Allg. Berechtigungsanfrage bei Markenverletzung?

pak

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,

sollte der Inhaber einer Marke einem Dritten, der die Marke unrechtmäßig benutzt, zuvor eine Berechtigungsanfrage schicken, bevor abgemahnt wird, wie dies beispielsweise bei eine Patentverletzung der Fall ist?

Mir sind bislang nur Fälle bekannt, in denen sofort abgemahnt wurde, auch erwähnen die Kommentare zum Markenrecht keine Berechtigungsanfrage.

pak
 

grond

*** KT-HERO ***
Beim Patent ist die Lage einfach viel schwieriger zu beurteilen, daher schiebt man lieber erst einmal die Berechtigungsanfrage vor, um sich nicht ggf. eine kostspielige Gegenabmahnung zu fangen. Beim Markenrecht ist die Rechtslage sehr viel überschaubarer, vermutlich sind hier deshalb Berechtigungsanfragen nicht üblich. Ich habe jedenfalls davon noch nie gehört.

Vor der Abmahnung solltest Du natürlich mal selbst die Sicherheit der eigenen Marke prüfen. Auch nach Schutzrechten des Gegners suchen, die als relative Schutzhindernisse gefährlich werden könnten, vielleicht hat der ja eine ältere Marke leicht abgewandelt, die ältere Marke ist jedoch noch nicht als "unbenutzt" löschungsreif. Natürlich auch die Benutzungslage der eigenen Marke prüfen bzw. schon einmal Dokumentationsmaterial vom Mandanten anfordern. Der verspricht das sonst und kann später nicht innerhalb der notwendigen Fristen liefern. Halt das Standardprogramm.
 

pak

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Beim Markenrecht ist die Rechtslage sehr viel überschaubarer, vermutlich sind hier deshalb Berechtigungsanfragen nicht üblich. Ich habe jedenfalls davon noch nie gehört.

Vor der Abmahnung solltest Du natürlich mal selbst die Sicherheit der eigenen Marke prüfen. Auch nach Schutzrechten des Gegners suchen, die als relative Schutzhindernisse gefährlich werden könnten, vielleicht hat der ja eine ältere Marke leicht abgewandelt, die ältere Marke ist jedoch noch nicht als "unbenutzt" löschungsreif....
Danke für Deine Hinweise, Grond. Neben den recherchierbaren Schutzrechten machen mir hier allerdings eher etwaige ältere Benutzungsmarken oder Firmenbezeichnungen des Abgemahnten bzw. Beklagten Sorgen.

Auch angesichts der von "union" angegebenen Entscheidung (@ union: Danke für den Link. War schon sehr hilfreich ....), tendiere ich eher zu einer vorhergehenden Berechtigungsanfrage, wenngleich ich mittlerweile von mehreren Kollegen gehört habe, dass diesen eine Berechtigungsanfrage bei Markenverletzung unbekannt ist.

So befasse ich mich nun mit der Frage, inwiefern eine vorangehende Berechtigungsanfrage unsere Ausgangsposition schwächen kann. Ideen?

pak
 

Fip

*** KT-HERO ***
pak schrieb:
So befasse ich mich nun mit der Frage, inwiefern eine vorangehende Berechtigungsanfrage unsere Ausgangsposition schwächen kann. Ideen?
Also, eine Berechtigungsanfrag schwächt die Position meines Erachtens in rein rechtlicher Sicht überhaupt nicht, wenn man mal von eventuellen Fristen im Hinblick auf eine eventuell in Erwägung zu ziehende EV absieht, die zu laufen beginnen, sobald ich dem Gegner einen Nachweis an die Hand gebe, dass ich von der Rechtsverletzung Kenntnis habe. Es fehlt dann später ggf. an der Dringlichkeit.

Ansonsten gilt aber: entweder der Anspruch besteht, oder er besteht nicht. Daran ändert eine Berechtigungsanfrage nichts.

Wenn man sich unsicher ist, ist eine Berechtigungsanfrage eher besser, weil die unberechtigte Abmahnung schließlich auch zu Ansprüchen des Abgemahnten führen kann. Außerdem reizt man den anderen nicht so, will heißen, der vermeintliche Rechtsverletzer wird durch eine aggressive Abmahnung eher "angestachelt" und startet vielleicht eine Gegenabmahnung, wenn er tatsächlich - wie von Dir befürchtet - über die besseren Rechte verfügt. Eine höfliche Berechtigungsanfrage kann eher zu einer einvernehmlichen Abgrenzungsvereinbarung oder gar zu der Erkenntnis führen, dass man bisher gut nebeneinander existiert hat und es dabei belässt. Letztlich sind das strategische Fragen, die man nur bei Kenntnis aller Einzelheiten des jeweiligen Falles beurteilen kann.
 

pak

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
Ansonsten gilt aber: entweder der Anspruch besteht, oder er besteht nicht. Daran ändert eine Berechtigungsanfrage nichts.
Danke für Deine Antwort, Fip. Ich sehe das ähnlich. Ich denke, in meinem Fall (unsere Marke wird als Domain verwendet) ist die folgende Vorgehensweise sinnvoll:

1. Anfrage an die DENIC bzgl. der erstmaligen Registrierung der Domain durch den Verletzer (zumal die einfache Online-Domain-Abfrage bei der DENIC nichts darüber aussagt, wann die Domain erstmalig registriert wurde)

1.1. Parallel zu 1. einen Handelsregisterauszug anfordern, um zumindest teilweise sicherzustellen, dass der Verletzer keine "ältere" Firma im Sinne des §5II hat.

2. Berechtigungsanfrage unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus 1. und 1.1.

3. Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung, falls Berechtigungsanfrage nichts anderes nahelegt

3.1. Parallel zu 3. einen DISPUTE-Eintrag bei der DENIC einrichten

4. Klage auf Markenverletzung

Wie seht Ihr das?

Würdet Ihr den DISPUTE-Eintrag ggf. bereits mit der Berechtigungsanfrage einrichten?

Würdet Ihr in die Unterlassungserklärung eine Löschungsverpflichtung bzgl. der Domain aufnehmen oder gleich eine Übertragungsverpflichtung ? (Hintergrund: Im Formular des DISPUTE-Eintrages ist sowohl von einer Löschung oder einer Übertragung der Domain die Rede.)

pak
 

gastII

SILBER - Mitglied
pak schrieb:
Fip schrieb:
Ansonsten gilt aber: entweder der Anspruch besteht, oder er besteht nicht. Daran ändert eine Berechtigungsanfrage nichts.
Danke für Deine Antwort, Fip. Ich sehe das ähnlich. Ich denke, in meinem Fall (unsere Marke wird als Domain verwendet) ist die folgende Vorgehensweise sinnvoll:

1. Anfrage an die DENIC bzgl. der erstmaligen Registrierung der Domain durch den Verletzer (zumal die einfache Online-Domain-Abfrage bei der DENIC nichts darüber aussagt, wann die Domain erstmalig registriert wurde)
Auf die erstmalige Registrierung der Domain kommt es nicht an. Sie muss für hier relevante Waren oder Dienstleistungen benutzt worden sein. Aufschluss über die bisherige Benutzung kann man in vielen Fällen z. B. über www.archive.org (dort WayBackMachine) erhalten. Man kann dort in der Regel sehen, wann Inhalte hinterlegt wurden.

Handelsregister (www.handelsregister.de) prüfen sollte man immer, weil es sein kann, dass man sonst den Falschen abmahnt.
 

pak

*** KT-HERO ***
gastII schrieb:
Auf die erstmalige Registrierung der Domain kommt es nicht an. Sie muss für hier relevante Waren oder Dienstleistungen benutzt worden sein. Aufschluss über die bisherige Benutzung kann man in vielen Fällen z. B. über www.archive.org (dort WayBackMachine) erhalten. Man kann dort in der Regel sehen, wann Inhalte hinterlegt wurden.

Handelsregister (www.handelsregister.de) prüfen sollte man immer, weil es sein kann, dass man sonst den Falschen abmahnt.
Hallo GastII, danke für die Tipps.

Bei dem Zeitpunkt der ersten Registrierung ist es mE jedoch interessant, ob dieser vor oder nach dem Anmeldetag unserer Marke liegt. Ist die Registrierung danach erfolgt, so erübrigt sich die Frage, ob die Benutzung des Domainnamens zu einer Benutzungsmarke geführt haben könnte, da erst nach der Registrierung entsprechende Inhalte unter dem Domainnamen hinterlegt werden können. Entsprechend erhält man zumindest einen Hinweis auf eine mögliche firmenmäßige Benutzung des Domainnamens.

Oder ist dieser Denkansatz falsch?

pak
 

grond

*** KT-HERO ***
pak schrieb:
1. Anfrage an die DENIC bzgl. der erstmaligen Registrierung der Domain durch den Verletzer
Wie schon gesagt, auf den Zeitrang kommt es nicht an, Du kannst eine Domain auch mit einer jüngeren Marke "einziehen". Aber natürlich kann es keine Benutzungsmarke geben (das wäre die einzige Verteidigung des Domaininhabers), wenn die Domain auch noch jünger ist als die Marke.


Würdet Ihr in die Unterlassungserklärung eine Löschungsverpflichtung bzgl. der Domain aufnehmen oder gleich eine Übertragungsverpflichtung?
Wie schon mehrfach angemerkt, wäre eine Übertragungsverpflichtung rechtlich nicht begründet und die Abmahnung wenigstens teilweise unberechtigt! Du hast nur einen Anspruch darauf, dass der Domaininhaber die Störung unterlässt, nicht darauf, Dir die Domain zu übertragen. Als Anwalt Deines Gegners würde ich mir einen solchen Schnitzer nicht entgehen lassen. Natürlich ist es fein, wenn der Gegner einfach unterschreibt, dann ist der Übertragungsanspruch ja vertraglich festgehalten, aber darauf würde ich mich nicht verlassen...
 

gastII

SILBER - Mitglied
grond schrieb:
Wie schon mehrfach angemerkt, wäre eine Übertragungsverpflichtung rechtlich nicht begründet und die Abmahnung wenigstens teilweise unberechtigt! Du hast nur einen Anspruch darauf, dass der Domaininhaber die Störung unterlässt, nicht darauf, Dir die Domain zu übertragen. Als Anwalt Deines Gegners würde ich mir einen solchen Schnitzer nicht entgehen lassen. Natürlich ist es fein, wenn der Gegner einfach unterschreibt, dann ist der Übertragungsanspruch ja vertraglich festgehalten, aber darauf würde ich mich nicht verlassen...
Die Abmahnung wird nicht schon dadurch (teilweise) unberechtigt, dass in einer beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mehr gefordert wird als Ansprüche bestehen, da es letztlich Sache des Abgemahnten ist, die Unterlassungserklärung abzugeben und entsprechend auch zu formulieren. Dies gilt im vorliegenden Fall jedenfalls solange, wie nicht im Abmahnschreiben behauptet wird, es bestünde ein Anspruch auf Übertragung der Domain. Ich hatte einen Fall, bei dem die Gegenseite sich gegen die Erstattung der Kosten gewehrt hat, weil nach ihrer Auffassung die ursprüngliche Unterlassungsforderung zu weit ging. Die Die Gegenseite hatte eine modifizierte Erklärung abgebeben, die wir dann angenommen haben. Das LG Berlin hat die Gegenseite dann zur Erstattung der Anwaltsgebühren verurteilt.

Die im Regelfall beigefügte Unterlassungserklärung ist rechtlich ein Angebot für einen Vertrag, welches die Gegenseite annehmen kann oder auch nicht. Ich gebe Dir aber Recht, dass ein Anwalt hier immer eine modifizierte Erklärung abgeben wird.
 

Fip

*** KT-HERO ***
pak schrieb:
Würdet Ihr den DISPUTE-Eintrag ggf. bereits mit der Berechtigungsanfrage einrichten?
Ja, das würde ich zumindest dann, wenn ich die Domain ggf. selbst haben will. Ansonsten läuft man Gefahr, dass der Markeninhaber die Domain schnell auf jemand anderen überträgt.
 

pak

*** KT-HERO ***
Fip schrieb:
pak schrieb:
Würdet Ihr den DISPUTE-Eintrag ggf. bereits mit der Berechtigungsanfrage einrichten?
Ja, das würde ich zumindest dann, wenn ich die Domain ggf. selbst haben will. Ansonsten läuft man Gefahr, dass der Markeninhaber die Domain schnell auf jemand anderen überträgt.
Hallo Fip,

die Domain möchten wir tatsächlich haben, allerdings wollen wir mit der Berechtigungsanfrage zunächst einmal die rechtliche Situation klären. Mit dem Dispute-Eintrag käme bereits Feuer in die Angelegenheit, zumal - wie ich gerade gelesen habe - ein rechtswidriger Dispute-Eintrag bereits einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB bedeuten kann (OLG Köln, Urteil vom 17. März 2006, Az.: 6 U 163/05).

pak
 

grond

*** KT-HERO ***
gastII schrieb:
Die Abmahnung wird nicht schon dadurch (teilweise) unberechtigt, dass in einer beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mehr gefordert wird als Ansprüche bestehen, da es letztlich Sache des Abgemahnten ist, die Unterlassungserklärung abzugeben und entsprechend auch zu formulieren. Dies gilt im vorliegenden Fall jedenfalls solange, wie nicht im Abmahnschreiben behauptet wird, es bestünde ein Anspruch auf Übertragung der Domain.
Ist das dann nicht sehr schnell eine hauchdünne Linie? Eine Abmahnung droht ja normalerweise für den Fall, dass keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, mit rechtlichen Schritten zur Durchsetzung des Verlangten. Mir ist schon klar, dass in Abmahnungen gerne mal mehr gefordert wird, als man sich einzuklagen trauen würde, aber ich wäre hier lieber vorsichtig, wenn es schon keine besonderen Schwierigkeiten macht, die Domain über den Dispute-Eintrag an sich zu bringen.


Ich hatte einen Fall, bei dem die Gegenseite sich gegen die Erstattung der Kosten gewehrt hat, weil nach ihrer Auffassung die ursprüngliche Unterlassungsforderung zu weit ging. Die Die Gegenseite hatte eine modifizierte Erklärung abgebeben, die wir dann angenommen haben. Das LG Berlin hat die Gegenseite dann zur Erstattung der Anwaltsgebühren verurteilt.
War der Streitwert in der Abmahnung eh schon gering angesetzt oder die Modifikation so unerheblich, dass die volle Übernahme der Kosten immer noch gerechtfertigt erschien?
 

Fip

*** KT-HERO ***
pak schrieb:
die Domain möchten wir tatsächlich haben, allerdings wollen wir mit der Berechtigungsanfrage zunächst einmal die rechtliche Situation klären. Mit dem Dispute-Eintrag käme bereits Feuer in die Angelegenheit, zumal - wie ich gerade gelesen habe - ein rechtswidriger Dispute-Eintrag bereits einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB bedeuten kann (OLG Köln, Urteil vom 17. März 2006, Az.: 6 U 163/05).
Also, das Urteil habe ich mir angeschaut. Da ging es um die domain "investment.de" und der Inhaber plante nach eigenen Aussagen eine Nutzung der Domain für - na, wofür wohl ... ? - für Informationen über Investments. Dass man dem nicht an den Karren pissen kann (entschuldigung!), ist nicht überraschend.

Nun ja, wenn ihr eine eingetragene Marke habt, dann kommt es wohl darauf an, ob das, was auf der Domain abrufbar ist, etwas mit den W/DL Eurer Marke zu tun hat oder ob ihr dem Inhaber zumindest eine Benutzungsabsicht bzw. Begehungsgefahr unterjubeln könnt. Dann ist an dem Eingriff auch nichts rechtswidrig.

Die Frage, ob ein Dispute Eintrag rechtswidrig ist, ist wie immer eine unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantwortende Frage ...
 
Oben