Allg. Die Ausbildung in der Industrie

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Hallo,

ich hatte mich vor einiger Zeit bereits einmal mit dem Gedanken befasst die Ausbildung zum PA zu verfolgen. Aufgrund eines Angebotes meines aktuellen Brötchengebers stellt sich die Frage nun erneut...

Ich habe inzwischen viel quer gelesen (u.a. hier im Forum) und muss sagen, dass ich durch die Aussagen, insb. Aussagen welche hier im Forum über die letzten Jahre hinweg gemacht wurden, doch eher abgeschreckt bin. Die Aussichten für PAs scheinen sich aufgrund der massiv gestiegenen Zahl der PAs bei nahezu gleichbleibenden Anmeldezahlen massiv verschlechtert zu haben.

Dennoch vllt. mal ein paar Fragen:

Vorab aber noch zu mir:
Ich bin 34.
Promovierter Informatiker.
>10 Jahre Berufserfahrung bei meinem heutigen Brötchengeber als Festangestellter MA (Promotion lief nebenberuflich).
Sprachen: Deutsch & Englisch fließend; Französisch Grundkenntnisse.
Jurakenntnisse durch ein Zweitstudium in Hagen (LLB).

Angeboten hat man mir die Ausbildung zum PA auf dem "langen Weg" (in der Industrie) - und zwar zunächst zum EPA, später auch mit den Ziel der nationalen Zulassung (dauert wohl 8 Jahre).
Der Vorteil wäre dass man mir auch während der 3jährigen Ausbildung mein jetziges Gehalt weiterzahlen würde und somit keine finanziellen Einbußen auf mich zukämen.
Wie es nach der Prüfung weitergeht ist nicht 100% klar, aber gehaltlich könnte es durchaus nochmal etwas aufwärts gehen (könnte es aber im aktuellen Job ebenso).

Meine Fragen:

1.
Bin ich schlichtweg zu alt? :)

2.
Wie seht Ihr aktuell die Zukunft den Markt für PAs?
So wie von mir oben zusammengefasst? Ergo: Schwierig ohne Aussicht auf Besserung?
Gilt das gezeichnete "Bild" für angestellte PAs genauso wie für PAs in Kanzleien?

3.
Wie stehen eigentlich die Chancen später aus der Stellung eines Angestellten PA aus der Industrie in eine Kanzlei zu wechseln? Unproblematisch?

4.
Seht Ihr den Weg vom Techniker zum PA als "way of no return"? Sprich, wird es mit dem Karrierewechsel aus Eurer Sicht unmöglich irgendwann wieder als IT Architekt o.ä. Fuß zu fassen oder bekommt man das uU sogar als Plus verkauft? Kennt Ihr Fälle in denen Leute wieder zurück zur vorherigen Tätigkeit gewechselt sind? Es wäre ja denkbar dass man doch feststellt dass einem das Ganze keinen Spaß bereitet :(
Denn mir geht es ganz klar nicht nur ums Geld; einen Job den ich fast 40 Jahren ausüben soll muss mir Spaß machen!

5.
Sicher eine oft diskutierte Frage:
Wisst Ihr grob was angestellte PAs in der Industrie "verdienen"? Was verdienen, im Vergleich dazu, PAs in einer Kanzlei derzeit (im Schnitt)? Die Antworten hierzu waren hier im Forum durchaus etwas veraltet weshalb ich mich wage das nochmal zu fragen...

Sonst irgendwas was Ihr mir vllt. mitgeben möchtet?

Danke Euch!
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo AnNaJF,

Eigentlich liegen die Antworten schon überwiegend vor Dir, Du musst sie nur sehen und zur Kenntnis nehmen.

1.
Bin ich schlichtweg zu alt? :)
Die Beantwortung dieser Frage erfolgt stets durch den Markt. Dein derzeitiger Brötchengeber ist ein für Dich sehr relevanter Teil dieses Marktes und hat Dir die Frage bereits beantwortet.
2.
Wie seht Ihr aktuell die Zukunft den Markt für PAs?
So wie von mir oben zusammengefasst? Ergo: Schwierig ohne Aussicht auf Besserung?
Gilt das gezeichnete "Bild" für angestellte PAs genauso wie für PAs in Kanzleien?
Der Markt für PAs ist für Dich nicht relevant. Wenn Du das Angebot Deines Brötchengebers annimmt, wird der Markt für Dich nicht vor 2022 betretbar, eher noch Jahre später. Lehnst Du das Angebot ab, wirst Du ihn nie betreten. Ob Du ihn jemals betreten willst steht in den Sternen. Nach bestandener Prüfung gehörst Du zu einer vergleichsweise seltenen Spezies auf dem Arbeitsmarkt, nämlich PA mit kräftig Berufserfahrung. Du wirst "Chef" werden wollen (viel Stress, viel Personalärger, viel Verantwortung, viel Auslandsreisen, gutes Geld) oder lieber nicht und Du solltest das spätestens dann auch genau wissen.
3.
Wie stehen eigentlich die Chancen später aus der Stellung eines Angestellten PA aus der Industrie in eine Kanzlei zu wechseln? Unproblematisch?
Du bist dann Mitte bis Ende 40 alt und solltest rechnen können. Ob Du dann Chef der Patentabteilung beim jetzigen Brötchengeber oder einem anderen werden willst oder eines der wenigen, aber dann attraktiven handverlesenen Angebote einer Kanzlei annimmt, ist wirklich eine Einzelfallentscheidung und allein Deine Sache. Willst Du nicht Chef von irgendetwas werden (durchaus eine sinnvolle und für die Qualität Deiner Partnerschaft häufig bessere Entscheidung), bleibst Du besser da wo Du bist.


4.
Seht Ihr den Weg vom Techniker zum PA als "way of no return"?
?
Ja.
Sprich, wird es mit dem Karrierewechsel aus Eurer Sicht unmöglich irgendwann wieder als IT Architekt o.ä. Fuß zu fassen oder bekommt man das uU sogar als Plus verkauft? Kennt Ihr Fälle in denen Leute wieder zurück zur vorherigen Tätigkeit gewechselt sind?
Frühzeitig, wenn man während der Ausbildung das große Schreien kriegt: ja, viele. Später, nach bestandener Prüfung: Nein. Es gibt Aussteiger, aber die gehen dann ganz woanders hin. Politik, Geschäftsführer im Unternehmen der neuen Ehefrau, ompi, Alicante. Für Forschung und Entwicklung ist man verdorben und auch zu weit weg.
Es wäre ja denkbar dass man doch feststellt dass einem das Ganze keinen Spaß bereitet :(
aber sicher.

Denn mir geht es ganz klar nicht nur ums Geld; einen Job den ich fast 40 Jahren ausüben soll muss mir Spaß machen!
Ein guter Ansatz. Viele sagen ihn, zu wenige beherzigen ihn.
5.
Sicher eine oft diskutierte Frage:
Wisst Ihr grob was angestellte PAs in der Industrie "verdienen"? Was verdienen, im Vergleich dazu, PAs in einer Kanzlei derzeit (im Schnitt)? Die Antworten hierzu waren hier im Forum durchaus etwas veraltet weshalb ich mich wage das nochmal zu fragen...
Nein, sie sind nicht veraltet. Entweder sind sie immer noch genauso falsch wie beim ersten Posten. Oder sie sind immer noch richtig. Übrigens ist auch das für Dich vollkommen gleichgültig, denn Du bist nicht vor 2022 angestellter PA in der Industrie. Die Zahlen von 2014 sind dann auch nicht mehr aktuell. Ansonsten finde doch einfach heraus, was die angestellten PAs bei Deinem Brötchengeber jetzt verdienen. Frag die Kollegen. Die Antworten sind genauso wahr wie hier im Forum.

Sonst irgendwas was Ihr mir vllt. mitgeben möchtet?

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Ich habe inzwischen viel quer gelesen (u.a. hier im Forum) und muss sagen, dass ich durch die Aussagen, insb. Aussagen welche hier im Forum über die letzten Jahre hinweg gemacht wurden, doch eher abgeschreckt bin. Die Aussichten für PAs scheinen sich aufgrund der massiv gestiegenen Zahl der PAs bei nahezu gleichbleibenden Anmeldezahlen massiv verschlechtert zu haben.

Hier fehlen noch einige Aspekte:
1) Aufgrund häufig schlechter Assozierungsmodelle etablierter Kanzleien finden derzeit
viele Neu- und Ausgründungen statt. Die Akquise der Mandanten erfolgt dabei über den
(niedrigeren) Preis. Sobald die Neu-Kanzlei-Gründer gut genug im Geschäft sind, geben sie
weiterreichbare Arbeit an Kandidaten/Junganwälte weiter, die dann erst richtig unter
den Niedrigpreisbedingungen zu leiden haben. Richtig pervers wird es dann, wenn
ein Gründer bis zu 10 Kandidanten bzw. "Patent Professionals" beschäftigt (ja, das gibt
es leider. Und die Kammer unternimmt nichts dagegen). Selbst wenn die
Anzahl der Neuanmeldungen drastisch steigen sollte, ändert sich an diesen
Umständen nichts.
2) Die Mandanten schauen zunehmend auf den Preis. Hintergrund dürfte auch sein,
dass in anderen Betriebsbereichen kaum noch Einsparpotentiale erkennbar sind. Da
wird dann halt auch mal das Patentwesen durchleuchtet.

Bin ich schlichtweg zu alt? :)

Zum Erlangen der PA-Qualifikation: Nein, in dem Feld turnen auch >50-Jährige rum
Zum Aufstieg vom kleinen Kandidaten zum Seniorpartner: Ja

Wie seht Ihr aktuell die Zukunft den Markt für PAs?
So wie von mir oben zusammengefasst? Ergo: Schwierig ohne Aussicht auf Besserung?
Gilt das gezeichnete "Bild" für angestellte PAs genauso wie für PAs in Kanzleien?

Da wird sich nichts zum Guten ändern. Anders als vor noch 20-30 Jahren erhält
die Patentbranche einen stetigen Zustrom von Nachwuchskräften, die vor den
(vermeintlich/vermutlich) noch schlechteren Bedingungen in der Industrie flüchten.

Für angestellte PAs (in Unternehmen) ist die Lage derzeit in Ordnung. Aber
die Kandidaten wandern nach bestandener Prüfung inzwischen gerne in
die Unternehmen ab, so dass dort auf manche Stellen mehrere Bewerber kommen,
was früher unvorstellbar war.


Wie stehen eigentlich die Chancen später aus der Stellung eines Angestellten PA aus der Industrie in eine Kanzlei zu wechseln? Unproblematisch?

Wenn Du Geschäft mitbringst, dann unproblematisch. Aber die goldenen Zeiten, als
ehemalige Siemens-PAs einfach eine Kanzlei aufmachten und ordentlich vom ehemaligen
Arbeitgeber mit Aufträgen versorgt wurden, sind definitiv vorbei. Ganz im Gegenteil:
Nach dem Ausstieg/Wechsel des ehemaligen Mitarbeiters erhält dieser überhaupt keine
Aufträge mehr. Sonst würden die derzeit noch im Unternehmen angestellen PAs ja
auch bald abwandern.


Seht Ihr den Weg vom Techniker zum PA als "way of no return"? Sprich, wird es mit dem Karrierewechsel aus Eurer Sicht unmöglich irgendwann wieder als IT Architekt o.ä. Fuß zu fassen oder bekommt man das uU sogar als Plus verkauft? Kennt Ihr Fälle in denen Leute wieder zurück zur vorherigen Tätigkeit gewechselt sind?

Das hat Blood for PMZ ja schon richtig beschrieben.
Nach bestandener Prüfung gibt es keinen Weg zurück. Im ersten Jahr der "Ausbildung"
kann man noch einigermaßen schadensfrei zurück, habe ich schon mehrfach beobachtet.
Ein Plus ist die PA-Qualifikation für einen Techniker/IT-Architekt definitiv nicht - vielleicht
mit der Ausnahme einer Tätigkeit an der Schnittstelle Technik - Recht, aber das
macht ja schon ein PA ;-)

Sicher eine oft diskutierte Frage:
Wisst Ihr grob was angestellte PAs in der Industrie "verdienen"? Was verdienen, im Vergleich dazu, PAs in einer Kanzlei derzeit (im Schnitt)? Die Antworten hierzu waren hier im Forum durchaus etwas veraltet weshalb ich mich wage das nochmal zu fragen...

Der Blick auf den "Verdienst" führt leider in die Irre. Die Tätigkeit im Unternehmen kann
deutlich spannender sein, insbesondere wenn man sich für die Produkte/Strategien usw.
interessiert, und dies im Unternehmen mit den in diesem Rechtsgebiet nicht so vertrauten
Personen (Entwicklungsleiter, Vorstand) entwickelt.
In der Kanzlei muss man Akten kloppen, um Geld zu verdienen. Ab einem
gewissen Durchsatz kann man sich wirkliches Interesse für die Technik nicht mehr erlauben,
sondern muss in erster Linie darauf achten, dass man sich keine Beratungsfehler einfängt
und man umsatztechnisch die anderen Partner-in-spe übertrifft bzw mit den
Mitgesellschaftern mithält. Das ist nicht immer angenehm und wird häufig
als gesundheitsschädlicher Stress empfunden.

Viele meiner ehemaligen "technischen" Kollegen (alle Dr.-Ing., mit Personalverantwortung)
verdienen heute in bekannten Unternehmen mehr, als das was für Nicht-Gesellschafter-PAs
überhaupt in Kanzleien möglich ist. Einige wenige der ehemaligen Kollegen haben es
wirtschaftlich deutlich schlechter erwischt und wären - aus rein finanzieller Sicht - besser
Lehrer oder Prüfer beim DPMA geworden. Für die PA-Branche gilt wahrscheinlich (leider)
entsprechendes.
 
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