Praktikum in Industrie oder PA-Kanzlei?

Student

GOLD - Mitglied
Guten Tag zusammen,

bekanntlich wird für die Ausbildung zum PA eine mindestens einjährige praktische Tätigkeit vorausgesetzt.

Zunächst einmal stellt sich mir die Frage, ob diese tatsächlich derart wichtig ist, dass man später als PA davon profitiert, diese geleistet zu haben, oder ob es doch nur ein vorschriftsmäßig "nötiges Übel" ist, um die Ausbildung beginnen zu können? Denn ich habe das Gefühl, dass mit einem Jahr nicht wirklich enorm viel in Angriff genommen werden kann, wenn man eine anfängliche Einarbeitung von zwei und eine abschließende "Ausarbeitung" von einem Monat berücksichtigt, in Summe also nur neun Monate praktisch im Unternehmen tätig ist, damit man exakt das "Pflichtjahr" erfüllt.


Gelegentlich hat man hier schon gelesen, dass von manchen diese Tätigkeit auch mit Praktikas während des Studiums "abgearbeitet" wurde. Nun, ich studiere Physik und könnte es rein zeitlich gar nicht schaffen, während den Semesterferien auf 12 Monate Praktikum über das gesamte Studium verteilt zu kommen, da die in Frage kommende vorlesungsfreie Zeit mit wenigen Ausnahmen für Prüfungen eingeplant werden muss.

Angesichts der daraus resultierenden Zwangsläufigkeit, in jedem Fall im Anschluss an das Studium das "praktische Jahr" zu durchlaufen stellt sich mir die Frage, was hinsichtlich der Erfahrungssammlung zu bevorzugen ist:

Für 6-8 Wochen in einer Prüfungsfreien Zeit während den Semesterferien als Werkstudent in ein auf dem eigenen Ineteressensgebiet tätigen Industrieunternehmen hineinzuschauen, oder in einer Kanzlei den Tagesablauf eines Patentanwaltes kennen zu lernen?


Eine Möglichkeit das praktische Jahr zu "ersetzen" besteht offenbar darin, seine Promotionszeit damit zu verrechnen. In welchem Verhältnis stehen nun aber die zwei der hier angenommenen drei Jahre Promotion, um die man seinen Ausbildungsbeginn effektiv nach hinten hinausschiebt, zum Doktor vor dem Namen?

MfG,
Student
 

gastII

SILBER - Mitglied
Student schrieb:
Guten Tag zusammen,

bekanntlich wird für die Ausbildung zum PA eine mindestens einjährige praktische Tätigkeit vorausgesetzt.

Zunächst einmal stellt sich mir die Frage, ob diese tatsächlich derart wichtig ist, dass man später als PA davon profitiert, diese geleistet zu haben, oder ob es doch nur ein vorschriftsmäßig "nötiges Übel" ist, um die Ausbildung beginnen zu können? Denn ich habe das Gefühl, dass mit einem Jahr nicht wirklich enorm viel in Angriff genommen werden kann, wenn man eine anfängliche Einarbeitung von zwei und eine abschließende "Ausarbeitung" von einem Monat berücksichtigt, in Summe also nur neun Monate praktisch im Unternehmen tätig ist, damit man exakt das "Pflichtjahr" erfüllt.


Gelegentlich hat man hier schon gelesen, dass von manchen diese Tätigkeit auch mit Praktikas während des Studiums "abgearbeitet" wurde. Nun, ich studiere Physik und könnte es rein zeitlich gar nicht schaffen, während den Semesterferien auf 12 Monate Praktikum über das gesamte Studium verteilt zu kommen, da die in Frage kommende vorlesungsfreie Zeit mit wenigen Ausnahmen für Prüfungen eingeplant werden muss.

Angesichts der daraus resultierenden Zwangsläufigkeit, in jedem Fall im Anschluss an das Studium das "praktische Jahr" zu durchlaufen stellt sich mir die Frage, was hinsichtlich der Erfahrungssammlung zu bevorzugen ist:

Für 6-8 Wochen in einer Prüfungsfreien Zeit während den Semesterferien als Werkstudent in ein auf dem eigenen Ineteressensgebiet tätigen Industrieunternehmen hineinzuschauen, oder in einer Kanzlei den Tagesablauf eines Patentanwaltes kennen zu lernen?


Eine Möglichkeit das praktische Jahr zu "ersetzen" besteht offenbar darin, seine Promotionszeit damit zu verrechnen. In welchem Verhältnis stehen nun aber die zwei der hier angenommenen drei Jahre Promotion, um die man seinen Ausbildungsbeginn effektiv nach hinten hinausschiebt, zum Doktor vor dem Namen?

MfG,
Student
Es geht um eine praktisch _technische_ Tätigkeit. Praktika in der Kanzlei sind nicht technisch und werden daher nicht angerechnet. Es geht darum, dass der Hochschulabsolvent auch nachweisen soll, dass er 1 Jahr praktische Arbeit (in Vollzeit) vollrichtet hat.
 

Student

GOLD - Mitglied
Wie geschrieben werde ich so oder so eine praktisch *technische* Tätigkeit machen müssen, sodass es auf ein oder zwei Monate, die ich während dem Studium "abarbeiten" könnte, nicht ankommt.

Daher die Frage, was für sich gesehen sinn-voller wäre? Kanzlei oder Industrie? - Ohne Absicht dies zwingend anrechnen lassen zu wollen.
 

gastII

SILBER - Mitglied
Student schrieb:
Daher die Frage, was für sich gesehen sinn-voller wäre? Kanzlei oder Industrie? - Ohne Absicht dies zwingend anrechnen lassen zu wollen.
In einer Kanzlei zu praktizieren ist sinnvoll, um sich über die spätere Arbeitsweise einen Überblick zu verschaffen.

Sinnvoller ist mE in ein Unternehmen zu gehen. Das sind die Mandanten, die man später beraten muss. Ein großes Problem bei der späteren Beratung kann sein, dass der beratende Anwalt noch nie einen Betrieb von innen gesehen hat. In der Kanzlei ist man noch lange genug.
 

Reptil

GOLD - Mitglied
gastII schrieb:
In einer Kanzlei zu praktizieren ist sinnvoll, um sich über die spätere Arbeitsweise einen Überblick zu verschaffen.
Ich weiß nicht, was alle Leute mit diesen Praktika haben. Für einen einfachen Geist wie meinen stellt sich das so dar: Ein Praktikant ist interessiert, aber noch ohne jedwede relevante Kenntnis. Damit kann man ihn in Bereichen, die viel manuelle Tätigkeiten erfordern (wie es bei den meisten naturwissenschaftlichen Forschungen ist), für irgendeine einfache Teilaufgabe abkommandieren und dabei ein bißchen was über die Zusammenhänge erklären; wo die Arbeit hingegen aus Schreibtischtätigkeiten besteht, bei denen man wissen muß, was man tut, ist ein Praktikant wie eine umgedrehte Schildkröte und wird ebensoviel lernen. Oder laßt ihr etwa eure Anmeldungsentwürfe und Einspruchsschriftsätze von Praktikanten erarbeiten?

Azubi = Arsch ZUm BIerholen
 

PAGUH71

Vielschreiber
Wie geschrieben werde ich so oder so eine praktisch *technische* Tätigkeit machen müssen, sodass es auf ein oder zwei Monate, die ich während dem Studium "abarbeiten" könnte, nicht ankommt.

Daher die Frage, was für sich gesehen sinn-voller wäre? Kanzlei oder Industrie? - Ohne Absicht dies zwingend anrechnen lassen zu wollen.
Nochmal: Die praktisch TECHNISCHE Tätigkeit hat nichts mit einem Praktikum in einer Kanzlei oder Industriepatentabteilung zu tun und wird auch als solche nicht angerechnet. Darüber hinaus ist es ziemlich vermessen, das Jahr praktisch technische Tätigkeit als unnötige Zeitverschwendung abzutun. In der Ausbildung lassen sich deutliche Unterschiede zwischen Kandidaten feststellen, die tatsächlich im Beruf schon praktisch Tätig waren und solchen, die ihre 12 Monate praktisch technische Tätigkeit durch diverse Praktika "zusammengestöpselt" haben.

Auch sonst muss ich mich meinem Vorredner anschließen: Das mit den Praktika zum Ausprobieren, die jeder immer meint, machen zu müssen, ist Unfug. Lieber eine Kandidatenstelle antreten und wirklich gleich richtig lernen, worum es geht. Wenn man dann (z.B. in der Probezeit) feststellt, dass das nichts ist, ist es keine Schande aufzuhören. Und auf diese Weise wird man auch dafür bezahlt.
 

Patent-ante

Vielschreiber
Da muss ich mich jetzt doch mal einklinken:

Soweit ich den Studenten verstehe, überlegt er doch, möglicherweise in den Semesterferien, d.h. VOR Abschluss seines Studiums ein Praktikum in einer Kanzlei zu machen, oder eben alternativ eine Werkstudententätigkeit zu übernehmen.

Was soll denn an einem derartigen Kanzleipraktikum, falls es sich dafür und nicht für die Werkstudententätigkeit entscheidet, nicht sinnvoll sein?

  • Möglicherweise weiss er so schon vor Abschluss des Studium, ob es ihm überhaupt Spaß macht und muss nicht erst noch eine ungeliebte Kandidatenstelle kündigen, was man im Lebenslauf auch erst mal rechtfertigen muss.
  • Wenn es ihm gefällt, erleichtert es möglicherweise sogar den Einstieg in eine Kandidatenstelle, da ein potentieller Ausbilder auch aufgrund des Praktikums ersehen kann, dass die Ausbildung nicht nur ein Schuss ins Blaue ist.
  • Wer sagt denn, dass so ein Praktikum zwangsläufig unbezahlt ist? Klar, das Thema gleich zu Beginn anzusprechen kommt vermutlich nicht wirklich gut, aber ich habe schon von Leuten gehört, die nach einem solchen Praktikum zumindest eine kleine Aufwandsentschädigung erhalten haben.
Natürlich lässt keine Kanzlei einen eigenverantwortlich und ohne Korrektur Anmeldungen wegschicken. Aber dafür, ein Gefühl für die Materie zu bekommen, und um zu wissen, ob es einem überhaupt liegt, ist so ein Praktikum doch echt sinnvoll.

Entscheidend ist doch nur, ob man für sowas seine Semesterferien verbrauchen will und nicht arbeiten muss.
 

PAGUH71

Vielschreiber
Patent-ante schrieb:
Was soll denn an einem derartigen Kanzleipraktikum, falls es sich dafür und nicht für die Werkstudententätigkeit entscheidet, nicht sinnvoll sein?
Das Problem ist, dass Praktikanten meist Praktikantenaufgaben zur Erledigung bekommen. Das habe ich bisher weder in Kanzlei noch in Industriepatentabteilung anders erlebt und halte es selber auch so. Ich halte es für Zeitverschwendung, aber wenn jemand das anstrebt, möchte ich natürlich niemanden davon abhalten...
 

grond

*** KT-HERO ***
Patent-ante schrieb:
Da muss ich mich jetzt doch mal einklinken:

Soweit ich den Studenten verstehe, überlegt er doch, möglicherweise in den Semesterferien, d.h. VOR Abschluss seines Studiums ein Praktikum in einer Kanzlei zu machen, oder eben alternativ eine Werkstudententätigkeit zu übernehmen.
Und gerade zu diesem Zeitpunkt ist das Praktikum sinnvoll, wie folgende Fallunterscheidung zeigt:

  • Student gruselt sich vor dem vielen Papier und dem verquasten Patentsprech => Student kann sich nach dem Studium eine technische Arbeitsstelle suchen, auf der er länger als das geforderte eine Jahr verbleiben mag
  • Student findet Geschmack an der Vorstellung, als Patentanwalt sein Geld zu verdienen => Student kann sich nach seinem Studium eine mehr oder weniger beliebige technische Arbeitsstelle suchen, da er sich nach einem Jahr in einer Kanzlei bewerben wird. Er kann sich diese Arbeitsstelle auch schon mit einem Blick auf die mutmaßlichen Ausbilder suchen.
Auch wenn es keine Schande ist, sich in der Probezeit der Kandidatenausbildung vom Berufswunsch Patentanwalt zu verabschieden, gibt dem Kandidaten deshalb noch niemand den ehemaligen technischen Arbeitsplatz zurück!
 

Student

GOLD - Mitglied
@ gastII, Reptil, PAGUH71

Patent-ante und grond haben mich da richtig verstanden:

  • Ich plane meine Semesterferien
  • Ich bin nicht gezwungen, mir eine anrechnungsfähiges Praktikumsstelle suchen zu müssen, da ich so oder so während meines Studiums nicht auf 12 Monate kommen kann
  • Ich frage mich, wie die Einschätzungen hinsichtlich des Nutzens sind von: Praktikum in PA-Kanzlei -vs- Industrieabteilung


Ansonsten kann ich (@PAGUH71) weder in meinem noch in irgend einem anderen Beitrag feststellen geschrieben zu sehen, dass das Jahr technische Tätigkeit als "unnötige Zeitverschwendung" abgetan wird. Vielmehr wird es von mir als Eingangsfrage gestellt, OB es eine solche ist.

Ist es also einstimmige Meinung hier, dass die Zeit techn. Tätigkeit sinnvoll angelegt ist, und nicht nur ein "nötiges Übel" darstellt?
 

grond

*** KT-HERO ***
Student schrieb:
Ist es also einstimmige Meinung hier, dass die Zeit techn. Tätigkeit sinnvoll angelegt ist, und nicht nur ein "nötiges Übel" darstellt?
Etwas, was man selber "ableisten" musste, findet man inbezug auf die Nachwelt natürlich immer unbedingt notwendig. Das ist wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum in Deutschland im Gegensatz zu England, Frankreich und Spanien die Wehrpflicht immer noch nicht abgeschafft ist...

Ich gehe hinsichtlich des Praxisjahres sogar soweit zu sagen, dass jeder gute PA selbstverständlich *mehrere* Jahre Praxiserfahrung haben und diese nicht nur als Voraussetzung zum Zugang zum Beruf "Patentanwalt" gesammelt haben sollte. Du darfst mal raten, wie das bei mir war... ;)
 

grond

*** KT-HERO ***
Student schrieb:
und unbefangen ausgedrückt? :)
Naja, ich denke, dass das Praxisjahr schon sinnvoll ist, um zu verhindern, dass direkt auf den Patentanwalt hinstudiert wird. Meines Erachtens muss man für den Beruf zwar neben der Begeisterung für Technik auch die für juristische und linguistische Haarspaltereien mitbringen, allerdings sehe ich diese drei Aspekte auch in der obenstehenden Reihenfolge nach Wichtigkeit geordnet (Technik > Jura > Sprache). Ich glaube, dass man als Patentanwalt die Technik immer noch als "erste Liebe" gefunden haben sollte, was durch das Erfordernis des praktischen Jahres halbwegs gesichert wird.

Wenn man ein Jahr technische Tätigkeit lustlos ableistet, weil man sie als Hürde zum Beruf Patentanwalt sieht, dann ist das Jahr subjektiv wahrscheinlich verschwendete Zeit. Das entspricht so in etwa der konfuzianischen Sichtweise vom Weg und dem Ziel...
 

PAGUH71

Vielschreiber
Student schrieb:
und unbefangen ausgedrückt? :)
...auch unbefangen ausgedrückt ist es auf jeden Fall sinnvoll, tatsächlich eine praktische technische Erfahrung mitzubringen. Sie werden es später mitunter mit sehr kritischen Erfindern/Mandanten zu tun haben, denen Sie das Gefühl vermitteln müssen, zu verstehen, worum es bei deren Erfindungen geht. Das geht wesentlich einfacher und überzeugender, wenn man selber ein paar Jahre technisch gearbeitet hat, auch wenn es nicht auf dem gleichen technischen Gebiet war, auf dem man später Anmeldungen ausarbeitet. Auch für die Arbeit am Schreibtisch ist die praktische Erfahrung wertvoll.

Der Grund, weshalb solche Arbeiten von Patentanwälten und nicht von Rechtsanwälten gemacht werden (und weshalb der Mandant auch bereit ist, einen Patentanwalt zu bezahlen) liegt in der technischen Ausbildung und Erfahrung des Patentanwalts.
 

Christian

Vielschreiber
grond schrieb:
Student schrieb:
und unbefangen ausgedrückt? :)
Naja, ich denke, dass das Praxisjahr schon sinnvoll ist, um zu verhindern, dass direkt auf den Patentanwalt hinstudiert wird.
Also ich für meinen Teil, habe auf den Patentanwaltsberuf "hinstudiert" und sogar "hinpraktiziert" und konnte somit unmittelbar nach dem Studium die Kandidatenzeit beginnen. Soooo schlecht war das jetzt nicht!

Gruß
Christian
 
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