Allg. Ausbildung jetzt noch beginnen?

Gonzo

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
zur Diskussion und dem Thema: Man kann das "jetzt noch beginnen" auch auf die Branche beziehen, da bin ich der Meinung: In München eher nicht.
Hallo gelbes U,

Du meinst also dass sich das PA-werden in München generell nicht mehr lohnt? Bislang hatte ich gedacht dies sei eher ein fachspezifisches Problem (also Biotech nicht so dolle, Chemie schon besser, Maschba und E-Technik kein Problem).

Oder hast Du für Deinen Standpunkt andere Gründe?

Grüsse,


G
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Das haben andere hier auch schon geschrieben, aber nochmal: Wer die Ausbildung aus finanziellen Gründen beginnt, sollte es vielleicht lieber lassen. Wer meint, es macht ihm Spass, soll die Ausbildung machen.

Ob es sich finanziell lohnt, hängt von vielen Faktoren ab: Möglichkeiten zur eigenen Mandantenbeschaffung, Alter, bisheriger Verdienst bzw. zu erwartender Verdienst bei anderer Laufbahn. Früher war es halt ein Aufzug, der nur eine Richtung kannte - nach oben. Inzwischen häufen sich die Fälle von Kollegen, die nicht das verdienen, was sie sich mal erträumt hatten, unabhängig von der Fachrichtung. In München tendenziell häufiger als woanders. Das soll niemanden abschrecken, nur wird der PA in Sachen Berufschancen halt ein Beruf wie viele andere auch.
 

Fip

*** KT-HERO ***
corvinus schrieb:
Die Kehrseite der Medaille ist, dass dies dazu führt, dass die schöne freiberufliche Heldenanwaltswelt geopfert werden muß zugunsten eines betriebswirtschaftlich klar strukturierten und mit klaren Hierarchien geführten Unternehmens und somit dem Anwalt der Schein des selbstbestimmten Arbeitens genommen wird. Das ist für viele Kollegen in diesem an überdimensíonierten egos überreich gesegneten Beruf schwer zu akzeptieren.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was das mit "Heldenanwaltswelt" oder "überdimensionierten egos" zu tun haben soll. Es ist meiner Meinung nach eher eine Frage des eigenen beruflichen Selbstverständnisses. Wenn ich in einem "klar strukturierten und mit klaren Hierarchien geführten Unternehmen" hätte (weiter)arbeiten wollen, warum hätte ich dann Patentanwalt (oder besser: Freiberufler) werden sollen?

Deine Aussage mag auf diejenigen zutreffen, die nicht verstehen können, dass viel Geld verdienen auch Opfer mit sich bringt, unter anderem dass von Dir genannte. Das dürfte aber nur für diejenigen schwer zu akzeptieren sein, die krampfhaft beides wollen, nämlich viel, viel Geld und gleichzeitig die Freiheit eines Freiberuflers in vollen Zügen auskosten. Aber denen ist sowieso nicht zu helfen ...

Man kann in unserem Beruf zum Glück durch Verzicht auf das eine immer ein Stück vom anderen zurück- bzw. dazugewinnen.
 

Gonzo

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
Das haben andere hier auch schon geschrieben, aber nochmal: Wer die Ausbildung aus finanziellen Gründen beginnt, sollte es vielleicht lieber lassen. Wer meint, es macht ihm Spass, soll die Ausbildung machen.

Ob es sich finanziell lohnt, hängt von vielen Faktoren ab: Möglichkeiten zur eigenen Mandantenbeschaffung, Alter, bisheriger Verdienst bzw. zu erwartender Verdienst bei anderer Laufbahn. Früher war es halt ein Aufzug, der nur eine Richtung kannte - nach oben. Inzwischen häufen sich die Fälle von Kollegen, die nicht das verdienen, was sie sich mal erträumt hatten, unabhängig von der Fachrichtung. In München tendenziell häufiger als woanders. Das soll niemanden abschrecken, nur wird der PA in Sachen Berufschancen halt ein Beruf wie viele andere auch.
Hallöchen,

da kann ich im Grunde auch nur zustimmen. Allerdings heisst das alles ja nicht, dass sich die Ausbildung nicht mehr "lohnt". Es sei denn, "lohnen" interpretiert man als "richtig-viel-Geld-verdienen" und lässt alles weitere ausser Acht.

Z.B. ergibt sich durch das Freiberuflertum ja auch eine gewisse Sicherheit, den Job nicht im Alter vom 50+ plötzlich zu verlieren wegen "Betriebsbedingter Kündigung" und dann nach einem Jahr auf Hartz lV abzurutschen.

Bei einem Geschäftseinbruch von, sagen wir, 20% wird man als (freiberuflicher) PA zwar Einkommenseinbussen hinnehmen, die dann auch schmerzen, aber man ist den Job halt nicht gleich ganz los. Das sieht in einem Angestelltenverhältnis ja anders aus.

Ausserdem kann man sehr viel mehr Einfluss nehmen auf die Gestaltung der Arbeit und des Umfelds, als in einer komplett abhängigen Beschäftigung.

Insofern lohnt sich der PA Beruf auch weiterhin, sofern er zur Persönlichkeit des PAs passt.

Aber das ist ja nun in allen Berufen so oder so ähnlich.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Gonzo schrieb:
Z.B. ergibt sich durch das Freiberuflertum ja auch eine gewisse Sicherheit, den Job nicht im Alter vom 50+ plötzlich zu verlieren wegen "Betriebsbedingter Kündigung" und dann nach einem Jahr auf Hartz lV abzurutschen.

Bei einem Geschäftseinbruch von, sagen wir, 20% wird man als (freiberuflicher) PA zwar Einkommenseinbussen hinnehmen, die dann auch schmerzen, aber man ist den Job halt nicht gleich ganz los. Das sieht in einem Angestelltenverhältnis ja anders aus.
Das Problem ist doch, dass genau das nicht mehr zuverlässig funktioniert. Ich kenne haufenweise ehemalige Kandidat(inn)en, die grundsätzlich das Ziel hatten, freiberuflich und selbstbestimmt (mal abgesehen vom Mandanten....) zu arbeiten. Heute sitzen sie entweder in scheinselbständigen Beschäftigungsverhältnissen oder gleich in der Industrie.
 

Dr. No

SILBER - Mitglied
Heute sitzen sie entweder in scheinselbständigen Beschäftigungsverhältnissen oder gleich in der Industrie.
Und genau das liegt an der oftmals zitierten Kandidatenschwemme oder dem neuesten Trend, der Patentingenieursschwemme. Viele Kanzleien glauben Patentingenieure noch viel länger ausbeuten zu können und setzen verstärkt auf diese. Nur vergessen die Kanzleien, dass die Patentingenieure sich auch nach 3-4 Jahren (zunächst als European Patent Attorneys) vom Acker machen können.

Natürlich sitzen bislang die etablierten Kanzleien noch am längeren Hebel. Es machen sich jedoch mehr und mehr ehemalige scheinselbständige oder angestellte PAe alleine oder gemeinsam auf und gründen eine eigene Klitsche (mit Kampfpreisen, die sich auf Grund der schlankeren Struktur verglichen mit etablierten Kanzleien zumindest einigermaßen lohnen). Wenn diese Klitschen langsam wachsen, werden sie langsam aber sicher auch für ausländische Mandanten interessant. Insbesondere chinesische Mandanten schauen (im Gegensatz zu Japanern) sehr stark auf den Preis.

Kurz um, auch die etablierten Kanzleien werden die eigens produzierte Kandidatenschwemme irgendwann zu spüren bekommen, i.S.v. die Geister, die sie riefen...
 

Groucho

*** KT-HERO ***
corvinus schrieb:
[...] wir machen gerade die Erfahrung, dass es von (wirtschaftlichen) Vorteil ist, wenn man die Altersstruktur eines Unternehmens (sprich des oder der Mandate) "abbildet", also eher eine kontinuierliche Altersstruktur als Kanzlei hat, um schon frühzeitig die zweite Ebene im Unternehmen einzubinden. Die Kehrseite der Medaille ist, dass dies dazu führt, dass die schöne freiberufliche Heldenanwaltswelt geopfert werden muß zugunsten eines betriebswirtschaftlich klar strukturierten und mit klaren Hierarchien geführten Unternehmens und somit dem Anwalt der Schein des selbstbestimmten Arbeitens genommen wird. Das ist für viele Kollegen in diesem an überdimensíonierten egos überreich gesegneten Beruf schwer zu akzeptieren.
Diese Argumentationslinie ist mir bei älteren Kollegen schon öfter begegnet.

Es sei Dir ja unbenommen, Kollegen zu suchen, die unter Deiner Führung in "klarer Hierarchie" arbeiten wollen (ich entnehme dem Stil Deinen Ausführungen, dass Du Dich in dieser Hierarchie eher in der Führungsebene siehst).

Nicht in Ordnung finde ich die Diffamierung der Kollegen, die nicht unter Deiner Führung, sondern selbstständig arbeiten wollen. Deren selbstbestimmtes Arbeiten wird als "Schein" bezeichnet, ihre Freiberuflichkeit als "Heldenanwaltswelt" lächerlich gemacht. Und warum sollte jemand ein "überdimensíoniertes ego" haben, nur weil er nicht in klarer Hierarchie unter Dir arbeiten will?
 

patenanwalt

GOLD - Mitglied
Man könnte oberflächlich meinen, dass die "Kampfpreise" der kleinen Klitschen z.B. für die Chinesen interessant sind. In meiner "Praxis" trifft dies aber gar nicht zu. Ausländische Kanzleien sind stärker an Gegenaufträge und eine gewisse Kontinuität interessiert. Diesbezüglich erwarte ich eher eine Konzentration der Auftragsvergabe an größere und etablierte Kanzleien (wer viel hat kriegt noch mehr und die kleinen wurschteln sich irgendwie durch).

Die eingangs erwähnten Kampfpreise scheinen aber durchaus für inländische Mandanten und einzelne Perpetuum-Mobile-Erfinder interessant zu sein, die dann in der Klitsche gut aufgehoben sind. Reich wird man dadurch nicht.

Auch denke ich, dass in den Kanzleien tendenziell eine Trennung in Senior- und Junior-Partnern voranschreitet, also eine Partnerschaft erster bzw. zweiter Klasse. In jedem Fall wird's den Junganwälten (< 40 Jahre) heutzutage nicht mehr leicht gemacht.
 

Gonzo

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
Gonzo schrieb:
Z.B. ergibt sich durch das Freiberuflertum ja auch eine gewisse Sicherheit, den Job nicht im Alter vom 50+ plötzlich zu verlieren wegen "Betriebsbedingter Kündigung" und dann nach einem Jahr auf Hartz lV abzurutschen.

Bei einem Geschäftseinbruch von, sagen wir, 20% wird man als (freiberuflicher) PA zwar Einkommenseinbussen hinnehmen, die dann auch schmerzen, aber man ist den Job halt nicht gleich ganz los. Das sieht in einem Angestelltenverhältnis ja anders aus.
Das Problem ist doch, dass genau das nicht mehr zuverlässig funktioniert. Ich kenne haufenweise ehemalige Kandidat(inn)en, die grundsätzlich das Ziel hatten, freiberuflich und selbstbestimmt (mal abgesehen vom Mandanten....) zu arbeiten. Heute sitzen sie entweder in scheinselbständigen Beschäftigungsverhältnissen oder gleich in der Industrie.
Ja, es stimmt schon - meine Argumentation stimmt tatsächlich eher bei bereits gut etablierten Anwälten, die schon länger im Geschäft sind und eben eine entsprechende Basis haben mit der Unsicherheiten abgefedert werden können. Bei ganz neuen Kollegen ist das evtl. nicht der Fall oder erst nach einer längeren Durststrecke.

Vielleicht gibt es Lösungsansätze so wie von Groucho beschrieben (sprich: Eigenen Laden aufmachen und sich auf einen Preiskrieg einlassen)?

Gibt es die Aussicht, evtl. wachsendes Geschäft aquirieren zu können oder ist der Markt nicht mehr dynamisch genug?

Wie sieht es in den verschiedenen technischen Bereichen aus?

Wie seht ihr das? Gibt es da Erfahrungen?
 

Dr. No

SILBER - Mitglied
Man könnte oberflächlich meinen, dass die "Kampfpreise" der kleinen Klitschen z.B. für die Chinesen interessant sind. In meiner "Praxis" trifft dies aber gar nicht zu. Ausländische Kanzleien sind stärker an Gegenaufträge und eine gewisse Kontinuität interessiert.
Welche Gegenaufträge? Wenn man sich die Mandantenstruktur bei den etablierten (Münchner) Kanzleien ansieht, erkennt man sofort, dass der Großteil aller Mandanten aus dem außereuropäischen Ausland stammt (anders ist das natürlich bei den Stuttgarter Kanzleien). Viele etablierte Münchner Kanzleien haben kaum Gegengeschäft und bekommen trotzdem Aufträge aus dem Ausland. Diese Geschäft gegen Geschäft Philosophie galt früher, heute wird sie immer weniger.

Ein Grund dafür ist, dass die meisten deutschen (und europäischen) Großunternehmen selbst einreichen und das Prüfungsverfahren betreuen (auf Grund der Kandidatenschwemme haben sie in ihren Patentabteilungen genug Anwälte). Die paar Mittelständler erzeugen gewiss kein Gegengeschäft, das es mit einem asiatischen Großunternehmen aufnehmen kann.

Für die Betreuung der außereuropäischen Mandanten werden die etablierten Münchner Kanzleien nicht mehr wie früher indirekt über ausländische Korrespondenzanwälte ausgewählt, sondern direkt von dem Mandanten vorgegeben. Ob diese Kanzlei Gegengeschäft für die Korrespondenzkanzlei hat, interessiert den Mandanten herzlich wenig. Das wichtigste Kriterium zur Auswahl ist der Name, der Ruf der Kanzlei. Erarbeitet sich eine Klitsche langsam einen gewissen Ruf in der Patentwelt, kommt sie als mögliche Kanzlei in Betracht. Nun kommt Kriterium zwei ins Spiel, der Preis! In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird es auch für die ein oder andere etablierte Kanzlei deutlich enger...
 

Dr. No

SILBER - Mitglied
Das hatte ich vorhin noch vergessen:

Die folgenden beiden Aussagen widersprechen sich doch ohnehin:

Ausländische Kanzleien sind stärker an Gegenaufträge und eine gewisse Kontinuität interessiert. Diesbezüglich erwarte ich eher eine Konzentration der Auftragsvergabe an größere und etablierte Kanzleien (wer viel hat kriegt noch mehr und die kleinen wurschteln sich irgendwie durch).
Die eingangs erwähnten Kampfpreise scheinen aber durchaus für inländische Mandanten... interessant zu sein
Wenn letztere Aussage zutrifft, bedeutet das einen Anstieg an inländischen Mandanten bei den Klitschen und eine Verringerung an inländischen Mandanten bei den Großkanzleien. Laut der ersten Aussage bedeutet das zwangsläufig eine Zunahme an Auslandsgeschäft für die Klitschen, denn Geschäft bewirkt ja Gegengeschäft!

Wieso sollte sich die Auftragsvergabe dann auf Großkanzleien konzentrieren? Diese Schlussfolgerung erschließt sich mir nicht!
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Dr. No schrieb:
Für die Betreuung der außereuropäischen Mandanten werden die etablierten Münchner Kanzleien nicht mehr wie früher indirekt über ausländische Korrespondenzanwälte ausgewählt, sondern direkt von dem Mandanten vorgegeben. Ob diese Kanzlei Gegengeschäft für die Korrespondenzkanzlei hat, interessiert den Mandanten herzlich wenig. Das wichtigste Kriterium zur Auswahl ist der Name, der Ruf der Kanzlei. Erarbeitet sich eine Klitsche langsam einen gewissen Ruf in der Patentwelt, kommt sie als mögliche Kanzlei in Betracht. Nun kommt Kriterium zwei ins Spiel, der Preis! In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird es auch für die ein oder andere etablierte Kanzlei deutlich enger...
Das stimmt - bis auf die Schlussfolgerung, dass es für etablierte enger wird. Der heftigste Dämpfer mit dem Doppelpack aus Krise und Wegfall Übersetzungserfordernis dürfte hier überstanden sein und dann gilt wieder, dass bei weniger Erlös pro Akte eben mehr Akten und damit Bescheide, Kandidaten und Junganwälte pro Partner her müssen. Ging bis zu dem oben angesprochenen Dämpfer ganz gut.
 

MPS

GOLD - Mitglied
Eine interessante Analyse !

Als Ergänzung folgende Erfahrungen : ich glaube, dass viele etablierte Kanzleien, die auch von Gegenaufträgen ausländischer Kanzleien leben, oft kein Interesse daran haben, billige Kanzleien auszuwählen : das Hauptkriterium ist, dass Gegenaufträge kommen, nicht aber der Preis. Solange der Mandant da nicht nachhakt, sehen die Kanzleien keinen Grund, die Preise ihrer "foreign associates" zu drücken.
Aber auch bei den Preisen der "primären" Kanzlei (die mit dem Anmelder in Kontakt steht) gibt es enorme Unterschiede, und ich meine, dass das Preisbewusstsein vieler Mandanten (besonders Mittelständler) gegenüber Patentanwälten noch nicht sehr ausgeprägt ist.
(Meine Kanzlei erledigt viele "due diligence - Audits" und hat da interessante Einblicke in die finanziellen Aspekte).
 
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