben rein monetären Gesichtspunkten spielen zahlreiche Aspekte wie z.B. Kosten Hagen/EQE, Freistellung Hagen, Tätigkeit, Perspektive nach Ausbildung oder Praktika LG/Mandant eine Rolle, so dass ich unbedingt empfehle das Gesamtpaket zu beurteilen und das Einstiegsgehalt außen vor lassen würde. Wenn Du als Anwalt fähig bist kommt das Geld "von alleine".
 

grond

*** KT-HERO ***
Als ich mich beworben habe, lief das auch alles sehr kurzfristig. Und auch wenn sich heute jemand bei uns bewirbt, kann die ganze Geschichte mit zwei Gesprächen (einmal ein oder zwei Partner der Kanzlei plus eventuell einem freien Mitarbeiter aus dem Fachgebiet, einmal eine größere Runde von Partnern, damit alle mal den Bewerber beschnüffelt haben) erledigt sein.

Das Schreiben bzw. erfolgreiche Beenden einer Dissertation kann man erfahrungsgemäß nicht planen, deshalb wirst Du vor dem glücklichen Ausgang eher verhaltene und ablehnende Reaktionen ernten. Wenn die Dissertation nicht wenigstens kurz vor Druckreife ist, hat eine Bewerbung m.E. keinen Sinn. Ansonsten wirst Du Dir bis Mai 2011 eventuell noch Gedanken über das Jahr praktisch-technische Tätigkeit machen müssen.

Was die Finanzkrise angeht: in der zweiten Jahreshälfte 2009 haben da manche Mandanten offenbar aufholen wollen, was sie in der ersten Jahreshälfte weniger herausgegeben haben. Insgesamt habe ich persönlich im Jahr 2009 einen Umsatzrückgang von ca. 10 bis 15% verzeichnet, was in der Wirtschaft eine Katastrophe wäre, als Freiberufler aber wohl im Rahmen des Normalen liegt, das man abfedern können muss. Nach bis über 50% Einbußen in der ersten Jahreshälfte ist das sowieso ein recht versöhnlicher Abschluss. Das neue Jahr läuft ganz gut, aber generell steigen die Ansprüche der Mandanten an Arbeit und Preis mit der stetig steigenden Zahl der Patentanwälte. Immer mehr freche Industriemandanten finden inzwischen sogar Patentanwälte, die unsere Arbeit in Festanstellung in der eigenen Patentabteilung erledigen, Formalarbeiten werden flächendeckend immer weniger rausgegeben. Tststs...
 

Physikerin

Schreiber
Danke für die schnellen Antworten! Diesen zufolge kann ich mich sozusagen erstmal beruhigt zurücklehnen... mir kam ein Jahr vorher auch etwas früh vor, bin aber im Bekanntenkreis darauf angesprochen worden, ob ich schon an Bewerbungen denke - derjenige hatte sich auf seine Stelle (Industrie, kein Patentanwalt) etwa ein Jahr vor seinem Abschluss beworben.

@ip_kandidat, ganz richtig vermutet, ich habe noch keine Seite geschrieben, allerdings hat mein Betreuer schon eine Menge mehr Doktoranden vor mir betreut und mir versichert, dass ich bis Mai 2011 fertig sein werde (es haben sich auch schon einige Publikationen und genug Ergebnisse angehäuft). Ich nehme ihn beim Wort, denn bei allen vorigen Doktoranden konnte er die benötigte Zeit sehr gut einschätzen.
Was das Einstiegsgehalt angeht: ja, natürlich habe ich schon mitbekommen, dass es viel mehr Faktoren zu berücksichtigen gilt, als das Einstiegsgehalt, und ich habe auch Beileibe nichts dagegen, einen guten Teil umsatzabhängig zu bekommen. Aber so ganz unwichtig ist das Thema Geld ja nun auch wieder nicht, und mir ging es nur darum, zu erfahren, ob es irgendwelche drastische Änderungen aufgrund der Finanzkrise gegeben hat. Das scheint ja nicht der Fall zu sein, wenn ich die Kommentare richtig deute.

@grond, zugegeben, das ist meine erste Doktorarbeit, aber wie oben erwähnt verlasse ich mich zum Teil auf die Erfahrung meines Betreuers, was den Zeitpunkt meines Abschlusses angeht, zum Teil aber auch auf meine eigene Erfahrung, da ich beim selben Betreuer schon meine Diplomarbeit geschrieben habe - da ging es schneller als abgeschätzt.
Etwas anderes hat mich aber stutzig gemacht: Jeder, der sich irgendwie mit dem Thema Patentanwalt auskennt, und den ich befragt hat, hat mir versichert, dass sich die Doktorarbeit als praktisch-technische Tätigkeit anrechnen lässt (das sind ohnehin mehr als 12 Monate), das hat sogar ein ehemaliger Doktorand aus genau dem Lehrstuhl gemacht, an dem ich jetzt bin. Es würde mich jetzt schon etwas erstaunen, wenn das jetzt wider Erwarten doch nicht ginge. Wie hattest du den Hinweis denn konkret gemeint?

Jedenfalls nochmal danke für die schnellen Antworten!
 

grond

*** KT-HERO ***
Physikerin schrieb:
Etwas anderes hat mich aber stutzig gemacht: Jeder, der sich irgendwie mit dem Thema Patentanwalt auskennt, und den ich befragt hat, hat mir versichert, dass sich die Doktorarbeit als praktisch-technische Tätigkeit anrechnen lässt
Das hängt wohl stark davon ab, wie "technisch-praktisch" die Doktorarbeit ist. Theoretische Physiker haben da schon einmal Probleme, Nachweise zu erbringen, dass sie nicht nur Formeln geschoben und Simulationen durchgeführt haben. Ich selbst hatte damals sogar Probleme, mir eine Tätigkeit in der Produktentwicklung (!) anrechnen zu lassen, mittlerweile ist die damals verantwortliche Person ("da haben Sie ja auch nur am Computer gesessen") aber wohl nicht mehr an derselben Stelle. Damals wurde jedenfalls gerne der Maßstab angelegt, dass es bei der praktisch-technischen Tätigkeit schon dreckig und mit groben Werkzeugen zugegangen sein muss.
 
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