Begin der Ausbildung im etwas fortgeschrittenen Alter

tote

Schreiber
Hallo zusammen ich spiele seit einiger Zeit mit dem Gedanken eine Ausbildung zum Patentanwalt zu beginnen.

Ich habe mich bereits ganz gut ueber den Ablauf der Ausbildung informiert, sowie allgemeine Themen hier im Forum verfolgt. Allerdings bin ich noch etwas unsicher, ob es sinnvoll ist eine solche Ausbildung noch mit knapp 40 zu beginnen. Ich habe den Eindruck bekommen, dass eher juengere Kandidaten gewuenscht sind und auch Zusatqualifikationen wie Dr. Titel nicht so wichtig sind.

Kurz zu meiner Person: Ich bin knapp 40 Jahre, habe Elektrotechnik in UK (Master of Engineering) studiert, meinen Dr. ebenfalls in UK gemacht, fast 10 Jahre Berufserfahrung in Deutschland USA und Malaysia.

Ich weiss nauerlich, dass nicht all diese Qualifikationen wirklich relevant fuer eine Ausbildung als Patentwalt sind, trotzdem haben sie mir persoenlich viel gebracht. Mich wuerde einfach interessieren, wie ihr die Chancen seht eine Ausbildungsstelle zu finden und erfolgreich eine neue Berufslaufbahn als Patentanwalt zu starten.
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Ich bin 37 und habe die echte Kandidatenausbildung gerade begonnen, habe aber schon einige Jahre in der Industrie gearbeitet.

Es gibt Kanzleien, die extrem auf das Alter setzen. Ich bin von zwei Kanzleien abgelehnt worden, da ich "wesentlich" älter als meine Bewerbungskollegen war (ich war einmal 32 und einmal 34).

Es hängt vom Kanzleimodell ab. In diesen Kanzleien "bezahlen" die jungen die alten Kollegen aus. Daher ist es sinnvoll möglichst früh einzusteigen. Dr. ist egal (habe auch einen).

Ich empfehle: Suche Dir eine nette Kanzlei mit ein paar Anwälten. Bei Deinem Profil müsste schon was gehen.

Gruß
Alex
 

gast3

BRONZE - Mitglied
Hallo:

Du bist auf jeden Fall noch nicht zu alt. Ich kenne Leute, die noch deutlich älter die Patentanwaltsausbildung angefangen haben.

Dein Problem ist eher, daß bei Anwälten mit steigendem Berufsalter auch das Einkommen steigt. Somit entgeht Dir Geld, wenn Du nur zwanzig Berufsjahre haben wirst, statt dreißig wie bei anderen Anwälten. Wenn Du das in Kauf nehmen willst - dann solltest Du die Ausbildung beginnen.
 

grond

*** KT-HERO ***
Auch ich weiß von Kandidaten um die 40. Gerade mit einem Dr. im sehr gefragten Fach Elektrotechnik und offensichtlich erstklassigen Englischkenntnissen sollte es kein Problem werden, einen Ausbildungsplatz zu finden. Es kann zwar sein, dass einige Kanzleien wegen des Alters ablehnen werden, aber das muss einen nicht abhalten. Allerdings wird es in den meisten Kanzleien schwierig werden, Partner zu werden. Das muss einen aber auch nicht abhalten, so unendlich groß sind die Vorteile als Partner auch nicht und man kann sich die Arbeit nicht mehr frei einteilen, weil voller Einsatz gefordert wird.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Die Frage ist, was mit "sinnvoll" gemeint ist. Wenn damit gemeint ist, ob man noch genommen wird und ob man noch ein Anwalt wird: Ja. Wenn damit gemeint ist ob es finanziell lohnend ist: In Deinem Fall als E-Techniker mit internationaler Erfahrung eher nein. Die eindrucksvollen Zusatz-Qualifikationen bringen Dir als PA (im Gegensatz zu dem Fall, dass Du weiter bei dem bleibst was Du jetzt machst) wenig bis nichts - außer Du hast aus Deinen Tätigkeiten Kontakte, die Du später in zahlungskräftige Mandanten ummünzen kannst. Nur dann wird sich der Schritt auch finanziell lohnen. Falls damit gemeint ist, ob Du damit später mal eine bessere, interessantere oder angenehmere Arbeit hast: vermutlich auch nein.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Es gibt immer wieder vereinzelt ältere Kandidaten, die eine PA-Ausbildung beginnen. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass das bei diesen Kandidaten eine Alternative zur Arbeitslosigkeit ist. Man wird in der Regel auf Grund der relativ kurzen noch verbleibenden Zeit bis zur Rente kein "Return on Investment" erzielen.
Wer einen Job hat, für den lohnt sich die aufwändige Ausbildung nicht.
 

grond

*** KT-HERO ***
Rex schrieb:
Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass das bei diesen Kandidaten eine Alternative zur Arbeitslosigkeit ist.
Das halte ich für ein ziemlich fieses Vorurteil. Unter den älteren Kandidaten, die ich kennengelernt habe, waren auch Leute, die es aufgrund ihres Berufslebens finanziell nicht mehr nötig hatten, ihren alten, gut bezahlten Job weiterzumachen, und schlicht etwas Neues wollten.
 

MPS

GOLD - Mitglied
Ich glaube, es kommt bei einer solchen radikalen Umorientierung im wesentlichen auf die persönliche Motivation und die persönliche Situation an, die wir hier als Forumsteilnemer nicht gut genug kennen. Mit 40 Jahren sollten Sie genug Erfahrung haben, um diese Analyse selbst vorzunehmen, unter Einbeziehung von Freunden oder Familienmitgliedern. Dabei ist natürlich vieles von dem zu berücksichtigen, was in den vorstehen Beiträgen bereits direkt oder indirekt erwähnt wurde, und das ich hier zusammenfasse und ergänze :
  • Familiäre Situation (mit vier Kleinkindern würde man solch ein Risiko vielleicht eher nicht eingehen...),
  • Jetzige Karrierechancen in der gewohnten Branche,
  • Vermögenssituation (es wäre gut, ab einem bestimmten Alter beruflich weitgehend nur noch das tun zu können, woran man Spass hat : sind Sie soweit ? Hier handelt es sich wirklich um eine Investition !),
  • geographische Mobilität,
  • Risikobereitschaft,
  • Pyschologische Motivation (warum wollen Sie eigentlich etwas Neues anfangen ? Was genau suchen Sie, das Sie bisher nicht gefunden haben ?)
  • Lernfähigkeit (fühlen Sie sich intellektuell derzeit eher ausgebrannt oder sind Sie bereit, auf einem Gebiet nochmal bei Null anzufangen ?),
  • Bescheidenheit im Auftreten (als Anfänger im Patentbereich zählt Ihre reiche anderweitige Erfahrung zunächst einmal gar nichts, damit würden Sie leben müssen).
  • etc etc etc
In abstracto bin ich der Meinung, dass es für einen Elektrotechniker mit 40 Jahren noch nicht zu spät ist.

Viel Glück.
 

union

*** KT-HERO ***
Anstatt Anwalt kannst Du mit dieser Berufserfahrung+ Fachrichtung auch Prüfer am DPMA werden...ist ja vielleicht auch eine Option.

Und wenn Französisch auch kein Problem macht, käme überdies auch noch das EPA in Frage...
 

tote

Schreiber
Vielen Dank fuer die vielen Meinungen. Das hat mir auf jeden Fall schon mal sehr viel weitergeholfen.

Auf jeden Fall habe ich den Eindruck bekommen, dass das Alter von knapp 40 Jahren kein Problem sein duerfte. Ueber die anderen Punkte muss ich mir noch Gedanken machen. Da bin ich sowieso noch dabei und moechte es auch nicht zu ueberstuerzt entscheiden. Mir war einfach schon mal wichtig zu wissen, ob eine Bewerbung in dem Alter Ausicht auf Erfolg hat.
 

dutchie

BRONZE - Mitglied
union schrieb:
Und wenn Französisch auch kein Problem macht, käme überdies auch noch das EPA in Frage...
An interesting option, if you consider to make the patent profession a significant source of income.

As a "Patentanwaltkandidat" you at least in first 3-5 years earn relatively little - on the other side if you make it to the EPA, they will calculate your starting salary based on years of professional activity, and pay generous allowances - so if you are married, and have kids you can easily make 6 - 7.000 net in Germany or 8-9.000 net in the Netherlands.
 

tote

Schreiber
Vielen Dank fuer die alternativen Vorschlaege. Ich habe selber auch schon an die Moeglichkeit gedacht, mich als Patentpruefer beim EPO zu bewerben. Mein Franzoesisch ist allerdings schon sehr stark eingerostet. Habe es zwar in der Schule 4 Jahre lang gelernt aber seit ca. 15 Jahren nicht mehr wirklich gesprochen.

Mich interessiert das Thema "gewerblicher Rechtsschutz" sehr. Allerdings befuerchte ich, dass ich trotzdem noch zu wenig darueber weiss um wirklich so eine Entscheidung treffen zu koennen. Es waere eben schon ein sehr grosser Schritt bzw. Neuanfang. Ich habe zwar in meinem momentanen Beruf relativ viel erreicht (bin Leiter eines Entwicklungsteams), aber es ist mir irgendwie nicht abwechlungsreich genug. Ich bin eben nicht so ganz zufrieden und suche deshalb Alternativen. Auf der anderen Seite ist so ein "Neuanfang" nachtuerlich mit erheblichen finanziellen Einbussen verbunden (geringeres Gehalt waerend der Ausbildung und wahrscheinlich auch in den ersten Jahren danach).

Mal eine andere Frage. Was haltet ihr von dem Fernkurs "Gewerblicher Rechtsschutz" der Uni Hagen? Ist das evntl. eine gute Moeglichkeit sich etwas mehr mit dem Thema zu beschaeftigen um zu sehen ob das wirklich mein Fall waere? Oder habt ihr andere/bessere Tips?
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Hallo,

der Kurs ist nett als Einstieg, jedoch ist dies für einen Entwicklungsleiter, welcher häufig mit Patenten und dgl. zu tun hat sinnvoll.
Als wirklichen Einstieg in die Materie ist das nach meiner Auffassung nichts (ich kenne den Stoff und hatte einen Kollegen, der das gemacht hat).
Ich persönlich habe mich damals in das Fernstudium Bachelor of Laws eingeschrieben, um die juristische Denkweise kennen zu lernen. Dies ist sehr anstrengend und aufreibend (hohe Durchfallquoten). Aber letztlich hoffe ich dieses Jahr fertig zu werden.

Ich weiß nicht wieviel Du mit Patenten zu tun hast. Solltet Ihr da aber viel machen, könntest Du Dich ja an die Kanzlei/Patentabteilung Deines Vertrauens wenden und schauen, ob die Dir Unterstützung anbieten oder andere Lösungen (Praktika oder Kooperationen bei Patentsachen) haben, um Dich in Deinem Bestreben zu unterstützen.

Auf dieser Basis fällt Dir die Entscheidung dann vielleicht leichter.

LG
Alex
 

grond

*** KT-HERO ***
tote schrieb:
Mich interessiert das Thema "gewerblicher Rechtsschutz" sehr. Allerdings befuerchte ich, dass ich trotzdem noch zu wenig darueber weiss um wirklich so eine Entscheidung treffen zu koennen.
Ich würde an Deiner Stelle ganz sichergehen, dass Dir der sprachliche Aspekt liegt. Wenn Du Leiter eines Entwicklungsteams bist, hast Du sicherlich schon selbst erfunden? Dann lies Dir mal die daraus entstandenen Patentanmeldungen durch. Erkennst Du Deine Erfindungen wieder? Lies mal die im Erteilungsverfahren benannten Dokumente des Standes der Technik durch. Verstehst Du sie? Das sind alles Dokumente, zu denen der Zugang für Dich besonders leicht sein sollte. Das wäre dann ein Ausgleich für die Gewöhnung beim Lesen von Patentschriften, die mit der Zeit einsetzt.
 

Dr. No

SILBER - Mitglied
Du solltest Dir auch im Klaren sein, dass der Patentmarkt sich mittlerweile in einer Konsolidierungsphase befindet und die Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten entsprechend begrenzt sind. Insbesondere im fortgeschrittenen Alter wird man für die wenigsten Kanzleien noch als Partner in Betracht kommen. Dies gilt besonders stark für München, jedoch weniger stark für ländliche Gegenden.

Falls Du ohnehin nicht anstrebst als Partner in einer Kanzlei zu enden, sondern als freiberuflicher oder angestellter Patentanwalt zu arbeiten, sind die Berufsaussichten jedoch weiterhin gut. In diesem Fall spricht also nichts gegen einen Einstieg im fortgeschrittenen Alter.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Dr. No schrieb:
Falls Du ohnehin nicht anstrebst als Partner in einer Kanzlei zu enden, sondern als freiberuflicher oder angestellter Patentanwalt zu arbeiten, sind die Berufsaussichten jedoch weiterhin gut.
Nein, das stimmt so nicht. Falls man sich neu niederlässt, d.h. sich nicht irgendwo teuer einkauft, sind die Berufsaussichten eher schlecht. Dafür sind mir mehrere Beispiele bekannt (ich kann natürlich keine Namen nennen).
 

Dr. No

SILBER - Mitglied
Nein, das stimmt so nicht. Falls man sich neu niederlässt, d.h. sich nicht irgendwo teuer einkauft, sind die Berufsaussichten eher schlecht. Dafür sind mir mehrere Beispiele bekannt (ich kann natürlich keine Namen nennen).
Ich glaube wir reden aneinander vorbei.

Ich meinte mit der freiberuflichen oder angestellten Tätigkeit eine Tätigkeit in einer Kanzlei oder in der Industrie auf freiberuflicher Basis oder Angestelltenbasis. Solche "Zuarbeiter" werden noch zahlreich von einigen Kanzleien gesucht. Als Partner wird man jedoch nur ungern aufgenommen.

Das sind meine Erfahrungen der letzten Jahre.

Ich stimme Dir aber in folgendem Punkt uneingeschränkt zu: Sich neu erfolgreich niederzulassen ist äußerst schwierig, da die Kontakte zu zahlungskräftigen Mandanten einfach fehlen!
 

Primzi

GOLD - Mitglied
Dr. No schrieb:
Falls Du ohnehin nicht anstrebst als Partner in einer Kanzlei zu enden, sondern als freiberuflicher oder angestellter Patentanwalt zu arbeiten, sind die Berufsaussichten jedoch weiterhin gut. In diesem Fall spricht also nichts gegen einen Einstieg im fortgeschrittenen Alter.
Wie sieht es aus fuer einen EPA Pruefer (zugel. als Vertreten) wenn er wechseln wuerde? Was kann man als Verdienst erwarten? Wie schnell kann er ein Partner werden?
 
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