Einkommen ... mal anders!

6to5

BRONZE - Mitglied
Hier mal wieder eine Diskussion zum Thema Einkommen, allerdings ganz anders als sonst.

Problem: Marken- oder Patentstreitfälle mit Abrechnung nach RVG als Kollegenarbeit.

Die meisten Junganwälte/"Freien Mitarbeiter" und Kandidaten kennen das: die Arbeit wird gegenüber dem Mandanten nach Stunden abgerechnet, von denen die Kanzlei einen Prozentsatz einbehält bzw. der Ausführende entsprechend seinen Prozentsatz der Kanzlei in Rechnung stellt. Die Kanzleien haben dazu gerne noch allerlei Grundgebühren, um ihren Anteil letztlich wieder zu erhöhen. Naja, egal.

Hat hier aber jemand Erfahrung mit solchen Mandaten, die tatsächlich streitwertbezogen nach RVG abgerechnet werden? Was sind da übliche Beteiligungsmodelle? Wie sind die Erfahrungen bezüglich der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr? Darf der freie Mitarbeiter üblicherweise die ganze Arbeit machen (Klage oder Erwiderung ausfertigen), die Terminsgebühr wird dann aber vollständig vom Kanzleipartner eingesackt, der mit minimaler Vorbereitung lediglich die Anträge aus der Klageschrift/Erwiderung stellt und ansonsten halbherzig ein bisschen was aus dem Schriftsatz vorträgt?
 

Kohlkopf

Schreiber
Steckt hinter der Frage etwa die Vermutung, jemand kloppt sich pauschal die Tasche voll und lässt billig arbeiten? Das ist weder verwerflich noch unnormal, man frage mal Apple oder andere Markenartikler.

Im Ernst: Kollegenarbeiter bezahlt man pauschal oder -eher als Ausnahme- nach Aufwand. Verfahren nach Streitwert abzurechnen ist als Pa ein echtes Risiko, da der Aufwand leicht sehr hoch werden kann. Im Übrigen ist der initiale Schriftsatz meist nur ein Bruchteil der Arbeit.

Ich habe Sachen, die mit dem Mandanten nach RVG abgerechnet werden sollten, herausgegeben. Das aber nur nach Diskussion über den Aufwand mit dem Bearbeiter. Das muss transparent sein.

Ein Beispiel: Die Verfahrensgebühr beinhaltet meist 2 bis 3 Schriftsätze. Dazu kommt die Vorbereitung des Verfahrens. Für den ersten Schriftsatz würde ich kaum mehr als ein viertel der Gebühr rechnen, der Kollegenarbeiter bekommt davon maximal die Hälfte, also höchstens ein achtel der Gebühr. Die Terminsgebühr wird immer durch den Aufwand des Termins gefressen.
 

6to5

BRONZE - Mitglied
Steckt hinter der Frage etwa die Vermutung, jemand kloppt sich pauschal die Tasche voll und lässt billig arbeiten? Das ist weder verwerflich noch unnormal, man frage mal Apple oder andere Markenartikler.

Unnormal sicherlich nicht, ob verwerflich, kann dahingestellt bleiben. Die Frage ist, was ein gerechter Interessenausgleich ist.


Im Ernst: Kollegenarbeiter bezahlt man pauschal oder -eher als Ausnahme- nach Aufwand.

Ich kenne eigentlich nur die Modelle "Anteil an den abgerechneten Stunden" und "aufgewendete Stunden zu einem verhältnismäßig niedrigeren Stundensatz". Pauschale Bezahlung habe ich noch nie erlebt.


Verfahren nach Streitwert abzurechnen ist als Pa ein echtes Risiko, da der Aufwand leicht sehr hoch werden kann.

Meiner Erfahrung nach lohnen sich Abrechnungen nach RVG durchaus. Immerhin sind die Streitwerte entsprechend hoch. Bei einer popligen Markenangelegenheit kommt man mit den üblichen 50.000€ Streitwert schon recht weit. Jedenfalls, wenn man denn auch in den Genuss der Terminsgebühr kommt. Wenn man hingegen die gesamte schriftliche Arbeit für einen Anteil an der Verfahrensgebühr machen soll und der Partner geht zu der 20minütigen Verhandlung (bei vielleicht weiteren 40 Minuten Vorbereitung aus den Schriftsätzen) und steckt die Terminsgebühr vollständig in die Tasche, dann lohnt sich das nur noch aus Sicht der Kanzlei.


Im Übrigen ist der initiale Schriftsatz meist nur ein Bruchteil der Arbeit.

Das mag sein, hier würde aber erwartet werden, dass de facto das gesamte Verfahren geführt wird, es wird nach RVG abgerechnet werden und das Beteiligungsmodell ist unklar. Bezüglich der einzelnen Gebühren will man dann später sehen, wie man verfährt...


Ein Beispiel: Die Verfahrensgebühr beinhaltet meist 2 bis 3 Schriftsätze. Dazu kommt die Vorbereitung des Verfahrens. Für den ersten Schriftsatz würde ich kaum mehr als ein viertel der Gebühr rechnen, der Kollegenarbeiter bekommt davon maximal die Hälfte, also höchstens ein achtel der Gebühr. Die Terminsgebühr wird immer durch den Aufwand des Termins gefressen.

Die Terminsgebühr ist fast genau so viel wie die Verfahrensgebühr. Einen Termin wahrzunehmen ist nahezu kein Aufwand. Wo soll da die Verhältnismäßigkeit aus der Sicht des Bearbeiters sein, der alle Schriftsätze produziert und nur an der Verfahrensgebühr beteiligt wird?
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
AW: Vergütung bei Kollegenarbeit in Streitsachen

@6to5: Wenn Dir das offenbar etwas unübersichtliche und "zukunftsorientierte" (... schaun wir mal, was rauskommt ...) Vergütungsmodell nicht gefällt, mach doch einfach einen Gegenvorschlag.

Du gehst doch auch nicht mit einem röhrenden Auspuff in Deine Kfz-Werkstatt und stellst "die Frage, was ein vernünftiger Interessenausgleich ist". Das ist doch vollkommen wurscht. Die Werkstatt sagt Dir, was der neue Auspuff kostet, und Du sagst, ob die das nun machen sollen oder ob Du das lieber selbst zusammenbastelst oder woanders Dein Glück versuchst.

Und jetzt bist Du in der Position der Werkstatt und sollst vielleicht etwas für Deine potentiellen Auftraggeber bearbeiten. Du hast die Akte kurz gesehen und weißt, was wohl gemacht werden muss oder soll. Offenbar ist es ziemlich eindeutig, sonst würdest Du nicht von "popliger Markensache" sprechen. Du musst doch selbst am besten wissen, wieviel an Arbeit dabei auf Dich abfällt und was Du dafür an Geld haben musst. Und dieser Arbeitsumfang auf Deinem Schreibtisch hat mit der RVG ziemlich wenig zu tun. Die RVG mag für die Beziehung des Mandanten zu Deiner potentiell auftraggebenden Kanzlei wichtig sein, da sicher einiges an Vorbesprechungen, Risikoabschätzungen etc. bei der Entscheidungsfindung angefallen ist, ob man klagt oder nicht oder sich verklagen lässt oder aufgibt, aber das ist ja schon vorbei und für Deine Tätigkeit egal.

Der Kollege Kohlkopf hat schon Recht: Sag pauschal, was Du haben willst, und lege konkret fest, was Du dafür alles machen wirst (und was nicht, weil: kostet extra, beispielsweise Vergleichsverhandlungen für eine außergerichtliche Regelung). Und wenn Deine korrekt kalkulierte Pauschale den potentiellen Auftraggebern zu viel an Bezahlung ist, dann lehnst Du den Auftrag ab. Vielleicht macht ihn dann ein anderer Kollegenarbeiter oder die Kanzlei doch selbst. Kann Dir egal sein, wenn Du vorher wirklich korrekt kalkuliert hast. Die Werkstatt arbeitet auch nicht für weniger als erforderlich.

Und wenn Du außerdem annimmst, dass es für die Sache, für Dich (und womöglich auch noch für die auftraggebende Kanzlei) effektiv ist, wenn Du zusätzlich auch die mündliche Verhandlung persönlich wahrnimmst, ja dann biete das doch für eine entsprechend erhöhte Pauschalsumme an. Imho ist es wirklich effektiver, eine Markensache durchgängig von einem Beabeiter durchziehen zu lassen. Für die von Dir veranschlagte Arbeitszeit müsstest Du ja nicht einmal allzuviel aufschlagen. Du hast doch erstklassige Argumente (schon top in die Sache eingearbeitet, tolle Entlastung für den Seniorkollegen, der sich wichtigeren Aufgaben zuwenden kann und keinen Stress mit Anreise, Gegnern usw. hat, etc.), also überzeuge. Umkehrargument: Wenn Du schon Kollegen mit Ahnung von der Sache nicht von Deiner richtigen Auffassung und einem guten Angebot überzeugen kannst, wie soll das dann erst mit potentiellen Mandanten (oder Prüfern oder Richtern, dann außerdem ohne gutes Angebot...) werden ...

Allerdings würde ich mir das mit den 40 Minuten Vorbereitung und 20 Minuten Verhandlungsdauer doch noch mal überlegen, nicht das Du Dich da verkalkulierst. Ich habe als "Kollegenarbeiter" schon solche mündlichen Verhandlungen gemacht, übrigens auch pauschal abgerechnet, und habe das doch ziemlich anders hochgerechnet. Auch die von Dir vorgesehene Taktik mit dem Stellen von Anträgen vor einer Zivilkammer oder Handelskammer eines Landgerichts (mit oder ohne Blättern in der Akte) könnte für Überraschung sorgen. Aber ich will Dir in Deine Verhandlungsstrategie natürlich nicht hineinreden.
 

Han Solo

SILBER - Mitglied
Grundsätzlich hat Blood for PMZ natürlich recht.

Mich beschleicht beim Lesen dieses threads das dumpfe Gefühl , dass Kandidaten/Junganwälte zuviel Brecht lesen und lieber über die Ungerechtigkeit der Welt lamentieren als zu arbeiten.

Warum sollte jemand , also ein Junganwalt, der bloß seine Arbeitskraft zu Markte trägt, dh ein ein Taglöhner ist, den vollen Profit abschöpfen? Nur weil er ein paar Schriftsätze verfaßt? Auch wenn man es kaum glaubt, aber Kanzleiräumlichkeiten, nette Empfangsdamen, sonstiges Personal, das kostet Geld, ein Mandat an Land ziehen (auch wenn es nur popelige Markenfälle sind, wie ich hier lesen konnte) kostet auch Zeit (üblicherweise nicht abrechenbar) und Mühen.

Wem das Vergütungssystem für Kollegenarbeiter nicht paßt, kann doch seine eigene Kanzlei gründen und sich dann die Taschen so richtig mit Geld vollstopfen.
 

grond

*** KT-HERO ***
Warum sollte jemand , also ein Junganwalt, der bloß seine Arbeitskraft zu Markte trägt, dh ein ein Taglöhner ist, den vollen Profit abschöpfen? Nur weil er ein paar Schriftsätze verfaßt? Auch wenn man es kaum glaubt, aber Kanzleiräumlichkeiten, nette Empfangsdamen, sonstiges Personal, das kostet Geld, ein Mandat an Land ziehen (auch wenn es nur popelige Markenfälle sind, wie ich hier lesen konnte) kostet auch Zeit (üblicherweise nicht abrechenbar) und Mühen.

Woraus meinst Du lesen zu können, dass "der volle Profit" durch den Auftragsnehmer abgeschöpft werden soll? Es wurde zum Vergleich doch gerade das sonst übliche Beteiligungsmodell angeführt, das ja auch berücksichtigt, dass Personal, Akquise, gepolsterte Bürosessel und Zigarren Geld kosten, aber über den vollen Honorarumsatz eine Beteiligung verspricht. Bei einem Mandat, das schlecht abgerechnet werden kann, fallen die jeweiligen Anteile absolut gesehen auch klein aus, bei einem anderen entsprechend besser. Kanzlei und Kollegenarbeiter teilen sich also den wirtschaftlichen Erfolg gleichermaßen.

Es geht doch hier gerade darum, wie eine gerechte, beiderseitige Kosten und Gewinn berücksichtigende Aufteilung aussehen kann. Der einzige Vorschlag scheint zu sein, als Kollegenarbeiter Stunden zu einem zu vereinbarenden Stundensatz oder eine Pauschalsumme abzurechnen, also den Abrechnungsrahmen nach RVG als Bemessungsgröße komplett zu ignorieren. Das kann für die Kanzlei auch ein Risiko bedeuten, da bei einem Markenstreit ja z.B. nicht von vornherein klar ist, ob ein Streitwert von 25k€ oder von 100k€ angesetzt wird. Eine Gebührenteilung wäre da für beide Seiten sicherer, das größte Risiko für die Kanzlei wäre, später festzustellen, dass der Kollegenarbeiter auf diese Weise "unnötig" fürstlich bezahlt wurde. Dann hat aber auch die Kanzlei zum Trost einen guten Schnitt gemacht.


Wem das Vergütungssystem für Kollegenarbeiter nicht paßt, kann doch seine eigene Kanzlei gründen und sich dann die Taschen so richtig mit Geld vollstopfen.

Vielleicht hat er/sie ja eine eigene Kanzlei? Irgendwie süß, dieses "Junganwälte-Bashing" ohne konkrete Anhaltspunkte. Wieviele von diesen "alten Herren" haben wohl ihre eigene Kanzlei aus dem Nichts aufgebaut und haben sich nicht nur in einem laufenden Betrieb zum Partner hochgearbeitet?
 

Han Solo

SILBER - Mitglied
@grond

mein millenium Falke ,äh Kanzlei (wurde in den frühen siebzigern sozialisiert....) fliegt schon seit 11 Jahren , alles selbst gebaut, from the scratch , und der Haufen angestellte Anwälte und Kollegenarbeiter kommt auch immer mit so tollen Ideen, dass beide Seiten "gerecht" entlohnt werden sollen an. Nein warum soll ich ? Ich bin nicht die Caritas, sondern will an denen Gewinn machen, sonst kann ich sie gleich wieder rausschmeißen.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
AW: Vergütung bei Kollegenarbeit in Streitsachen

@grond:

Völlig richtig siehst Du, dass bei einer Pauschalvergütung das "Risko" bei der auftraggebenden Kanzlei hängenbleibt. Unvermutete, vom Gericht festgesetzte Streitwerte ebenso wie ein ziemlich häufig vorkommender gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich auf der Grundlage eines "Irgendwie" - Gegenstandswertes - alles ein Risiko der auftraggebenden Kanzlei.

Das halte ich aber auch für genau richtig. Die auftraggebende Kanzlei spricht mit dem Mandanten, berät ihn, ob er sich überhaupt auf die Sache einlässt, regelt mit ihm, wie das eigentlich ihr gegenüber vergütet werden soll und nimmt auch Einfluss, was sie auf der Grundlage seiner Info in der Klage vorschlägt beziehungsweise in der Klageerwiderung dazu sagt. Sie trägt auch das Risko, dass der Mandant während des Verfahrens insolvent wird und sie entscheidet, ob und welche Vorkehrungen sie dazu trifft. Sie zahlt also drauf, wenn irgendetwas nicht so läuft wie gedacht. Das ist unternehmerisches Risiko. Sie verliert auch den Mandanten, wenn sie zu hoch abrechnet oder der Prozessverlauf nicht gefällt. Sie bekommt auch den Folgeauftrag zur nächsten Klage oder Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke oder was weiß ich, wenn alles wunderbar läuft.

Ich sehe aber überhaupt keinen Grund, dem Kollegenarbeiter einen Teil dieses Risikos aufzudrücken, "um den wirtschaftlichen Gewinn angemessen zu verteilen". Wenn zum Beispiel für eine Kollegenkanzlei eine der beliebten mündlichen Verhandlungen vor den Kammern in Kiel, Saarbrücken oder Dresden wahrgenommen wird, dann halte ich dafür einen oder anderthalb Tagessätze für angemessen; natürlich in Form von Kollegenarbeitertagessätzen, nebst Spesen. Dafür sollte ein sehr ausführlicher Bericht drin sein, denn das ist ja dann alles, was die Kanzlei später über den Fall in der Akte hat.

Wenn der Kollegenarbeiter kein Risko trägt, sehe ich aber auch keinen Grund für irgendeine andere Teilhabe, etwa ein Plus für einen hohen Streitwert.
 

6to5

BRONZE - Mitglied
AW: Vergütung bei Kollegenarbeit in Streitsachen

Die auftraggebende Kanzlei spricht mit dem Mandanten, berät ihn, ob er sich überhaupt auf die Sache einlässt, regelt mit ihm, wie das eigentlich ihr gegenüber vergütet werden soll und nimmt auch Einfluss, was sie auf der Grundlage seiner Info in der Klage vorschlägt beziehungsweise in der Klageerwiderung dazu sagt. Sie trägt auch das Risko, dass der Mandant während des Verfahrens insolvent wird und sie entscheidet, ob und welche Vorkehrungen sie dazu trifft. Sie zahlt also drauf, wenn irgendetwas nicht so läuft wie gedacht.

Nein, das ist in dem von mir angesprochenen Fall nicht so. Ich arbeite als typischer Scheinselbständiger nur für eine Kanzlei. Alle die genannten Arbeiten würde letztlich ich durchführen, die Vergütung zwischen Kanzlei und Mandant findet schlicht nach RVG statt, bedarf also auch keiner besonderen Verhandlung. Insolvent gehen wird der Mandant auch nicht. Wenn doch, dann haben nicht nur wir ganz andere Probleme als eine Rechnung über ein paar tausend Euro.

Noch einmal kurz zusammengefasst: sonst werden Anwaltsstunden in Rechnung gestellt, von denen ich einen Prozentsatz bekomme, hier soll nicht derselbe Prozentsatz von den RVG-Kosten gewährt werden, weil man offenbar auf einen besonders hohen Streitwert hofft und für die Arbeit nicht so viel absolut bezahlen will. Die Diskussion ist aber eh obsolet, da ich den Auftrag abgelehnt habe. So können sich die Sternenschiffkommandanten doch einfach über 100% der Rechnungssumme freuen...
 
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