Beschreibung als äquivalent

grond

*** KT-HERO ***
Wenn in einem Patent oder einer Patenanmeldung ein Anspruch mit den Merkmalen ABC auftaucht und in der Beschreibung dazu steht, dass ein Merkmal C' als äquivalent zu Merkmal C angesehen wird, so dass die Erfindung auch ABC' umfassen soll, wie ist dann im Prüfungs-, Einspruchs-, Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren der Anspruch auszulegen?
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Traditionell würde man den Anspruch entsprechend breit auslegen, so dass ABC' jedenfalls im Schutzbereich liegt, und die Prüfer werden das bei der Bestimmung des Schutzgegenstands immer noch berücksichtigen (vermutlich in dem Sinn, dass eine Offenbarung von ABC' im Stand der Technik ABC nahelegen würde, da C und C' ja äquivalent sind). Im Verletzungsverfahren dürfte das nach meinem Verständnis der BGH-Okklusionsvorrichtung-Entscheidung nicht mehr ohne Weiteres gelten - da könnte die Offenbarung von C' in der Beschreibung einer Einbeziehung von ABC' in den Äquivalenzbereich eher entgegenstehen.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Im Verletzungsverfahren dürfte das nach meinem Verständnis der BGH-Okklusionsvorrichtung-Entscheidung nicht mehr ohne Weiteres gelten - da könnte die Offenbarung von C' in der Beschreibung einer Einbeziehung von ABC' in den Äquivalenzbereich eher entgegenstehen.

Nein, die Okklusionsvorrichtung-Entscheidung befasst sich mit Widersprüchen zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung. In einem solchen Fall darf der widersprüchliche Teil der Beschreibung nicht in den Patentschutz einbezogen werden. Soweit die Beschreibung von ABC' und der Anspruch ABC sich nicht widersprechen, kann ABC' in den Äquivalenzbereich von ABC fallen.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Wie dem auch immer sei und wieviel Spaß das Auslegen von BGH-Entscheidungen hinterher auch macht sollten wir nicht vergessen, dass wir uns hier im Kandidatentreff befinden und sollten daher eines klarstellen:

So sollte die Anmeldung nun gerade nicht aufgebaut werden. Wenn man schon beim Abfassen der eigenen Beschreibung selbst merkt, dass der eigene Hauptanspruch eine für einen selbst erkennbare äquivalente Lösung so eindeutig nicht abdeckt, dass man das in der Beschreibung auch noch selbst zugeben muss, ist der Hauptanspruch offensichtlich großer Mist. Dann muss dieser geändert werden, bevor auch nur der Entwurf an den Mandanten geht.

Natürlich stammt diese Anmeldung nicht von grond :))). Er fragt unter anderem nach dem Prüfungsverfahren. Als neuer Anmeldervertreter könnte man versuchen, den Anspruch noch hinzubiegen, etwa auf eine Merkmalskombination "AB(C oder C')". Ursprünglich offenbart wäre das ja, sogar ausdrücklich als erfindungswesentlich (C' soll ja äquivalent zum erfinderischen Merkmal C sein).

Im Einspruchsverfahren sieht diese Idee nicht so gut aus, etwa beim EPA wegen Artikel 123 (3) EPÜ. Der Schutzbereich könnte nämlich schon ganz unabhängig von der Auslegung von BGH "Okklusionsvorrichtung" dadurch erweitert sein, dass eine weitere alternative Anordnung ABC'' zwar äquivalent zu AB(C' und C), aber nicht äquivalent zu ABC allein ist.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Ich denke auch, dass Leitsatz b) von Okklusionsvorrichtung relativ krass ist. Vor allem, da der so einfach vom Himmel fällt und eigentlich dem Urteil nach so in der Weite nicht zwingend notwendig wäre.

Ich hatte eigentlich gehofft, dass das ganze sich wieder relativiert...

Aber dann wurde ja die Einschränkung auch durch Diglycidverbindung noch mal weiter gebildet...

Und ob das nur bei einer schlecht formulierten Anmeldung passieren kann, bezweifele ich stark. Wer hat nicht KMU-Mandanten, die alle Varianten in einer Anmeldung haben will, dann aber sich während des Prüfungsverfahrens für eine spezielle Ausführungsform entscheiden (vielleicht, weil für sie die Herstellung so billiger ist)? Manchmal kann man dann nicht alles unter einen passenden Umbrella-Anspruch bringen und ich finde nach Okklusionsvorrichtung etc. ist das ganze dann nicht mehr sooo lustig!

Grüße

Ah-No Nym
 

grond

*** KT-HERO ***
Offenkundig komme ich nicht umhin, mich mal in einem ruhigen Moment in Sachen Äquivalenz in die jüngere Rechtsprechung einzulesen...

Vorliegend handelt es sich um eine Kollegenarbeit, bei der zwei alternative Unteransprüche vorgesehen sind. Sagen wir mal, es handelt sich um Stecker und Steckdose und eines von beiden kann eine Schutzabdeckung umfassen. Beides wird als "äquivalent" beschrieben (wohl in dem Bemühen, das Merkmal nicht gleich in den Hauptanspruch aufnehmen zu müssen), allerdings wird eine von beiden Lösungen als einfacher herstellbar und daher bevorzugt genannt. Ich bin für mich zu dem vorläufigen Schluss gekommen, dass dieses "äquivalent" nicht unbedingt als für die Rechtsfrage der Äquivalenz relevant anzusehen ist. Offenbar ist hier nur "gleichwirkend" im technischen Sinn gemeint. Die klassische Prüfung für Äquivalenz hatte aber doch noch mehr Punkte. Mein Gehirn ist an der Stelle leider etwas morsch...
 
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