Freie Mitarbeiterschaft

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GAST_DELETE

Guest
Guten Tag,

ich bin promovierter Chemiker und denke darüber nach, in einer Kanzlei eine Stelle als Patentingenieur in freier Mitarbeiterschaft anzunehmen. Hat jemand Erfahrungswerte, wie man in einem solchen Fall abrechnet (fester Stundenlohn, prozentuale Beteiligung...)? Ist die freie Mitarbeiterschaft i.d.Regel (falls man dazu überhaupt allgemeingültige Aussagen treffen kann) lohnenswerter als ein Angestelltenverhältnis?

Danke!
 
G

gast2000

Guest
Kurze Antwort: Laß es sein! Eine Kanzlei, die so etwas anbietet, sucht einen billigen Arbeitssklaven, dem sie unter Berufung auf fehlende Qualifikation nur ein Taschengeld zahlen will...
 
G

gast

Guest
So allgemein wie mein Vorredner kann man das nicht sagen.

Das Unseriöse an dem Angebot ist, dass Du das ganze Risiko (Aufträge, Scheinselbständigkeit etc.) trägst und die Kanzlei keinerlei Verpflichtungen eingeht.

Abgerechnet werden sollten zwischen 40 und 60 % dessen, was der Anwalt für die Tätigkeit (ohne Grundgebühren) in Rechnung stellt. Weniger auf gar keinen Fall, da Du alle Versicherungen und Abgaben selbst tragen musst.

Ob es lukrativer ist, hängt von Deinem Tempo ab. Nach etwa ein, eineinhalb Jahren kann man schon 4-5 abrechenbare Stunden pro Tag schaffen, dann ist das lukrativer als ein Angestelltenverhältnis.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Bleibt aber wohl scheinselbständig... - Das ist nun wirklich Unfug
Robby meint, dass jemand, der sich selbständig nennt, sein Geld aber tatsächlich nur von einer Person bezieht, scheinselbständig ist. Das führt über kurz oder lang zu Problemen mit dem Finanzamt.

Wenn man also freiberuflich im Patentwesen arbeitet, sollte man darauf achten, von mehr als einer Kanzlei, Firma, etc., sein Geld zu beziehen.
 
V

Vorrechner

Guest
GAST schrieb:
Abgerechnet werden sollten zwischen 40 und 60 % dessen, was der Anwalt für die Tätigkeit (ohne Grundgebühren) in Rechnung stellt. Weniger auf gar keinen Fall, da Du alle Versicherungen und Abgaben selbst tragen musst.

Ob es lukrativer ist, hängt von Deinem Tempo ab. Nach etwa ein, eineinhalb Jahren kann man schon 4-5 abrechenbare Stunden pro Tag schaffen, dann ist das lukrativer als ein Angestelltenverhältnis.
40 % ist ein üblicher Satz für patentanwaltliche freie Mitarbeiter. 60 % bekommst sind evtl dann möglich, wenn Du die Büroorganisation nicht in Anspruch nimmst, d.h. selber tippst bzw. ein Schreibbüro beauftragst, kein Zimmer in Anspruch nimmst, die Kanzlei keine Kosten mit Dir hat, keine Mitgliedsbeiträge für PAK, EPI, GRUR, VPP, etc und keine Versicherungsbeiträge für dich zahlt.

Wenn Du 40 % als Patentingenieur bekommen kannst, nimm sie. Ohne PA-Zulassung ist das ein Super-Angebot. Wenn der Dich betreuende Anwalt jedoch jeden Schriftsatz überarbeiten muss, bist Du bei diesem Satz ganz sicher schnell weg vom Fenster (weil die Kanzlei dann nichts mehr an Dir verdient, sondern eher drauflegt - warum sollte man das tun?).

Auf jeden Fall solltest Du sehen, dass Du nach und nach die Akten von Anfang an bearbeiten kannst. Nichts ist auf Dauer zeitraubender als fremde Akten mitten im Verfahren zu übernehmen - am schlimmsten nur für einen Schriftsatz und anschließend übernimmt ein anderer freier Mitarbeiter die Akte. Dann kommst Du nie auf ein vernüftiges Einkommen.

An Anfang ist es aber gar nicht schlecht auch eine bereits laufende Akte zu übernehmen, um den Stil des Hauses und mit dem jeweiligen Mandanten kennen zu lernen. Dann wirst Du aber kaum 5 h / Tag abrechnen können.

Übrigens 300 Euro/h * 5 h/Tag * 40% sind 600 Euro/Tag, d.h. bei 22 Arbeitstagen 13.200 Euro/Monat. Falls Du noch wenigstens einen Tag am Wochenende drauflegst (was so kommen wird), sind es schon 15.840 Euro/Monat. Bei 60 % würdest Du dann bei 23.760 Euro/Monat liegen - ohne unternehmerisches Risiko ist das im Vergleich zu einen anderen Ingenieur bei Siemens oder BenQ nicht ganz schlecht.
 
V

Vorrechner

Guest
Vorrechner schrieb:
ohne unternehmerisches Risiko ist das im Vergleich zu einen anderen Ingenieur bei Siemens oder BenQ nicht ganz schlecht.
Sorry. Ich hatte vergessen, dass du nur Chemiker bist: Also wie bei Bayer oder so.
 
N

Nachrechner

Guest
Vorrechner schrieb:
[...]

Übrigens 300 Euro/h * 5 h/Tag * 40% sind 600 Euro/Tag, d.h. bei 22 Arbeitstagen 13.200 Euro/Monat. Falls Du noch wenigstens einen Tag am Wochenende drauflegst (was so kommen wird), sind es schon 15.840 Euro/Monat. Bei 60 % würdest Du dann bei 23.760 Euro/Monat liegen - ohne unternehmerisches Risiko ist das im Vergleich zu einen anderen Ingenieur bei Siemens oder BenQ nicht ganz schlecht.
Warum sollte eine Kanzlei so viel Geld ausgeben, wenn ein angestellter Patentingenieur nur ein Bruchteil dessen kosten würde?

Man kann daraus m.E. nur den Schluss ziehen, dass man als freier Mitarbeiter keine lukrative Arbeit bekommt, mit der man real auf die genannten Stundensätze kommt oder aber die Stundensätze deutlich niedriger liegen müssen.
 
D

d.v.o.

Guest
Vorrechner schrieb:
Übrigens 300 Euro/h * 5 h/Tag * 40% sind 600 Euro/Tag, d.h. bei 22 Arbeitstagen 13.200 Euro/Monat. Falls Du noch wenigstens einen Tag am Wochenende drauflegst (was so kommen wird), sind es schon 15.840 Euro/Monat. Bei 60 % würdest Du dann bei 23.760 Euro/Monat liegen - ohne unternehmerisches Risiko ist das im Vergleich zu einen anderen Ingenieur bei Siemens oder BenQ nicht ganz schlecht.
Mal ehrlich, das klingt jetzt nach großen Zahlen, aber verglichen mit IT-Freelancern ist das nicht besonders dolle:

IT'ler nehmen je nach Ausbildung zwischen 450,- und 1000,- pro Tag. Der Median liegt bei etwa 600,- bis 700,-, namhafte "Consulter" nehmen auch schon mal > 1500,-. Diese Summen sind im Gegensatz zu freier Patentingenieurstätigkeit unabhängig von der Tagesform und der Schwere der jeweils aktuellen Aufgabe - und das bei Projekten, die meist mehrere Monate umfassen. Zusätzlich werden diese Summen, ohne dass ich IT'ler hier abwerten möchte, mit einer teilweise weit weniger intensiven Ausbildungs- und Einarbeitungsphase erreicht.

Dagegenhalten kann man, dass diese Freelancer längere Freiläufe zwischen Projekten haben können und häufig ein recht aufwändiges Schulungsprogramm haben.

Alles in allem sind die Zahlen jedoch keinesfalls vermessen. Und am Anfang kann man froh sein, wenn man zwei abrechenbare Stunden pro Tag schafft.
 
A

Auch Chemiker

Guest
Vorrechner schrieb:
ohne unternehmerisches Risiko ist das im Vergleich zu einen anderen Ingenieur bei Siemens oder BenQ nicht ganz schlecht.
Besser als bei BenQ ist es auf alle Fälle.

@ Gast = promovierter Chemiker:
Warum wollen Sie denn als freier Mitarbeiter tätig werden? Hat es mit dem schwierigen Marktumfeld im Arbeitsmarkt zu tun oder wollen Sie auf alle Fälle im Patentwesen tätig werden? Und wenn letzteres: Macht da eine Ausbildung zum PA nicht mehr Sinn?
Oder gibt es bei freier Mitarbeit Vorteile, die sich mir hier nicht ganz erschliessen?
 
P

Patato

Guest
Auch Chemiker schrieb:
@ Gast = promovierter Chemiker:
Warum wollen Sie denn als freier Mitarbeiter tätig werden? Hat es mit dem schwierigen Marktumfeld im Arbeitsmarkt zu tun oder wollen Sie auf alle Fälle im Patentwesen tätig werden? Und wenn letzteres: Macht da eine Ausbildung zum PA nicht mehr Sinn?
Genau, da liegt für mich doch der Hase im Pfeffer, nicht bei der Frage ob angestellt oder pseudo-frei. In meinen Augen ist ein Pat-Ing in einer Kanzlei eine Sache ohne Perspektive. Klar, man verdient wohl schnell mehr als ein Kandidat. Aber man bleibt immer in der zweiten Reihe. Und wenn dann mal die Arbeit weniger werden sollte, ist man als Pat-Ing auch ganz schnell wieder draussen aus der Kanzlei.

Gerade für einen Chemiker wäre doch auch eine Tätigkeit in einer Industriepatentabteilung attraktiv: vergleichbare Arbeit, relativ gutes Gehalt, höhere Sicherheit als als Scheinselbständiger, dazu die Aussicht, zumindest die EQE ablegen zu können, und - in meinen Augen am wichtigsten - ein Umfeld, in dem man eher als Gleicher unter Gleichen arbeitet statt auf der zweituntersten Hierachiestufe einer Kanzlei gleich nach den "Damen" (das soll jetzt in keiner Weise abwertend gemeint sein, das ist nur leider die Realität in den Köpfen mancher oberen Hierarchiestufen).
 
G

GAST_DELETE

Guest
@ Gast = promovierter Chemiker:
Warum wollen Sie denn als freier Mitarbeiter tätig werden? Hat es mit dem schwierigen Marktumfeld im Arbeitsmarkt zu tun oder wollen Sie auf alle Fälle im Patentwesen tätig werden? Und wenn letzteres: Macht da eine Ausbildung zum PA nicht mehr Sinn?
Oder gibt es bei freier Mitarbeit Vorteile, die sich mir hier nicht ganz erschliessen?
Aus familiären Gründen möchte ich zur Zeit nur mit reduzierter Stundenzahl arbeiten, und auch eine längere Abwesenheit wegen des Münchener Jahres wäre im Moment schwierig. Daher habe ich mich zum jetzigen Zeitpunkt gegen eine Ausbildung entschieden. Ich denke allerdings schon darüber nach, die Zulassung zu den Prüfungen auf dem "langen" Weg zu erwerben.
 
R

Robby

Guest
Scheinselbständig bleibt die Angelegenheit - mit den damit verbundenen Problemen. Alleine deswegen ist der Plan Quatsch. Dazu kommt, wie oben angedeutet: Du hast keine Chance Dich vor stinkenden Fischen zu schützen, bei denen man wenig abrechnen kann, Du kannst nicht mals schnell weg, denn Du kannst dann bei dem neuen AG nur Deine freiberufliche Tätigkeit mit verminderter Stundenzahl vorweisen - das sieht nicht gut aus. Lass Dich irgendwo anstellen - gerade die Industrie ist für Teilzeitmodelle sehr offen. In einer Kanzlei kannst Du das vergessen, da wirst Du immer in der 2. oder 3. Reihe sitzen. Ich hoffe, das wer jetzt klar genug...
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Ich sehe das etwas anders.

Ich wollte auch unbedingt in diesem Bereich arbeiten, aber ich war aufgrund der familiären Situation regional sehr eingeschränkt. Zwar werden einem die Jobs in München nachgeworfen, aber in anderen Teilen Deutschlands sieht das eben nicht so rosig aus.
Und aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, nirgends ist Berufserfahrung so wichtig wie im Patentwesen. Hat man ersteinmal einen Fuß in der Tür, ist es erheblich leichter, sowohl in der Industrie als auch in einer Kanzlei.
Daher kann ich den Herrn/Frau Chemiker/in :eek:) sehr gut verstehen.

Zum Glück habe ich etwas gefunden, aber ich war auch kurz davor solche Dinge zu überlegen wie Chemiker. Der einzig wesentliche Nachteil auch im Hinblick auf die Ausbildung ist, dass man keine Nachweiszeiten für die Ämter erhält.
Daher meine Empfehlung: Für geringes Festgehalt anstellen lassen und den Rest über Beteiligungen einfahren.

LG
Alex
 
G

GAST_DELETE

Guest
Alex schrieb:
Daher meine Empfehlung: Für geringes Festgehalt anstellen lassen und den Rest über Beteiligungen einfahren.
Dieses Modell klingt interessant. Ist man denn dann nicht scheinselbständig, wenn man in einer Kanzlei angestellt ist und darüberhinaus nur mit dieser Kanzlei Beteiligungen aushandelt?
Ich würde mich auch freuen, wenn mich jemand kurz über die Folgen der Scheinselbständigkeit aufklären könnte.

Danke!
 
S

sichfragender

Guest
@Robby

So einfach ist das nicht mit der Scheinselbständigkeit:
http://www.hk24.de/produktmarken/recht_und_fair_play/allgemeine_rechtsauskuenfte/arbeitsrecht/anlagen/scheinselbstaendigkeit.jsp

Nur um eine Beispielsseite zu nennen.

Die Gefahr, dass man als freier Mitarbeiter bei einer Anwaltskanzlei als scheinselbständig eingestuft wird, scheint doch eher gering zu sein.

Zusätzlich kann man auf Antrag als Existenzgründer für die ersten 3 Jahre von der Scheinselbständigkeit befreit werden.
 
P

pa freiberuflich

Guest
Oh Mann, spinnt iht eigentlich? Meint ihr allen Ernstes, dass man auf Anhieb auf der gruenen Wiese soviel verdienen kann?!

Aber ich bin wohl zu langsam und zu doof! Daran wirds wohl liegen!
 
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GELDVERDIENER

Guest
Es gibt ÜBERALL Disparitäten - in freien Berufen wird das natürlich umso stärker bemerkbar...

Es ist nach 1-2Jahren Berufserfahrung durchaus möglich die genannten Sätze/Löhne zu erreichen... Diese "Spinner" reden nicht von erträumten Zahlen - außerdem was soll dieses ganze Getue (im Management wird nach einigen Jahren mindestens das gleiche - eher wohl mehr - bezahlt)
In unserem Beruf hängt dies natürlich von vielen Faktoren ab - u.A. von der eigenen Belastbarkeit, Effizienz und Kompetenz... Ich möchte Ihnen keinen Mangel in einem der Bereiche vorwerfen - jedoch würde ich mich hüten Äußerungen wie "ihr spinnt wohl!" von mir zu lassen.

Was sollte daran eine Spinnerei sein? Wo arbeiten SIE denn?
 
R

Robby

Guest
Danke für den Hinweis auf die Handelskammer Hamburg zur Rechtsberatung in Sachen Scheinselbständigkeit. Dass das Einstufen nicht ganz einfach ist, wusste ich schon vorher und den Katalog, den die Herren und Damen dort veröffentlicht haben, ist auch schon uralt. Hier sind ein paar gewichtige Argumente: Arbeitsplatz wird gestellt, dazu noch immer am gleichen Ort, Akten werden vorgelegt, keine selbstbestimmte Annahme/Ablehnung von Arbeit, Arbeitsmittel werden gestellt, keine Arbeitsübernahme durch Dritte. Die Punkte Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall etc. haben in dem Katalog eigentlich nichts verloren, denn diese sind ja gerade Teil des Angestelltenverhältnisses, das eben wegen solchen Ansprüchen vermieden werden soll.
 
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