Fachlicher Einsatz während der Ausbildung

F

Frederik

Guest
Hallo zusammen.
Ich will mich in naher Zukunft um eine Kandidatenstelle bemühen, was mir allerdings bezüglich der Ausbildung beim Patentanwalt immer noch nicht ganz klar ist: Werde ich auf nur einem speziellen Fachgebiet, z.B. Physik eingesetzt, oder kriegt man in der Regel auch die Möglichkeit auf mehreren Gebieten zu arbeiten. Kann mir da jemand seine Erfahrungen kundtun? Mir ist schon klar, dass sich beispielsweise ein Physiker schwer tut, Anmeldungen im Bereich der Chemie zu bearbeiten, aber im Bereich E-Technik oder Maschinenbau hätte er wahrscheinlich weniger Probleme.

In den grösseren Kanzleien gibt es ja meistens mehrere Anwälte, die speziell ein Fachgebiet betreuen. Hat man vielleicht einen Vorteil, wenn man sich in einer kleineren Kanzlei ausbilden lässt, weil man dort eventuell die Möglichkeit bekommt, nicht so hoch spezialisiert zu arbeiten und ein breiteres Spektrum an Bereichen kennenzulernen?

Viele Grüsse,
Frederik
 
G

golo

Guest
ich bin in einer grösseren kanzlei und bin fachlich ziemlich eingeengt. bei einem bekannten von mir, der in einer kleineren kanzlei seine kandidatenzeit verbringt, ist dies nicht der fall. er kann auf mehreren gebieten tätig werden.
 
G

grond

Guest
Frederik schrieb:
Hat man vielleicht einen Vorteil, wenn man sich in einer kleineren Kanzlei ausbilden lässt, weil man dort eventuell die Möglichkeit bekommt, nicht so hoch spezialisiert zu arbeiten und ein breiteres Spektrum an Bereichen kennenzulernen?
Warum sollte es ein Vorteil sein, innerhalb mehrerer Fachgebiete zu arbeiten? Ziel der Ausbildung ist es nicht, das natur- oder ingenieurwissenschaftliche Verständnis des Kandidaten zu fördern, sondern das juristische. Und dazu ist jedes Fachgebiet geeignet. Kennt man sich innerhalb eines Gebietes gut aus und darf auch die meiste Zeit in diesem arbeiten, kann man seine Arbeitszeit um so effektiver nutzen und das eigentliche Lernziel um so schneller erreichen, weil man sich nicht ständig in fachfremde Inhalte einarbeiten muss.
 
P

paule

Guest
der Job ist aber interessanter, wenn man sich nebenbei auch technich in allen möglichen Bereichen fortbildet. Ich habe Aufträge aus allen Möglichen Bereichen und empfinde das als sehr bereichernd. Gerade als Physiker kann man in Themen aus dem Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Elektronik usw. mitreden. Fachleute aus anderen Gebieten tun sich da vielleicht schwerer und sind daher besser beraten, auf ihr Fachgebiet beschränkt zu bleiben.
 
U

u. n. own

Guest
Gert schrieb:
Die Physiker und ihre Allmachtsphantasien:)))
Naja, da gibt's auch andere...;-)

Aber ohne Schmarrn: Ich arbeite (als Chemiker) auch auf den Gebieten Pharmazie, Medizintechnik und Materialwissenschaft (Werkstoffkunde), und manchmal ist das, was man da machen muss, doch SEHR weit von meinem eigenen Fachgebiet entfernt; so weit manchmal, dass ich ein bisschen zittere, ob das auch alles stimmt, was ich da so verzapfe; bzw, ob ich mich jetzt gerade vor dem Mandanten als Ignorant oute.

Fazit: Ist es eigentlich immer wünschenswert, über das eigene Fachgebiet hinauszugehen???
 
G

Grübler

Guest
Fazit: Ist es eigentlich immer wünschenswert, über das eigene Fachgebiet hinauszugehen???
Wenn das jetzt kein Fazit, sondern eine Frage ist, dann würde ich sagen: Kann eigentlich nicht gewollt sein.

Stehe selber (9. Ausbildungsmonat) auch im Moment mal wieder zitternd vor einem Schriftsatz, den ich hier verzapfe, bei dem ich mir eigentlich sicher bin, dass es vom Mandanten nicht gewollt sein kann, dass ich
  • ohne Kenntnis des betroffenen Fachgebiets
  • und leider auch ohne den erforderlichen patentrechtlichen Hintergrund (der Zeitmangel meiner Chefs... und unsere Literatur gab auch nix her... und überhaupt ist gar keine Zeit zum Nachlesen da, der Schriftssatz soll ja raus...)
mal wieder eine Bewertung für etwas zusammentippe, bei dem ich mir selbst nur bedingt trauen würde.

Sämtliche Kommunikationsversuche "nach oben hin" wurden mal wieder abgeschmettert, und so langsam interpretiere ich ein "das schaffen Sie schon!" nicht mehr als "wir vertrauen Ihnen", sondern als "wir haben keine Zeit/Interesse".
 
A

Alias

Guest
@ u. n. own:
für mich ist es absolut wünschenswert. Ich sehe es genau wie paule und finde es an unserem Job gerade spannend, dass man sich mit neuen anspruchsvollen Dingen herumschlagen muss.

Man muss dann aber natürlich auch akzeptieren, dass man mehr Zeit braucht, wenn man mal abseits seines ureigenen Gebietes grast... Im eigenen Spezialgebiet ist man schneller und effizienter und kann die gewonnene Zeit für die nächste Akte (oder mehr Freizeit) nutzen... Mir persönlich würde trotzdem was fehlen...

Natürlich gibt es Gebiete, die einfach zu weit wegliegen, als dass man da noch was machen sollte (für mich zB Chemie u.v.m.). Das kann man dem Mandanten gegenüber nicht verantworten.

Noch zwei Gedanken zur Spezialisten-Generalisten-Diskussion (bei der es mit Sicherheit immer zwei unvereinbare Meinungen geben wird):
  • Nichtigkeitssenate und Beschwerdekammern sind auch mit Generalisten beschäftigt, ord. Gerichte sogar mit Nichttechnikern, dh: ganz am Ende wird die Patentschrift dort beurteilt und vielleicht ist es nicht so schlimm, wenn schon der PA kein Spezialist ist;
  • Das eigene Spezialgebiet ist manchmal ganz schön klein; und in ein paar Jahren ist das Diplom- oder Doktorarbeitswissen auch veraltet, so dass man sich von der Experten-Attitüde eh irgendwann verabschieden muss und anerkennen muss, dass der einzig echte Experte der Erfinder ist.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Alias schrieb:
und anerkennen muss, dass der einzig echte Experte der Erfinder ist.
Also ich arbeite in einer Industriepatentabteilung und kann das so nicht stehenlassen. Zu oft habe ich bei der Recherche schon Stand der Technik gefunden, der alles "erfundene" vorwegnimmt.

Und oft haben die Erfinder eine völlig verquere Vorstellung davon, was Sie eigentlich erfunden haben. Die muß dann der "Patentsachbearbeiter" erst einmal gerade biegen und die eigentliche Erfindung herausarbeiten.

Also bestenfalls ist das Team "Patentsachbearbeiter" und Erfinder Experte.
 
G

Gast 2

Guest
Ich (Chemiker) arbeite ebenfalls in einer Industriepatentabteilung und kann nur bestätigen:

Wer sich auf das verlässt, was einem die Erfinder sagen, der ist verlassen.

In der Tat: Die Erfinder wissen häufig nur, dass sie ein Patent wollen, aber nicht, was sie erfunden haben.

Häufig ist der von den Erfindern genannte Stand der Technik gar nicht relevant, während umgekehrt äußerst relevante Schriften fehlen.

Ich arbeite gerne auch einmal in verschiedenen Gebieten der Chemie, und bin da auch sehr flexibel, aber eine Biologie- oder Mechanik-Erfindung würde ich in der Regel an einen Kollegen weitergeben.

Ohne meinen eigenen chemischen Sachverstand würde ich sehr viel schlechtere Anmeldungen schreiben - das ist mir zu wenig, und für meine Firma ist es auch zu wenig.

Von meinen Outsourcing-Anwälten erwarte ich auch chemischen Sachverstand, ansonsten bekommen sie keine Aufträge mehr.
 
U

u. n. own

Guest
Alias schrieb:
@ u. n. own:
für mich ist es absolut wünschenswert. Ich sehe es genau wie paule und finde es an unserem Job gerade spannend, dass man sich mit neuen anspruchsvollen Dingen herumschlagen muss.
Da stimme ich Dir sofort zu. Ich sehe nur folgendes Problem:

Meine Ausbilder haben selbst keinen chemischen Background, und das dürfte einer der Hauptgründe sein, warum ich zur Ausbildung angenommen wurde; man wollte das fachliche Profil der Firma abrunden. Das ist zunächst mal sehr erfreulich, denn es könnte auf eine günstige Zukunftsperspektive in dieser Firma (in der ich mich auch sonst wohlfühle) hindeuten. ABER wenn man bei technischen Problemen, Unklarheiten etc. der einzige mit fachlicher Qualifikation ist, dann kann der ausbildende Anwalt einem nicht weiterhelfen. Konsequenz: Das Resultat der Arbeit - ob das jetzt die Beantwortung eines Amtsbescheids, der Entwurf für eine Neuanmeldung oder die Bewertung eines älteren Dokuments in einer freedom-to-operate opinion ist - basiert allein auf MEINER Stellungnahme.

Das ist eine gute Einführung in die Bedeutung der anwaltlichen Verantwortung; fragt sich nur, ob das für einen Kandidaten nicht ein bisschen viel ist...
 
P

paule

Guest
Ich halte die Aufgabenteilung zwischen "Chemie" im weitesten Sinne und "Mechanik/Elektrotechnik", wie sie auch im EQE gegeben ist, für sinnvoll und auch hinreichend. Selbst als Physiker mit Allmachtsphantasien wollte ich mir und dem Mandanten kein Pharmazie-Patent zumuten. Es geht ja bei Neuanmeldungen nicht in erster Linie um das Verstehen des Sachverhalts sondern um das Antizipieren von Umgehungslösungen. Und von denen habe ich im Pharma-Bereich wirklich überhaupt keine Ahnung. Daher sollen das eher die Experten machen.

Was zur Spezialisierung noch zu bemerken wäre, ist, dass man bei der langjährigen Arbeit mit spezialisierten Mandanten auch zum Experten in dessen Fachgebiet wird. Gleiches gilt natürlich für die spezialisierten Sachbearbeiter in einer Industriepatentabteilung. Spätestens wenn man zehn Anmeldungen für den gleichen Erfinder geschrieben und durchdiskutiert hat, hat man auch Expertise auf dessen Gebiet gewonnen - zumindest, wenn man sich gewissenhaft in das Thema vertieft. Das so erarbeitete Fachwissen hat natürlich im Allgemeinen nichts mti dem Studium zu tun, ist aber dennoch häufig Expertenwissen. Vielleicht sind das aber auch nur die Allmachtsphantasien des Patentanwalts ;-)
 
G

grond

Guest
paule schrieb:
der Job ist aber interessanter, wenn man sich nebenbei auch technich in allen möglichen Bereichen fortbildet.
Auch innerhalb meines Fachgebietes gibt es massenhaft Bereiche, in denen ich Neues hinzulernen kann. Allerdings ist das mit sehr viel weniger Mühe verbunden, als wenn ich mich in vollkommen fachfremde Sachen einarbeiten müsste. Tatsächlich muss ich das aber immer noch oft genug, wenn nicht sogar in der überwiegenden Mehrheit der Fälle.


Gerade als Physiker kann man in Themen aus dem Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Elektronik usw. mitreden.
Ist nur die Frage, was für einen Schwachsinn man dabei verzapft.


Fachleute aus anderen Gebieten tun sich da vielleicht schwerer und sind daher besser beraten, auf ihr Fachgebiet beschränkt zu bleiben.
Den Spruch muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen... :)

Meine Meinung: Physiker sind meistens absolute Nieten außerhalb ihres Fachgebietes und werden nur an fachfremde Themen herangelassen, weil ein Physiker nicht ganz unintelligent sein kann. Und dann ist ein Physiker eben immer noch besser als niemand.

So.
 
S

schorschi

Guest
Bezüglich des üblichen Kleinkrieges zwischen Ingenieuren und Physikern und der entsprechenden Arroganz (s.o.) verweise ich auf den in Kürze zu errichtenden Thread "Psychologische Beratung für Kandidaten und werdende Patentanwälte".

Bitte vor "Ausrastern" den Psychoonkel konsultieren.
 
A

Aggressor

Guest
schorschi schrieb:
den in Kürze zu errichtenden Thread "Psychologische Beratung für Kandidaten und werdende Patentanwälte".
Braucht man als fertiger PA keine Psycho-Überwachung mehr? Ich nehme an, es brodelt dann unter der Oberfläche weiter. Es gibt ja auch dann noch viele Feinbilder: Ingenieure, Physiker, Chemiker, Promovierte, FH-Absolventen, Rechtsanwälte...
 
G

Gast999

Guest
Ich habe ja schon imme den Eindruck gehabt, dass spätestens drei Monate nach Beginn der Ausbildung die Gehirnwäsche erste Erfolge zeigt. Mit Abschluss der Kandidatenzeit ist dann die Gehirnwäsche soweit fortgeschritten, dass jeder fertige PA den unvermeidlichen Hau weg hat, der für die Unbeliebtheit des Berufsbilds unverzichtbar ist. Unmittelbare Anzeichen sind ja bereits in diversen Threads, wie "Versorgungskammer" o.ä. bei diversen Kandidaten deutlich ersichtlich. Auch deshalb plädiere ich für eine psychologische Zwangsbetreung der fertigen PAs über die gesamte Berufszeit und hilfsweise zur Pflicht eines vollgummierten Büros mit allen erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der sonstigen Bevölkerung.

Und ja, wer jetzt meint, ich meine das alles ernst, der sollte sich wohl am besten gleich über das Angebot einer psychologischen Betreuung kümmern. :))))))))))))
 
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