EPÜ Aufforderung nach R.62a(1) EPÜ

pak

*** KT-HERO ***
Typischer Fall:

US-Anmeldung wird in Europa eingereicht mit 3 unabhängigen Ansprüchen in derselben Kategorie. Jetzt kommt die Aufforderung nach R. 61a(1), diejenigen Ansprüche zu benennen, auf die sich die Recherche stützen soll. Dies hätte zur Folge, dass die Prüfungsabteilung später dazu auffordert, die Patentansprüche auf den recherchierten Gegenstand zu beschränken (R.62a(2)).

Was ist nun, wenn es sich bei den beiden weiteren unabhängigen Ansprüchen, die nicht recherchiert wurden, eigentlich um "verkappte" abhängige Ansprüche zu dem recherchierten Anspruch handelt.

  • Kann ich das später in der Prüfung noch glattbügeln oder ist der Gegenstand der beiden anderen Ansprüche dann schon weggefallen, so dass sich das Patent nicht mehr auf die entsprechenden Merkmale stützen kann?
  • Kann ich evtl. bereits im Rahmen der Antwort auf die Mitteilung nach R. 61a(1) eine entsprechend angepasste Anspruchsfassung einreichen (eigentlich nicht, da die Einmonatsfrist nach R.161 ja bereits verstrichen ist)?
Gruß

pak
 

grond

*** KT-HERO ***
pak schrieb:
US-Anmeldung wird in Europa eingereicht mit 3 unabhängigen Ansprüchen in derselben Kategorie. Jetzt kommt die Aufforderung nach R. 61a(1), diejenigen Ansprüche zu benennen, auf die sich die Recherche stützen soll. Dies hätte zur Folge, dass die Prüfungsabteilung später dazu auffordert, die Patentansprüche auf den recherchierten Gegenstand zu beschränken (R.62a(2)).

Was ist nun, wenn es sich bei den beiden weiteren unabhängigen Ansprüchen, die nicht recherchiert wurden, eigentlich um "verkappte" abhängige Ansprüche zu dem recherchierten Anspruch handelt.
Normalerweise sollte es doch in diesem Fall nur eine Beanstandung nach R.43(2) wegen mehrerer unabhängiger Ansprüche pro Kategorie und folglich keine Beschränkung des Recherchengegenstandes geben, da es sich um kein Problem mangelnder Einheitlichkeit handelt. Da wir in der Aktualität allerdings keine Mandantschaft mehr haben, die unüberarbeitete US-Anmeldungen in EP einreicht (allein schon die Anspruchsgebühren für 50+ Ansprüche schrecken da erfolgreich ab), weiß ich allerdings nicht, wie "typisch" solche Konstellationen inzwischen sind.

Wenn Du eine Stütze in der Beschreibung hast, könntest Du ja prinzipiell auch argumentieren, dass die Unteransprüche (das sind sie nämlich auch tatsächlich, auch wenn sie als unabhängige formuliert sind) auch aus der Beschreibung neu in Ansprüche unter dem recherchierten UA gefasst werden könnten. Wäre dann interessant, ob dann für identische Ansprüche nochmal Anspruchsgebühren gefordert werden könnten.
 

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
@grond: die neue R. 62a ist gerade eingeführt worden, um dem Erfordernis der R. 43(2) Zähne zu verleihen. Man kann vor diesem Problem also auch dann stehen, wenn Einheitlichkeit gegeben ist.

@pak: ich sehe im Wesentlichen 3 Möglichkeiten: im Prüfungsverfahren a) argumentieren, dass eine der in R. 43 (2) genannten Ausnahmen vorliegt; b) in abhängige Ansprüche umformulieren; oder aber c) Teilanmeldungen für die Gegenstände der weiteren unabhängigen Ansprüche einreichen. Wobei in Bezug auf die letztere Alternative sicherlich bald vor einer Beschwerdekammer diskutiert wird, inwieweit diese neue Situation jetzt mit der in G 2/92 vergleichbar ist - denn nach R. 62a ist nicht vorgesehen, dass man durch Zahlung weiterer Gebühren eine vollständige Recherche erwirken kann.

Für europäische Anmelder, die nur EP wollen, kann die neue R. 62a durchaus ein Grund sein, den Umweg über Euro-PCT zu gehen und sich so eine vollständige Recherche zu sichern.

US-Anmelder könnten erwägen, das EPA als ISA zu wählen oder gar zwei PCT einzureichen, eine mit ISA=USPTO und eine mit ISA=EPA. Dann gibt's vom EPA eine vollständige Recherche für alle Ansprüche (sofern einheitlich). Auf der Basis dieser Recherche kann man sich entscheiden, wofür man denn jetzt in EP Anspruchsgebühren zahlen möchte, und eine ergänzende europäische Recherche braucht man auch nicht mehr.



Fabian
 

grond

*** KT-HERO ***
AachenerKreuz schrieb:
@grond: die neue R. 62a ist gerade eingeführt worden, um dem Erfordernis der R. 43(2) Zähne zu verleihen. Man kann vor diesem Problem also auch dann stehen, wenn Einheitlichkeit gegeben ist.
Ich Genie hatte nach R. 61a gesucht und nichts gefunden, sonst hätte mich das Lesen der Bestimmung natürlich über ihren Sinn belehrt. In der Praxis ist mir der Fall jedenfalls noch nicht untergekommen.

Die Aufforderung wäre aber im geschilderten Fall zu unrecht ergangen, weil ein Anspruch, der alle Merkmale eines anderen Anspruchs enthält, definitionsgemäß ein abhängiger Anspruch ist, egal, ob er sich auf diesen formal zurückbezieht oder nicht.

Also müsste man unter Hinweis auf diese Tatsache den weitesten Anspruch (also den tatsächlich unabhängigen Anspruch) benennen (steht bei US-Anmeldungen gerne mal weiter hinten) und später im Prüfungsverfahren die Ansprüche entsprechend auch formal ändern. Wenn es Probleme gibt, weil die Prüfungsabteilung eine Beschränkung fordert, wird man u.U. in die Beschwerde müssen. Aufpassen muss man nur, überhaupt auf die Aufforderung zu antworten, wenn der erste (formal uabhängige) Anspruch nicht der weiteste Anspruch ist, sonst müsste man wohl den Schutzbereich im Prüfungsverfahren entsprechend einschränken.
 
Oben