RA vs PA

Student

GOLD - Mitglied
Guten Tag zusammen,

ist es eigentlich nicht als "frech" ;-) anzusehen, dass auch RAe auf dem Gebiet des Markenrechts beraten und vertreten dürfen?


Übernimmt ein PA eigentlich auch Mandate, bei denen er bspw. Urheberrechtsverstöße versucht zivilrechtlich durchzusetzen bzw. abzuwehren (je nachdem, welche Seite er vertritt)? Bei allen derartigen Fällen (Musikindustrie gegen Filesharer, etc.) treten m.W.n. immer nur _RAe_ auf?!


Und, ist es einem PA überhaupt erlaubt, selbstständig (d.h. ohne Anwesenheit eines RA), vor Gericht (AG, LG, OLG, BGH) Mandanten in bspw. oben angeführten Rechtsangelegenheiten zu vertreten?


Grüße,
Student
 

Reptil

GOLD - Mitglied
Alles nur eine Frage der Lobby... und der daraus resultierenden Wahrnehmung in der Öffentlichkeit...

Lieschen Müllers Welt ist nun mal so:
  • RA: smart, braungebrannt, schnurrbärtig, springt mit langem Satz aus seinem niegelnagelneuen Porsche, brüllt "Einspruch, Euer Ehren!" und erzielt damit jedes Ergebnis, für das er genügend bezahlt wurde.
  • PA: blaß, versponnen, mit Staub hinter den Ohren, sitzt in seiner mit modrigen Akten vollgestopften Kellergruft (die zumeist im Patentamt vermutet wird) und dreht in zitternden Fingern Modelle von Perpetua mobilia.
Kein WUnder daher, daß die PAs auf einen engen Bereich beschränkt sind. Aber mal ganz im Ernst, wer von uns möchte sein Dasein mit typischen RA-Aufgaben fristen?
 

grond

*** KT-HERO ***
Student schrieb:
ist es eigentlich nicht als "frech" ;-) anzusehen, dass auch RAe auf dem Gebiet des Markenrechts beraten und vertreten dürfen?
Umgekehrt schon eher. Außer der für einen RA natürlich unlösbaren Aufgabe, die Ähnlichkeit von Elektrorasierern und Haushaltsgeräten im Rahmen einer mutmaßlichen Markenverletzung oder eines Einspruchs zu beurteilen, gibt es eigentlich keinen Grund, warum PAs auf dem Gebiet des Markenrechts vertreten dürfen sollten.


Übernimmt ein PA eigentlich auch Mandate, bei denen er bspw. Urheberrechtsverstöße versucht zivilrechtlich durchzusetzen bzw. abzuwehren?
Der PA darf in "angrenzenden Rechtsgebieten" Rechtsberatung leisten. Sollte ein Schutzrecht also in einem Fall einmal nicht so richtig etwas hergeben, kann er durchaus auch Aspekte des Wettbewerbsrechts oder des Urheberrechts mit dem Mandanten diskutieren und abrechnen. Bei der Durchsetzung müsste er m.M.n. aber den Fall an den RA-Kollegen abgeben.


Und, ist es einem PA überhaupt erlaubt, selbstständig (d.h. ohne Anwesenheit eines RA), vor Gericht (AG, LG, OLG, BGH) Mandanten in bspw. oben angeführten Rechtsangelegenheiten zu vertreten?
Vor dem AG darf jeder vertreten, weil es keinen Rechtsanwaltszwang gibt. Die für den PA interessanten Rechtsfragen werden aber gewöhnlich exklusiv bei den LGs behandelt, wo besondere Kammern eingerichtet sind. Hier herrscht Anwaltszwang, laut §4 PatAnwO ist dem Patentanwalt auf Antrag das Wort zu gestatten.

Vor dem BGH ist bei der Rechtsbeschwerde im Anmelderbeschwerde und dem Einspruchsverfahren ebenfalls dem PA auf Antrag das Wort zu gestatten (§102 V S. 2 PatG), er kann also nicht vertreten, nur vortragen. Ansonsten gilt - wie immer- dass ein spezieller BGH-RA vertreten muss (gibt es wohl nur so 100 oder so, kürzlich hat das BVerfG eine Klage eines gewöhnlichen RAs abgelehnt, der sich durch diese Beschränkung in seinem Grundrecht auf freie Ausübung seines Berufs verletzt sah).

Eine einzigartige Ausnahme besteht in der Berufung im Nichtigkeitsverfahren. Hier wird der arme BGH zur schnöden Tatsacheninstanz degradiert, so dass der Patentanwalt (und der gewöhnliche RA) vertreten darf (§111 IV 1 PatG). Ob er das in der Praxis ohne begleitenden Schwarzkittel will, ist eine ganz andere Frage.

Achso, bezüglich BGH gibt es noch die wohl noch nie vorgekommene Beschwerde gegen einen Beschluss des BPatG über die Erlassung einer eV im Zwangslizenzverfahren. Auch hier dürfte der PA vertreten (§122 BPatG).
 

grond

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Vor dem AG darf jeder vertreten, weil es keinen Rechtsanwaltszwang gibt.
Anmerkung zur Klarstellung: natürlich nur nichtgewerblich, da es sich sonst um einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz handeln würde. PA Meier kann also z.B. Freunde oder Verwandte unentgeltlich vertreten, die sich keinen RA leisten wollen.
 

Student

GOLD - Mitglied
Reptil schrieb:
Kein WUnder daher, daß die PAs auf einen engen Bereich beschränkt sind. Aber mal ganz im Ernst, wer von uns möchte sein Dasein mit typischen RA-Aufgaben fristen?
Kommt das nicht auf das Gebiet an. Denn wenn man im Auftrag der bspw. Musikindustrie monatlich zig Tausend Abmahnungen à 3.000 EUR Kostennote verschickt, könnte sich der ein oder andere doch damit arrangieren, sein Dasein mit "typischen RA-Aufgaben" zu fristen. ;-)
 

Reptil

GOLD - Mitglied
Student schrieb:
Reptil schrieb:
Kein WUnder daher, daß die PAs auf einen engen Bereich beschränkt sind. Aber mal ganz im Ernst, wer von uns möchte sein Dasein mit typischen RA-Aufgaben fristen?
Kommt das nicht auf das Gebiet an. Denn wenn man im Auftrag der bspw. Musikindustrie monatlich zig Tausend Abmahnungen à 3.000 EUR Kostennote verschickt, könnte sich der ein oder andere doch damit arrangieren, sein Dasein mit "typischen RA-Aufgaben" zu fristen. ;-)
Ich dachte dabei mehr an den 4. und 5. Teil des BGB. Kinder, Kinder, ich habe mit Unfallchirurgen zusammengearbeitet und nie so viel Elend auf einem Haufen gesehen...
 

PatFan

GOLD - Mitglied
Student schrieb:
Kommt das nicht auf das Gebiet an. Denn wenn man im Auftrag der bspw. Musikindustrie monatlich zig Tausend Abmahnungen à 3.000 EUR Kostennote verschickt, könnte sich der ein oder andere doch damit arrangieren, sein Dasein mit "typischen RA-Aufgaben" zu fristen. ;-)
Naja, bei aller Liebe, auch ein RA schickt nicht "zig Tausend Abmahnungen im Monat" raus, schon cgar nicht für den genannten Betrag. Ich kann aus meiner Erfahrung nur sagen, dass Abmahnungen und Streitverfahren mit kleinen Streitwerten alles andere als kostendeckend sind.

Außerdem defniert sich die Zufriedenheit ja immer noch nicht nur über das Geld, sondern auch über die Arbeit und deren Sinn.

Zum eigentlichen Thema sei noch angemerkt: Bei uns klappt die Zusammenarbeit zwischen (externem) RA und PA eigentlich so gut, dass die übliche Diskussion, wer den nun wen verdrängen könnte, gar nicht aufkommt. In technischen Fragen sind immer PA unf RA bei Gericht, sowohl in Verletzung- als auch in Nichtigkeitsverfahren. Der Mandant zahlt es auch immer willig, auch wenn nur die Kosten von einem der beiden erstattet werden (z.B. Nichtigkeitsklage). Aus dem Anmeldeverfahren in Patentsachen hält sich jeder halbwegs vernüftige RA sowieso raus, die Marken und Muster stellen bei PAs eigentlich einen Randbereich dar, der kaum zu Konkurrenzgefühlen führen sollte. Daher ist da Verhältnis eigentlich ganz gut und nicht auf Konfrontation am Markt gerichtet.
 

grond

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Außer der für einen RA natürlich unlösbaren Aufgabe, die Ähnlichkeit von Elektrorasierern und Haushaltsgeräten im Rahmen einer mutmaßlichen Markenverletzung oder eines Einspruchs
Arrrgh, drei Tage Eselsmütze und hundertmal schreiben: Widerspruch, Widerspruch, Widerspruch...
 
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