Artikel 1(1) Londoner Abkommen

Kask

GOLD - Mitglied
Guten Tag,

ich stolpere gerade über einen Halbsatz in der Broschüre des EPA über das Londoner Abkommen:

"Gemäß Artikel 1 des Übereinkommens verzichtet jeder Staat, der Deutsch, Englisch oder Französisch als Amtssprache hat, auf Übersetzungserfordernisse... Diese Staaten verzichten auf eine Übersetzung der Beschreibung und der Zeichnungslegende in ihre Landessprache, WENN DIESE NICHT DIE SPRACHE DES
VERFAHRENS VOR DEM EUROPÄISCHEN PATENTAMT IST."

Beispiel: Verfahrenssprache Englisch, deutsche Übersetzung in DE erfoderlich.


Nach den mir zur Verfügung stehenden Informationen lautet Artikel 1(1) des Abkommens:

"Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des Europäischen Patentamts gemein hat, verzichtet auf die in Artikel 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehenen
Übersetzungserfordernisse."

Das heißt für mich durch Verzicht auf Art. 65(1) EPÜ: Keine deutsche Übersetzung in DE erforderlich.

Gibt es zusätzlich zum Abkommen also noch Bestimmungen, die mir nicht bekannt sind?

Für Hilfestellung wie immer sehr dankbar ist
Kask
 
P

PatundPatachon

Guest
Kask schrieb:
Diese Staaten verzichten auf eine Übersetzung der Beschreibung und der Zeichnungslegende in ihre Landessprache, WENN DIESE NICHT DIE SPRACHE DES
VERFAHRENS VOR DEM EUROPÄISCHEN PATENTAMT IST."

Beispiel: Verfahrenssprache Englisch, deutsche Übersetzung in DE erfoderlich.
Ich verstehe Deine Interpretation des Satzes nicht ganz:

Diese Staaten (= z.B. Deutschland) *verzichten* auf eine Übersetzung... in ihre Landessprache (z.B. Deutsch), wenn diese *nicht* Verfahrenssprache ist. (weil Verfahrenssprache z.B. Englisch)

D.h. Deutsch ist nicht Verfahrenssprache, und wir verzichten trotzdem auf die Übersetzung. Das deckt sich doch problemlos mit dem Artikel, wie Du ihn auch zitiert hast. Oder reden wir aneinander vorbei?
 

ander

*** KT-HERO ***
Hallo.

Art. 1 (1) lautet:
Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des Europäischen Patentamts gemein hat, verzichtet auf die in Artikel 65
Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehenen
Übersetzungserfordernisse.

Das bedeutet: DE verzichtet auf diese Übersetzung (ebenso FR, AT, CH etc.) - alle Länder eben, die DE, FR, oder EN als Amtssprache haben.

Art. 1 (2) lautet:
Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der keine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des Europäischen Patentamts gemein hat, verzichtet auf die in Artikel 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehenen
Übersetzungserfordernisse, wenn das europäische Patent in der von diesem Staat vorgeschriebenen Amtssprache des Europäischen Patentamts erteilt oder in diese Sprache übersetzt und nach Maßgabe des Artikels 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens eingereicht worden ist.

Das bedeutet: Das wäre z.B. für IT der Fall, da in IT keine der EPA-Amtssprachen Amtsprache ist.
IT kann nun aber bestimmen, dass die Übersetzung ins Italienische wegfällt, wenn die Anmeldung in EN eingereicht bzw. erteilt wurde.
Wird allerdings in FR eingereicht, dann wäre es für Italien erforderlich entweder ins Englische zu übersetzen (oder in Italienische).

Bzgl. der Ansprüche können die Länder die unter Art.1 (2) fallen weiterhin verlangen, dass diese in die Amtssprache des Staates übersetzt werden.
 

Kask

GOLD - Mitglied
Hallo Pat&Patachon,

ich stand da wohl total auf dem Schlauch!

Pat&Patachon schrieb:
Kask schrieb:
Diese Staaten verzichten auf eine Übersetzung der Beschreibung und der Zeichnungslegende in ihre Landessprache, WENN DIESE NICHT DIE SPRACHE DES
VERFAHRENS VOR DEM EUROPÄISCHEN PATENTAMT IST."
D.h. Deutsch ist nicht Verfahrenssprache, und wir verzichten trotzdem auf die Übersetzung. Das deckt sich doch problemlos mit dem Artikel, wie Du ihn auch zitiert hast. Oder reden wir aneinander vorbei?
Also: alles klar, was mich nur total verwirrt hat, war dieser Halbsatz, der völlig überflüssig ist und alles nur unnötig verkompliziert. Denn wenn meine Amtssprache Deutsch ist, brauche ich auch keine Übersetzung. Wozu dann extra erwähnen?

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht :-(

Herr Redakteur, bitte diesen Thread wegen mangelnder geistiger Flexibilität des Auslösers löschen!

Danke
Kask
 

grond

*** KT-HERO ***
ander schrieb:
Das bedeutet: Das wäre z.B. für IT der Fall, da in IT keine der EPA-Amtssprachen Amtsprache ist.
IT kann nun aber bestimmen, dass die Übersetzung ins Italienische wegfällt, wenn die Anmeldung in EN eingereicht bzw. erteilt wurde.
Wird allerdings in FR eingereicht, dann wäre es für Italien erforderlich entweder ins Englische zu übersetzen (oder in Italienische).
Ist schon eine Tendenz bekannt, für welche Sprache sich die Staaten der zweiten Gruppen mehrheitlich entscheiden werden? Ein Land, das sich für eine weniger populäre Sprache entscheidet, könnte schnell bei den Validierungen "vernachlässigt" werden, weshalb es nicht unbedingt dumm ist, sich für die Amtssprache des EPAs zu entscheiden, die von den meisten Ländern der zweiten Gruppe bevorzugt wird. Das dürfte vermutlich Englisch sein. Romanische Länder wie Spanien und Italien könnten allerdings wegen der größeren sprachlichen Nähe Französisch bevorzugen. Deutsch hingegen wird wohl kaum Freunde finden. Entscheiden sich die meisten Länder der zweiten Gruppe für Englisch, wird der Anteil der auf Englisch geführten EP-Erteilungsverfahren wohl noch größer. Und so mancher deutscher Mandant wird plötzlich auf Ausarbeitung der Anmeldung in englischer Sprache bestehen, weil er diese dann fast europaweit ohne weitere Kosten validieren kann...
 

Kask

GOLD - Mitglied
Grond,

ich stimme zu, dass Deutsch als gewählte Sprache höchstwahrscheinlich nur den dritten Platz erzielen wird (der sogenannte dritte "Sieger"...).

grond schrieb:
Und so mancher deutscher Mandant wird plötzlich auf Ausarbeitung der Anmeldung in englischer Sprache bestehen, weil er diese dann fast europaweit ohne weitere Kosten validieren kann...
Im Grunde genommen würde hier doch nur eine Vorverlagerung der Übersetzungskosten stattfinden. Sollte die Folge überhaupt eintreffen, schätze ich mal, dass die Ausarbeitung auf Deutsch erfolgt -weil die meisten Anwälte sich darin sicherer fühlen als im Englischen- und die Anmeldung dann eben vor der Einreichung übersetzt wird.

Kask
 

grond

*** KT-HERO ***
Kask schrieb:
Im Grunde genommen würde hier doch nur eine Vorverlagerung der Übersetzungskosten stattfinden. Sollte die Folge überhaupt eintreffen, schätze ich mal, dass die Ausarbeitung auf Deutsch erfolgt -weil die meisten Anwälte sich darin sicherer fühlen als im Englischen- und die Anmeldung dann eben vor der Einreichung übersetzt wird.
Ich muss jetzt schon für deutsche Mandantschaft, die meint, jeden Mist gleich mal per PCT-Verfahren anmelden zu müssen, dann aber knauserigerweise sämtliche Verfahrensangelegenheiten durch die eigene Patentabteilung erledigen lässt und nur das Schreiben von Anmeldungen und Bescheidserwiderungen rausgibt, Anmeldungen auf Englisch verfassen. Ich kann zwar ziemlich gut Englisch, weil ich sonst eigentlich fast nur für Mandantschaft arbeite, die sich auf Englisch berichten lässt, und auch in England studiert habe, dennoch macht das nicht so richtig Spaß. Ich weiß sogar von einer deutschen Firma, bei der der Leiter der Patentabteilung der Meinung ist, Anmeldungen sollten nicht nur auf Englisch ausgearbeitet werden, sondern auch noch nach amerikanischen Maßstäben (Geschwafel, incorporation by reference, "Spiriterklärungen", Durchpermutieren der Merkmale, Nebenansprüche, alles in hypothetischen Stil geschrieben und weitere gruselige Amieigenheiten...). So verzweifelt kann ich gar nicht sein, dass ich von denen Aufträge haben wollte...
 
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