Die Länge von Anmeldungen

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LostJedi

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Nachdem ich eben nach 8-stündigem Studium der 10 Entgegenhaltungen der Prüfungsstelle (fast alles amerikanische Werke mit 30 Seiten à la "Der Prozessor 132 kann das Modell XY sein, erhältlich bei YZ Prozessoren, ..., (US)") etwas den Kandidatentreff durchschmökerte, fiel mir auf, dass viele Leute von den "20-25-Seiten"-Anmeldungen oder gar 40 Seiten reden.

Mir hat man - allerdings nur im Bezug auf nichtchemische, nichtbiologische Anmeldungen - die Philosophie nahegebracht, dass es bei einer Anmeldung um die Darstellung einer Idee ginge, die ja meist grundlegend sei. Deshalb habe eine gute Anmeldung die Länge von etwa 10 Seiten.

Zudem scheint sich diese These für den technischen Bereich zu bestätigen, da ich jedes Mal, wenn ich eine amerikanische Schrift lese, mich frage, was zum Henker nun eigentlich die Erfindung ist, wenn zum x-ten Mal durchgekaut wird. wie Prozessor A von welcher Firma mit Prozessor B redet, und das das alles natürlich nicht den Schutzbereich einschränkt. :)

Dementsprechend mal meine Frage an die Runde: Entsprechen diese 20-25-Seiten-Standards einer anderen Fachrichtung als "reine Technik"? Wie sind andere Philosophien? (und warum?) Wieviele Seiten hat die Durchschnittsanmeldung in anderen Kanzleien? (Beschreibung)
 
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grond

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LostJedi schrieb:
Dementsprechend mal meine Frage an die Runde: Entsprechen diese 20-25-Seiten-Standards einer anderen Fachrichtung als "reine Technik"? Wie sind andere Philosophien? (und warum?) Wieviele Seiten hat die Durchschnittsanmeldung in anderen Kanzleien? (Beschreibung)
Zynisch ausgedrückt: die Länge der Anmeldung ist antiproportional zu ihrem Gehalt...

Je unsicherer es ist, ob man überhaupt etwas erteilt bekommt, desto mehr schwafelt man rum. Das gilt umso mehr bei Mandanten, die "Zählpatente" wollen (Geschäftsbericht oder staatliche Fördergelder), dann klammert man sich am Ende eben auch noch an die Schraube, die links herum dreht, und behauptet, dass der hier einschlägige Fachmann kein Fachmann auf dem Gebiet der Schrauben sei und blabla...

Sehr interessant sind vor diesem Hintergrund die Patentlängen von Entgegenhaltungen in unterschiedlichen Fachgebieten, die ich bearbeite:

Elektronik: vier bis acht Seiten
Medizintechnik: 20 bis 40 Seiten
Software: 40 bis 120 Seiten

Meine "schönste" Anmeldung (45 Seiten) des letztgenannten Gebietes hat ca. 600 Seiten Entgegenhaltungen generiert. Und trotz exzessivem Geschwafel meinerseits ist wirklich nichts übriggeblieben... :)
 
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Gast999

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Wobei man auch bedenken sollte, daß die Anmeldung, sollte sie in den USA eingereicht werden (ggf. auch über PCT) sehr wohl voel Geschwafel bis runter zur letzten Schraube alles beschreiben sollte, da die zum einen das best mode requirement haben und andererseits der Fachmann ordinary skill in the art hat, also wie viele US-Prüfer nix in der Birne.
 
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Lisa

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In Mechanik / Kfz-Technik / Optik usw. sind "meine" Anmeldungen i.A. 10 bis 15 Seiten lang, dazu kommen 8 bis vielleicht max. 15 Ansprüche. Die Länge hängt vor allem davon ab, wieivele Zeichnungen beschrieben werden müssen - wenn ich 5 Figuren mit 3 verschiedenen Ausführungsformen habe, komme ich wohl kaum mit unter 10 Seiten aus, bei nur 3 Figuren, die alle ein Ausführungsbeispiel zeigen, reichen vielleicht 9 oder 10 Seiten, je nachdem.

Bei US-Anmeldungen, die wir übersetzen und in DE einreichen ists schon manchmal länger, allerdings steht dann oft in Gruppen von Anmeldungen wörtlich der gleiche Text als Einleitung drin, der aber z.T. garnicht passt.

Kenne auch Kanzleien, in den Anmedlungen mit 50 Ansprüchen und 30 Beschreibungsseiten verzapft werden (Elektronik / E-Technik o.Ä., nicht Bio oder Chemie), halte das aber für unsinnig für DE oder EP, und zumindest bei der Beschreibung wird da im Übrigen dann auch teilweise mit Textbausteinen gearbeitet.
 
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GAST_DELETE

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Weitere Aspekte hinsichtlich der Länge der Anmeldungen:

  • Je mehr man schreibt, desot größer ist die Chance, hinterher jemand wegen äquivalenter Verletzung dranzukriegen, insbesondere nachdem nur dann etwas äquivalent ist, wenn der Fachmann anhand der Ausführungen des Patents etwas als gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Steht dazu im Klagepatent nichts drin, wird es mit der Äquivalenz schwierig. Die Gerichte, zumindest das Düsseldorfer, sehen das sehr streng. Das heißt natürlich nicht, dass man ohne Ende schwafeln sollte, aber die ein oder andere Anregung, wie man es noch machen kann, kann da recht sinnvoll sein.
  • Man bedenke, dass in den meisten Ländern Übersetzungen der Priobelege gefordert werden und insbesondere auch Übersetzungen jeder Änderung, die im Anmeldeverfahren eingereicht wird. Da kann eine Anmeldung, die sehr lang ist, schon mal zu empfindlich höheren Kosten für den Mandanten führen. Bei einer Unmenge an Ansprüchen gilt das sowieso. Wenn das auch nicht zwingend ein Argument für oder gegen Qualität ist, so ist es doch zumindest die Aufgabe, den Mandanten darauf aufmerksam zu machen.
Ich glaube, dass es eine beineidenswerte Kunst ist, viel in wenigen Worten zu schreiben. Wer diese Kunst beherrscht kann oft mit weniger Worten mehr sagen, als jemand, der diese Kunst nicht beherrscht. Man muss halt wissen, was man sich zutraut. Soviel zur Qualität.
 
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GAST_DELETE

Guest
Ein weiterer Aspekt (besonders für Chemie):

Um den eigentlichen erfinderischen Gedanken darzustellen gilt sicherlich: In der Kürze liegt die Würze!

Es gibt aber auch den defensiven Aspekt von Patentanmeldungen:
Wie mache ich es der Konkurrenz so schwer wie möglich, Auswahlerfindungen einzureichen?
Hier gilt: Je mehr Varianten, Ausführunsgsformen, Substituenten etc. ich offenbare, desto schwerer wird es für die Konkurrenz.

Weiterhin zu berücksichtigen:
Je mehr "Zwiebelschalen" offenbart sind, desto mehr Rückzugsmöglichkeiten hat man im Prüfungsverfahren.

Erwähnt wurde bereits, dass man durch mehr Offenbarung die Möglichkeiten zur Verfolgung äquivalenter Patentverletzungen verbessern kann.
 
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