Alleinerziehend und Patentanwaltskandidatin?

Isa

Schreiber
Guten Morgen,

ich bin neu hier und finde die Seite sehr informativ

Ich bin alleinerziehende Doktorandin (28) (Biologie/Fachrichtung Biotechnologie) im letzten Jahr und habe einen 2,5 jährigen Sohn.

Eigentlich hatte ich fest vor mich in die Richtung Patentanwältin zu orientieren. Nachdem ich nun aber hier einiges zu Arbeitszeit von 60h die Woche, Gehalt und "außerberufliche" Tätigkeiten (AGs etc) gelesen habe, kann ich mir diesen Wunsch wohl nicht erfüllen. Oder gibt es hier jemanden, der diesen Schritt trotzdem gewagt hat?

Generell hätte ich noch einige Fragen:

Lohnt es sich direkt für die Ausbildung nach München zu gehen, um nicht nur die Zeit beim DPA und EPG dort zu verbringen? Ich habe gelesen, dass PA-Kandidaten in München viel mehr verdienen als anderswo (warum eigentlich?). Mit Kind brauche ich ja ein bißchen mehr Geld um durchzukommen...

Wie lange vor Abschluß seiner Diss. muß man eigentlich Kontakt mit einem PA aufnehmen? Ist es schwierig einen Ausbildungsplatz zu finden?

Ich würde mich über ein paar Infos freuen.

Viele Grüße,
Isa
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Es lohnt sich (finanziell und von der Arbeit her) nicht nach München zu gehen, weder als Kandidat noch später. Ganz im Gegenteil, der angebliche Gehaltsvorteil wird durch die Lebenshaltungskosten überkompensiert. Auch die Kinderbetreuung lässt sich andernorts oftmals besser organisieren. Kleiner Tipp: In NRW gibt es eine große und gute Kanzlei mit eigenem Kindergarten.

Wie Du dann in 3 Jahren die 8 Amtsmonate hinkriegst, musst Du sehen. Aber man muss ja nicht sofort den deutschen Titel machen und kann sich erstmal mit der EPA-Zulassung begnügen - dafür muss man nicht nach München ins Amtsjahr. Thema Hagen: Halb so wild - ziemlich easy.

In München ist der Wind allgemein etwas rauher - in der (Patent-)Provinz (alles außer München) findest Du eher eine Kanzlei, die bereit ist auf Sonderwünsche einzugehen, weil dort oft der Nachwuchs fehlt. Wenn Du denen glaubhaft versicherst, dass Du nach dem Amtsjahr auch wiederkommst, weil Du dort Eltern, Freunde o.ä. hast, wird man Dir vermutlich viel weiter entgegenkommen als in München.

60h - Quatsch. 40h-45h sind üblich, ich kenne auch Kandidaten mit Halbtags-Jobs.

Nur zu - allerdings sind Biologen in der Branche grade nicht so "in", weil in letzter Zeit viele Bio-PAs fertig wurden, die aus der großen Welle 2000-2004 kommen. Und so groß ist das Thema dann auch nicht aufgehängt - aber es gibt Möglichkeiten.

Zeitpunkt: Egal.

Mal über die Alternativen EPA (eigener Kindergarten), DPMA (richtet mW auch gerade Betreueungsmöglichkeiten ein) oder Industrie nachgedacht? Ist für Alleinerziehende mit Kindern vielleicht die bessere Wahl, wenn man nicht Wert auf Kanzlei-Luft legt.
 

grond

*** KT-HERO ***
Ich kann allem, was "Das gelbe U" gesagt hat, eigentlich nur zustimmen. Nach meinen Erfahrungen braucht man in München wenigstens 10.000 EUR netto mehr im Jahr, allein um die höheren Lebenshaltungskosten abzudecken, wenn es denn ein bisschen mehr als ein 1-Zimmer-Appartment sein soll.

Es gibt Kanzleien, bei denen das Licht niemals vor 22h ausgeschaltet wird, es gibt welche, bei denen große Freiheit hinsichtlich der Arbeitszeiten und Arbeitsvolumina gewährt wird. Das muss dann einfach passen. Ich persönlich arbeite ziemlich wenig, da ich auch mit Nachwuchs gesegnet bin, der sich aufgrund spezieller Randbedingungen als äußerst betreuungsintensiv herausgestellt hat, so dass ich neben der Arbeit mehrere Stunden meiner Partnerin zurseite stehe. Bei uns in der Kanzlei ist das kein Problem, wobei mein Einsatz in den verbleibenden Stunden aber (offenbar) auch stimmt.

Diese Freiheit genießt man logischerweise nicht als festangestellter Kandidat, sondern eher als fertiger Anwalt. Man kann aber auch die Kandidatenzeit in Teilzeit über eine entsprechend längere Zeit und/oder auf freiberuflicher Basis betreiben, wobei hier allerdings recht knifflige wirtschaftliche Randbedingungen gegeben sind, weil man am Anfang wegen mangelnder Übung schlicht keine ausreichende Quote Geld/Zeit erreichen wird.

Der Vorschlag insbesondere mit dem EPA ist nicht schlecht, da das EPA seine Prüfer auch auf die europäische Eignungsprüfung vorbereitet, so dass man vom eher drögen Prüferjob auch noch in die Kanzleilandschaft gehen kann. Außerdem ist das Kind dann ja auch irgendwann im Schulalter und braucht nur noch wenig Betreuung. Allerdings ist es sehr schwierig, beim EPA genommen zu werden.

Insgesamt meine ich auch feststellen zu können, dass der traditionell ziemlich konservative Berufsstand der Patentanwälte mit den nachrückenden jüngeren Kollegen (momentan befindet sich eine Anzahl von Kandidaten in Ausbildung, die etwa einem Viertel der Zahl der praktizierenden Patentanwälte entspricht!) sich auch hinsichtlich unterschiedlicher Lebensmodelle deutlich auflockert, also sollte sich auch etwas für alleinerziehende Mütter finden lassen.
 

PA2005

BRONZE - Mitglied
Grundsätzlich: Ich stimme meinen Vorrednern beim Thema München grundsätzlich zu und sehe bei München an sich keinen Vorteil, außer dass Du Dir für das Amtsjahr einen Umzug sparst. Aber da man kann auch ein möbliertes Appartment mieten, was für diese kurze Zeit eh am besten ist, und den Aufwand gering halten.

Aber Deine Situation ist ja eine etwas andere. Der kritische Punkt bei Dir ist ist doch - welche Überraschung - die Betreuung Deines Kleinen.

Während der Kanzleizeit mußt Du Abends und/oderam Wochenende Zeit fürs Fernstudium veranschlagen und auch die Präsenzzeit. Der Aufwand hält sich zwar in Grenzen und auf die Note kommts am Ende nicht an, aber es ist halt zusätzliche Zeit. Wenn sich Dein Kleiner mal 2 oder 3 Stündchen allein beschäftigen kann oder eine Betreuung da ist sehe ich kein Problem. Oder eine nette Kanzlei gestattet Dir die Arbeit an Hagen während des Tages, vielleicht um den Preis eines geringeren Gehalts. Die Betreuung während Deiner Präsenzzeit in Hagen muß organisiert werden.

Gehst Du von Anfang an nach München, kannst Du schon während der Zeit in der Kanzlei eine Betreuung in München organisieren, die sich dann bis zum Amtsjahr eingespielt hat. Wie einfach oder schwer das in Bayern ist, wo Mutti nach Ansicht vieler am besten am Herd bleibt, weiss ich nicht.

Gehst Du erst zum Amtsjahr nach München, wirst Du schwer auf Anhieb eine Betreuung finden. Zudem muß sich der Kleine eingewöhnen und hat damit evt. Schwierigkeiten. Alternative, falls vorhanden: Dein Sohnemann bleibt in Betreuung in der Heimat und Du optimierst das Amtsjahr etwas:

Im Amtsjahr ist aufgrund von Löchern im Stundenplan oftmals auch eine Präsenzzeit von Dienstag - Donnerstag möglich. Manche Prüfer am DPMA gestatten auch Heimarbeit an der Akte, und auf Deinen vorher geäußerten Wunsch hin sollte sich das einrichten lassen.

Das Amtsjahr hat zwar 8 Monate, aber man kann die letzten 2 Monate München verlassen und in der Heimat lernen, weil keine Präsenzpflicht mehr besteht. Am besten aber noch vernetzt mit anderen Kandidaten, Stichwort Lerngruppe.

Der Lohn des für Dich besonders steinigen Weges wäre die anschließende Möglichkeit zur Freiberuflichkeit. Frage: Wie wichtig ist Dir diese?

Der Einstieg in eine Industriepatentabteilung mit Kindergarten in der Nähe oder am besten im Betrieb wäre für Dich der weitaus einfachere Weg. Manche Firma läßt ihren Leuten häufig hervorragende Einführungskurse und später Weiterbildungen zukommen, wie z.B. Vorbereitungskurse auf die Europäische Eignungsprüfung. Dafür ist die Hürde zur Deutschen Prüfung meines Erachtens höher, da man sich erst später anmelden kann und mit Ausnahme weniger Firmen kein Amtsjahr möglich ist, welches die Prüfungsvorbereitung ernorm erleichtert.

Wie Du es auch machst, ich wünsche Dir und Deinem Sohn alles Gute und viel Glück.
 

EK

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
... (momentan befindet sich eine Anzahl von Kandidaten in Ausbildung, die etwa einem Viertel der Zahl der praktizierenden Patentanwälte entspricht!) ...
... und genau das ist es, was jedem Interessenten zu denken geben sollte ...

Ein schönes Wochenende noch!
 

PhD

SILBER - Mitglied
Kann meinen Vorrednern in Bezug auf München nicht ganz zustimmen - klar ist München teuer, aber 10 kEuro netto mehr sind etwas übertrieben, vor allem im Vergleich zu z.B. Düsseldorf (da sind die Mieten nicht so viel niedriger). Im Vergleich zur Provinz reichen imho 5 -6000 Euro nett p.a. mehr locker aus (4000 Miete, der Rest ist nicht so viel teurer als anderswo). Außerdem muss man bedenken, dass man im Amtsjahr sehr viel leichter für die alte Kanzlei weiter arbeiten kann, wenn diese Kanzlei in München ist und nicht jwd.

Ich wohne jetzt seit 4 Jahren in M und möchte es nicht missen - von der Lebensqualität wüsste ich keine deutsche Stadt, die da nur annähernd mithalten kann (evtl. noch Hamburg oder Berlin für nicht-Skifahrer). Da bezahle ich gern etwas mehr Miete...
 

east_european

Vielschreiber
PhD schrieb:
Da bezahle ich gern etwas mehr Miete...
Was bezahlst du als Miete in M?

Isa, in deiner lage soltest du die Bewerbung an EPA schreiben - nimst du eine Teilzeit won 50 oder 60% und kanst du dann bei deinem Kind viel mehr Zeit verbirngen du bist noch jung (mit 3-4 J. EPA Ergahrung) mahst du EQE und findest du eine Stelle nach Willen.

East E
 
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