Einsendeaufgabe BGB KE 03

al patente

Vielschreiber
Hätte da mal ne Frage: Wie geht Ihr mit (leicht) unvollständigen Sachverhalten um, die man aber zur Lösung braucht?

Beispiel 1: In Fall 1 steht NIRGENDS, dass B in den Kaufvertrag die Sache, nämlich die Segelyacht, einträgt. Freilich ist davon auszugehen, aber es steht halt nirgends. Würdet Ihr das nun totschweigen oder prüft Ihr, ob alle Vertragsbedingungen eindeutig festgelegt sind? Falls man es prüft: wie? Wenn ich schreibe, dass davon auszugehen ist, ist es doch eigentlich eine unzulässige Ergänzung des Sachverhalts ...

Beispiel 2: In Fall 1 steht auch NIRGENDS, dass B für sich selbst auf der Verkäuferseite unterschrieben hat. Wenn er das nicht getan hat, besteht aber doch gar kein Kaufvertrag! Klar soll es daran nicht scheitern, aber wie bekomme ich dann eine Willenserklärung des B in mein Gutachten, ohne dichterisch tätig zu werden ...

Wie macht Ihr das? Hat mal jemand mit nem Juristen über sowas gesprochen?
 

Horst

*** KT-HERO ***
Wenn Lücken auftauchen, sollten sie so abgedeckt werden, dass man aus dem weiteren Verlauf der Aufgabe noch möglichst viel herausziehen kann. So wurde es in Hagen erklärt, meine ich.

Wenn im Sachverhalt steht, dass B einen Kaufvertrag aufsetzt, bzw. den Kaufvertrag für V unterschreibt, dann ist klar, dass das ein Kaufvertrag mit den notwendigen Merkmalen ( 2 Unterschriften, Preis, Leistungen) ist und braucht meiner Ansicht nach nicht geprüft zu werden.

Wenn etwas nicht extra im Sachverhalt steht, deutet das doch eher darauf hin, dass man ihm keine Bedeutung - sprich Prüfen- beimessen muss.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Hi,

aus dem SV geht auch nicht hervor wer ein angebot abgegeben hat (B als Vertreter oder B für sich).
Deswegen kann man auch Angebot und Annahme auf zwei Arten prüfen (denke ich)

ich habe noch geprüft, ob B die Vertretungsmacht §177 überschritten wurde und dies verneint, da über den Kaufpreis nicht geredet wurde.

Was meint ihr dazu?
 

Horst

*** KT-HERO ***
Ob man überhaupt Angebot und Annahme trennen muss, ist sowieso fraglich. Ich denke es reicht, wenn man auf zwei übereinstimmende Willenserklärungen allgemein prüft. Das sollte am deutlichsten sein, wenn dieselbe Person beide Seiten darstellt.

Ob der Rahmen der Vollmacht eingehalten wurde, prüft man doch eigentlich immer bei der Vertretungsmacht. Ich bin zu demselben Ergebnis gekommen. Schweigen ist nunmal keine Willenserklärung (hatten wir oben schonmal) und somit gab es keine Vollmachtsbeschränkung durch einen Mindestpreis. Die Zweifel bezüglich des daraus resultierenden Interessenkonflikts werden ja gerade durch den § 181 abgedeckt.
 

ander

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Ob man überhaupt Angebot und Annahme trennen muss, ist sowieso fraglich. Ich denke es reicht, wenn man auf zwei übereinstimmende Willenserklärungen allgemein prüft. Das sollte am deutlichsten sein, wenn dieselbe Person beide Seiten darstellt.
Ich denke Angebot und Annahme muss man schon trennen, da man ja die Wirkung der WE des B für den Vertretenen V gemäß den Voraussetzungen des §164 (1) prüfen muß.
Und das kann dann entweder im angebot oder in der Annahme tun.
Wenn man dies z.b. im Angebot gemacht hat, kann man m.E. die Prpfung der Annahme in einem Satz abhandeln.

Horst schrieb:
Ob der Rahmen der Vollmacht eingehalten wurde, prüft man doch eigentlich immer bei der Vertretungsmacht. Ich bin zu demselben Ergebnis gekommen. Schweigen ist nunmal keine Willenserklärung (hatten wir oben schonmal) und somit gab es keine Vollmachtsbeschränkung durch einen Mindestpreis. Die Zweifel bezüglich des daraus resultierenden Interessenkonflikts werden ja gerade durch den § 181 abgedeckt.
Bei der vertretungsmacht (Vollmacht) habe ich aufgeführt, dass über den Kaufpreis nicht gesprochen wurde.

Bei der Prüfung des §181 habe ich in einem kurzen Satz aufgeführt, dass möglicherweise eine VoV gem. §177 wegen Überschreiten der Vertretungsmacht in Frage kommt. Da aber über den Preis nicht gesprochen wurde konnte ich dies verneinen.

Gruß Ander
 
E

Elvis

Guest
Horst schrieb:
Im Kommentar zu $181 steht weiterhin dass der §181 kein Verbot darstellt und die Entstehung eines Rechtsgeschäfts nicht behindert. Rechtsfolge ist lediglich die schwebende Unwirksamkeit, was ja impliziert, dass das Rechtsgeschäfts zunächst zustande kommt.
Hm, also meiner Meinung nach (und das muß nix heißen) bedeutet "schwebend unwirksam" erstmal, dass der Vertrag NICHT (im Zweifel nicht) zustande gekommen ist und dieses nur von der Genehmigung abhängt.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Allerdings kann es schwebende Unwirksamkeit nur bei einem zustande gekommenen Rechtsgeschäft geben. Kommt ein Rechtsgeschäft gar nicht zustande, erübrigt sich sowieso alles.

Der entscheidende Punkt ist meiner Meinung nach die Wirksamkeit. Zunächst kommt ein Vertrag zustande, rein formal gesehen und mit zwei übereinstimmenden Willenserklärungen. Nun ist die Vorraussetzung für die Prüfung der Wirksamkeit bspw. mit § 181 gegeben.

Das erste Zustandekommen ist ja auch keni Endergebnis, sondern nur ein Zwischenschritt in der gesamten Prüfungsabfolge. Und da bietet es sich nunmal an, das Zustandekommen und die Wirksamkeit nacheinander getrennt zu prüfen.
 

ander

*** KT-HERO ***
nochmal zu Fall 2:

Habt Ihr eigentlich das Mitverschulden des B geprüft?

Ich habe nämlich im Palandt zu 823 genau eine Ausführung zum "Schleudern im Strassenverkehr" (Rn??) gefunden. In 254 im Palandt wurde genau auf diese Rn in 823 verwiesen. Deshalb hae ich folgenden Versuch gemacht:

In Frage kommt ein Mitverschulden des B gem. §254 BGB.
Den B könnte eine Verkehrsicherungspflicht getroffen haben. Diese trifft jeden, der in der Lage ist über die Sache zu verfügen; dieser hat Gefahren, die von einer Sache auszugehen drohen, zunächst abzuwenden. [Zitat Palandt:] Die Verkehrsicherungspflicht eines Verkehrsteilnehmers beruht auf seine Teilnahme am Straßenverkehr. [Ende Zitat] B hätte sich vor Antritt der Fahrt über den ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeuges überzeugen müssen. [Zitat Palandt:] Der Reifenzustand des linken Vorderreifens ist ursächlich für den Unfall [Ende Zitat](Schleudern und Hauswand streifen). B hätte sich, durch bloßes Hinschauen, vergewissern können, dass sich der Vorderreifen nicht im ordnungsgemäßen Zustand befindet. B hat daher gegen die Verkehrsicherungspflicht verstoßen.
B muss sich somit ein Mitverschulden gemäß §254 BGB zurechnen lassen und zumindest eine Kürzung des chadensersatzanspruches hinnehmen.


Zum Schleudern steht im Palandt: Ist der Zustand der Reifen ursächlich für das Schleudern muss man sich die mangelnde Verkehssicherungspflicht zurechnen lassen.

Was meint ihr dazu?

Ich denke im SV steht nicht umsonst "ohne die fehlende Luft zu bemerken". Ich schliesse daraus, dass er es hätte bemerken können.

Die Verkehrsicherungspflicht eines Verkehrsteilnehmers bezieht sich zwar auf ein schutzgesetz aus StVO. Und die sollten ja nicht i.V.m. 823 geprüft werden.

Gruß
Ander
 

Horst

*** KT-HERO ***
Ich denke, das Mitverschulden war auf jeden Fall zu prüfen.

Zu welchem Ergebnis man dabei kommt, sei dahingestellt. Meiner Meinung nach ist es dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, ob die herausgelassene Luft optisch zu erkennen war. Hätte da gestanden "lässt die Luft aus allen vier Reifen vollständig heraus", das wäre eindeutig gewesen.

Ich habe bei Mitverschulden gefunden: "Mitschuldig macht sich derjenige, der die nach Lage der Sache notwendige Sorgfalt außer Acht lässt." Wenn man morgens aus dem Haus geht, hat man doch keine Veranlassung außerplanmäßig den Reifendruck zu prüfen, es sei denn man belädt das Auto sehr schwer oder der Reifen sieht eben offensichtlich sehr platt aus. Da dies dem SV nicht zu entnehmen ist, wurde nach Lage der Sache die Sorgfalt nicht außer Acht gelassen. Kein Mitverschulden.

Die Lösung von ander klingt aber auch schlüssig. Die Hauptsache ist wohl, das Mitverschulden überhaupt geprüft wird. Das Ergebnis ist dann wirklich Geschmackssache. Lassen wir uns überraschen...
 

ander

*** KT-HERO ***
Auch interessant.

Horst argumentiert mit Reifendruck messen. (--> kein Mitverschulden)
Ich argumentiere "nur" Hinschauen (--> Mitverschulden).

Aber es stimmt schon, die Prüfung ist wichtig, das ergebnis ist wohl Geschmacksache.
 
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