Diskretion bei einer Bewerbung

Khisanth

SILBER - Mitglied
Liebe Kollegen,

seit einiger Zeit bin ich für die Kanzlei, in der ich schon die Ausbildung absolviert habe, freiberuflich tätig, und demnächst stehen Verhandlungen über eine feste Anstellung/Assoziierung an, an der die Partner grundsätzliches Interesse geäussert haben.

Gleichzeitig möchte ich mich bei anderen Kanzleien bewerben, möglichst ohne dass dies in meiner jetzigen Kanzlei unnötig bekannt wird. Zwar wurde seitens meiner Ausbildungskanzlei ausdrücklich Verständnis für ein solches Vorgehen geäussert, aber ich habe das Gefühl, dass es sich dabei eher um Lippenbekenntnisse handelt und die Partner, besonders mein Ausbilder, es im Grunde seines Herzens als Hochverrat ansehen würde, wenn "sein" Kandidat ernsthaft andere Kanzleien als Arbeitgeber in Betracht ziehen würde, am besten noch umittelbare Konkurrenten oder andere Kanzleien, deren Arbeit/Kompetenz er für seiner unterlegen hält (also im Grunde alle anderen). Das könnte sich unangenehm auswirken, falls man am Ende doch bei der ursprünglichen Kanzlei bleibt.

Das Problem liesse sich dadurch umgehen, dass man bei Bewerbungen an andere Kanzleien schlicht nicht den Namen der bisherigen Kanzlei preisgibt, sondern verschleiert, wie es in den Lebensläufen von Anwälten auf Kanzleiseiten regelmässig getan wird ("worked in a renowned IP firm in Frankfurt for two years"). Damit wären Rückfragen anderer Kanzleien an die bisherige zumindest weniger wahrscheinlich.

Habt Ihr Erfahrungen mit der Problematik? Wie werden insbesondere Bewerbungen aufgenommen, in denen keine klaren Angaben gemacht werden, aus welchem Stall das Vieh kommt? Wird das respektiert oder bei einem Bewerbungsgespräch nachgebohrt und unangenehm aufgenommen, wenn man sich dazu nicht äussern möchte?

Vielen Dank für Eure Anregungen!
 

sweeto

BRONZE - Mitglied
Khisanth schrieb:
...andere Kanzleien, deren Arbeit/Kompetenz er für seiner unterlegen hält (also im Grunde alle anderen). ...
also allein schon deshalb kommt mir diese Kanzelei unsympathisch vor. Immer diese Ellbogenmentalität...

Zu deinem Punkt kann ich lediglich sagen, dass du bei einem Gespräch ja etwaige Namen nachreichen könntest. Das sollte kein Problem sein.
 

PatFan

GOLD - Mitglied
Du müsstest natürlich auch die Zeugnisse anonymisieren und darauf vertrauen, dass Du in der Zielkanzlei nicht schon bekannt bist (z. B. durch einen Kandidatenkollegen).

Patentanwälte sind alle anders. Der eine verstehts, der andere nicht, daher wirst Du keine allgemeine Auskunft erhalten können. Auf jeden Fall musst Du es gut begründen, dann würde ich es verstehen, weil wir alle die Geschwätzigkeit der Kollegen kennen und wissen, dass befreundete Anwälte schon mal plaudern. Auch wenn Dein Chef offensichtlich eine gewisse Konkurrenz sieht, ist er garantiert mit dem einen oder anderen Kollegen besser bekannt/befreundet. Auch Büromitarbeiter kennen sind und reden schon mal.

Wenn Du also gerne bei der Kanzlei bleiben möchtest und Dir deine neuen Kollegen ein Schnuppern in der Wildnis übelnehmen, mach es anonym. Wer das nicht versteht, ist halt nicht Deine Zielgruppe.

Ansonsten würde ich, wenn Du Dich dort wohl fühlst, den Vorteil des gegenseitigen Kennens nicht unterschätzen. Du weißt, wie Deine Arbeit dort ankommt und musst nicht befürchten, ständig korrigiert zu werden etc. Bei einer neuen Kanzlei hast Du garantiert eine Probezeit und musst das Risiko eingehen, dass der nette Chef ein Chamäleon ist, dass nach ein paar Wochen sein wares Ego zeigt (ich weiß, die meissten sind nett und Chamäleon sind selten, aber das Risiko bleibt).

Daher würde ich mit die Untreue gut überlegen.

Gruß PatFan
 

Christian

Vielschreiber
Hallo Kollege,

sag mal, bist Du denn nicht sowieso ergooglebar? Bei mir wäre es auf jeden Fall so. Wenn Du bei Xing bist, hat es sich mit der Anonymität auch schon wieder erledigt... So richtig unbekannt ist wohl keiner von uns, schon aufgrund des bereits erwähnten Konatktes zu Mitkandidaten.

Viele Grüße
Christoph
 

ppa

GOLD - Mitglied
ich hätte da nicht so viel angst mit den Bewerbungen.

das ist üblich und kein "Verrat". Vielleicht kennst du jemanden aus den kanzleien persönlich, wenn auch nur flüchtig, und rufst ihn mal an.

Du hast doch auch das recht, angebote anderer kanzleien zum vergleich heranzuziehen, um zu sehen, was übliclh ist.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Ich sehe das grundsätzlich anders.

  • Wenn Du keine Gründe hast, warum Du weg solltest, sieh Dich erst gar nicht um, macht alles nur unnötig kompliziert. Dort, wo Du bist, weisst Du was Du hast, woanders brauchst Du erstmal ein paar Monate (mindestens) um zu sehen, wo die stinkenden Fische im Keller liegen. Und dann ist der Rückweg abgeschnitten.
  • Bewerbungen werden meiner Erfahrung nach sehr vertraulich behandelt - schließlich denkt jeder von sich, dass er besser als alle anderen ist und kann deshalb nachvollziehen, warum Du Dich gerade bei ihm bewirbst. Bei großen Buden ist da vielleicht etwas Vorsicht geboten - aber da brauchst Du Dich in Deiner Situation ohnehin nicht bewerben.

 

Khisanth

SILBER - Mitglied
Vielen Dank für Eure hilfreichen Kommentare!

Ich habe mir die Sache überlegt und werde - auch wenn nicht unmittelbar ergooglebar ist, wo ich bin und ich bei einer Bewerbung grds zunächst nur den Lebenslauf schicke - einfach frei heraus angeben, wo ich arbeite, schon weil ich im Grunde keine Lust auf heimliches Getue habe.

Viele Grüsse und besten Dank noch mal!
 
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