Umstellung: Gehalt als Umsatzbeteiligung

F

fragender

Guest
Eine Frage auch an Anwälte, die hier reinschauen:

Ich bin dezeit in einer kleineren Kanzlei beschäftigt. Der Vorschlag vom Chef ist, mein Gehalt nun auf eine Umsatzbeteiligung von 20% dessen, was man von meiner Arbeit den Mandanten in Rechnung stellen kann, umzustellen. Ich habe keine Umsatzzahlen meiner Arbeit und mein Chef sagt, er hat auch keine genauen. Derzeit verdiene ich 2000,-- € brutto inkl. Übersetzungen. Lohnt sich diese Umstellung für mich? Er schlug das vor, wie soll ich mich verhalten?

vielen Dank für Tips, Anregungen, etc.
 
P

PatentAnw

Guest
Um die Intention Ihres Chefs beurteilen zu können, müsste ich tatsächlich etwas mehr wissen. Aus meiner Sicht gibt es für den Vorschlag mal unabhängig von Ihrem Fall mehrere Gründe:

  • Sie sollen lernen freiberuflich zu denken, also merken, daß wir vom Gewinn leben und der ist bekanntlich irgendwie vom Umsatz abhängig. Wenn Sie (ich denke mal nach einem längerem Abschnitt der Anwaltszeit) nicht wissen, wie Ihre Arbeit berechnet wird, wird es höchste Zeit, sich diese Kenntnisse schnell anzueignen, gerade so was lernen Sie ja nicht in München.
  • Der Chef möchte Sie zum schnelleren Arbeiten antreiben, nach dem Motto: wenn der Magen knurrt wird er schon ...
  • Der Chef hat kein Geld mehr für Sie und möchte auf dieses Weise elegant das Gehalt senken.
... es gibt sicher noch mehr Gründe.

Meine Emfehlung: Fragen Sie direkt nach, warum dies geschehen soll. Eine vertrauensvolle Ausbildung sollte die ehrliche Antwort selbstverständlich einschließen. Auch sollte Ihnen die Auskunft zustehen, wie Ihr Gehalt in den letzten drei Monaten bei der neuen Regelung ausgesehen hätte. Im Übrigen würde ich in diesem Gespräch den Ausbilder darum bitten, zum einen den vollständigen Postausgang mit Rechnungen und letzlich fertiger Arbeit sehen zu dürfen und zum anderen die Rechnungen als Vorschlag selbst schreiben zu dürfen. Schließlich müssen Sie lernen, welche Arbeit was wert ist und wie man an die Informationen herankommt.

Ansonsten verrate ich wohl mit folgenden Details keine großen Geheimnisse des Rechnungswesens:
Bei der vorgechlagenen Regelung erhalten Sie nur einen Teil des Rechnungsbetrages, nämlich einen Anteil auf den Betrag, der unmittelbar als Bearbeitungshonorar ausgewiesen wird. (=keine Beteiligung an der Grundgebühr, an Zeichnungen -es sei denn, Sie hätten sie gemacht-!) Bei vielen Kanzleien bedeutet dies, daß Sie zum Beispiel an Geschmacksmuster- oder Markenanmeldungen nichts oder annähernd nichts verdienen. Bei Patentanmeldungen sind Sie an der Gebühr:"Ausarbeitung der Anmeldeunterlagen" beteiligt, sonst nicht. Übersetzungen und Bescheidserwiderungen gehen dagegen meist 100%ig ein.

Bei Patentanmeldungen liegen die Bearbeitungshonorare meist zwischen 1000 und 3000 Euro. Das ist eine ganz grobe Schätzung, bei eher günstigen Kanzleien wird eher die untere Grenze in Betracht kommen. Bescheidserwiderungen dürften etwa mit 600 bis 1200 Euro abgerechnet werden. Sie können ja mal überschlagen, wo sie hinkämen.
 
L

Lisa

Guest
Wie mein Vorredner kann ich nur sagen, dass eine Abschätzung Deines Gehaltes nach der vorgeschlagenen Regelung für einen Außenstehenden kaum möglich ist.
Ganz allgemein möchte ich dazu aber Folgendes sagen:

Die Ausbildung sollte eigentlich nicht nach dem Aspekt "wie macht der Kandidat am meisten Umsatz" erfolgen. Die vorgeschlagene Regelung wird aber sicher dazu führen, dass Du (noch) mehr auf die Rentabilität achtest, und dann vielleicht wengier im Kommentar oder einer Entscheidung nachliest. Das wird in meiner Kanzlei beispielsweise nicht angestrebt, vielmehr soll der Kandidat sich ohne Umsatzzwang der Ausbildung widmen können und möglichst viel lernen, nicht möglichst viel Umsatz generieren. Aus diesem Grund beziehe ich bis zum Ende der Anwaltszeit ein Fixgehalt und empfinde das auch als sehr angenehm.

20% der abgerechneten Bearbeiterhonorare finde ich sehr dürftig. Oft wird vielleicht ein Teil des Bearbeiterhonorares sowieso dem Ausbilder zugeschlagen, viel entfällt auf die Grundgebühren. Natürlich kann es sein, dass Euer Stundensatz so hoch ist, dass trotzdem viel bei rumkommt, aber das scheinst Du ja noch nicht einmal zu wissen, was ich nebenbei gesagt auch keinen guten Stil finde. Für Kandidaten im Amtsjahr, die über eine Umsatzbeteiligung bezahlt werden, sind mindestens 30-40% üblich, 20% habe ich noch nie gehört. Allerdings ist Dein Fixgehalt mit 2000€ brutto incl Übersetzungen auch nicht gerade üppig.

Ich habe bei dem Vorschlag auf jeden Fall nicht den Eindruck, dass es Deinem Ausbilder an einer guten Ausbildung gelegen ist, sondern er will Geld mit Dir machen. Ob das für Dich, wenn nicht aus Ausbildungsgesichtspunkten, so doch wenigstens finanziell attraktiver ist als Dein bisheriges Gehalt, kannst Du nur herausfinden, wenn Du die Umsatzzahlen forderst, und das ist auch Dein gutes Recht. Die Aussage Deines Chefs, er wisse nicht, wieviel Umsatz Du gemacht hast, würde ich stark anzweifeln, das muss sich aber auf jeden Fall zumindest im Nachhinein herausfinden lassen. Wenn nicht, dann würde ich erstens an der Seriosität Eurer Buchhaltung zweifeln und zweitens an Deiner Stelle vorschlagen, zunächst bei dem Festgehalt zu bleiben und die Umsätze ab sofort während wenigstens 2-3 Monaten zu notieren, damit Du beurteilen kannst, ob sich das lohnt. Den Vorschlag zu akzeptieren, ohne Informationen über die gestellten Rechnungen zu besitzen, hate ich für unannehmbar, und stimme im Übrigen meinem Vorredner zu: das Rechnungen stellen will auch gelernt sein und sollte Teil Deiner Arbeit sein.

Viel Glück bei den Verhandlungen!
 
U

u. n. own

Guest
Eine Beteiligung des Kandidaten am Umsatz ist meines Wissens nach ein sehr selten gewähltes Modell. Die relative Unerfahrenheit des Kandidaten (ist nicht abwertend gemeint, es ging ja jedem im Anfang so) macht ein kostendeckendes Arbeiten im ersten Jahr wohl fast unmöglich. Danach kann es funktionieren, wenn der Kandidat im wesentlichen immer dieselbe Art von Arbeit erledigt.

Was mich stutzig macht (und, um ehrlich zu sein, alle Alarmglocken schrillen lässt), ist der Umstand, dass der Ausbilder nicht mit Umsatzzahlen herausrücken will, und dass es offenbar für Sie nicht möglich ist festzustellen, wieviel von Ihrer Arbeit tatsächlich abgerechnet wird. Deswegen hier ein ganz spontaner Kommentar:

FINGER WEG!

Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach! In der Ausbildung soll ein Kandidat nicht noch in Sorge sein, wovon er/sie am nächsten Tag die Miete zahlt, sondern sich auf fachliche Dinge konzentrieren. Also lieber 2000 Euro brutto, die man sicher hat. (Übrigens, auch das kommt mir so vor, als kalkuliere Ihre Kanzlei die Kosten für die Kandidaten gern am unteren Limit. Ich erwarte daher keine besondere Großzügigkeit hinter dem Angebot Ihres Chefs.)
 
G

gast

Guest
Also, 2000 brutto sind schon sehr dürftig - na gut, wenn man nicht in München wohnt, mag man damit hinkommen, hier wäre das nur knapp über der Armutsgrenze (achtung, übertreibung!). Ich kann sagen, dass ich (im 2. Jahr) selten über ca. 10.000 Euro Umsatz (nur Honorar) im Monat hinaus komme, und das auch nur in Monaten, in denen ich voll arbeite - dabei sind dann Dinge wie Urlaub, Hagen-Präsenzphase etc nicht möglich. Deswegen würde ich ihm vorschlagen, eine entweder/oder Regelung vorzusehen - sprich, 2000 fix, und falls 20% des Honorars mehr als 2000 Euro sein sollten, dann eben das, was darüber hinaus geht...wobei 20% wirklich sehr wenig ist, 1/3 wäre ok...
 
G

gast

Guest
Ich denke eine Umstellung auf eine Umsatzbeteiligung kann auch für den Kandidaten vorteilhaft sein. Wenn man ohnehin viel arbeiten muss, warum sollte man dann nicht auch von seiner Mehrarbeit profitieren?

Dazu wird damit noch ein zusätzlicher Aspekt des Berufes gut gelehrt, dass man in der Tat freiberuflich tätig ist und nur für geleistete Arbeit auch Geld bekommt. Anders ausgedrückt:
Mann bekommt ein Gefühl für den Druck, der sich als Selbständiger leicht ergeben kann.

Allerdings 20 % sind viel zu wenig. Sag deinem Chef, dass du ja auch noch die Lohnnebenkosten zu zahlen hast, und dass mindestens 30 % der abrechenbaren Gebühren an dich gehen müssen.
 
G

grond

Guest
Fragender schrieb:
Der Vorschlag vom Chef ist, mein Gehalt nun auf eine Umsatzbeteiligung von 20% dessen, was man von meiner Arbeit den Mandanten in Rechnung stellen kann, umzustellen.
Ein freier Anwalt bekommt normalerweise zwischen 40 und 60% der Bearbeiterhonorare. Und dafür braucht er dann auch noch weniger Zeit für die gleiche Arbeit als der Kandidat, dessen Arbeit zudem erst dann beendet ist, wenn der Ausbilder zufrieden ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man von lächerlichen 20% seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.


Ich habe keine Umsatzzahlen meiner Arbeit und mein Chef sagt, er hat auch keine genauen.
Lachhaft. Wieso schlägt er diese Änderung vor? Nur mal so zum Ausprobieren?


Derzeit verdiene ich 2000,-- € brutto inkl. Übersetzungen.
Au weia. Ich mache überhaupt keine Übersetzungen und koste über die Ausbildungszeit gerechnet meine Ausbildungskanzlei brutto ca. 65.000 €. Kannst ja mal mein Monatsgehalt, das absolut im Rahmen des Üblichen liegt, rückrechnen. Umsatzmäßig schätze ich, dass ich mit den Bearbeiterhonoraren am Ende lediglich auf eine ungefähr gleich hohe Zahl kommen dürfte (wobei man natürlich bedenken muss, dass dieses Geld auch ohne mich verdient worden wäre, nur eben mehr Arbeit gemacht hätte). Damit würde eine solche Regelung mein Gehalt um 80% reduzieren...

Die Rechnung für die Wirtschaftlichkeit von Kandidaten muss aber noch andere Faktoren berücksichtigen. So macht die Kanzlei sicherlich keinen Verlust mit mir, denn bei all den Neuanmeldungen, die ich bei deutlich mehr zur Verfügung stehender Arbeitszeit so schreibe, können pro Neuanmeldung noch jahrelang Grund- und Bearbeiterhonorare für vergleichsweise einfachere Arbeiten eingestrichen werden. Für einen guten Anmeldungstext arbeite ich jedenfalls sehr viel länger als für vier Bescheidserwiderungen/Recherchenberichte, was in etwa die übliche Relation zwischen den Rechnungsbeträgen wiedergeben dürfte.

Als Kandidat bekommst Du die Arbeit zugeteilt. Wenn Du nun nur die ekligen vergurkten Fälle bekommst ("da können Sie besonders viel lernen!"), kannst Du schon für eine Bescheidserwiderung mehrere Tage verbrauchen. Das macht bei einem Abrechnungsvolumen bis 1000 € für Dich also 200 € brutto (an dieser Stelle ein Gruß an Angie!). Wenn Dein Chef entscheidet, wann eine Anmeldung gut genug ist, kannst Du damit auch gut und gerne mal zwei Wochen verbringen. Wenn Ihr dann 2500 € Bearbeiterhonorar abrechnet, bekommst Du süße 500 € brutto für einen halben Monat...

Machst Du eigentlich auch so Kleinigkeiten, wie den Damen ihre Computer zum Laufen zu bringen, Postdurchsicht etc.? Wie sollen die dann eigentlich entlohnt werden?

Mein Fazit: wenn Dir Dein Ausbilder freundlich vorkommt, weil er immer ein Lächeln auf den Lippen hat, wenn er mit Dir spricht, dann liegt das daran, dass er sich jedes Mal kaum das Lachen darüber verkneifen kann, was Du so alles mitmachst...
 
G

Gert

Guest
20% sind viel zu wenig. 30% sind zu wenig, darüber wird es verhandelbar. Bei Kandidaten im Amtsjahr sind 40-50% üblich, Tendenz nach unten, da macht sich schon die Kandidatenschwemme bemerkbar.

Mein Tipp: Entweder Du bekommst mindestens 1/3 mit einer festgelegten Steigerung zum Amtsjahr auf 40% oder Du lässt es einfach ganz.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Vielen Dank an die zahlreichen Bedenkenträger, die sogar den Umsatz des Fragestellers kennen. Hut ab!

Ich hätte mit 20% mein Kandidatengehalt mehr als gedoppelt.

Und so schlecht kann der hier in Rede stehende Umsatz nu auch wieder nicht sein, dass nachher weniger rauskommt als vorher. Während des Amtsjahres muss man auch mit 30% über die Runden kommen. Also, mach et und sieh zu dass der Umsatz stimmt.
 
P

PA jung

Guest
alles sehr akademisch,

die einzige Frage ist doch nur 20% von wieviel.

20% von 460 Euronen ist gut, 50% von 200 Euronen auch. dazwischen spielt sich meiner bescheidenen Erfahrung nach (habe im Amtsjahr bei 5 Kanzleien malocht um mal was anderes als die Ausbildungskanzlei zu sehen) alles ab.

Und ehrlich. soviel Kohle wie im Amtsjahr (hatte vorher ein Fixgehalt, zum besseren Verständnis) hatte ich vorher (und nachher , zumindest bis jetzt) auch nicht, was daran lag, dass sich mein Fokus zügig auf die 30% von 400 Euronen in einer bestimmten Kanzlei richtete (ja die Geldgier, wenn zu hause drei Zwerge hungrig krähen...)
 
U

Umsetzer

Guest
Ich habe als Kandidat mit einem Festgehalt begonnen und arbeite nunmehr seit einigen Monaten für 20% Prozent Umsatzbeteiligung. Meinem früheren Festgehalt konnte ich bis jetzt in keinem Monat nahe kommen.

Mein Chef hatte mir ursprünglich die Umstellung nur vorgeschlagen, worauf ich nicht eingegangen bin. Kurze Zeit später hat er den bestehenden Arbeitsvertrag fristgerecht gekündigt und mir im selben Atemzug Weiterbeschäftigung zu veränderten Bedingungen angeboten.
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi

ist ja ein toller Chef...:( Der scheint ja die Kandidaten als Umsatzbringer verheizen zu wollen...dann würde ich mal in Betracht ziehen, die Kanzlei zu wechseln, denn Du sollst ja lernen (können) und nicht Umsatz bringen.

Ciao

arcd007
 
P

paule

Guest
Man muss bedenken, dass man bei einer reinen Umsatzbeteiligung nur dann verdient, wenn man auch arbeitet. Wenn man also in einem Monat 2 Wochen Urlaub nimmt und beispielsweise eine Woche in Hagen ist, bleibt da nicht viel. Daher muss eben in einem normalen Monat deutlich mehr rauskommen als beim Fixgehalt.

Auch ist es wichtig, zu verhandeln, welchen Einfluss das auf die Arbeitszeit hat. Kannst du dann bei der Arbeit lernen wann und wieviel Du willst (schließlich wirst Du dafür ja nicht mehr bezahlt) oder will Dein Chef Dir durch diese Maßnahme eher die Zeit zum Lernen vergällen? Letztlich sollte man auch für den Fall, dass man sich mit eiener Umsatzbeteiligung mehr Gehalt verspricht, in sich gehen und überlegen, ob man nicht vor lauter Geldgeilheit seine Ausbildung zu vernachlässigen droht. Das ist letztlich auch eine Charakterfrage.

Schließlich möchte ich noch bemerken, dass ich mich an Deiner Stelle sowieso mal nach einer anderen, weniger geizigen Ausbildungskanzlei umsehen würde. Mehr verdienen würdest Du woanders auf jeden Fall - und lernen tut man durch einen Kanzleiwechsel auch einiges (insbesondere wenn man so wenig Einblick in die Kanzleiabläufe hat wie Du).
 
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