(...) Es wäre halt nur schön wenn die Organisatoren anerkennen würden, dass nicht jeder ledig und kinderlos in unmittelbarer Nähe zum DPMA oder zum BPatG lebt. Durch ein paar einfache Änderungen könnte man das Leben der auswärts lebenden Kandidaten wirklich deutlich verbessern.
Diesem Wunsch schließe ich mich an. Einige Überlegungen dazu:
Die Patentanwaltslaufbahn wird - aufgrund der Voraussetzungen für die Ausbildung und nicht zuletzt auch der Struktur akademischer Karrieren - von besonders vielen Personen in fortgeschrittenen Stadien ihres Werdegangs und und ihrer Familienplanung eingeschlagen.
Noch im Januar 2020 war die Bundesregierung (auf Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag und einzelner Abgeordneter) dennoch der Auffassung, eine Umstrukturierung des Amtsjahrs im Hinblick auf das Erfordernis der Präsenz in München sei nicht angezeigt; dieses Erfordernis sei auch mit den familiären Belangen der Patentanwaltskandidatinnen und -kandidaten vereinbar (Drucksache des Bundestags 19/16677).
In derselben Stellungnahme erklärte die damalige Bundesregierung:
Die Erstellung eines geeigneten virtuellen Angebots für akademische Inhalte wäre demgegenüber mit einem erheblichen Aufwand für die Entwicklung, Realisierung, Pflege und Aktualisierung verbunden. Dieser hohe Aufwand stände in keinem Verhältnis zu den möglichen Vorteilen für die Kandidatinnen und Kandidaten.
Diesbezüglich hat inzwischen die Pandemie - wie auch in vielen anderen Bereichen - klare Fakten geschaffen. In dieser Zeit und einer anschließenden Übergangszeit fanden alle Lehrveranstaltungen und auch ein Großteil der sonstigen Ausbildung im Amtsjahr im Fernbetrieb statt. Einzelne Präsenztermine wurden angesetzt, wo sie unerlässlich oder besonders förderlich waren (z.B. Recherche mit den Computersystemen des DPMA, Teilnahme an Verhandlungen und Beratungen am BPatG). Aus meiner Sicht hat dieses Modell gut funktioniert. Es könnte künftig durchaus auch um zusätzliche verpflichtende Präsenzeinheiten - etwa als Blockveranstaltungen nach dem Vorbild des Hagen-Studiums - ergänzt werden.
Aus der Umstellung mögen sich gewisse Nachteile gegenüber dem Betrieb in Vollpräsenz ergeben haben, etwa hinsichtlich des anfänglichen Organisationsaufwands seitens des Amts und des Gerichts sowie hinsichtlich der Vernetzung unter den Kolleginnen und Kollegen desselben Jahrgangs. Diesen stehen aber ganz erhebliche Vorteile für die "auswärtigen" Kandidat*innen - insbesondere diejenigen mit Ortsbindung aus familiären oder sonstigen Gründen - entgegen. Persönlich kann ich sagen, dass ich ohne die Pandemie heute sehr wahrscheinlich nicht deutscher Patentanwalt wäre, da ich eine achtmonatige Abwesenheit familiär nicht hätte stemmen können. Ich kenne auch Personen, die die deutsche Ausbildung aus ähnlichen Gründen tatsächlich nicht beginnen oder abschließen konnten und damit (als reine EP-Vertreter oder Patentsachbearbeiter mit Aussicht auf den erheblich längeren Weg nach § 10a PAO) auch berufliche Nachteile in Kauf zu nehmen haben. Mich würde es zudem wundern, wenn eine dauerhafte Umstellung nicht letztlich auch Vereinfachungen für die Organisatoren und sonstigen Beteiligten im laufenden Betrieb mit sich brächte.
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen während der Pandemie gab es bereits 2021 eine Petition von Kandidat*innen an das DPMA mit der Anregung, auch in Zukunft die Teilnahme am Amtsjahr weitgehend online und im Homeoffice zu ermöglichen. Als Antwort auf die Petition kündigte das DPMA an, man wolle sich nach Ende der Pandemie mit allen beteiligten Stellen unter Berücksichtigung (auch) der genannten Gesichtspunkte beraten und die Kandidatinnen und Kandidaten über den Ausgang informieren.
Wenn sich nun zeigt, dass sich diese beteiligen Stellen einer dauerhaften und systematischen Lösung des Problems auf der organisatorischen Ebene verschließen, wäre zu überlegen, ob sich die Patentanwaltschaft nicht verstärkt für eine Lösung auf Ebene der PAO bzw. PatAnwAPrV einsetzen sollte. Dass Verbesserungen nicht nur wünschenswert sondern auch umsetzbar sind, zeigt klar die Erfahrung der vergangenen Jahre.