EPÜ Anspruch auf nicht recherchierten Gegenstand (EPÜ)

pak

*** KT-HERO ***
Hallo,

folgende Situation (EPÜ):

Recherchierte Ansprüche:
Unabhängiger Anspruch 1: Merkmale A, B, C, D
Abhängiger Anspruch 5: Merkmale E, F
Unabhängiger Anspruch 10: Merkmale A, B, C, D, E

Nicht recherchierter Anspruch:
Unabhängiger Anspruch 15: Merkmale A', B, __, D, E (C nicht enthalten)

Recherchierte Ansprüche 1, 5, 10 werden wie folgt zusammengefasst:
Neuer unabhängiger Anspruch 1: Merkmale A, B, __, D, E, F
Neuer abhängiger Anspruch 2: Merkmal C

Die Prüfungsabteilung argumentiert nun, dass sich der neue Anspruch 1 gemäß R137(5) auf einen nicht recherchierten Gegenstand bezieht und somit nicht als Grundlage für einen neuen Hauptanspruch dienen kann, da nur im Anspruch 15 offenbart war, dass das Merkmal C weggelassen werden kann.

Ist für mich nur teilweise nachvollziehbar. Wenn A, B, C, D, E, F als recherchiert gelten, so kann für A, B, __, D, E, F doch nichts anderes gelten.

Denkfehler?

pak
 

Fip

*** KT-HERO ***
Meine Erfahrung ist, dass die Beanstandungen, die etwas mit Uneinheitlichkeit, mit nicht recherchierten Gegenständen oder mit damit verwandten Themen zu tun haben, beim EPA in vielen Fällen schlicht dazu dienen, Gebühren zu schinden. Man kann da nicht mit Logik ran gehen, sondern muss das Ganze unter der Rubrik "durch Formalgründe gerechtfertigte Verhinderung vernüftigten Denkens zum Zwecke der Gebührengenerierung" Zähne knirschend abhaken oder den Rechtsweg ausschöpfen, was ein Mandant in der Regel nicht mitmacht.

Was Deinen Fall angeht, so würde ich untersuchen, welche Bedeutung Merkmal C für die Erfindung hat. Wenn das Weglassen von Merkmal C zu einer geänderten Erfindung führt, dann würde ich dem Prüfer zustimmen. Insbesondere würde ich das Verhältnis der Merkmale A und A' zu C untersuchen, denn A' ist ja ohne C, A jedoch nur mit C beansprucht (warum?). Wenn erst das Weglassen des Merkmals C die Abgrenzung vom Stand der Technik ermöglicht, dann handelt es sich um ein wesentliches Merkmal, das im Übrigen wahrscheinlich gar nicht gestrichen werden kann (vgl. Wesentlichkeitstest). Allerdings würde dann Anspruch 2 keinen Sinn ergeben, weil man damit die Erfindung wieder aufheben würde.

Wenn der neue Anspruch 1 (ohne Merkmal C) allerdings eindeutig und unmittelbar als zur Erfindung gehörig offenbart ist, dann kannst argumentieren, dass es nicht darauf ankommt, ob der Gegenstand recherchiert ist, weil nämlich das Streichen des Merkmals aus dem recherchierten Anspruch 1 zulässig ist (wiederrum Wesentlichkeitstest, allerdings gilt nach wie vor der erste Absatz dieses Beitrags).
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Ist für mich nur teilweise nachvollziehbar. Wenn A, B, C, D, E, F als recherchiert gelten, so kann für A, B, __, D, E, F doch nichts anderes gelten.

Ich würde so argumentieren:

Die Anwendung von R 137(5) setzt implizit voraus, dass die ursprünglichen und die geänderten Ansprüche nicht einheitlich sind (etwa T 274/03, Seite 765 in der Rechtsprechung BK, 6. Auflage).

Da ABCDEF recherchiert ist (ursprünglicher Anspruch 5) ist die Frage, ob AB_DEF und ABCDEF einheitlich sind.

Das ist nach RiLi C-III 7.8 aber der Fall: danach ist ein a priori Einwand mangelnder Einheitlichkeit hinsichtlich eines abhängigen Anspruchs (hier ABCDEF) und dem Anspruch von dem dieser abhängig ist (hier AB_DEF) nicht gerechtfertigt.

Die Frage der Einheitlichkeit stellt sich allenfalls zwischen verschiedenen abhängigen Ansprüchen, falls der übergeordnete unabhängige Anspruch wegfallen sollte. Für einen solchen Einwand a posteriori müsste der unabhängige Anspruch AB_DEF aber erst geprüft werden, was vorliegend ja gerade nicht geschehen ist.

Sind ABCDEF und AB_DEF aber einheitlich, ist für die Anwendung von R 137(5) kein Raum.
 

pak

*** KT-HERO ***
Danke für die Anregungen! Im konkreten Fall gibt es gute Gründe, weshalb die R.137(5) nicht zieht.

... oder den Rechtsweg ausschöpfen, was ein Mandant in der Regel nicht mitmacht.

Leider ist dies hier gegeben, so dass diese interessante Auseinandersetzung entfällt :(

Gruß

pak
 
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