Kanzleiwechsel Wettbewerbsklausel

M

Mechaniker

Guest
Hat jemand Erfahrungen damit, welche Wettbewerbsklauseln (zur Mitnahme von Mandaten beim Kanzleiwechsel) in Ausbildungs-, Arbeits- oder Dienstverträgen greifen und welche nicht?

Die Formulierungen:

Herr X verpflichtet sich, bei einem Kanzleiwechsel keine Mandate mitzunehmen (oder so ähnlich)

Frau Y ist es über zwei Jahre nicht gestattet, bei einem Kanzleiwechsel gemeinsam betreute Mandate weiterhin zu bearbeiten (o.ä.).

greifen m.E. nicht.

Wäre schön, wenn sich sachliche Beiträge und Kommentare ergeben und moralinsaure Bemerkungen in der Minderzahl bleiben.
 
P

Plempi

Guest
Hallo,

Eine WBKlausel des Arbeitgebers ist maximal 2 Jahre lang gültig, wenn:

  • der Arbeitgeber mit einem finanziellen Ausgleich (Karenzentschädigung) kompensiert.
  • Fehlt eine Karenzentschädigung, dann ist die WBKlausel nichtig.
Interessanter wird es, wenn eine zu geringe Karenzentschädigung vorliegt.

Die Karenzentschädigung muß mindestens für jedes Jahr des Verbotes die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen gemäß § 74 Abs. 2 HGB erreichen. Ansonsten ist die WBKlausel nicht verbindlich.

In diesem Fall kann der Arbeitnehmer wählen zwischen:

  • Einhaltung der WBKlausel bei Zahlung der geringeren Entschädigung oder
  • Befreiung von der WBKlausel ohne Entschädigung.
Darüber hinaus sind auch bedingte WBKlauseln unverbindlich, d.h. sämtliche WBKlauseln, in welchen der Arbeitgeber entscheidet, ob der Wettbewerb vom Arbeitnehmer unterlassen werden muss oder nicht.

Wichtig: hierbei muss sich der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für oder gegen die Berufung auf die Unverbindlichkeit der WBKlausel entscheiden.

Der Arbeitgeber kann zur Entscheidung auffordern (angemessene Frist: 2 - 3 Wochen). Enscheidet sich der Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist nicht, dann geht das Wahlrecht auf den Arbeitgeber über.

Außerdem hat der Arbeitgeber das Recht, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf die WBKlausel zu verzichten.

Der Arbeitnehmer kann demzufolge sofort Wettbewerb betreiben.

Der Arbeitgeber wird aber erst mit Ablauf eines Jahres ab Zugang dieser Verzichtserklärung von der Verpflichtung der Zahlung der Karenzentschädigung frei.

Zusammengefasst:


Aus der WBKlausel ergeben sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgende Pflichten für den Arbeitnehmer:

1. Kein Wettbewerb des Arbeitnehmers im vertraglich festgelegten Umfang.

Wichtig: bei Zuwiderhandlung kann er vom Arbeitgeber durch Klage auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (Im Extremfall ist eine Einstweilige Verfügung die Folge.)

2. Bei Rücktritt des Arbeitgebers vom Vertrag muß der
Arbeitnehmer eine bereits erhaltene Karenzentschädigung für die Dauer der Zuwiderhandlung zurückzahlen.

3. In der Regel ist eine in der WBKlausel vereinbarte Vertragsstrafe mit der Zuwiderhandlung verwirkt, d. h. der Arbeitnehmer muß dann die vereinbarte Vertragsstrafe zahlen.

4. Schadenersatzforderungen des Arbeitgebers nach § 280 BGB.

Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass diese zwei genannten beispielhaften Formulierungen in einer WBKlausel in der vorliegenden geposteten Form, d.h. bei Fehlen einer Karenzentschädigung, nichtig sind.

Das bedeutet aber auch:

Sollte eine Karenzentschädigung vertraglichlicher Bestandteil sein, so greifen diese Formulieren durchaus, wenn die Karenzentschädigung nicht zu gering ist. Im Fall einer zu geringen Karenzentschädigung kann der Arbeitnehmer über die Wirkung der WBklausel entscheiden.

Grüße
 
M

Mechaniker

Guest
Na, mit dieser Antwort ist das Diskussionsthema wohl geschlossen.

Mehr kann man dazu sicher nicht ausführen :)

Vielen Dank.
 
N

Nachfrager

Guest
Doch, kann man schon!

Was bedeutet eigentlich, ein Mandat "mitzunehmen"?

Sehen wir die Sache doch mal von einer anderen Seite:

Patentanwalt X wechselt von Kanzlei A zu Kanzlei B. Erfinder E gab bisher immer Aufträge an Kanzlei A, die von X bearbeitet wurden. Wer sollte E verbieten können, in Zukunft Aufträge an Kanzlei B zu geben, wenn er nunmal mit X zufrieden ist???
 
G

GAST_DELETE

Guest
Die Antwort von Plempi ist in der Tat vollständig.

Sozietätsverträge können nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die gleiche Wettbewerbsklauseln enthalten wie Anstellungsverträge.
 
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