Einander widersprechende Verfahrenserklärungen

Horst

*** KT-HERO ***
Mal wieder was nettes:

Sachverhalt:

I)
Europäische Patentanmeldung oder auch ein Patent im Einspruchsverfahren hat zwei gemeinsame Anmelder A (erstgenannt und damit gemeinsamer Vertreter) und B.

B reicht im Prüfungsverfahren/Einspruchsverfahren neue Ansprüche ein.

Berücksichtigt das EPA die Ansprüche?

Anmerkung: DeltaPatents würde hier R. 152(10) analog ziehen und antwortet Ja. Ich bin mir da aber unsicher, m.E. widerspricht das dem Institut des gemeinsamen Vertreters.

II) Abwandlung 1

Zusätzlich zu den von B eingereichten Ansprüchen reicht auch A einen (eigenen und anderen) Satz Ansprüche ein.

Berücksichtigt das EPA:

a) Ansprüche von A
b) Ansprüche von B
c) beide Anspruchssätze, indem es selbst Haupt-/Hilfsantrag bestimmt
d) keinen der Anspruchssätze, da Erklärungen widersprüchlich

III) Abwandlung 2

In der mündlichen Verhandlung des Einspruchsverfahrens erklärt A: "Wir verzichten auf das Patent."(worin eine Ablehnung aller Anspruchsfassung gesehen wird und unverzüglich eine Entscheidung auf Widerruf ergeht) B lässt daraufhin entsetzt verlauten: "Du hast ja einen Vogel! Wir verzichten nicht."

Die Gegenseite lacht und meint: "Gemeinsamer Vertreter geht vor!", packt ihre Sachen und überreicht dem diabolisch grinsenden A ein Geldbündel. B bricht in Tränen aus und heult: "Sie können mich doch nicht ignorieren!"

Was entscheidet die Einspruchsabteilung?
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
B reicht im Prüfungsverfahren/Einspruchsverfahren neue Ansprüche ein.

Berücksichtigt das EPA die Ansprüche?

Anmerkung: DeltaPatents würde hier R. 152(10) analog ziehen und antwortet Ja. Ich bin mir da aber unsicher, m.E. widerspricht das dem Institut des gemeinsamen Vertreters.
Der gemeinsame Vertreter ist nur eine Vereinfachung für die Zustellungen von Seiten des Amtes! B kann natürlich auch selbst handeln, wenn kein Vertreterzwang besteht. Da Art. 118 Einheitlichkeit fordert, handelt jeder Anmelder immer für alle Anmelder.


Zusätzlich zu den von B eingereichten Ansprüchen reicht auch A einen (eigenen und anderen) Satz Ansprüche ein.

Berücksichtigt das EPA:

a) Ansprüche von A
b) Ansprüche von B
c) beide Anspruchssätze, indem es selbst Haupt-/Hilfsantrag bestimmt
d) keinen der Anspruchssätze, da Erklärungen widersprüchlich
Aufgrund der obigen Antwort könnte die Einspruchsabteilung die Ansprüche von A als konkludent zurückgenommen ansehen (aufgrund der Verfahrenshandlung des B) und nur die jüngeren von B berücksichtigen.


III) Abwandlung 2

In der mündlichen Verhandlung des Einspruchsverfahrens erklärt A: "Wir verzichten auf das Patent."(worin eine Ablehnung aller Anspruchsfassung gesehen wird und unverzüglich eine Entscheidung auf Widerruf ergeht) B lässt daraufhin entsetzt verlauten: "Du hast ja einen Vogel! Wir verzichten nicht."

Die Gegenseite lacht und meint: "Gemeinsamer Vertreter geht vor!", packt ihre Sachen und überreicht dem diabolisch grinsenden A ein Geldbündel. B bricht in Tränen aus und heult: "Sie können mich doch nicht ignorieren!"
Der Verzicht ist ja nicht allein eine Verfahrenshandlung, sondern hat auch materiellrechtliche Wirkung. Daher müsste die Handlung des A durch B ohnehin anfechtbar sein (BGB/ZPO-Denkweise). M.E. kann man aber von einer Vertretung des B durch den A ohnehin nicht ausgehen, wenn B selbst anwesend ist.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Der gemeinsame Vertreter ist nur eine Vereinfachung für die Zustellungen von Seiten des Amtes!
In Auslegung der DeltaPatents-Antwort kam mir auch schon die Befürchtung, dass es sich tatsächlich darauf reduziert.

Insofern wären die Antworten dann wirklich I) Ja. II) b) (da letzte Fassung) und III) "Wir machen Pause und Sie einigen sich erstmal."

Einige Anwälte vertreten allerdings vehement die Auffassung, dass nur der gemeinsame Vertreter handeln kann. Daher grübele ich etwas. Gibt es dazu irgendwie Rechtsprechung? In Kommentaren habe ich bisher nichts gefunden.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Einige Anwälte vertreten allerdings vehement die Auffassung, dass nur der gemeinsame Vertreter handeln kann.
Dass das ein Anwalt gerne so hätte, dass Anmelder nur durch ihn handeln können, liegt auf der Hand: wie will man sonst die Formalhonorare für Umschreibungen und dergleichen machen, wenn der Mandant bei Änderungen des Firmennamens einfach alle seine 200 Anmeldungen beim EPA selbst umschreibt? Und ein Anmelder bei einer mündlichen Verhandlung, der für sich selber handeln darf, ist doch eh nur eine Gefahr, sonst sagt der einfach irgendwann "was soll das Hick-Hack um die erfinderische Tätigkeit von Unteranspruch 17, ich gebe die Anmeldung auf!"... :)

Aber auch wenn man in DE z.B. mit Anwalt beim Amtsgericht sitzt, kann man ja durchaus ohne den Anwalt handeln. Der Richter fragt dann auch nicht beim kreidebleichen Anwalt nach, ob das so in Ordnung sei, was der Kläger da so beantragt...

Einen Sonderfall für mehrere Anmelder gibt das EPÜ m.E. nicht her.
 
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