pak schrieb:
Ich gehe davon aus, dass der Inhaber der älteren Marke zumindest die jüngere Marke kennen muss, nachdem die Eintragung der jüngeren Marke veröffentlicht wurde.
Das halte ich maximal für normale Fahrlässigkeit. Der Markeninhaber ist ja schon genug damit beschäftigt, nicht anderer Leute Rechte zu verletzen...
Wenn ein Kennenmüssen schon angenommen würde, nur weil die jüngere Marke veröffentlicht wurde, und dieses Kennenmüssen die Frist für das Verwirken in Gang setzen soll, dann wäre die Verwirkung letztlich ein Regeltatbestand und man müsste jedem Mandanten zu aggressivem Einlegen von Widersprüchen raten.
Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass dem Inhaber der älteren Marke danach die Pflicht obliegt, zu prüfen, ob die jüngere Marke bereits benutzt wird.
Das schon eher. Vielleicht nicht gerade Pflicht (wenn tatsächlich Kenntnis gegeben und vor allem beweisbar), aber man würde ja auch eine Erstbegehungsgefahr mit der Eintragung einer kollidierenden Marke begründen können, also liegt es umgekehrt wohl auf der Hand, dass eine Aufnahme der Benutzung zu prüfen wäre. Das führt aber zu einer neuen Problematik: soll dem Inhaber der älteren Marke zugemutet werden, fortlaufend auf die Aufnahme der Benutzung der jüngeren Marke zu lauern? Muss er gar Widerspruch gegen die jüngere Marke einlegen, um sicherzugehen, dass er nicht irgendwann in die Falle der Verwirkung tappt? Kann auch nicht wirklich sein. Immerhin muss man sich vor Augen führen, dass ein gelegentliches Anmischen einer Salbe durch einen Apotheker bereits eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung sein kann. Dementsprechend kann es aber überaus schwer sein, die Benutzung der Marke überhaupt festzustellen.
Ansonsten darf er sich nach meinem Verständnis nicht auf die "Unkenntnis der Benutzung" berufen. Wenn nun die jüngere Marke bereits zum Zeitpunkt der Eintragung derselben benutzt wird, müsste der genannte 5-Jahreszeitraum mit dem Tag der Veröffentlichung der Eintragung beginnen.
Du musst noch einen zweiten Aspekt beachten: die Beweislast. Im Fall der Verwirkung obliegt die Beweislast dem Inhaber der jüngeren Marke. Es wäre lebensfremd, wenn die Beweislast bereits durch den Hinweis auf die Veröffentlichung der jüngeren Marke umgekehrt wäre, in dem Sinn, dass der Inhaber der älteren Marke nun darlegen müsste, aus welchen Umständen er tatsächlich keine Kenntnis der jüngeren Marke und ihrer Benutzung hatte und haben konnte. Dann würde die Verwirkung in der Praxis ja fast genauso populär wie die Einrede der mangelnden Benutzung...
Ab welchem Zeitpunkt kann man denn von einem "Kennenmüssen" ausgehen? (z.B. bei Benutzung der jüngeren Marke in Fachzeitschriften des betreffenden Gebiets?)
Ein typischer Fall wäre wohl, dass der Inhaber der jüngeren Marke beweisbar an den Inhaber der älteren herangetreten ist (für eine Abgrenzungsvereinbarung oder sonstige Abrede hinsichtlich eines potentiellen Konfliktes der Marken) und keine Reaktion kam. Dann könnte der Inhaber der älteren Marke zwar sagen, ihm habe das Schreiben nie vorgelegen, er hätte sein Büro aber so organisieren müssen, dass es ihm vorgelegt worden wäre.
Insgesamt ist meines Erachtens die Verwirkung ein ausgesprochener Ausnahmetatbestand. Wenn mich nicht alles täuscht, braucht es sogar noch zusätzliche Anhaltspunkte dafür, dass Du darauf vertrauen konntest, dass auch in Zukunft die Rechte nicht gegen Dich geltend gemacht werden würden (d.h. das "Dulden" der Formulierung muss mehr sein, als nur nicht gehandelt zu haben). Aber den Kommentar hast Du auf dem Tisch, nicht ich...
