Erfahrung mit deutscher Prüfung aus der Industrie

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Steffi

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Hallo,

ich arbeite in der Patentabteilung einer Pharmafirma und würde irgendwann gerne die Deutsche Patentanwaltsprüfung ablegen. (Dies ist bislang allerdings so nicht üblich)

Noch könnte ich sowohl das Kandidatenprocedere durchlaufen, als auch in einigen Jahren die Prüfung nach §172 PAO ablegen.

Kann mir jemand seine Erfahrung schildern. Was ist der bessere Weg. Wie wurde das mit dem Amtsjahr gehandhabt? Wie hat der Arbeitgeber das unterstütz oder auch nicht?

Im Falle einer Prüfung nach 8Jahren Beruf: Kann man sich dann überhaupt noch aufraffen? Kann man die Prüfung nach §172 schaffen ohne das Hagenstudium gemacht zu haben? Woher kamen die Juristischen Kenntnisse, einzig durch Eigenstudium?

Ich würde mich über rege Diskussion in diesem Sinne sehr freuen.
 
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Guest
Das Problem mit dem §172 Weg ist, dass Du 100 Aktenzeichen des DPMA vorweisen mußt, an denen Du mitgearbeitet hast. Das kann ein Problem sein, wenn Deine Firma alles über das EPA macht!

Zudem sollten auch Markensachen dabei sein.
 
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gast

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Bei uns ist die deutsche Prüfung mittlerweile üblich, allerdings ausschließlich nach § 172. Dies wird von der Firma insofern unterstützt, als sie die Studiengebühren übernimmt und die Fahrten zu Hagen-Seminaren etc. sind Dienstreisen.
Die Zeit zum Lernen muss man sich natürlich neben der Arbeit nehmen, und dafür gehen schon manches Wochenende und auch einige Urlaubstage 'drauf.
Ich bin damit aber ganz gut zurecht gekommen, so wie viele andere Industriekandidaten aus vielen verschiedenen Firmen auch. Wenn man nämlich schon einige Jahre Berufserfahrung hat und auch schon die Europäische Prüfung, dann tut man sich mit vielem leichter.
Also, nur Mut!
 
S

schorschi

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Auch ich mache derzeit eine Ausbildung nach §172 PatAnwO. Diese hat zwar für meinen Arbeitgeber den Vorteil, dass er nicht 8 Monate auf seinen Mitarbeiter verzichten muss, aber für mich auch (ganz wesentliche) Nachteile:

  • kein "Amtsjahr" beim BPatG. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen (insbesondere bezüglich prozessualer Abläufe) halte ich für wesentlich bei der späteren Arbeit als Patentanwalt/-assessor,
  • keine Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften, bei denen u.a. Prüfungsaufgaben bearbeitet werden (hilfreich für die eigene spätere Prüfung).
Leider gibt es bisher keine Teilnahme auf freiwilliger Basis, z.B. in Form eines Praktikums beim BPatG, denn hierfür würde ich auch meinen Urlaub opfern.

Anmerkungen zu Aussagen meiner Vorredner/-innen:

  • auch bei einer Ausbildung nach § 172 PatAnwO ist ein Hagen-Studium erforderlich (siehe z.B.: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/patanwo/),
  • bei meinem Arbeitgeber bedeutet eine EP-Anmeldung auch immer eine DE-Anmeldung, da immer auch DE benannt wird. Mit Erteilung des EP-Patentes ergibt sich somit automatisch ein deutsches Patentaktenzeichen. Frage an das Forum: Reicht ein solches Aktenzeichen aus?
 
G

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Guest
Das mit den 100 Aktenzeichen ist keine offizielle Regelung:

§ 172 PatAnwO

(1) Abweichend von den Vorschriften des § 10 Abs. 2 über den Nachweis der technischen Befähigung und der Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes kann zur Prüfung zugelassen werden, wer, nachdem er im Inland
1. sich als ordentlicher Studierender an einer wissenschaftlichen Hochschule
dem Studium naturwissenschaftlicher oder technischer Fächer gewidmet und
dieses Studium durch eine staatliche oder akademische Prüfung mit Erfolg
abgeschlossen hat oder
2. auf einer öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten Ingenieurschule
oder einer gleichwertigen technischen Lehranstalt eine nach deren
Grundsätzen abgeschlossene technische Ausbildung erlangt hat,
mindestens zehn Jahre auf Grund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses für einen Auftraggeber hauptberuflich eine Beratungs- oder Vertretungstätigkeit auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ausgeübt hat und im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine solche Tätigkeit, die nach Art oder Umfang bedeutend ist, noch ausübt; § 7 Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Bewerber, die die europäische Eignungsprüfung für die vor dem Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter bestanden haben, beträgt die Frist mindestens acht Jahre.

Wesentlich ist, dass man den Nachweis über die Tätigkeit erbringt.
Dazu sollen die 100 Aktenzeichen dienen.
Ich kenne aber Industriekandidatenten, bei denen war es mit den 100 Aktenzeichen auch etwas knapp; sie haben andere Möglichkeiten gefunden, die Tätigkeit nachzuweisen.
In meiner Liste ist DE über EP nicht enthalten; aber eigentlich ist das ein sehr guter Gedanke.
 
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Anti-Gas-T

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Gast schrieb:
Das Problem mit dem §172 Weg ist, dass Du 100 Aktenzeichen des DPMA vorweisen mußt, an denen Du mitgearbeitet hast. Das kann ein Problem sein, wenn Deine Firma alles über das EPA macht!
Zwei aus dem Kontext gemachte Annahmen:
  • Es handelt sich in dem betreffenden Unternehmen zum überwiegenden Teil, wenn nicht gar ausschließlich um Arbeitnehmererfindungen (sonst bräuchte man keine eigene IP-Abteilung).
  • Diese werden inanspruchgenommen (sonst bräuchte man keine eigene IP-Abteilung).
Zwingender (Zwischen-)Schluss:
Der Arbeitgeber ist zum Anmelden in Deutschland verpflichtet, § 13 Abs. 1 ArbEG. Es muss also DE-Anmeldungen geben.

Eine vernünftige Annahme:
Die EP-Anmeldungen werden aus den DE-Anmeldungen erstellt oder umgekehrt, nicht unabhängig voneinander.

Zwingender Schluss:
Jede EP-Anmeldung bedeutet automatisch eine DE-Anmeldung. Das angesprochene Problem kann es also gar nicht geben.

Oder gibt es relevante Rechtsprechung, die EP/DE-Patente als "Anmeldung im Inland" (ArbEG) gelten lässt? Glaube ich kaum.
 
G

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Guest
Also die Aussage bzgl. der 100 Aktenzeichen des DPMA stammt aus einem Artikel der zuständigen Leiterin vom 3.2.1 des DPMA. Ich glaube, der wurde im VPP Rundbrief Nr. 4/2002 veröffentlicht. Bin mir aber nicht mehr sicher, da der Artikel jetzt bei mir zu Hause liegt.

Natürlich gilt eine Europäische Anmeldung mit Benennung Deutschland als inländisch im Sinne des ArbEG. Aber das Verfahren vor dem EPA und dem DPMA ist doch ein ganz anderes. Und nur letzteres Bestandteil der Deutschen Prüfung. Also ich würde da lieber mal bei einer Dame von 3.2.1 nachfragen, ehe ich hier spekuliere oder mich darauf verlasse, ob das anerkannt wird.
 
G

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Anti-Gas-T schrieb:
Der Arbeitgeber ist zum Anmelden in Deutschland verpflichtet, § 13 Abs. 1 ArbEG. Es muss also DE-Anmeldungen geben.
Mir ist gerade noch aufgefallen, dass das ja gar nicht stimmt. Es ist gängige Praxis in vielen Firmen, dem Arbeitnehmer das Recht abzukaufen. Siehe dazu auch die vielen Studien, die im Zuge der Diskussionen um eine Novelle des ArbEG gemacht wurden.
 
G

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Guest
Ich habe nachgeschaut: Der besagte Artikel steht in besagtem VPP-Rundbrief.

Dort steht dann auch: Der Nachweis über die Aktenzeichen muss mittels Namenskürzeln und Diktatzeichen erfolgen! Wenn aber der ganze Schriftverkehr mit dem EPA erfolgt ist, hat dann auch das DPMA denselben? Zudem, wenn der Schriftverkehr nicht in Deutsch, sondern in Englisch stattgefunden hat, was dann (keine seltene Situation in internationalen Konzernen)? §126 PatG besagt doch, dass Amts- und Gerichtssprache Deutsch ist. Es werden also insbesondere fremdsprachliche Schriftstücke nicht einfach so akzeptiert. Zudem stellt sich da doch die Frage der deutschsprachlichen Befähigung für den amtlichen Schriftverkehr...

Also wie gesagt, ich würde lieber bei der Abteilung 3.2.1 nachfragen. Das Ergebnis interessiert mich aber auch.
 
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Anti-Gas-T

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Gast schrieb:
Es ist gängige Praxis in vielen Firmen, dem Arbeitnehmer das Recht abzukaufen.
Welches "Recht" des AN? Es handelt sich um eine gesetzliche Pflicht zur Anmeldung "im Inland". Da steht nicht "mit Wirkung für das Inland" o. ä!

Welche Studien meinst Du? Gibt's die online?
 
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Guest
Ich selber habe mir noch keine solche Studie angeschaut. Ist wohl vermutlich auch alles immer sehr informell behandelt worden bei den damaligen Diskussionen.

Aber in GRUR 2005, Heft 2, S. 132 steht:

"Eine Untersuchung der Praxis in Unternehmen unterschiedlicher Größe hat ergeben, dass viele Arbeitgeber eigene Incentive-Programme entwickelt haben und darin von den Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes abweichen. Eine solche Möglichkeit sieht § 22 S. 2 ArbEG ausdrücklich vor. Insbesondere bieten zahlreiche Unternehmen ihren Arbeitnehmern gegen Pauschalzahlungen Abkaufregelungen an, um sich vom Anmeldezwang zu befreien. Zum Teil wird auch die so genannte Anbietungspflicht abgekauft, nach der der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer die Anmeldung seiner Erfindung in durch den Arbeitgeber nicht besetzten Staaten oder auch im Inland bei Aufgabe des Schutzrechts anzubieten (§§ 14, 16 ArbEG)."

Das sollte eigentlich alles beantworten. Ich kann die Ergebnisse der Studie aus eigener Erfahrung bestätigen.
 
G

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Guest
Anti-Gas-T schrieb:
Welche Studien meinst Du? Gibt's die online?
In der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum des VPPP gibt es einen Beitrag "Novellierung des ArbEG - Kein Ende in Sicht. Die Industrie reagiert mit Incentive-Systemen" den man als echte Studie durchgehenlassen kann.

Der Band enthält auch sonst eine Menge interessanter Artikel. Sehr empfehlenswert.
 
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