DE Doppelschutzverbot

Kugelblitz

GOLD - Mitglied
Wurde ja schon häufiger hier diskutiert, aber ich hätte noch eine (vielleicht doofe) Verständnisfrage zu "in dem Unfang, in dem es dieselbe Erfindung schützt" (IntPatÜG §8). Wenn ich mit dem Hauptanspruch des DE-Patents einen größeren Schutzbereich erziele als mit dem Hauptanspruch des EP-Patents, bleibt der überschüssige Schutz des DE-Patents dann erhalten? Würde eine Einschränkung des Hautptanspruchs des DE-Patents (aufgrund bspw. eines Nichtigkeitsverfahrens) dahingehend, dass der Hauptanspruch des DE-Patents denselben (oder geringeren) Schutzbereich wie der Hauptanspruch des EP-Patents erhält, dazu führen, dass das DE-Patent keine Wirkung mehr hat?

Nachtrag: Sollte man die Benennung von DE bei der EP-Anmeldung ggf. sogar schnellstmöglich zurükziehen, wenn absehbar ist, dass die EP-Anmeldung zu keinem größeren Schutzbereich führen wird?

Danke

kb
 
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Das Doppelschutzverbot ist weit weniger fürchterlich, als man meint.

Das betroffene deutsche Patent ist nicht weg, es hat nur im gegebenen Umfang keine Wirkung. Konkret heißt das, dass du keine Verletzungsklage darauf stützen kannst, wenn die Verletzungsform auch durch das europäische Patent abgedeckt ist. Für Bereiche, die das EP-Patent nicht abdeckt, bleibt das deutsche aber in Kraft.

Deshalb muss man sich bei einer Erteilung eines EP-Patents auch grundsätzlich keine Sorgen machen, denn alles, was dadurch nicht "getroffen" wird, kann nach wie vor mit dem deutschen Patent verfolgt werden. Tückisch ist lediglich Abs. 2 von Art. III §8 IntPatÜG: Der Eintritt der Wirkungslosigkeit lässt sich nicht rückgängig machen. Wird also das EP-Patent erteilt und anschließend wieder vernichtet (Einspruch, Nichtigkeit), bleibt das deutsche Patent im betroffenen Bereich wirkungslos. Eine Rücknahme der Benennung DE ist also nur sinnvoll, wenn man schon weiß, dass das EP-Patent nach Erteilung nicht rechtsbeständig sein wird (wobei sich hier dann die Frage stellt, wie rechtsbeständig dann das DE-Patent ist).
 

Kugelblitz

GOLD - Mitglied
Hallo Asdevi,

danke für Deine Anmerkungen!

Tückisch ist lediglich Abs. 2 von Art. III §8 IntPatÜG: Der Eintritt der Wirkungslosigkeit lässt sich nicht rückgängig machen. Wird also das EP-Patent erteilt und anschließend wieder vernichtet (Einspruch, Nichtigkeit), bleibt das deutsche Patent im betroffenen Bereich wirkungslos. Eine Rücknahme der Benennung DE ist also nur sinnvoll, wenn man schon weiß, dass das EP-Patent nach Erteilung nicht rechtsbeständig sein wird (wobei sich hier dann die Frage stellt, wie rechtsbeständig dann das DE-Patent ist).

Guter Hinweis! Das mit dem Einspruch scheint allerdings nicht zu stimmen, da nach Abs. 1 Nr. 2 das Einspruchsverfahren ja "unter Aufrechterhaltung" des europäischen Patents rechtskräftig abgeschlossen sein muss, oder? Sprich "in dem Umfang, in dem es dieselbe Erfindung schützt" betrifft hier nur den Schutzbereich des im EP-Einspruchsverfahrens gegebenenfalls beschränkt aufrechterhaltenen EP-Patents.

kb
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Nachtrag: Sollte man die Benennung von DE bei der EP-Anmeldung ggf. sogar schnellstmöglich zurükziehen, wenn absehbar ist, dass die EP-Anmeldung zu keinem größeren Schutzbereich führen wird?


Entgegen der Auffassung des Vorredners halte ich das für durchaus sinnvoll, wenn z.B. bei der R. 71(3) - Mitteilung deutlich wird, dass der Schutzgegenstand des EP-Anspruchs vollständig im Schutzgegenstand des DE-Anspruchs liegt. Durch die Rücknahme der Benennung für DE spart man sich, für zwei Patente parallel Jahresgebühren zahlen zu müssen.
 

Kugelblitz

GOLD - Mitglied
Hallo EQE2009-Gast,

Durch die Rücknahme der Benennung für DE spart man sich, für zwei Patente parallel Jahresgebühren zahlen zu müssen.

Das war auch mein Gedanke, der mich zur Aufgabe des EP-Patents bewogen hätte. Stellt sich natürlich die Frage, welches Gericht über die Nichtigkeit des DE-Patents und des EP-Patents befinden könnte. Beim DE-Patent käme nur das Bundespatentgericht in Frage, während für das EP-Patent mit Wirkung für Deutschland entweder das Bundespatentgericht oder (bei einem EP-Einheitspatent) das Einheitspatentgericht in Frage käme. Bei allen Bemühungen einer Vereinheitlichung können Bundespatentgericht und Einheitspatentgericht zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, so dass es vielleicht doch sinnvoll ist, beide aufrecht zu erhalten?

kb
 

grond

*** KT-HERO ***
Abgesehen von den doppelten Jahresgebühren sollte man sich auch bei einer Verletzungsklage zwischen den beiden Patenten entscheiden. Klagt man "sicherheitshalber" aus beiden Patenten und obsiegt nicht vollständig auf der Grundlage beider Patente, hat man nämlich Verfahrenskosten am Hals. Jedes Patent wird als eigener geltend gemachter Anspruch gesehen, so dass der Verletzungskläger bei der Kostenentscheidung beispielsweise als zu 50% unterlegen angesehen wird, wenn im Verletzungsverfahren festgestellt wurde, dass das EP-Patent verletzt ist, das DE-Patent aber nicht.

Das widerspricht erst einmal der Erwartung, setzt sich doch der Verletzungskläger im Ergebnis durch. Die Kosten im Verletzungsverfahren können schnell unangenehme Höhen erreichen, deshalb sollte man sich da vorher mal Gedanken drüber gemacht haben. Das Prüfen der Rechtsbeständigkeit des deutschen Patents bei Erteilung des europäischen sollte beim Anmelder standardmäßig erfolgen.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Bei allen Bemühungen einer Vereinheitlichung können Bundespatentgericht und Einheitspatentgericht zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, so dass es vielleicht doch sinnvoll ist, beide aufrecht zu erhalten?



Hallo Kugelblitz,


stimmt, es gibt es auch Gründe, beide zu behalten, das ist eben eine Kosten-Nutzen-Abwägung.


Zum Thema UPC/BPatG: Jedenfalls in der Übergangszeit hat der Nichtigkeitskläger das Wahlrecht zwischen UPC und BPatG, wenn kein opt-out erklärt ist. (Bei opt-out fällt der Grund für Deine Überlegung sowieso weg). Falls sich zeigt, dass das UPC tendenziell patentinhaberfreundlicher entscheiden würde als das BPatG (wozu nicht viel gehört), wäre der Nichtigkeitskläger schlecht beraten, vor dem UPC Klage zu erheben. Diese Überlegung ist also wohl eher theoretischer Natur.


Ein Grund, beide Patente zu behalten, wäre m.E. eher noch, dass man unterschiedliche Verteidigungsstrategien verwenden könnte, wenn sowohl das DE-Patent als auch der DE-Teil des EP angegriffen werden.


Grüße,

F
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Sorry, das mit dem Einspruch war ein Fehler. Es geht nur um nachträgliche Nichtigkeit.

Das war auch mein Gedanke, der mich zur Aufgabe des EP-Patents bewogen hätte. Stellt sich natürlich die Frage, welches Gericht über die Nichtigkeit des DE-Patents und des EP-Patents befinden könnte. Beim DE-Patent käme nur das Bundespatentgericht in Frage, während für das EP-Patent mit Wirkung für Deutschland entweder das Bundespatentgericht oder (bei einem EP-Einheitspatent) das Einheitspatentgericht in Frage käme. Bei allen Bemühungen einer Vereinheitlichung können Bundespatentgericht und Einheitspatentgericht zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, so dass es vielleicht doch sinnvoll ist, beide aufrecht zu erhalten?

kb

Eigentlich bringt das nichts. Denn wenn das EP-Patent fällt, dann ist das deutsche im Überschneidungsbereich immer noch wirkungslos, auch wenn es bestehen bleibt (eben das sagt ja Absatz 2). Wen also die paar Euro doppelte Jahresgebühren für DE schmerzen, der kann sich die Rücknahme der Benennung überlegen.

Der Wert der Aufrechterhaltung von beiden liegt eher in einem möglicherweise leicht unterschiedlichen Schutzbereich, in dem das nationale Patent doch noch zum Tragen kommen könnte. Und in der Rechtsunsicherheit für Konkurrenten, ob die Vernichtung nur des EP-Patents wirklich ausreichend ist.
 
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