'... gleich die europäische Schiene?'

Gast

Vielschreiber
Liebes Forum,

auf der Suche nach einer Kandidatenstelle habe ich folgendes Angebot bekommen:

Eine "richtige" Kandidatenstelle mit Fernstudium und deutscher Prüfung sei zur Zeit nicht frei. Stattdessen könne ich "gleich die europäische Schiene" fahren und Europäischer Vertreter werden. Die praktische Ausbildung in den ersten zwei Jahren sei identisch. Hagen könne ich ja bei Interesse berufsbegleitend machen.

Dazu habe ich folgende Fragen:

- Was ist davon insgesamt zu halten?
- Hat man ohne die deutsche Prüfung und das Fernstudium überhaupt eine Chance, die europ. Prüfungen zu bestehen?
- Wie gross wäre die Einschränkung durch das Fehlen der deutschen Prüfung?

Danke für Eure Tips!
 
U

u. n. own

Guest
Die europäische Prüfung kann man ablegen (und bestehen), ohne vorher die deutsche Prüfung erfolgreich abgelegt zu haben. So weit, so gut.

Dennoch ist Skepsis angesagt. Hagen kann man nämlich NICHT "berufsbegleitend" machen, da man nur über die Patentanwaltskammer (d.h., als registrierter deutscher Kandidat) an einen Studienplatz kommt. Das ist also keine ernstzunehmende Möglichkeit.

(Der Übungseffekt, der sich durch die deutsche Prüfung ergibt, ist zudem sicher nicht zu verachten.)

Konsequenz: Du brauchst mindestens drei Jahre, bis Du auch nur zu europäischen Prüfung zugelassen wirst. Und selbst wenn Du die auf Anhieb bestehst: Die Deutschen schenken Dir deshalb nichts. Und ich würde schon dazu raten, beide Prüfungen anzupeilen (und sogar im Zweifelsfall die deutsche vorzuziehen - aber das ist meine persönliche Meinung, da denken andere Leute anders).

Insgesamt riecht das Angebot ein wenig nach Kostenvermeidung auf seiten des potentiellen Arbeitgebers...
 
K

Kandi

Guest
Hört sich sehr dubios an! Bringt Dir doch nur Nachteile. Verstehe nicht, was die Kanzlei damit bezwecken will - die paar € für Hagen sparen?
 
P

paule

Guest
Man kann natürlich immer über die 8 bzw. 10 Jahres- Regelung die deutsche Prüfung ablegen (§172 PatAnwO) und Hagen berufsbegleitend machen. Das machen viele Patentingenieure aus der Industrie so. Das ist meiner Meinung nach durchaus eine respektable Alternative zur deutschen Ausbildung. Vorausgesetzt - und hier kommt der Haken - dass man auch wie ein voller Patentingenieur bezahlt wird. Auf eine "Ausbildung" zum europäischen Vertreter zu einem Kandidatengehalt würde ich mich keinesfalls einlassen. Ich befürchte allerdings fast das es das ist, was die Kanzlei, die Dir das Angebot gemacht hat, will.
 
M

Maggolino

Guest
Lustig finde ich den Abschnitt "Eine richtige Ausbildungsstelle zum deutschen Vertreter sei zur Zeit nicht frei".

Wenn es sich um ein Angebot einer Kanzlei handelt, glaube ich, da wird nicht mit ganz offenen Karten gespielt ;-)
Wie soll sich Dein Tätigkeitsprofil dadurch unterscheiden, dass Du die deutsche Ausbildung nicht machen kannst?
In der Industrie habe ich sowas allerdings schon öfter gehört, damit reguliert man den Nachwuchs.

Gruß

Maggolino
 
H

hallepeter

Guest
Das o.g. Angebot ist die in meinen Augen unverschämte Regelung, die Kanzleien oft auch eine "Sachbearbeiter"-Stelle nennen, und die sich eben von einer ordentlichen Ausbildungsstelle zum Deutschen Patentanwalt dadurch unterscheidet, das man nicht beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Ausbildung angemeldet wird.

Lass die Hände davon: Im wahren Leben geht es letztendlich nicht ohne Zulassung zum Deutschen Patentanwalt, die durch die o.g. Regelung hinausgeschoben wird (obwohl die Zulassung zum Europäischen Patentanwalt natürlich sehr wichtig ist).

Wenn Du allerdings später nur in der Industrie arbeiten willst (d.h. nicht als Patentanwalt in einer (eigenen) Kanzlei), und die Dir angebotene Stelle besonders lukrativ ist (d.h. von Anfang an mehr als 3,5TEuro pro Monat), dann kann das eine Option sein, denn in der Industrie zählt die Zulassung zum Europäischen Patentanwalt sowieso mehr, während man auch völlig ohne Zulassung als Deutscher Patentanwalt auskommt.
 
Oben