Einsendeaufgabe Einsendeaufgabe KE 02 BGB - 14.1.05

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte mal wieder zur Diskussion über eine Einsendeaufgabe aufrufen.

Der Sachverhalt ist etwa wie folgt:

Der geldgierige A will die schlechte Wirtschaftslage ausnutzen und beschließt, als gewerblicher Kreditgeber tätig zu werden. Er eröffnet am 1.3.2003 ein Kreditbüro und inseriert in Tageszeitungen "Steht ihnen das Wasser bis zum Hals? Sind sie mit dem Gerichtsvollzieher per Du? Rufen sie an! Günstige Sofortkredite ..."
Am 1.4.2003 kommt der Familienvater B zu A und erzählt, er habe unverschuldet zum 1.2.2003 den Arbeitsplatz verloren, es sei eine teure Operation seines 4-jährigen Sohnes unbedingt erforderlich, und seine Frau habe vor zwei Monaten Drillinge bekommen, so dass ein Umzug in eine größere Wohnung und ein neues Auto notwendig wurden. Der Kreditrahmen bei der Hausbank sei längst ausgeschöpft.
A und B schließen einen Darlehensvertrag über €5000,-- mit Fälligkeit 1.4.2004 und eff. Jahreszins von 25%. Die Vertragsurkunde enthält die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben.

Bei Fälligkeit weigert sich B, die Zinsen zu bezahlen. Hat A Anspruch auf 25% Zinsen,also €1250,--?
Hinweis: Verbraucherdarlehensvertrag nach §§491 ff BGB ist nicht zu prüfen.

Ich gehe davon aus, dass nicht zu prüfen ist, ob ein Vertrag zustande kam, weil das explizit genannt ist.

Also prüfe ich auf § 138 (2) BGB (Wucher).
Ist es sinnvoll/notwendig, zusätzlich auf § 134 (gesetzliches Verbot) i.V.m. § 291 (1) StGB (Wucher) zu prüfen? (ich denke, ja)

Wenn ich Wucher direkt nachweisen kann, muss doch § 138 (1) (Sittenwidrigkeit) nicht nochmals geprüft werden!?

Zum Wucher: Wie detailliert ist denn der Vergleich mit dem aktuellen Marktzins anzustellen? Da ich Anfang 2003 kein derartiges Darlehen in Anspruch genommen habe, weiss ich den damals üblichen Zins nicht. Ich kann also nur anführen, dass damals ein ähnlich niedriges Zinsniveau geherrscht hat wie heute, und den heute üblichen Zins (rund 10%) nennen.

mfg,

Pat-Ente
 
L

Laie

Guest
Hallo,
ich sitze auch gerade an der Aufgabe und wollte dir hier erst einmal für dein Posting (insebesondere zur ersten Aufgabe) und die damit verbundenen Denkanstösse danken.

Meiner besheidenen Meinung nach müssen wir nicht prüfen, ob ein Vertrag zu stande kam (Angebot, Annahme).

§ 138 (2) BGB (Wucher) muss meiner Meinung nach geprüft werden. Hier hab ich aber mal einen Denkansatz: Alles was an Fakten gegeben ist, soll ja als bewiesen gelten. So gilt der Fakt, dass B die Aussagen bezüglich Arbeitslosigkeit getätigt hat als bewiesen. Gilt der Inhalt denn auch als bewiesen? Ist B tatsächlich arbeitslos? Diese Tatsache geht für mich als juristischer Laie nicht eindeutig aus dem Text hervor, aber ich nehme an, dass ich mir da wohl übertrieben Gedanken mache. Ich werde die Aufgabe wohl so lösen, als sei der Inhalt der Aussagen des B bewiesen. Sonst würde das wohl extra angemerkt sein.

Sittenwidrigkeit nach § 138 (1) muss bei Wucher wohl nicht extra nachgewiesen werden.

Bei dem Marktzins dachte ich daran von einem Zins gemäß dem Beispiel auf Seite 46, Skript auszugehen.

Widersprechen würde ich dir nur bei einer zusätzlichen Prüfung auf § 134 (gesetzliches Verbot) i.V.m. § 291 (1) StGB (Wucher). Ich denke §138(2) ist hinreichend, und es passt nicht zu den Einführungsaufgaben plötzlich auf andere Gesetze als das BGB zu verweisen. Einen Verweis gibt es im Skript doch auch nicht, oder?
Ich werde da sehr nah am Skript bleiben.

So, noch eine persönliche Anmerkung: Es fällt mir schwer den letzten Absatz auf Seite 46 des Skriptes aus dem BGB zu ziehen. Ist dieses über haupt möglich, oder muss man da auf BGH verweisen?


@Patente: Tja, ich weiss nicht, ob ich dir weiterhelfen konnte, aber diskutieren würd ich gerne weiter, zumal man sich ja doch nicht eben mal treffen kann, wenn man nicht gerade in München arbeitet ;-)
 
L

Laie

Guest
Eine Frage noch:

Wozu dienen eigentlich die einführenden Informationen:

Der geldgierige A will die schlechte Wirtschaftslage ausnutzen und beschließt, als gewerblicher Kreditgeber tätig zu werden. Er eröffnet am 1.3.2003 ein Kreditbüro und inseriert in Tageszeitungen "Steht ihnen das Wasser bis zum Hals? Sind sie mit dem Gerichtsvollzieher per Du? Rufen sie an! Günstige Sofortkredite ..."

Meiner Meinung nach sind diese überflüssig. Uns wurde aber bei der Präsenzveranstaltung (und der ersten Korrektur) gesagt, dass wir alle Informationen nutzen sollen.
 
P

Pat-Ente

Guest
Laie schrieb:
ich sitze auch gerade an der Aufgabe und wollte dir hier erst einmal für dein Posting (insebesondere zur ersten Aufgabe) und die damit verbundenen Denkanstösse danken.
Danke für die Blumen ;-)
War das Ergebnis denn in Ordnung? Ich fand meine Korrektorin recht streng, aber vielleicht ist das für den Anfang auch besser ...

Laie schrieb:
§ 138 (2) BGB (Wucher) muss meiner Meinung nach geprüft werden. Hier hab ich aber mal einen Denkansatz: Alles was an Fakten gegeben ist, soll ja als bewiesen gelten. So gilt der Fakt, dass B die Aussagen bezüglich Arbeitslosigkeit getätigt hat als bewiesen. Gilt der Inhalt denn auch als bewiesen? Ist B tatsächlich arbeitslos? Diese Tatsache geht für mich als juristischer Laie nicht eindeutig aus dem Text hervor, aber ich nehme an, dass ich mir da wohl übertrieben Gedanken mache.
Man kann vielleicht aus "vertraut sich A an" herauslesen, dass er die Wahrheit sagt. Ansonsten wäre das ja ein ganz raffinierter Schachzug: B spielt A vor, in einer Zwangslage zu sein, erhält das Darlehen und muss hinterher keine Zinsen zahlen. Er muss nur darauf achten, dass der Zins auch wirklich hoch genug ist. Eine subjektive Zwangslage reicht ja aus, sie muss nicht wirklich vorhanden sein *grins*

Laie schrieb:
Sittenwidrigkeit nach § 138 (1) muss bei Wucher wohl nicht extra nachgewiesen werden.
Sehe ich auch so, Wucher ist ja ein Sonderfall des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts. Nur wenn die Ausbeutung der Zwangslage nicht nachgewiesen werden kann, muss auf 138(1) zurückgegriffen werden.
Man könnte das natürlich hilfsweise tun; allerdings finde ich die Kriterien, die dann zur Anwendung kommen, ohnehin ziemlich ähnlich denen, die auch für den Wucher zutreffen.

Laie schrieb:
Widersprechen würde ich dir nur bei einer zusätzlichen Prüfung auf § 134 (gesetzliches Verbot) i.V.m. § 291 (1) StGB (Wucher). Ich denke §138(2) ist hinreichend, und es passt nicht zu den Einführungsaufgaben plötzlich auf andere Gesetze als das BGB zu verweisen. Einen Verweis gibt es im Skript doch auch nicht, oder?
Ich werde da sehr nah am Skript bleiben.
Na ja, wenn man aus zwei Kanonen schiessen kann, ist das doch an sich nicht verkehrt ... aber unbedingt erforderlich ist es vermutlich nicht.
Immerhin finden sich laut Skript, S. 38, Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB u. A. im Strafrecht. Allerdings sind die Tatbestandsmerkmale für §291 StGB im Wesentlichen die gleichen wie für § 138(2) BGB.

Laie schrieb:
So, noch eine persönliche Anmerkung: Es fällt mir schwer den letzten Absatz auf Seite 46 des Skriptes aus dem BGB zu ziehen. Ist dieses über haupt möglich, oder muss man da auf BGH verweisen?
Direkt aus dem BGB ergibt es sich IMHO nicht. Ich hätte sogar aus § 819 (1) BGB herausgelesen, dass das Darlehen sofort bei Erkennen der Sittenwidrigkeit zurück zu zahlen ist. Wenn das RG nichtig ist, tritt doch AFAIK der Herausgabeanspruch aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) in Kraft; dieser wird durch § 819 bei Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes verschärft.
Aber offensichtlich sehen die Gerichte das anders ... demnach darf das Darlehen bis zur Fälligkeit behalten werden, ohne dass irgendwelche Zinsen anfallen (so steht's im Palandt). Das ist wohl eine Art Straffunktion gegen den bösen Wucherer.

Laie schrieb:
Wozu dienen eigentlich die einführenden Informationen:
[...]
Meiner Meinung nach sind diese überflüssig. Uns wurde aber bei der Präsenzveranstaltung (und der ersten Korrektur) gesagt, dass wir alle Informationen nutzen sollen.
Meiner Meinung sind sie nicht ganz überflüssig. Z.B. wird Wucher nur dann angenommen, wenn der Darlehensgeber gewerblich tätig ist. Unter Privatpersonen liegt die Grenze der Sittenwidrigkeit offensichtlich viel höher bzw. es gibt gar keine ...
Eventuell kann man auch eine grundsätzliche Neigung des A zur Ausbeutung von Zwangslagen Dritter da heraus interpretieren.

Laie schrieb:
@Patente: Tja, ich weiss nicht, ob ich dir weiterhelfen konnte, aber diskutieren würd ich gerne weiter, zumal man sich ja doch nicht eben mal treffen kann, wenn man nicht gerade in München arbeitet ;-)
@Laie: Du arbeitest nicht in München? Dann können wir uns ja treffen, ich nämlich auch nicht ;-)

Gruss,
Pat-Ente
 
G

GAST_DELETE

Guest
zu deb Einführenden Angaben: Ich hab sie jetzt doch beim Ausbeuten gebraucht. Aber das der Wucher nur dann angenommen wird, wenn der Darlehensgeber gewerblich tätig ist, kann ich aus § 138 spontan nicht entnehmen. Und man soll die Aufgaben ja ohne Kommentare lösen können ;-).
 
G

Gast 2

Guest
Also ich finde schon das Eisenhardt-Skript alleine (wie immer) sehr aufschlussreich. Auf Seite 42/43 steht eigentlich das Wesentliche; insbesondere Seite 43, letzter Absatz.
Dort ist auch die relevante Rechtsprechung beschrieben.

Einen Moment habe ich noch einmal überlegt, ob man hier auch noch die Frage einer eventuell möglichen Anfechtung diskutieren sollte/könnte/müsste (auch das passt ja zu Skript II), aber es scheint wohl doch eher abwegig zu sein.
 

Physicus

BRONZE - Mitglied
Gast 2 schrieb:
Also ich finde schon das Eisenhardt-Skript alleine (wie immer) sehr aufschlussreich. Auf Seite 42/43 steht eigentlich das Wesentliche; insbesondere Seite 43, letzter Absatz.
Also bei mir ist das aber Seite 44/45, insbes. Seite 45 letzter Absatz ???!!!
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Gast schrieb:
Aber dass der Wucher nur dann angenommen wird, wenn der Darlehensgeber gewerblich tätig ist, kann ich aus § 138 spontan nicht entnehmen.
Stimmt natürlich!
Allerdings haben Eisenhardt und Fitzner vielleicht nicht zufällig geschrieben (S. 46 1. Absatz)
"Ist ein objektives Missverhältnis festgestellt, so sind bei Kreditinstituten auch die subjektiven Voraussetzungen - das mindestens fahrlässige Ausnutzen der Lage des Kunden - erfüllt."

Da fragt man sich doch, warum nur bei Kreditinstituten und nicht generell?
 
G

Gast 2

Guest
Ihr habt ja so recht mit den Seiten.
Ich habe halt noch eine ältere Auflage des Skripts!

Streue Asche auf mein Haupt .........
 
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