Allg. Berufliche Alternativen zur Anwaltskarriere im Bereich gewerblicher Rechtsschutz

Caprivi

Schreiber
Hallo zusammen,

um es vorwegzunehmen, ja, ich habe die Suchfunktion bemüht. Leider konnte ich nichts finden, was mein Anliegen betrifft, weshalb ich nun mit diesem Beitrag diese Lücke zu füllen versuchen möchte. Zu mir und dem Grund bzw. der Motivation für meinen Beitrag Folgendes.

Ich bin vor ca. 2,5 Jahren über ein sechsmonatiges universitäres Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit einem bekannten deutschen mittelständischen Unternehmen erstmals in Berührung mit dem Themengebiet des gewerblichen Rechtsschutzes gekommen. In unserer Gruppe, die das Forschungsprojekt bearbeitete, wurde ich - mehr oder minder durch Zufall - derjenige, der sich mit der Patentrecherche und Bewertung der Inhalte der Patente auseinanderzusetzen hatte. Nicht zuletzt wegen der Analyse bestehender Schutzrechte unser entwickeltes Produkt betreffend konnten wir das Projekt sehr erfolgreich abschließen.

Mein Interesse für den gewerblichen Rechtsschutz, von dem ich bis dato neben der reinen Existenz etwa von Patenten oder Marken nichts wusste, war geweckt und ich beschäftige mich seither mit diesem Gebiet. Ich habe das einjährige Fernstudium "Gewerblicher Rechtsschutz" an der FernuniHagen absolviert und lese mit regem Interesse weiterhin fachspezifische Literatur.

Nach meinem Abschluß im Studiengang Maschinenbau bin ich seit etwas über einem Jahr als Entwicklungsingenieur im Bereich Faserverbundwerkstoffe im Bereich Luft- und Raumfahrt tätig. Auch hier bin ich, wenn auch unregelmäßig, im Kontakt mit dem Thema gewerblicher Rechtsschutz. Neben Recherchen nach dem Stand der Technik und der Überwachung von Anmeldungen von Wettbewerbern habe ich eine Erfindungsmeldung und deren Reifen hin zu einer europäischen Anmeldung aktiv mitbearbeitet (wobei die Kanzlei meine ausformulierte englische Anmeldung tatsächlich fast 1 zu 1 übernommen hat - ob das für mich oder aber viel mehr gegen die Kanzlei spricht kann ich mangels weiterer spezifischer Erfahrung nicht sagen).

Jetzt bin ich 30 und am Überlegen, in welche Richtung ich mich beruflich orientieren soll. Sowohl das Technische als auch das Sprachliche reizt mich sehr. Für beides, so denke ich, habe ich eine gewisse Begabung. Vor meinem Studienbeginn hatte ich die wahrscheinlich seltene Entscheidung zwischen den Studienfächern Maschinenbau und Journalismus zu treffen. Ich arbeite aktuell in einem Forschungsprojekt mit internationalen Partnern, das noch bis Mitte/Ende des nächsten Jahres laufen wird. Hier trage ich eine gewisse Verantwortung, nehme fachlich unglaublich viel mit und habe nette Kollegen, so dass ich das Projekt auf jeden Fall zu Ende bringen möchte. Für die Zeit danach steht allerdings eine Entscheidung an.

Ich könnte mir eine Ausbildung zum Patentanwalt sehr gut vorstellen, wenngleich der hier regelmäßig vorzufindende, beinahe rituell anmutende Abgesang auf die gesamte Branche und die allgegenwärtige Kandidatenschwemme in mir natürlich eine gewisse Skepsis hervorruft. Die Gehaltseinbußen, die ich als Kandidat im Vergleich zu meinem jetzigen Gehalt hinnehmen müsste, wären kein Grund zu großer Freude, jedoch sicher hinnehmbar. Sorgen macht mir hier eher die mögliche finanzielle Situation im Amtsjahr. Ich musste mir schon mein Studium durch diverse Nebentätigkeiten vollständig finanzieren und kann leider keinen Sponsor aus dem familiären Umfeld akquirieren. Hierzu lässt sich allerdings genug im Forum finden.

Im Zusammenhang mit der Frage Patentanwaltsausbildung ja oder nein - die ich mit mir selbst (und meiner Regierung) zu klären habe - würden mich solche Alternativen interessieren, die keiner weiteren Ausbildungsjahre als Kandidat bedürfen.
  • Was wären hier als Patentingenieur oder - referent die Aufgaben im beruflichen Alltag und was die Perspektiven?
  • Macht der Patentingenieur in einer Kanzlei wirklich nur das, was der Patentanwalt gerade nicht machen möchte oder gerade nicht machen kann?
  • Gibt es als Nicht-Anwalt innerhalb einer Kanzlei wirkliche Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung?
  • Macht der Prüfer 40 Jahre lang nur die immer gleiche Prüfarbeit in seinem jeweiligen Fachgebiet?

Außerdem interessiert mich noch, ob ich mich ohne eine Anstellung in einer Kanzlei oder einer entsprechend gearteten Industrieabteilung weiter dergestalt in dem Bereich fortbilden kann, dass ich irgendwelche Prüfungen ablegen oder Zertifikate erwerben kann. Ich habe hierzu einige Bücher in meinem Regal stehen und lese außerdem das eine oder andere im Internet.
In einem Seminar sagte der Seminarleiter einmal so schön: „Sie sind im Land der Zeugnisse und Zetrifikate. Wenn von zwei Menschen einer nichts und einer alles kann, aber nur der erste ein Zeugnis hat, was glauben Sie, wer genommen wird?“. Da das ein Stück weit wahr ist, wäre ein gewisser offizieller Charakter meiner Weiterbildung sicher nicht verkehrt.
Danke für Eure Antworten

Viele Grüße
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Caprivi,

hier einige Antworten:

Außerdem interessiert mich noch, ob ich mich ohne eine Anstellung in einer Kanzlei oder einer entsprechend gearteten Industrieabteilung weiter dergestalt in dem Bereich fortbilden kann, dass ich irgendwelche Prüfungen ablegen oder Zertifikate erwerben kann.
Irgendwelche Prüfungen oder Zertifikate? Reichlich. Es gibt viele teure und auch gute Kurse und Seminare. Aber nichts, womit man Patentanwalt werden kann. Außerdem werden für alle qualifizierten Jobs in diesem Bereich nachweisbare Praxiserfahrungen gefragt, keine Lehrgänge.

[*]Macht der Prüfer 40 Jahre lang nur die immer gleiche Prüfarbeit in seinem jeweiligen Fachgebiet?
Vermutlich meinst Du jetzt einen Prüfer beim Deutschen Patent- und Markenamt oder beim Europäischen Patentamt. Dann lautet die Antwort: Grundsätzlich ja. Natürlich kann man bei Lust und Eignung sowie Ausdauer zum Richter oder in eine Beschwerdekammer befördert werden. Man kann damit auch Bundesministerin der Justiz werden. Für Details solltest Du Dich aber dort erkundigen, da sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner.

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  • Was wären hier als Patentingenieur oder - referent die Aufgaben im beruflichen Alltag und was die Perspektiven?
  • Macht der Patentingenieur in einer Kanzlei wirklich nur das, was der Patentanwalt gerade nicht machen möchte oder gerade nicht machen kann?
  • Gibt es als Nicht-Anwalt innerhalb einer Kanzlei wirkliche Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung?
Patentingenieure gibt es in Kanzleien, ganz überwiegend aber in Industriepatentabteilungen. Sie sind weitgehend im VPP organisiert. Soweit mir bekannt, gibt es beim VPP auch Unterlagen zum Tätigkeitsbild, da müssen wir Dich hier jetzt nicht mit Allgemeinplätzchen abfüllen.

Im Übrigen kennst Du schon mindestens einen Patentanwaltskollegen, der für Euch die Anmeldung betreut hat. Warum sprichst Du nicht den an für ein informelles Gespräch über die Zukunft und überhaupt? Vielleicht lässt sich ein 14tägiges Praktikum organisieren, um zu erkennen, ob ein Leben ohne Schraubenzieher und Luft- und Raumfahrt wirklich Deine Sache ist.

Und nur so nebenbei: Da Du geschrieben hast, Du hättest eine englischsprachige Anmeldung für eine EP auf dem Gebiet der Faserverbundwerkstoffe in der Luft- und Raumfahrttechnik vorbereitet, wird der Kollege ohnehin schon wissen, dass Du Dich für den Beruf interessierst, samt Deiner Sorgen. Unsere Branche ist klein (trotz Schwemme und so) und aus vielen Kanzleien liest hier irgendjemand mit

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hallo Caprivi(-Streifen?),

als Patentingeieur in der Industrie wie auch in einer Kanzlei steht Dir später immer noch der Weg zum Patentanwalt offen (§158 PatAnwO). In der Industrie wird man sicherlich auch die EEP ablegen dürfen, da man in der Industrie auch Einsprüche, etc. als Patentsachbearbeiter in seinem Gebiet erledigen muss.

Ein Patentingenieur in einer Kanzlei macht sicherlich auch viele Tätigkeiten, die ein Anwalt auch erledigt...das ist i.A. sehr kanzleispezifisch. In kleineren Kanzleien kommt man sicherlich nicht nur mit Patentanwmeldungen und Recherchen, sondern eventuell je nach Befähigung auch mit Marken, Widersprüchen, etc. in Berührung. In Großkanzleien dürfte das Beackern eines bestimmten Gebiets vorherrschen, sprich Anmeldungen schreiben und recherchieren.

> Gibt es als Nicht-Anwalt innerhalb einer Kanzlei wirkliche Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung?

Da sind sicherlich Grenzen gesetzt. Wo will man in einer kleinen Kanzlei auch noch hin? Da ist man als Sachbearbeiter in der Ebene zwischen Anwälten und Patentanwaltfachangestellten angesiedelt, wobei man sich sicher auch neue Aufgaben suchen kann, z.B. Seminare geben, Kanzleimanagement, etc. Sind zwar nicht "übliche" Tätigkeiten, aber für eine Kanzlei sicherlich interessant und wertvoll. Partner oder Teilhaber einer Kanzlei ist sicher ohne Anwalt zu sein, nicht drin, schon allein aus haftungs- und gesellschaftsrechtlichen Gründen.

> Macht der Prüfer 40 Jahre lang nur die immer gleiche Prüfarbeit in seinem jeweiligen Fachgebiet?

Nein, eigentlich nicht. Überlicherweise bekommt man alle paar Jahre auch mal ein neues Fachgebiet dazu, das alte Fachgebiet bekommt dann ein Kollege.

Ciao

arcd007
 
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