Rechtl. Angestellter Patentanwalt in Kanzlei

studi

GOLD - Mitglied
Ich habe aus irgendwelchen Kreisen erfahren, dass die hier diskutierte Problematik von
den "Behörden" nicht intensiv verfolgt wird, da diese davon ausgehen, dass das
Scheinselbstständigkeitsdasein nach ca. 3 Jahren mit dem Wechsel zur Arbeitgeberseite
(= Aufnahme in die Partnerschaft) endet oder aber Langzeit-Kollegenarbeiter sowieso
für mehrere Kanzleien tätig sind. Diese Möglichkeit dürfte für den zitierten UPS-Fahrer
kaum existieren....
Das Problem wird dann virulent werden, wenn die Versorgungswerke und Knappschaften dort angekommen sind, wo ihre staatlichen Pendants heute schon sind. Nämlich an dem Punkt, dass die auf Umlage finanzierten Systeme nicht funktionieren, weil die Demographie und Beitragspyramide nicht mehr stimmen.
Im Fall der Rechtsanwälte sind die Kassen heute noch gut ausgestattet. In 10 Jahren bereits wird sich die Konzentration der kapitalgesellschaftlich organisierten law firms bemerkbar machen, die den Mandatsmarkt leerfischen, recht viele Versicherte vereinen, aber nicht für proportionale Beitragszahlungen ihrer Associate-Arbeitsbienchen sorgen. Es wird dann auch mehr Empfänger geben.

Spätestens dann, wenn die eigene üppige Personalausstattung oder der State-of-the-art Verwaltungsbau in Gefahr ist, wird man sich dem Thema Scheinselbständigkeit und entgangene Beiträge etwas ernsthafter widmen.
 

upupa

GOLD - Mitglied
Das ist schlichtweg nicht zutreffend (oder anders ausgedrückt: falsch).

Wow, krasse Aussage dafür, dass Du weiter unten dann doch eine Möglichkeit in Erwägung ziehst, warum das der Fall sein könnte:

Die Möglichkeit der Nachforderung vom Arbeitgeber an den Scheinselbstständigen
scheitert auch daran, dass in unserem Gewerbe der Scheinselbstständige keinen
auffallend/deutlich höheren Lohn im Vergleich zum Angestellten erhält.

Hier bist du einfach sehr viel besser über unser Gewerbe informiert als ich. Ich dachte tatsächlich, dass hier eine signifikante Abweichung bestehen könnte. Aber gut.

Der Hinweis von upupa auf die Nichtrelevanz der Scheinselbstständigkeitsproblematik für
bayr. Patentanwälte wegen der Standesversicherung führt ebenfalls ins Leere,
allerdings mit etwas anderem Einschlag:
Wenn die Kanzlei als Arbeitgeber und der Scheinselbstständige im Streit auseinandergehen,
oder aber es dem Scheinselbstständigen einige Jahre später nach einer Aufbesserung
seiner finanziellen Mittel gelüstet, kann der Scheinselbstständige von seinem ehemaligen
Quasi-Arbeitgeber die Nachzahlung der eigentlich vom Arbeitgeber hälftig zu tragenden
Standesversorgungseinzahlungen (derzeitiger Höchstbeitrag knapp über 1000 Euro pro Monat)
fordern.
Kennst Du wirklich jemanden, der das mal ernsthaft wenigstens in Erwägung gezogen hätte??

Die Problematik wird für die Kanzleien dadurch etwas entschärft, dass der Troublemaker-
Scheinselbstständige in der Szene namentlich bekannt wird und somit von anderen
Kanzleien keine Arbeit mehr erhalten wird.

Das glaub ich nämlich auch.

Ich habe aus irgendwelchen Kreisen erfahren, dass die hier diskutierte Problematik von
den "Behörden" nicht intensiv verfolgt wird, da diese davon ausgehen, dass das
Scheinselbstständigkeitsdasein nach ca. 3 Jahren mit dem Wechsel zur Arbeitgeberseite
(= Aufnahme in die Partnerschaft) endet oder aber Langzeit-Kollegenarbeiter sowieso
für mehrere Kanzleien tätig sind. Diese Möglichkeit dürfte für den zitierten UPS-Fahrer
kaum existieren....

Womit wir nach vielem Abwatschen mal wieder beim Anfang wären: Das Thema "Scheinselbstständigkeit" scheint für uns nicht relevant zu sein.
 

keta

SILBER - Mitglied
Das Problem wird dann virulent werden, wenn die Versorgungswerke und Knappschaften dort angekommen sind, wo ihre staatlichen Pendants heute schon sind. Nämlich an dem Punkt, dass die auf Umlage finanzierten Systeme nicht funktionieren, weil die Demographie und Beitragspyramide nicht mehr stimmen.

Blablabla. Die Altersversorgung des Bayerischen Versorgungswerks ist kapitalgedeckt.

http://www.versorgungskammer.de/portal/page/portal/bvk/bvk/brastv/index.html?Ziel=finanzierung.html

Diesem Thread würden weniger Spekulationen und mehr Fakten gut tun. Wie so häufig in diesem Forum.
 

grond

*** KT-HERO ***
Womit wir nach vielem Abwatschen mal wieder beim Anfang wären: Das Thema "Scheinselbstständigkeit" scheint für uns nicht relevant zu sein.

Geringe Risiken mit potentiell großem Schaden sind nicht irrelevant, sondern nur sehr schwierig einzuschätzen, siehe z.B. die Risiken der Atomkraft. Betriebswirtschaftler werden normalerweise bekannte moderate Kosten einem geringen Risiko von enormen Kosten vorziehen.


Blablabla. Die Altersversorgung des Bayerischen Versorgungswerks ist kapitalgedeckt.

http://www.versorgungskammer.de/portal/page/portal/bvk/bvk/brastv/index.html?Ziel=finanzierung.html

Hast Du den Link auch mal durchgelesen? Wie kommst Du zu dem Schluss, dass die Berechnungsmethoden, mit denen die Altersversorgung im Einzelfall berechnet werden, in jedem Fall zukunftsicher sind? Und der Kapitalmarkt erst? Sicherlich ist das Versorgungswerk eine sehr solide Angelegenheit, das heißt aber nicht, dass nicht doch irgendwann mal Begehrlichkeiten nach entgangenen Einnahmen aufkommen können.

Man berechne doch einfach nur mal das Risiko für eine mittelgroße Kanzlei, wenn für zehn freie Mitarbeiter für durchschnittlich zehn Jahre Sozialversicherungsbeträge nachentrichtet werden müssen. Aber vermutlich kennen die Kanzleien, die Patentanwälte anstellen (ich kenne mehrere Fälle persönlich), einfach nicht die Fakten, die Du kennst...
 

keta

SILBER - Mitglied
Hast Du den Link auch mal durchgelesen? Wie kommst Du zu dem Schluss, dass die Berechnungsmethoden, mit denen die Altersversorgung im Einzelfall berechnet werden, in jedem Fall zukunftsicher sind? Und der Kapitalmarkt erst?

Ja.

Ich habe auf die falsche Behauptung geantwortet, die Versorgungskammer arbeite umlagefinanziert. Aussagen zur Sicherheit am Kapitalmarkt angelegten Geldes kann ich meinem Beitrag nicht entnehmen. Spekulationen über Risiken für mittelgroße Kanzleien ebenfalls nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:

studi

GOLD - Mitglied
Ich habe auf die falsche Behauptung geantwortet, die Versorgungskammer arbeite umlagefinanziert.
Nur hat niemand diese Behauptung aufgestellt.

Das Problem wird dann virulent werden, wenn die Versorgungswerke und Knappschaften dort angekommen sind, wo ihre staatlichen Pendants heute schon sind. Nämlich an dem Punkt, dass die auf Umlage finanzierten Systeme nicht funktionieren, weil die Demographie und Beitragspyramide nicht mehr stimmen.
Dachte ich hätte einen zukünftigen Zustand beschrieben. Das die unvermeidlich auf Umlage wechseln war ja gerade mein Punkt. Aber danke für die eigentlich unnötige Klarstellung.
 

keta

SILBER - Mitglied
Nur hat niemand diese Behauptung aufgestellt.

Dachte ich hätte einen zukünftigen Zustand beschrieben. Das die unvermeidlich auf Umlage wechseln war ja gerade mein Punkt. Aber danke für die eigentlich unnötige Klarstellung.

Das ist eine sehr nachvollziehbare Interpretation deines Beitrags. Da habe ich dich wohl missverstanden.

Warum ist die Umstellung auf Umlage aber unvermeidlich? Wie kommt es, dass die Zahl der Leistungsempfänger wachsen wird, ohne dass diese vorher eingezahlt haben? Hat es mit der Kandidatenschwemme zu tun?
 

upupa

GOLD - Mitglied
Man berechne doch einfach nur mal das Risiko für eine mittelgroße Kanzlei, wenn für zehn freie Mitarbeiter für durchschnittlich zehn Jahre Sozialversicherungsbeträge nachentrichtet werden müssen. Aber vermutlich kennen die Kanzleien, die Patentanwälte anstellen (ich kenne mehrere Fälle persönlich), einfach nicht die Fakten, die Du kennst...

Hier meine Schlussfolgerungen aus dem bisher Diskutierten:

1. Mein Risiko als Scheinselbständiger scheint nach den Aussagen der Sozialversicherungsachverständigen hier im Forum ziemlich gering zu sein.

2. Mein Risiko als Auftraggeber an Selbständige ist hingegen so groß wie ein Atomkraftwerk.

Aber irgendwo muss da doch noch ein kleiner Logikfehler im System stecken. Anders gefragt: Wie kann ich als Auftraggeber sicher gehen, damit ich meine Aufträge nicht an Scheinselbständige sondern nur an Selbständige vergebe? Das wäre doch der Clou schlechthin für beide. Vielleicht müsste man die Auftragnehmer freundlich bitten, dass sie doch wenigstens noch 20% bei anderen Kanzleien Aufträge bearbeiten? Oder vielleicht bitten, dass sich die Selbstständigen zu ca. 20 % im Kreis Rechnungen schreiben (A beauftragt B, B beauftragt C, und C beauftragt A)? Sowas sollte sich doch leicht einrichten lassen, noch dazu zu niemandens Schaden? (Weisungsgebundenheit, regelmäßige Arbeitszeiten u.ä. lässt sich doch auch leicht vermeiden...)

Was ist die Meinung der Weisen?
 

studi

GOLD - Mitglied
Warum ist die Umstellung auf Umlage aber unvermeidlich? Wie kommt es, dass die Zahl der Leistungsempfänger wachsen wird, ohne dass diese vorher eingezahlt haben? Hat es mit der Kandidatenschwemme zu tun?
Weil die Patentanwaltschaft nicht die nächsten 30 Jahre wie bisher mit 5-6% weiterwachsen wird. Bei stagnierenden Anmeldezahlen und einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 1,2%, ist das völlig unrealistisch. Die Vorstellung, dass das jetztige offene Deckungsplanverfahren einem privaten Rentenversicherungsvertrag gleicht, ist völlig verfehlt. Die Bewirtschaftung bezieht zukünftige Zugänge mit ein, legt das Beitragsaufkommen und Ausschüttung also durch eine Prognose auf Grundlage der heutigen Zustände fest. Wenn keine Kandidaten mehr kommen, die heutigen Kandidaten jedoch die Hand aufhalten, gibts das Problem.

Wenn zusätzlich, wie bei den Rechtsanwälten erwähnt, dank prekärer Mitarbeiterverträge und Mandatskonzentration durch law firms, von einem großen Teil der Anwälte nur noch Pflichtbeiträge gezahlt werden, ist der Versorgungsstandart vorheriger Dekaden nicht zu halten. Daher wird das Problem für Rechtsanwälte noch eher evident werden als für Patentanwälte.

So gesehen sind die Versorgungswerke gar nicht so weit entfernt von der Umlage. Der einzige Unterschied ist, dass das Geld noch nicht ausgegeben ist. Zeitlos ist lediglich die Mitgliedschaftspflicht.
 
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