Auswirkungen einer Bürgerversicherung?

A

Andreas

Guest
Bei der Diskussion um den möglichen Beitritt der Patentanwälte zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte ist mir folgendes noch nicht klar geworden:

Mal angenommen, es erfolgt kein Beitritt und man hat sich als PA eine privates "Altersvorsorgepaket" zusammengestellt.
Nun würde der Staat auf die Idee kommen, eine Bürgerversicherung für alle einschließlich der Selbständigen einzuführen.
Dürfte diese Regelung dann nur für zukünftige Selbständige angewendet werden oder könnten auch Selbständige, die bereits vor Inkrafttreten der Regelung selbständig waren, zum Beitritt zur Bürgerversicherung gezwungen werden?
Könnte ein Beitrittszwang abgewendet werden, da man mit einer privaten Altersvorsorge typischerweise eine langfristige Dauerverpflichtung eingegangen ist, die eine Art Bestandsschutz genießen müßte?

Wie ist die Rechtslage? Diesbezüglich würden mich fundierte Rechtsmeinungen interessieren.
 
G

gast

Guest
Generell kann der "Staat" alles beschließen. Eine Bürgerversicherung könnte auch das Ende einer privaten Krankenversicherung bedeuten.
 
U

u. n. own

Guest
gast schrieb:
Generell kann der "Staat" alles beschließen.
Hmm...jaa...wenn der Jurist "grundsätzlich" sagt, will er sich ein Hintertürchen offen lassen. Im vorliegenden Fall wäre wohl eine Beschränkung durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG gegeben. Ein redlich erworbener Besitzstand dürfte also nicht quasi "durch die Hintertür" enteignet werden.
 
P

Plempi

Guest
Wann ist es das letzte Mal in Deutschland vorgefallen, dass der Staat nachträglich und auch ohne Übergangsregelung etwas eingeführt hat, so dass man als Betroffener keine Wahlmöglichkeit hatte und auch finanzielle Verluste hinnehmen musste? Genauso würde ich auch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der ursprünglichen Frage einstufen.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Wenn eine Bürgerversicherung, wie sie im Wahlprogramm der SPD vorgeschlagen wird, kommt, sollen die privaten Krankenversicherungen den gesetzlichen gleichgestellt werden, d.h. sie müssen dieselben Versicherungsleistungen zu denselben Beiträgen wie die gesetzlichen anbieten und ohne eine Beitragsbemessungsgrenze jeden aufnehmen, der dies beantragt. Gleichzeitig werden sie wohl auch am Finanzausgleich beteiligt. Wo gibt es da einen Raum für einen Bestandsschutz?

Da sich die Bürgerversicherung aber nicht auf die Rentenbeiträge bezieht, gibt es keinen wirklichen Zusammenhang mit dem Versorgungswerk.
 
G

Gert

Guest
Zur Rentenversicherung: Eine Zwangsmitgliedschaft für Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung hat gegenüber einer steuerfinanzierten Lösung Nachteile:
  • Man bekommt andere Einkommensarten nur teilweise ins Boot. Und man bekommt die Versorgungskammer-Mitglieder nicht!!! Mit Steuern aber schon.
  • Es ist eine grosse Regelwerk-Änderung und eine Aufstockung des Verwaltungsapparates notwendig.
  • Man schafft neue ANSPRÜCHE (Art. 14 GG). Das will niemand. Bei Steuern gibt es keine Verpflichtung des Staates, etwas zurückzuzahlen.
Am Ende des Tages sind Steuern einfacher zu erheben und einzuziehen, bringen mehr Geld und schaffen keine zusätzlichen Ansprüche. Deswegen halte ich die Zwangsmitgliedschaft im Versorgungswerk für ausgemachten Blödsinn, weil ein Davonlaufen nicht möglich sein wird. Versörgungswerk hin oder her, wir werden die Rentenkassen und Krankenkassen über Steuern querfinanzieren müssen (wie das ja jetzt auch schon geschieht, ein Großteil des Bundeshaushalts fließt in die Rentenversicherung).


@Gast:
  • private Krankenversicherungen sind dazu verpflichtet, eine Altersrücklage zu bilden. Da geht das Problem mit Art. 14 GG los, wenn man die privaten den gesetzlichen gleichstellen will. Eine Zwangsabschaffung bestehender Verträge wird nicht stattfinden und das will auch niemand in der SPD.
  • Grundsätzlich herrscht Vertragsfreiheit. Konkrekt bedeutet dies hier, dass es niemandem verboten sein kann, eine über das gesetzliche Maß hinausgehende Versicherung abzuschließen.
  • Möglich ist: Heranziehung von Einkommen Selbstständiger zur Einzahlung in die gesetzlichen Krankenverischerungen. Dies entpricht im Grunde genommen einem steuerfinanzierten Zuschuss zur gesetzlichen Krankenverischerung (mit den oben genannten Nachteilen gegenüber einer Steuerlösung). Und, ich bin mir sicher, DAS wird in irgendeiner Form kommen (Steuern oder Beitrag sei mal dahingestellt), egal, ob man das Kopfpauschale (die nicht kostendeckend funktioniert, d.h. sie wird steuerlich bezuschusst), Bürgerversicherung oder sonstwie nennt. Und davor gibt es auch kein Entrinnen, wie auch vor der Querfinanzierung der Rentenkasse durch die Benzin-Ökosteuer, da muss man auch durch, wenn man zur Zapfsäule fährt.
 
A

Andreas

Guest
Ich muß mich präzisieren:
möglicherweise entgegen verschiedener Parteiprogramm-Nomenklaturen meinte ich mit Bürgerversicherung eine ZwangsRENTENversicherung für alle, sprich Selbständige, Beamte, Arbeitnehmer, ...

Meinungen bezüglich Zwangsbürgerversicherung in der Krankenversicherung wären natürlich auch am Rande interessant.
 
G

gast

Guest
Plempi schrieb:
Wann ist es das letzte Mal in Deutschland vorgefallen, dass der Staat nachträglich und auch ohne Übergangsregelung etwas eingeführt hat, so dass man als Betroffener keine Wahlmöglichkeit hatte und auch finanzielle Verluste hinnehmen musste? Genauso würde ich auch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der ursprünglichen Frage einstufen.
1998 als die SPD das Halbeinkünfteverfahren durch die wesentlich schlechtere, bei normalen Einkommen nahezu wirkungslose "Fünftelungsregelung" ersetzt hat. Das Gesetz hatte rückwirkende Wirkung und wurde diesbezüglich auch vom Verfassungsgericht abgesegnet. Da haben sich einige geärgert, die für ihren Betriebsübergang und Abfindung etwa das Doppelte an Steuern zahlen mussten.

Das war eine wirklich soziale Gesetztesänderung.
 
P

Plempi

Guest
Danke an gast für die Info von 1998.

Was soll das sagen:

"Grundsätzlich herrscht Vertragsfreiheit. Konkrekt bedeutet dies hier, dass es niemandem verboten sein kann, eine über das gesetzliche Maß hinausgehende Versicherung abzuschließen."

in Bezug auf die Eingangsfrage?

Angenommen man hat schon eine private Rentenversicherung, so dass man auf eine gesetzliche nicht mehr angewiesen wäre. Kann man dann als Selbständiger trotzdem dazu verpflichtet werden, zusätzlich in die gesetzliche einzuzahlen?
 
G

Gert

Guest
@Plempi: Es besteht bereits jetzt die Möglichkeit als Pflichtversicherter eine private Krankenverischerung abzuschließen. Und ich sehe keinen Grund, wieso Selbstständige nicht zu einem Beitritt zur gesetzlichen Versicherung gezwungen werden könnten, auch wenn sie eine PKV haben. Die Frage ist nur: Ist das aus Sicht der Politik sinnvoll und mit vetretbarem Aufwand machbar? Ich meine nein. Zu erinnern ist auch daran, dass man die ganzen älteren Mitglieder der PKV gar nicht in der GKV wieder sehen möchte.... Deswegen: Querfinanzierung über Steuern (siehe CDU/CSU und Grüne). Alles andere ist Wahlkampfgetöse der SPD (sonst wärs ja auch schon längst beschlossen worden).
 
Oben