@ CandyDat:
Um ein vernünftiges Ohr bei britischen Kollegen, deutschen Richtern aber insbesondere dem EPA und HABM zu finden, müssen Sie schon eine Institution haben, die zum einen sehr viele Mitglieder aufweist und nicht nur einen Bruchteil der Anwälte und zum anderen auch einen offiziellen Anstrich durch gesetzliche Legitimation besitzt. Sonst werden Sie dort nicht ernstgenommen. Fragen Sie einmal die Kollegen, die für das Vertretungsrecht der Patentanwälte beim zukünftigen Europäischen Patentgerichtshof kämpfen, wie schwer es ist, dass beim EuGH oder dem anderen Institutionen überhaupt ein Patentanwalt eingeladen wird. Jede auch noch so geringe Schwächung der Stellung der Kammer hätte sicher fatale Folgen.
Ich kann Ihnen nur raten, als Anwalt die Kammerversammlungen zu besuchen und dort einen Eindruck von dem Kampf der Kollegen des Vorstanes zu bekommen, unsere Interessen international zu erhalten (!).
Zur Fernuni: Ich bin gespannt, wie gut die Kollegen von Ihnen nach 10-20 Jahren Praxis Ihre Nachfolger im Bürgerlichen Recht ausbilden können (unabhängig von der Zeit - ich habe auch mal geglaubt, ich behalte alles

). Die Fernuni ist meiner Meinung nach ein sehr gute Möglichkeit, der praxisnahen Ausbildung zum Patentanwalt (so wie wir sie jetzt haben) die notwendigen juristischen Inhalte ohne ewige Studiendauern oder weisse Flecken in Deutschland hinzuzufügen.
Ein dreijährige Ausbildung nach dem EPA Vorbild würde Sie auch nicht vor skupelosen Ausbildern bewahren, im Gegenteil: Durch den Entfall der Präsenzveranstaltungen und der AGs wären noch mehr Kandidaten auf sich gestellt und würden gar nicht merken, wie gut oder schlecht andere ausgebildet werden.
Allgemein zu den skrupellosen Ausbildern: Die Kammer kann durchaus tätig werden. Sie müssten es nur beantragen und sie tut dies auch nur in Extremfällen, was auch gut so ist, schließlich wollen wir keine polizeiähnliche Überwachung. Ich denke übrigens, dass die skrupellosen Ausbilder die Wenigsten sind. Die meisten Kollegen bemühen sich sehr um eine vernüftige Ausbildung und investieren hierfür über die Verpflichtung hinaus eine Menge Zeit und Geld (Vielleicht melden sich ja auch mal zufriedene Kandidaten zu Wort).
Auch eine universitäre Ausbildung kann Ihnen nicht wirklich recht sein: Sie würden 6 Semester oder länger Vorlesungen eines Professors besuchen, die Studiendauern würden in der Hälfte der Fälle noch länger dauern, Sie bekämen natürlich gar kein Geld, das Praktikum wäre schwer zu bekommen und würde kaum was bringen, weil Sie nicht als Anwalt arbeiten, sondern nur eine zeitlang daneben sitzen und von Büroorganisation sowie Mandantenbetreuung hätten Sie schon ohnehin kaum was gesehen. Das wollen Sie doch nicht wirklich, oder? Fragen Sie mal Jurastudenten, wieviel Kenntnisse die von den Abläufen einer Kanzlei nach dem 2. Staatsexamen haben.
Bezüglich etablierte Anwälte in der Kammer: Natürlich werden Sie im Kammervorstand oft Vertreter großer Kanzlei sein, es sind aber ebensoviele Vertreter kleinerer Kanzleien darunter. Im übrigen kann jeder Kammervorstand werden, sofern er die Zeit erübrigen kann. Die Versammlung wählt keineswegs nur Vertreter von Kanzleien mit einer Größe ab 20 Anwälten oder einem siebenstelligen Gehalt. Ich verstehe da nicht, warum so oft auf die Kollegen geschimpft wird, die sich jede Woche in unserem Interesse durch mehere Aktenordner wühlen, Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben schreiben, sich in der Regel ohne Kostenerstattung in München treffen etc. Merkwürdig ist auch, dass meist diejenigen schimpfen, die ein solches Amt nie übernehmen würden, selbst wenn man es ihnen anbietet.
Bezüglich Ihres Vergleichs mit den Gewerkschaften: Arbeitnehmer brauchen ihre Vertretung, aber sie müssen nicht zwangsweise dorthin geschickt werden. Freiberufliche Organe der Rechtspflege stehen da schon etwas anders da: Der Staat hat durchaus ein Interesse daran, die Qualität der Rechtsberatung zu erhalten. Wer von uns hat nicht schon darunter gelittten, dass Kollegen aus anderen Ländern pflichtwidrig handeln, Aufträge einfach nicht ausführen, horrende Honorare für Banalitäten verlangen etc. Ich jedenfalls genieße es, dass wir in Deutschland einen Mindeststandard der Anwaltsqualität staatlich kontrollieren und man sich darauf verlassen kann, das Interessenskonflikte geahndet oder Betrüger aus dem Berufsstand entfernt werden, und das von einer effektiven Selbstverwaltung. Das unterscheidet u.a. die Kammer von einer Gewerkschaft.
Bitte entgegnen Sie hierauf jetzt nicht, das würde ja nicht funktionieren, weil ein Kollege einem Kandidaten zu wenig zahlt oder ihn nicht für Hagen freistellt. Es gibt da deutlich schlimmere Fälle zu ahnden und der Kandidat ist ja immerhin in der Lage, sich eine neue Stelle zu suchen. Ich übrigens nicht, wenn ich mal an einen skrupellosen Kandidaten gelangen sollte (und auch die gibt es- zum Glück nicht in meiner Kanzlei!). Denn mir schreibt das Gesetz vor, ihn bis zum bitteren Ende zu behalten (vgl. entsprechenden Thread).
Zum Thema Zwangsmitgliedschaft oder freiwillige Mitgliedschaft (=Degradierung der Kammer zu einem Interessensverein): Warum sollen dann die zahlenden Mitglieder die Aufgaben der Kammer unterstützen, während sich die übrigen in deren Leistungen sonnen. Oder möchten Sie eine Ausbildung der Kandidaten nur für Anwälte, die Kammermitglied sind?
Es gibt sicherlich einige zu verbessern, aber das geht am besten durch aktive Mitarbeit.